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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.

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fachheit und Ehrlichkeit, die alte Sitte, der ehrerbietige Gehorsam,
die harte gesunde Arbeit und Kost verschwinden vor dem rasfinir-
ten Wirthshausleben der Dampfschiffe. Jedes Dampfschiff trägt
ein ganzes Stück bunten Weltlebens mit seinem Glanz und Elend
hin und her, um es auch über das Meer hinweg immer rascher
und bunter allenthalbenhin zu vertheilen. Das Dampfschiff braucht
keine freien, frischen, frommen Matrosen mehr, es braucht nur
Feuerleute, von welchen der Matrose sich stolz abwendet, weil zu
jenen schon genug geringe Tagelöhner und auch flüchtige und ver-
kappte Verbrecher zu haben sind. Bedeutungsvoll läuft auf tie-
fem Meeresgrund der verrätherische Draht unter dem flüchti-
gen sichern Verbrecher hinweg, um ihm doch noch zuvorzukommen
und statt des rührenden alten, schlichten Lebewohls und Willkom-
mens den Abschied und Willkommen auf die Minute der Polizei
zuzuweisen, ohne welche Abfahrt und Ankunft des Schiffs schon
gar nicht mehr denkbar ist. Noch ist es viel Gutes und Schönes,
was zu Grunde zu gehen und dem Gaunerthum zuzufallen hat,
um dem riesigen Dämdn und Herrn der Zeit, dem Materialis-
mus, volle Genüge zu leisten. Das echte Matrosenthum ist bis-
jetzt noch eine köstliche Perle an der Krone des deutschen Wesens,
deren hohen Werth der Polizeimann am besten zu schätzen weiß.



Dreißigstes Kapitel.
e. Die Bergmannssprache.

Das Bergmannsleben weist in der socialpolitischen Lebens-
abschichtung eine ganz besondere Eigenthümlichkeit auf. Diese
Eigenthümlichkeit beruht nicht so sehr auf der Abschichtung der
Bergleute zur besondern geschiedenen Gruppe, welche, von der
Oberfläche der Erde weggewiesen, in deren dunkelm, geheimniß-
vollem Schose ihre monotone emsige Thätigkeit entwickelt, als in
der Geschiedenheit des einzelnen in der Gruppe selbst zu einer ge-
bannten concreten Jndividualität. Während in jeder noch so streng

Ave-Lallemant, Gaunerthum. III. 8

fachheit und Ehrlichkeit, die alte Sitte, der ehrerbietige Gehorſam,
die harte geſunde Arbeit und Koſt verſchwinden vor dem raſfinir-
ten Wirthshausleben der Dampfſchiffe. Jedes Dampfſchiff trägt
ein ganzes Stück bunten Weltlebens mit ſeinem Glanz und Elend
hin und her, um es auch über das Meer hinweg immer raſcher
und bunter allenthalbenhin zu vertheilen. Das Dampfſchiff braucht
keine freien, friſchen, frommen Matroſen mehr, es braucht nur
Feuerleute, von welchen der Matroſe ſich ſtolz abwendet, weil zu
jenen ſchon genug geringe Tagelöhner und auch flüchtige und ver-
kappte Verbrecher zu haben ſind. Bedeutungsvoll läuft auf tie-
fem Meeresgrund der verrätheriſche Draht unter dem flüchti-
gen ſichern Verbrecher hinweg, um ihm doch noch zuvorzukommen
und ſtatt des rührenden alten, ſchlichten Lebewohls und Willkom-
mens den Abſchied und Willkommen auf die Minute der Polizei
zuzuweiſen, ohne welche Abfahrt und Ankunft des Schiffs ſchon
gar nicht mehr denkbar iſt. Noch iſt es viel Gutes und Schönes,
was zu Grunde zu gehen und dem Gaunerthum zuzufallen hat,
um dem rieſigen Dämdn und Herrn der Zeit, dem Materialis-
mus, volle Genüge zu leiſten. Das echte Matroſenthum iſt bis-
jetzt noch eine köſtliche Perle an der Krone des deutſchen Weſens,
deren hohen Werth der Polizeimann am beſten zu ſchätzen weiß.



Dreißigſtes Kapitel.
ε. Die Bergmannsſprache.

Das Bergmannsleben weiſt in der ſocialpolitiſchen Lebens-
abſchichtung eine ganz beſondere Eigenthümlichkeit auf. Dieſe
Eigenthümlichkeit beruht nicht ſo ſehr auf der Abſchichtung der
Bergleute zur beſondern geſchiedenen Gruppe, welche, von der
Oberfläche der Erde weggewieſen, in deren dunkelm, geheimniß-
vollem Schoſe ihre monotone emſige Thätigkeit entwickelt, als in
der Geſchiedenheit des einzelnen in der Gruppe ſelbſt zu einer ge-
bannten concreten Jndividualität. Während in jeder noch ſo ſtreng

Avé-Lallemant, Gaunerthum. III. 8
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[113/0147] fachheit und Ehrlichkeit, die alte Sitte, der ehrerbietige Gehorſam, die harte geſunde Arbeit und Koſt verſchwinden vor dem raſfinir- ten Wirthshausleben der Dampfſchiffe. Jedes Dampfſchiff trägt ein ganzes Stück bunten Weltlebens mit ſeinem Glanz und Elend hin und her, um es auch über das Meer hinweg immer raſcher und bunter allenthalbenhin zu vertheilen. Das Dampfſchiff braucht keine freien, friſchen, frommen Matroſen mehr, es braucht nur Feuerleute, von welchen der Matroſe ſich ſtolz abwendet, weil zu jenen ſchon genug geringe Tagelöhner und auch flüchtige und ver- kappte Verbrecher zu haben ſind. Bedeutungsvoll läuft auf tie- fem Meeresgrund der verrätheriſche Draht unter dem flüchti- gen ſichern Verbrecher hinweg, um ihm doch noch zuvorzukommen und ſtatt des rührenden alten, ſchlichten Lebewohls und Willkom- mens den Abſchied und Willkommen auf die Minute der Polizei zuzuweiſen, ohne welche Abfahrt und Ankunft des Schiffs ſchon gar nicht mehr denkbar iſt. Noch iſt es viel Gutes und Schönes, was zu Grunde zu gehen und dem Gaunerthum zuzufallen hat, um dem rieſigen Dämdn und Herrn der Zeit, dem Materialis- mus, volle Genüge zu leiſten. Das echte Matroſenthum iſt bis- jetzt noch eine köſtliche Perle an der Krone des deutſchen Weſens, deren hohen Werth der Polizeimann am beſten zu ſchätzen weiß. Dreißigſtes Kapitel. ε. Die Bergmannsſprache. Das Bergmannsleben weiſt in der ſocialpolitiſchen Lebens- abſchichtung eine ganz beſondere Eigenthümlichkeit auf. Dieſe Eigenthümlichkeit beruht nicht ſo ſehr auf der Abſchichtung der Bergleute zur beſondern geſchiedenen Gruppe, welche, von der Oberfläche der Erde weggewieſen, in deren dunkelm, geheimniß- vollem Schoſe ihre monotone emſige Thätigkeit entwickelt, als in der Geſchiedenheit des einzelnen in der Gruppe ſelbſt zu einer ge- bannten concreten Jndividualität. Während in jeder noch ſo ſtreng Avé-Lallemant, Gaunerthum. III. 8

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/147>, abgerufen am 21.11.2024.