des von Vollbeding nirgends erwähnten "Prager Handlexikon". Nur hat Vollbeding, was sehr schlimm ist, alle deutschrabbinischen Lettern weggelassen und sich mit dem bloßen Wortausdruck in la- teinischen Lettern begnügt, wobei denn von eigenster jüdischdeut- scher Orthographie nicht die Rede sein kann. Das deutsche Re- gister ist ganz weggelassen; die Notizen des "Prager Handlexikon" sind wörtlich nachgeschrieben: nur einige kleine kahle Notizen, wie S. 97, sind originelle Zuthat des Verfassers, dessen copirtes Machwerk gegen das Original keinerlei Beachtung verdient.
Ein seltsames Buch ist: "Unterricht in der Judensprache und Schrift, zum Gebrauch für Gelehrte und Ungelehrte. Von K. W. Friedrich, öffentlichem Lehrer der französischen Sprache beym Prenz- lowschen Lyceo" (Prenzlau 1784). Man weiß nicht recht, ob man aus Friedrich einen Christen oder Juden, Deutschen oder Fran- zosen machen soll. Aus seiner schlechten Sprache und Darstellung kann man auf alles schließen. Auch ohne die seltsamen Mitthei- lungen des Verfassers in der Vorrede über die verfehlten Anläufe zur Herausgabe des trotz der nahe an 400 Seiten reichenden Um- fänglichkeit doch immer nur sehr dürftigen Buches erkennt man, daß er die ihm entgegengestellten Schwierigkeiten in der That nicht überwunden hat, weil ihm ausreichende Sprachkenntniß und die Fähigkeit zu einer klaren Darstellung durchaus abgehen. Die Anordnung ist sehr sonderbar. Die drei ersten Kapitel behandeln "die Judenschrift, Buchstaben, selbstlautende Buchstaben und einige Punkte", geben aber trotz der vielverheißenden Ueberschriften nicht einmal einen einzigen hebräischen, geschweige denn einen deutsch- rabbinischen Buchstaben, sondern verweisen auf einen hinter S. 46 eingehefteten Druckbogen (S. I--XVI), auf welchem höchst aben- teuerlich hergestellte und benutzte Currentschrift sich befindet, von welcher unten (Kap. 49) die Rede sein wird. Jn Kap. 4 spricht Friedrich von "Titulaturen, Beschluß und Aufschriften", Kap. 5 "von den eigentlichen Namen der Manns- und Frauenspersonen" und gibt in demselben Kapitel, S. 12--45, mit bloßen lateinischen Lettern ein äußerst kümmerliches und meistens incorrectes jüdisch- deutsch-deutsches Wörterbuch. Dann beginnt er S. 48 nochmals
Ave-Lallemant, Gaunerthum. III. 15
des von Vollbeding nirgends erwähnten „Prager Handlexikon“. Nur hat Vollbeding, was ſehr ſchlimm iſt, alle deutſchrabbiniſchen Lettern weggelaſſen und ſich mit dem bloßen Wortausdruck in la- teiniſchen Lettern begnügt, wobei denn von eigenſter jüdiſchdeut- ſcher Orthographie nicht die Rede ſein kann. Das deutſche Re- giſter iſt ganz weggelaſſen; die Notizen des „Prager Handlexikon“ ſind wörtlich nachgeſchrieben: nur einige kleine kahle Notizen, wie S. 97, ſind originelle Zuthat des Verfaſſers, deſſen copirtes Machwerk gegen das Original keinerlei Beachtung verdient.
