kritische Zuthat aufzuführen, sondern auch ihrer Bedeutung nach zu einer elenden Lexikographie des jüdischen Schachers zusammen- zustellen und überhaupt das ganze Judenthum mit Hohn und Schmuz zu bewerfen. Erst das prager Handbuch (1773), offen- bar von einem Convertiten geschrieben, und G. Selig's Lehr- buch (1792) machen eine rühmliche Ausnahme, bis es ganz neuerlich wieder dem (pseudonymen?) Jtzig Feitel Stern gefallen hat, mit so selbstgefälligem wie niedrigem Spott und Hohn nicht nur die alte Schacherlexikographie neu aufzulegen, sondern auch eine jüdischdeutsche Grammatik beizufügen, in welcher die deutsche und judendeutsche Sprache gleichmäßig herabgewürdigt, ein Ver- ständniß der jüdischdeutschen Grammatik und Sprache aber durch- aus nicht zu erreichen ist.
Nach dem vorliegenden literarischen Stoff sind Grammatik und Lexikographie kaum voneinander zu trennen. Jhr wesentliches Kriterium liegt in dem Geiste, in welchem sie geschrieben sind, und in dieser Hinsicht mögen sie hier in eine kurze Uebersicht gebracht werden.
Sechsundvierzigstes Kapitel. a) J. Buxtorf und seine Uachtreter.
Den ersten Grund zu einer jüdischdeutschen Grammatik legte J. Buxtorf in seinem "Thesaurus Grammaticus linguae Sanctae Hebraicae" (Basel 1609), an dessen Schluß er den Usus et ex- ercitatio lectionis Hebraeo-Germanicae abhandelt. 1) Man wird
1) Die Abhandlung steht in der (mir allein bekannten) sechsten Ausgabe von 1663, S. 639--669, und in den von Chrysander, S. 9, angeführten Ausgaben von 1640 und 1651, S. 660 fg. Die erste Ausgabe ist vom ältern Buxtorf, dem Rabbinorum magister (1564--1629), schon im Jahre 1609 mit der jüdischdeutschen Grammatik herausgegeben. Jn der Vorrede dazu sagt Burtorf ausdrücklich: "Rationem etiam usumque scripturae Hebraeo-Germanicae, manifeste ostendo, non tantum ob libros Germanica lingua inter Judaeos scriptos, sed vel maxime, quod antiqui manuscripti Hebraici
kritiſche Zuthat aufzuführen, ſondern auch ihrer Bedeutung nach zu einer elenden Lexikographie des jüdiſchen Schachers zuſammen- zuſtellen und überhaupt das ganze Judenthum mit Hohn und Schmuz zu bewerfen. Erſt das prager Handbuch (1773), offen- bar von einem Convertiten geſchrieben, und G. Selig’s Lehr- buch (1792) machen eine rühmliche Ausnahme, bis es ganz neuerlich wieder dem (pſeudonymen?) Jtzig Feitel Stern gefallen hat, mit ſo ſelbſtgefälligem wie niedrigem Spott und Hohn nicht nur die alte Schacherlexikographie neu aufzulegen, ſondern auch eine jüdiſchdeutſche Grammatik beizufügen, in welcher die deutſche und judendeutſche Sprache gleichmäßig herabgewürdigt, ein Ver- ſtändniß der jüdiſchdeutſchen Grammatik und Sprache aber durch- aus nicht zu erreichen iſt.
Nach dem vorliegenden literariſchen Stoff ſind Grammatik und Lexikographie kaum voneinander zu trennen. Jhr weſentliches Kriterium liegt in dem Geiſte, in welchem ſie geſchrieben ſind, und in dieſer Hinſicht mögen ſie hier in eine kurze Ueberſicht gebracht werden.
Sechsundvierzigſtes Kapitel. a) J. Buxtorf und ſeine Uachtreter.
Den erſten Grund zu einer jüdiſchdeutſchen Grammatik legte J. Buxtorf in ſeinem „Thesaurus Grammaticus linguae Sanctae Hebraicae“ (Baſel 1609), an deſſen Schluß er den Usus et ex- ercitatio lectionis Hebraeo-Germanicae abhandelt. 1) Man wird
1) Die Abhandlung ſteht in der (mir allein bekannten) ſechsten Ausgabe von 1663, S. 639—669, und in den von Chryſander, S. 9, angeführten Ausgaben von 1640 und 1651, S. 660 fg. Die erſte Ausgabe iſt vom ältern Buxtorf, dem Rabbinorum magister (1564—1629), ſchon im Jahre 1609 mit der jüdiſchdeutſchen Grammatik herausgegeben. Jn der Vorrede dazu ſagt Burtorf ausdrücklich: „Rationem etiam usumque scripturae Hebraeo-Germanicae, manifeste ostendo, non tantum ob libros Germanica lingua inter Judaeos scriptos, sed vel maxime, quod antiqui manuscripti Hebraici
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kritiſche Zuthat aufzuführen, ſondern auch ihrer Bedeutung nach
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Schmuz zu bewerfen. Erſt das prager Handbuch (1773), offen-
bar von einem Convertiten geſchrieben, und G. Selig’s Lehr-
buch (1792) machen eine rühmliche Ausnahme, bis es ganz
neuerlich wieder dem (pſeudonymen?) Jtzig Feitel Stern gefallen
hat, mit ſo ſelbſtgefälligem wie niedrigem Spott und Hohn nicht
nur die alte Schacherlexikographie neu aufzulegen, ſondern auch
eine jüdiſchdeutſche Grammatik beizufügen, in welcher die deutſche
und judendeutſche Sprache gleichmäßig herabgewürdigt, ein Ver-
ſtändniß der jüdiſchdeutſchen Grammatik und Sprache aber durch-
aus nicht zu erreichen iſt.
Nach dem vorliegenden literariſchen Stoff ſind Grammatik
und Lexikographie kaum voneinander zu trennen. Jhr weſentliches
Kriterium liegt in dem Geiſte, in welchem ſie geſchrieben ſind, und
in dieſer Hinſicht mögen ſie hier in eine kurze Ueberſicht gebracht
werden.
Sechsundvierzigſtes Kapitel.
a) J. Buxtorf und ſeine Uachtreter.
Den erſten Grund zu einer jüdiſchdeutſchen Grammatik legte
J. Buxtorf in ſeinem „Thesaurus Grammaticus linguae Sanctae
Hebraicae“ (Baſel 1609), an deſſen Schluß er den Usus et ex-
ercitatio lectionis Hebraeo-Germanicae abhandelt. 1) Man wird
1) Die Abhandlung ſteht in der (mir allein bekannten) ſechsten Ausgabe von
1663, S. 639—669, und in den von Chryſander, S. 9, angeführten Ausgaben
von 1640 und 1651, S. 660 fg. Die erſte Ausgabe iſt vom ältern Buxtorf,
dem Rabbinorum magister (1564—1629), ſchon im Jahre 1609 mit der
jüdiſchdeutſchen Grammatik herausgegeben. Jn der Vorrede dazu ſagt Burtorf
ausdrücklich: „Rationem etiam usumque scripturae Hebraeo-Germanicae,
manifeste ostendo, non tantum ob libros Germanica lingua inter Judaeos
scriptos, sed vel maxime, quod antiqui manuscripti Hebraici
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/248>, abgerufen am 21.07.2024.
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