Gaunereien zu begehen, theils solche mindestens zu Gunsten ver- trauter Genossen zu befördern und vom gemachten Gewinn seinen Vortheil zu ziehen. Schon längst hat die Polizei durch scharfe Fahrordnungen die frechen Zollschmuggeleien, die vielfachen Be- trügereien, mit welchen die Agler1) ihre Dienstherren wie die Passagiere durch Unterschlagung und Taxenübersetzung zu hinter- gehen wissen, zu beseitigen gesucht. Doch ist das verkappte Gauner- thum, welches durch die Agler auf den Kutschböcken repräsentirt wird, noch lange nicht genug beachtet und durch genügende Maß- regeln gebändigt worden. Der Agler, welcher von früh morgens bis spät abends in Schnee, Sturm, Regen und Sonnenhitze auf den Straßen und öffentlichen Plätzen zubringt, hat eher den Schein gutmüthiger Harmlosigkeit für sich, als jedes andere verdächtige Ansehen. Doch ist die Verbindung der Agler unter sich so wenig zu leugnen wie die mit den ärgsten Gaunern. Das Unwesen findet sich besonders in großen Städten. Die Agler beschränken sich nicht allein auf die Beförderung ihrer diebischen Genossen, Kuppler und Gelegenheitsmacher von einer Stelle zur andern, sie geben ihren gaunerischen Verbündeten von ihrem Sitze, von dem aus sie das dichte Gedränge öffentlicher Plätze und belebter Straßen am besten übersehen können, geheime Zinken mit Blicken, Zuruf, Handbewegungen und vor allem mit der Peitsche, welche eins der merkwürdigsten und behendesten Mittel zum Zinkenen ist. So ist z. B. das spielende Knippen mit der Peitsche, während das Pferd steht, ein Warnungszinken zur Vorsicht. Starkes Klat- schen gegen eine Seite des Pferdes, wobei dieses eine rasche Be- wegung macht, bedeutet eine von dieser Seite drohende nahe Gefahr. Vor allem sind die Agler die gesuchtesten Vertusser, in- dem sie nach Verabredung ihr Pferd scharf strafen und wild machen, um die Aufmerksamkeit der Menge von den handelnden Torf- drückern oder Schottenfellern abzulenken. Sie sind mit ihren Fahrzeugen die besten Wandmacher (Th. II, S. 230) und
1)[fremdsprachliches Material], aglon, oder [fremdsprachliches Material], agler, Kutscher, Fuhrmann; [fremdsprachliches Material], agole, Wagen. Vgl. Th. II, S. 37, 90, 237 und das Wörterbuch.
Gaunereien zu begehen, theils ſolche mindeſtens zu Gunſten ver- trauter Genoſſen zu befördern und vom gemachten Gewinn ſeinen Vortheil zu ziehen. Schon längſt hat die Polizei durch ſcharfe Fahrordnungen die frechen Zollſchmuggeleien, die vielfachen Be- trügereien, mit welchen die Agler1) ihre Dienſtherren wie die Paſſagiere durch Unterſchlagung und Taxenüberſetzung zu hinter- gehen wiſſen, zu beſeitigen geſucht. Doch iſt das verkappte Gauner- thum, welches durch die Agler auf den Kutſchböcken repräſentirt wird, noch lange nicht genug beachtet und durch genügende Maß- regeln gebändigt worden. Der Agler, welcher von früh morgens bis ſpät abends in Schnee, Sturm, Regen und Sonnenhitze auf den Straßen und öffentlichen Plätzen zubringt, hat eher den Schein gutmüthiger Harmloſigkeit für ſich, als jedes andere verdächtige Anſehen. Doch iſt die Verbindung der Agler unter ſich ſo wenig zu leugnen wie die mit den ärgſten Gaunern. Das Unweſen findet ſich beſonders in großen Städten. Die Agler beſchränken ſich nicht allein auf die Beförderung ihrer diebiſchen Genoſſen, Kuppler und Gelegenheitsmacher von einer Stelle zur andern, ſie geben ihren