wird zum relegirten Studenten, der Philosoph zum Literaten, Feuilletonisten, Schauspieler u. s. w. Es gehört große Selbst- verleugnung des Jnquirenten dazu, diese Ruhe zu gewinnen und, ohne Schwäche zu zeigen, mit scheinbarem Glauben auf die prä- tendirte Erscheinung einzugehen, um so gewissermaßen die Erschei- nung fassen und forciren zu können. Er muß aber nie außer Acht lassen, daß der schlaue Gauner ihn studirt und ihm jede Schwäche ablauert, um sich darin festzusetzen. Er muß immer bedenken, daß namentlich seine ersten Verhöre die Basis sind, auf welcher entweder er oder der Gauner festen Fuß faßt, daß daher der Gauner, um ihm zu weichen, ebenso gut ihn begreifen muß, wie er den Gauner ganz zu durchdringen strebt.
Daher ist es denn auch durchaus unpolitisch, wenn der Jn- quirent gleich von Anfang her die Erscheinung des Gauners hastig negirt und direct auf seine Jndividualität einzudringen versucht. Der Gauner bringt dann die Erscheinung desto raffinirter und hartnäckiger zur Geltung, und schützt damit die bedrängte Jndivi- dualität um so nachdrücklicher. Das Taktloseste was geschehen kann, ist es daher, wenn man den Gauner sogleich in der Gauner- sprache anredet, und die Kenntniß seiner feinen Künste vor ihm auskramt. Bei diesem in der That unklugen, leider aber häufigen Angriff merkt der Gauner die ganze Schwäche der Eitelkeit, die durch bloßes eitles Wissen zu imponiren sucht, ohne mit dem Pfunde wirklich wuchern zu können. Jede aussprachliche Abwei- chung von seiner Mundart ist dann dem Gauner eine Lächerlich- keit, welche er mit beißendem Spott und bitterer Jronie auf der Stelle züchtigt. Diese Eitelkeit liefert den Jnquirenten ganz in seine Hände, der dann auch seine große Schwäche sehr bald mit der Verzweiflung an allen gehofften Resultaten der Untersuchung büßen muß.
Unendlich vielseitig, reich und lohnend sind die Erfahrungen und Resultate, welche der discrete Jnquirent gewinnt. Sie lohnen ihm nicht nur für die einzelne Untersuchung, sondern zeigen ihm auch das ganze Gaunerthum mit allen seinen Künsten, Geheim- nissen, Verbindungen und Jndividualitäten. Sie gewähren ihm
wird zum relegirten Studenten, der Philoſoph zum Literaten, Feuilletoniſten, Schauſpieler u. ſ. w. Es gehört große Selbſt- verleugnung des Jnquirenten dazu, dieſe Ruhe zu gewinnen und, ohne Schwäche zu zeigen, mit ſcheinbarem Glauben auf die prä- tendirte Erſcheinung einzugehen, um ſo gewiſſermaßen die Erſchei- nung faſſen und forciren zu können. Er muß aber nie außer Acht laſſen, daß der ſchlaue Gauner ihn ſtudirt und ihm jede Schwäche ablauert, um ſich darin feſtzuſetzen. Er muß immer bedenken, daß namentlich ſeine erſten Verhöre die Baſis ſind, auf welcher entweder er oder der Gauner feſten Fuß faßt, daß daher der Gauner, um ihm zu weichen, ebenſo gut ihn begreifen muß, wie er den Gauner ganz zu durchdringen ſtrebt.