Ein ſeltſames Buch iſt: „Unterricht in der Judenſprache und Schrift, zum Gebrauch für Gelehrte und Ungelehrte. Von K. W. Friedrich, öffentlichem Lehrer der franzöſiſchen Sprache beym Prenz- lowſchen Lyceo“ (Prenzlau 1784). Man weiß nicht recht, ob man aus Friedrich einen Chriſten oder Juden, Deutſchen oder Fran- zoſen machen ſoll. Aus ſeiner ſchlechten Sprache und Darſtellung kann man auf alles ſchließen. Auch ohne die ſeltſamen Mitthei- lungen des Verfaſſers in der Vorrede über die verfehlten Anläufe zur Herausgabe des trotz der nahe an 400 Seiten reichenden Um- fänglichkeit doch immer nur ſehr dürftigen Buches erkennt man, daß er die ihm entgegengeſtellten Schwierigkeiten in der That nicht überwunden hat, weil ihm ausreichende Sprachkenntniß und die Fähigkeit zu einer klaren Darſtellung durchaus abgehen. Die Anordnung iſt ſehr ſonderbar. Die drei erſten Kapitel behandeln „die Judenſchrift, Buchſtaben, ſelbſtlautende Buchſtaben und einige Punkte“, geben aber trotz der vielverheißenden Ueberſchriften nicht einmal einen einzigen hebräiſchen, geſchweige denn einen deutſch- rabbiniſchen Buchſtaben, ſondern verweiſen auf einen hinter S. 46 eingehefteten Druckbogen (S. I—XVI), auf welchem höchſt aben- teuerlich hergeſtellte und benutzte Currentſchrift ſich befindet, von welcher unten (Kap. 49) die Rede ſein wird. Jn Kap. 4 ſpricht Friedrich von „Titulaturen, Beſchluß und Aufſchriften“, Kap. 5 „von den eigentlichen Namen der Manns- und Frauensperſonen“ und gibt in demſelben Kapitel, S. 12—45, mit bloßen lateiniſchen Lettern ein äußerſt kümmerliches und meiſtens incorrectes jüdiſch- deutſch-deutſches Wörterbuch. Dann beginnt er S. 48 nochmals
Avé-Lallemant, Gaunerthum. III. 15
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des von Vollbeding nirgends erwähnten „Prager Handlexikon“.
Nur hat Vollbeding, was ſehr ſchlimm iſt, alle deutſchrabbiniſchen
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teiniſchen Lettern begnügt, wobei denn von eigenſter jüdiſchdeut-
ſcher Orthographie nicht die Rede ſein kann. Das deutſche Re-
giſter iſt ganz weggelaſſen; die Notizen des „Prager Handlexikon“
ſind wörtlich nachgeſchrieben: nur einige kleine kahle Notizen,
wie S. 97, ſind originelle Zuthat des Verfaſſers, deſſen copirtes
Machwerk gegen das Original keinerlei Beachtung verdient.
Ein ſeltſames Buch iſt: „Unterricht in der Judenſprache und
Schrift, zum Gebrauch für Gelehrte und Ungelehrte. Von K. W.
Friedrich, öffentlichem Lehrer der franzöſiſchen Sprache beym Prenz-
lowſchen Lyceo“ (Prenzlau 1784). Man weiß nicht recht, ob man
aus Friedrich einen Chriſten oder Juden, Deutſchen oder Fran-
zoſen machen ſoll. Aus ſeiner ſchlechten Sprache und Darſtellung
kann man auf alles ſchließen. Auch ohne die ſeltſamen Mitthei-
lungen des Verfaſſers in der Vorrede über die verfehlten Anläufe
zur Herausgabe des trotz der nahe an 400 Seiten reichenden Um-
fänglichkeit doch immer nur ſehr dürftigen Buches erkennt man,
daß er die ihm entgegengeſtellten Schwierigkeiten in der That
nicht überwunden hat, weil ihm ausreichende Sprachkenntniß und
die Fähigkeit zu einer klaren Darſtellung durchaus abgehen. Die
Anordnung iſt ſehr ſonderbar. Die drei erſten Kapitel behandeln
„die Judenſchrift, Buchſtaben, ſelbſtlautende Buchſtaben und einige
Punkte“, geben aber trotz der vielverheißenden Ueberſchriften nicht
einmal einen einzigen hebräiſchen, geſchweige denn einen deutſch-
rabbiniſchen Buchſtaben, ſondern verweiſen auf einen hinter S. 46
eingehefteten Druckbogen (S. I—XVI), auf welchem höchſt aben-
teuerlich hergeſtellte und benutzte Currentſchrift ſich befindet, von
welcher unten (Kap. 49) die Rede ſein wird. Jn Kap. 4 ſpricht
Friedrich von „Titulaturen, Beſchluß und Aufſchriften“, Kap. 5
„von den eigentlichen Namen der Manns- und Frauensperſonen“
und gibt in demſelben Kapitel, S. 12—45, mit bloßen lateiniſchen
Lettern ein äußerſt kümmerliches und meiſtens incorrectes jüdiſch-
deutſch-deutſches Wörterbuch. Dann beginnt er S. 48 nochmals
Avé-Lallemant, Gaunerthum. III. 15
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/259>, abgerufen am 23.11.2024.
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