gauneriſchen Verbündeten von ihrem Sitze, von dem aus ſie das dichte Gedränge öffentlicher Plätze und belebter Straßen am beſten überſehen können, geheime Zinken mit Blicken, Zuruf, Handbewegungen und vor allem mit der Peitſche, welche eins der merkwürdigſten und behendeſten Mittel zum Zinkenen iſt. So iſt z. B. das ſpielende Knippen mit der Peitſche, während das Pferd ſteht, ein Warnungszinken zur Vorſicht. Starkes Klat- ſchen gegen eine Seite des Pferdes, wobei dieſes eine raſche Be- wegung macht, bedeutet eine von dieſer Seite drohende nahe Gefahr. Vor allem ſind die Agler die geſuchteſten Vertuſſer, in- dem ſie nach Verabredung ihr Pferd ſcharf ſtrafen und wild machen, um die Aufmerkſamkeit der Menge von den handelnden Torf- drückern oder Schottenfellern abzulenken. Sie ſind mit ihren Fahrzeugen die beſten Wandmacher (Th. II, S. 230) und
1)[fremdsprachliches Material], aglon, oder [fremdsprachliches Material], agler, Kutſcher, Fuhrmann; [fremdsprachliches Material], agole, Wagen. Vgl. Th. II, S. 37, 90, 237 und das Wörterbuch.
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Gaunereien zu begehen, theils ſolche mindeſtens zu Gunſten ver-
trauter Genoſſen zu befördern und vom gemachten Gewinn ſeinen
Vortheil zu ziehen. Schon längſt hat die Polizei durch ſcharfe
Fahrordnungen die frechen Zollſchmuggeleien, die vielfachen Be-
trügereien, mit welchen die Agler 1) ihre Dienſtherren wie die
Paſſagiere durch Unterſchlagung und Taxenüberſetzung zu hinter-
gehen wiſſen, zu beſeitigen geſucht. Doch iſt das verkappte Gauner-
thum, welches durch die Agler auf den Kutſchböcken repräſentirt
wird, noch lange nicht genug beachtet und durch genügende Maß-
regeln gebändigt worden. Der Agler, welcher von früh morgens
bis ſpät abends in Schnee, Sturm, Regen und Sonnenhitze auf
den Straßen und öffentlichen Plätzen zubringt, hat eher den Schein
gutmüthiger Harmloſigkeit für ſich, als jedes andere verdächtige
Anſehen. Doch iſt die Verbindung der Agler unter ſich ſo wenig
zu leugnen wie die mit den ärgſten Gaunern. Das Unweſen
findet ſich beſonders in großen Städten. Die Agler beſchränken
ſich nicht allein auf die Beförderung ihrer diebiſchen Genoſſen,
Kuppler und Gelegenheitsmacher von einer Stelle zur andern,
ſie geben ihren gauneriſchen Verbündeten von ihrem Sitze, von
dem aus ſie das dichte Gedränge öffentlicher Plätze und belebter
Straßen am beſten überſehen können, geheime Zinken mit Blicken,
Zuruf, Handbewegungen und vor allem mit der Peitſche, welche
eins der merkwürdigſten und behendeſten Mittel zum Zinkenen iſt.
So iſt z. B. das ſpielende Knippen mit der Peitſche, während
das Pferd ſteht, ein Warnungszinken zur Vorſicht. Starkes Klat-
ſchen gegen eine Seite des Pferdes, wobei dieſes eine raſche Be-
wegung macht, bedeutet eine von dieſer Seite drohende nahe
Gefahr. Vor allem ſind die Agler die geſuchteſten Vertuſſer, in-
dem ſie nach Verabredung ihr Pferd ſcharf ſtrafen und wild machen,
um die Aufmerkſamkeit der Menge von den handelnden Torf-
drückern oder Schottenfellern abzulenken. Sie ſind mit ihren
Fahrzeugen die beſten Wandmacher (Th. II, S. 230) und
1) _ , aglon, oder _ , agler, Kutſcher, Fuhrmann; _ , agole, Wagen.
Vgl. Th. II, S. 37, 90, 237 und das Wörterbuch.
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/170>, abgerufen am 24.11.2024.
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