Daher iſt es denn auch durchaus unpolitiſch, wenn der Jn- quirent gleich von Anfang her die Erſcheinung des Gauners haſtig negirt und direct auf ſeine Jndividualität einzudringen verſucht. Der Gauner bringt dann die Erſcheinung deſto raffinirter und hartnäckiger zur Geltung, und ſchützt damit die bedrängte Jndivi- dualität um ſo nachdrücklicher. Das Taktloſeſte was geſchehen kann, iſt es daher, wenn man den Gauner ſogleich in der Gauner- ſprache anredet, und die Kenntniß ſeiner feinen Künſte vor ihm auskramt. Bei dieſem in der That unklugen, leider aber häufigen Angriff merkt der Gauner die ganze Schwäche der Eitelkeit, die durch bloßes eitles Wiſſen zu imponiren ſucht, ohne mit dem Pfunde wirklich wuchern zu können. Jede ausſprachliche Abwei- chung von ſeiner Mundart iſt dann dem Gauner eine Lächerlich- keit, welche er mit beißendem Spott und bitterer Jronie auf der Stelle züchtigt. Dieſe Eitelkeit liefert den Jnquirenten ganz in ſeine Hände, der dann auch ſeine große Schwäche ſehr bald mit der Verzweiflung an allen gehofften Reſultaten der Unterſuchung büßen muß.
Unendlich vielſeitig, reich und lohnend ſind die Erfahrungen und Reſultate, welche der discrete Jnquirent gewinnt. Sie lohnen ihm nicht nur für die einzelne Unterſuchung, ſondern zeigen ihm auch das ganze Gaunerthum mit allen ſeinen Künſten, Geheim- niſſen, Verbindungen und Jndividualitäten. Sie gewähren ihm
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wird zum relegirten Studenten, der Philoſoph zum Literaten,
Feuilletoniſten, Schauſpieler u. ſ. w. Es gehört große Selbſt-
verleugnung des Jnquirenten dazu, dieſe Ruhe zu gewinnen und,
ohne Schwäche zu zeigen, mit ſcheinbarem Glauben auf die prä-
tendirte Erſcheinung einzugehen, um ſo gewiſſermaßen die Erſchei-
nung faſſen und forciren zu können. Er muß aber nie außer
Acht laſſen, daß der ſchlaue Gauner ihn ſtudirt und ihm jede
Schwäche ablauert, um ſich darin feſtzuſetzen. Er muß immer
bedenken, daß namentlich ſeine erſten Verhöre die Baſis ſind, auf
welcher entweder er oder der Gauner feſten Fuß faßt, daß daher
der Gauner, um ihm zu weichen, ebenſo gut ihn begreifen muß,
wie er den Gauner ganz zu durchdringen ſtrebt.
Daher iſt es denn auch durchaus unpolitiſch, wenn der Jn-
quirent gleich von Anfang her die Erſcheinung des Gauners haſtig
negirt und direct auf ſeine Jndividualität einzudringen verſucht.
Der Gauner bringt dann die Erſcheinung deſto raffinirter und
hartnäckiger zur Geltung, und ſchützt damit die bedrängte Jndivi-
dualität um ſo nachdrücklicher. Das Taktloſeſte was geſchehen
kann, iſt es daher, wenn man den Gauner ſogleich in der Gauner-
ſprache anredet, und die Kenntniß ſeiner feinen Künſte vor ihm
auskramt. Bei dieſem in der That unklugen, leider aber häufigen
Angriff merkt der Gauner die ganze Schwäche der Eitelkeit, die
durch bloßes eitles Wiſſen zu imponiren ſucht, ohne mit dem
Pfunde wirklich wuchern zu können. Jede ausſprachliche Abwei-
chung von ſeiner Mundart iſt dann dem Gauner eine Lächerlich-
keit, welche er mit beißendem Spott und bitterer Jronie auf der
Stelle züchtigt. Dieſe Eitelkeit liefert den Jnquirenten ganz in
ſeine Hände, der dann auch ſeine große Schwäche ſehr bald mit
der Verzweiflung an allen gehofften Reſultaten der Unterſuchung
büßen muß.
Unendlich vielſeitig, reich und lohnend ſind die Erfahrungen
und Reſultate, welche der discrete Jnquirent gewinnt. Sie lohnen
ihm nicht nur für die einzelne Unterſuchung, ſondern zeigen ihm
auch das ganze Gaunerthum mit allen ſeinen Künſten, Geheim-
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/396>, abgerufen am 25.11.2024.
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