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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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auch bestechliche Vigilanten, oft aber auch fremde Gauner, denen
die Kunstreise misglückt ist, indem sich ihnen keine günstige Ge-
legenheit zu einem Handel darbot. Besuche der Art sind den
glücklichen Gaunern so lästig wie gefährlich, da diese rührige Be-
wegung des Gaunerthums dem scharfen Blicke des geübten Poli-
zeimanns nicht leicht entgeht, weshalb denn auch ein Grund mehr
für den Dieb vorhanden ist, zur Sicherheit seiner Person und des
Gestohlenen sich so rasch wie möglich aus dem Staube zu machen.
Oft können jedoch die glücklichen Gauner der lästigen Gratulation
dennoch nicht entgehen, und müssen daher die durch Herkommen
eingeführte, nach Umständen unverschämt dreist und hoch geforderte
Gewerbssteuer, das Branntweingeld 1), den Gratulanten, Bren-
nern,
bezahlen, welche sie um das Branntweingeld brennen. 2)



Sechsundzwanzigstes Kapitel.
e) Das Maremokum.

Das geheime Verständniß und die versteckte Verbindung des
Gaunerthums wird auch selbst im Gefängnisse nicht unterbrochen,
so sehr alle Mittel von der Behörde angewandt werden, die Ver-
bindung zu verhindern. Das gesammte gaunerische Jnteresse er-
fordert, den gefangenen Gauner sobald als möglich wieder auf
freien Fuß zu bringen. Wo diese Befreiung nicht durch äußere
Gewalt, durch Bestechung der Gefangenwärter, oder durch Zu-
planten von Befreiungsmitteln erreicht werden kann, wird der
Weg des Alibibeweises eingeschlagen. Der hartnäckig leugnende

1) Jüdisch-deutsch Schibbauless, von [fremdsprachliches Material - fehlt], die Kornähre, wie über-
haupt jeder Antheil an der Diebsbeute genannt wird, den ein Vertrauter für
irgend geleistete Dienste erhält, der nicht selbst direct den Massematten mit-
gehandelt hat. Vgl. Schränken, Cheluke halten.
2) Die Etymologie ist wol am richtigsten von berennen (insilire),
nicht wol von brennen (urere), wofür der Ausdruck sarfenen der gebräuch-
liche ist. Das Wort Branntweingeld ist erst eine neuere Ableitung.
6*

auch beſtechliche Vigilanten, oft aber auch fremde Gauner, denen
die Kunſtreiſe misglückt iſt, indem ſich ihnen keine günſtige Ge-
legenheit zu einem Handel darbot. Beſuche der Art ſind den
glücklichen Gaunern ſo läſtig wie gefährlich, da dieſe rührige Be-
wegung des Gaunerthums dem ſcharfen Blicke des geübten Poli-
zeimanns nicht leicht entgeht, weshalb denn auch ein Grund mehr
für den Dieb vorhanden iſt, zur Sicherheit ſeiner Perſon und des
Geſtohlenen ſich ſo raſch wie möglich aus dem Staube zu machen.
Oft können jedoch die glücklichen Gauner der läſtigen Gratulation
dennoch nicht entgehen, und müſſen daher die durch Herkommen
eingeführte, nach Umſtänden unverſchämt dreiſt und hoch geforderte
Gewerbsſteuer, das Branntweingeld 1), den Gratulanten, Bren-
nern,
bezahlen, welche ſie um das Branntweingeld brennen. 2)



Sechsundzwanzigſtes Kapitel.
e) Das Maremokum.

Das geheime Verſtändniß und die verſteckte Verbindung des
Gaunerthums wird auch ſelbſt im Gefängniſſe nicht unterbrochen,
ſo ſehr alle Mittel von der Behörde angewandt werden, die Ver-
bindung zu verhindern. Das geſammte gauneriſche Jntereſſe er-
fordert, den gefangenen Gauner ſobald als möglich wieder auf
freien Fuß zu bringen. Wo dieſe Befreiung nicht durch äußere
Gewalt, durch Beſtechung der Gefangenwärter, oder durch Zu-
planten von Befreiungsmitteln erreicht werden kann, wird der
Weg des Alibibeweiſes eingeſchlagen. Der hartnäckig leugnende

1) Jüdiſch-deutſch Schibbauleſſ, von [fremdsprachliches Material – fehlt], die Kornähre, wie über-
haupt jeder Antheil an der Diebsbeute genannt wird, den ein Vertrauter für
irgend geleiſtete Dienſte erhält, der nicht ſelbſt direct den Maſſematten mit-
gehandelt hat. Vgl. Schränken, Cheluke halten.
2) Die Etymologie iſt wol am richtigſten von berennen (insilire),
nicht wol von brennen (urere), wofür der Ausdruck ſarfenen der gebräuch-
liche iſt. Das Wort Branntweingeld iſt erſt eine neuere Ableitung.
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[83/0095] auch beſtechliche Vigilanten, oft aber auch fremde Gauner, denen die Kunſtreiſe misglückt iſt, indem ſich ihnen keine günſtige Ge- legenheit zu einem Handel darbot. Beſuche der Art ſind den glücklichen Gaunern ſo läſtig wie gefährlich, da dieſe rührige Be- wegung des Gaunerthums dem ſcharfen Blicke des geübten Poli- zeimanns nicht leicht entgeht, weshalb denn auch ein Grund mehr für den Dieb vorhanden iſt, zur Sicherheit ſeiner Perſon und des Geſtohlenen ſich ſo raſch wie möglich aus dem Staube zu machen. Oft können jedoch die glücklichen Gauner der läſtigen Gratulation dennoch nicht entgehen, und müſſen daher die durch Herkommen eingeführte, nach Umſtänden unverſchämt dreiſt und hoch geforderte Gewerbsſteuer, das Branntweingeld 1), den Gratulanten, Bren- nern, bezahlen, welche ſie um das Branntweingeld brennen. 2) Sechsundzwanzigſtes Kapitel. e) Das Maremokum. Das geheime Verſtändniß und die verſteckte Verbindung des Gaunerthums wird auch ſelbſt im Gefängniſſe nicht unterbrochen, ſo ſehr alle Mittel von der Behörde angewandt werden, die Ver- bindung zu verhindern. Das geſammte gauneriſche Jntereſſe er- fordert, den gefangenen Gauner ſobald als möglich wieder auf freien Fuß zu bringen. Wo dieſe Befreiung nicht durch äußere Gewalt, durch Beſtechung der Gefangenwärter, oder durch Zu- planten von Befreiungsmitteln erreicht werden kann, wird der Weg des Alibibeweiſes eingeſchlagen. Der hartnäckig leugnende 1) Jüdiſch-deutſch Schibbauleſſ, von _ , die Kornähre, wie über- haupt jeder Antheil an der Diebsbeute genannt wird, den ein Vertrauter für irgend geleiſtete Dienſte erhält, der nicht ſelbſt direct den Maſſematten mit- gehandelt hat. Vgl. Schränken, Cheluke halten. 2) Die Etymologie iſt wol am richtigſten von berennen (insilire), nicht wol von brennen (urere), wofür der Ausdruck ſarfenen der gebräuch- liche iſt. Das Wort Branntweingeld iſt erſt eine neuere Ableitung. 6*

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/95>, abgerufen am 27.11.2024.