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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.

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nicht zu sehen bekommen können. Sie scheint indessen unbedeutend
zu sein, da sie nur bei Schudt und Chrysander, sonst aber nir-
gends erwähnt wird.



Siebenundvierzigstes Kapitel.
b) Die christlichen Missionsgrammatiker.

Während man das 17. Jahrhundert von Buxtorf an bis
Wagenseil als die Zeit bezeichnen kann, in welcher es bei Beach-
tung des Judendeutsch nur auf eine rein linguistische Behandlung
ohne proselytische Tendenzen abgesehen war, so traten die letztern
mit und nach Wagenseil desto schärfer und einseitiger hervor.
Kaum war Eisenmenger's "Entdecktes Judenthum", ein schmäh-
liches, verlogenes Pasquill auf das Judenthum und ein Werk
übler, eitler und bornirter Gelehrsamkeit, unterdrückt worden, so
warf sich Wagenseil zum Führer der Judenmission auf, indem er
1703 von Altdorf aus in seiner "Denunciatio Christiana" u. s. w. 1)
gegen das Judenthum einen Hirtenbrief erließ, in welchem er
unter anderm einen jährlichen Schwur von allen gesetzesmündigen
Juden verlangte, "unsern Heiland hinführo ungeschmäht zu lassen",
auch eine jährliche Judensteuer zur Förderung der Judenmission
vorschlug. Die ganze "Denunciatio", ein merkwürdiges Zeugniß
blinder ascetischer Verirrung, findet man bei Schudt, "Jüdische
Merkwürdigkeiten", III, 339 fg., abgedruckt. Bei dem bisherigen
unüberwindlich zähen passiven Widerstand des Judenthums gegen
die rohen Verfolgungen des Christenthums griff diese vielfach mit

1) "An alle Hohe Regenten und Obrigkeiten, welche Juden unter ihrer
Bottmässigkeit haben, J. Chr. Wagenseil's Denunciatio Christiana, oder Christ-
liche Ankündigung, wegen der Lästerung, womit die Juden, unsern Heyland
Jesum Christum sonder Auffhören, freventlich schmähen, mit demüthigster flehent-
licher Bitte, solchem Himmel-schreyenden Uebel dermahleins, weilen es hohe Zeit,
und darzu gar leicht sein kan, umb Gottes willen zu wehren, und den Mäu-
lern der Juden Zäume und Gebisse anzulegen."

nicht zu ſehen bekommen können. Sie ſcheint indeſſen unbedeutend
zu ſein, da ſie nur bei Schudt und Chryſander, ſonſt aber nir-
gends erwähnt wird.



Siebenundvierzigſtes Kapitel.
b) Die chriſtlichen Miſſionsgrammatiker.

Während man das 17. Jahrhundert von Buxtorf an bis
Wagenſeil als die Zeit bezeichnen kann, in welcher es bei Beach-
tung des Judendeutſch nur auf eine rein linguiſtiſche Behandlung
ohne proſelytiſche Tendenzen abgeſehen war, ſo traten die letztern
mit und nach Wagenſeil deſto ſchärfer und einſeitiger hervor.
Kaum war Eiſenmenger’s „Entdecktes Judenthum“, ein ſchmäh-
liches, verlogenes Pasquill auf das Judenthum und ein Werk
übler, eitler und bornirter Gelehrſamkeit, unterdrückt worden, ſo
warf ſich Wagenſeil zum Führer der Judenmiſſion auf, indem er
1703 von Altdorf aus in ſeiner „Denunciatio Christiana“ u. ſ. w. 1)
gegen das Judenthum einen Hirtenbrief erließ, in welchem er
unter anderm einen jährlichen Schwur von allen geſetzesmündigen
Juden verlangte, „unſern Heiland hinführo ungeſchmäht zu laſſen“,
auch eine jährliche Judenſteuer zur Förderung der Judenmiſſion
vorſchlug. Die ganze „Denunciatio“, ein merkwürdiges Zeugniß
blinder aſcetiſcher Verirrung, findet man bei Schudt, „Jüdiſche
Merkwürdigkeiten“, III, 339 fg., abgedruckt. Bei dem bisherigen
unüberwindlich zähen paſſiven Widerſtand des Judenthums gegen
die rohen Verfolgungen des Chriſtenthums griff dieſe vielfach mit

1) „An alle Hohe Regenten und Obrigkeiten, welche Juden unter ihrer
Bottmäſſigkeit haben, J. Chr. Wagenſeil’s Denunciatio Christiana, oder Chriſt-
liche Ankündigung, wegen der Läſterung, womit die Juden, unſern Heyland
Jesum Christum ſonder Auffhören, freventlich ſchmähen, mit demüthigſter flehent-
licher Bitte, ſolchem Himmel-ſchreyenden Uebel dermahleins, weilen es hohe Zeit,
und darzu gar leicht ſein kan, umb Gottes willen zu wehren, und den Mäu-
lern der Juden Zäume und Gebiſſe anzulegen.“
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[218/0252] nicht zu ſehen bekommen können. Sie ſcheint indeſſen unbedeutend zu ſein, da ſie nur bei Schudt und Chryſander, ſonſt aber nir- gends erwähnt wird. Siebenundvierzigſtes Kapitel. b) Die chriſtlichen Miſſionsgrammatiker. Während man das 17. Jahrhundert von Buxtorf an bis Wagenſeil als die Zeit bezeichnen kann, in welcher es bei Beach- tung des Judendeutſch nur auf eine rein linguiſtiſche Behandlung ohne proſelytiſche Tendenzen abgeſehen war, ſo traten die letztern mit und nach Wagenſeil deſto ſchärfer und einſeitiger hervor. Kaum war Eiſenmenger’s „Entdecktes Judenthum“, ein ſchmäh- liches, verlogenes Pasquill auf das Judenthum und ein Werk übler, eitler und bornirter Gelehrſamkeit, unterdrückt worden, ſo warf ſich Wagenſeil zum Führer der Judenmiſſion auf, indem er 1703 von Altdorf aus in ſeiner „Denunciatio Christiana“ u. ſ. w. 1) gegen das Judenthum einen Hirtenbrief erließ, in welchem er unter anderm einen jährlichen Schwur von allen geſetzesmündigen Juden verlangte, „unſern Heiland hinführo ungeſchmäht zu laſſen“, auch eine jährliche Judenſteuer zur Förderung der Judenmiſſion vorſchlug. Die ganze „Denunciatio“, ein merkwürdiges Zeugniß blinder aſcetiſcher Verirrung, findet man bei Schudt, „Jüdiſche Merkwürdigkeiten“, III, 339 fg., abgedruckt. Bei dem bisherigen unüberwindlich zähen paſſiven Widerſtand des Judenthums gegen die rohen Verfolgungen des Chriſtenthums griff dieſe vielfach mit 1) „An alle Hohe Regenten und Obrigkeiten, welche Juden unter ihrer Bottmäſſigkeit haben, J. Chr. Wagenſeil’s Denunciatio Christiana, oder Chriſt- liche Ankündigung, wegen der Läſterung, womit die Juden, unſern Heyland Jesum Christum ſonder Auffhören, freventlich ſchmähen, mit demüthigſter flehent- licher Bitte, ſolchem Himmel-ſchreyenden Uebel dermahleins, weilen es hohe Zeit, und darzu gar leicht ſein kan, umb Gottes willen zu wehren, und den Mäu- lern der Juden Zäume und Gebiſſe anzulegen.“

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/252>, abgerufen am 22.11.2024.