spielern der concessionirte feste Platztrödel. So strenge fast alle deutschen Trödelordnungen sind, nach welchen die Trödler in paginirte und von Zeit zu Zeit durch die Behörde revidirte Bücher jede angekaufte Sache, in chronologischer Reihenfolge, mit Angabe des Verkäufers u. s. w. eintragen müssen, so ist es doch nicht möglich, von jedem einzelnen Ankauf vollständige Rechenschaft zu erhalten. Selbst der ehrliche Trödler, der vom Althandel leben und verdienen will, und die ihm billig angebotene Sache natürlich gern, und stets im guten Glauben und häufig aus Mitleid mit der vom Verkäufer ihm dargestellten Noth kauft, ist überhaupt schon selten im Stande, eine Sache so genau zu beschreiben, daß sie bei der, ohnehin immer zu spät und meistens schon nach dem Wiederverkauf vorgenommenen, polizeilichen Revision als eine der Behörde verdächtige oder geradezu als gestohlen bezeichnete Sache zu erkennen und zur Stelle zu schaffen ist, und wenn ihm Bedenk- lichkeiten aufstoßen sollten, so ist und bleibt die sichere Aussicht auf einen guten Verdienst immer eine Versuchung, bei welcher er mindestens sich nicht bewogen fühlt, den Verkäufer genau zu son- diren und dadurch zu verscheuchen. Für den gewissenlosen Trödler ist aber die Gelegenheit zur Umgehung des Gesetzes allzu ver- führerisch 1), sodaß man geradezu verzweifeln muß, den unter allen Umständen bedenklichen Platztrödel praktisch so zu controliren, wie das Gesetz und die öffentliche Sicherheit das verlangt, wenn man nicht den Platztrödel unter die unmittelbarste und strengste polizeiliche Controle stellt, oder auch für ihn den öffentlichen Leih- häusern entsprechende, öffentliche Jnstitute einrichtet.
Ungeachtet der Schärfenspieler die Freiheit des Bürgers, zu seinem Eigenthum zu kaufen und von demselben zu verkaufen, was ihm beliebt, in der ausgedehntesten Weise auszubeuten, und somit die laxe Grenze zwischen dieser Freiheit und dem concessionirten
1) Die rasche Umschmelzung gekaufter Metallsachen, deren Stempel und Gravirung häufig absichtlich nur flüchtig oder gar nicht angesehen wird, gibt dem Ankäufer die Ausrede der Unwissenheit an die Hand, und dürfte nur durch die strenge Vorschrift einigermaßen zu beschränken sein, solche angekaufte Metallsachen eine bestimmte Zeit lang uneingeschmolzen liegen zu lassen.
ſpielern der conceſſionirte feſte Platztrödel. So ſtrenge faſt alle deutſchen Trödelordnungen ſind, nach welchen die Trödler in paginirte und von Zeit zu Zeit durch die Behörde revidirte Bücher jede angekaufte Sache, in chronologiſcher Reihenfolge, mit Angabe des Verkäufers u. ſ. w. eintragen müſſen, ſo iſt es doch nicht möglich, von jedem einzelnen Ankauf vollſtändige Rechenſchaft zu erhalten. Selbſt der ehrliche Trödler, der vom Althandel leben und verdienen will, und die ihm billig angebotene Sache natürlich gern, und ſtets im guten Glauben und häufig aus Mitleid mit der vom Verkäufer ihm dargeſtellten Noth kauft, iſt überhaupt ſchon ſelten im Stande, eine Sache ſo genau zu beſchreiben, daß ſie bei der, ohnehin immer zu ſpät und meiſtens ſchon nach dem Wiederverkauf vorgenommenen, polizeilichen Reviſion als eine der Behörde verdächtige oder geradezu als geſtohlen bezeichnete Sache zu erkennen und zur Stelle zu ſchaffen iſt, und wenn ihm Bedenk- lichkeiten aufſtoßen ſollten, ſo iſt und bleibt die ſichere Ausſicht auf einen guten Verdienſt immer eine Verſuchung, bei welcher er mindeſtens ſich nicht bewogen fühlt, den Verkäufer genau zu ſon- diren und dadurch zu verſcheuchen. Für den gewiſſenloſen Trödler iſt aber die Gelegenheit zur Umgehung des Geſetzes allzu ver- führeriſch 1), ſodaß man geradezu verzweifeln muß, den unter allen Umſtänden bedenklichen Platztrödel praktiſch ſo zu controliren, wie das Geſetz und die öffentliche Sicherheit das verlangt, wenn man nicht den Platztrödel unter die unmittelbarſte und ſtrengſte polizeiliche Controle ſtellt, oder auch für ihn den öffentlichen Leih- häuſern entſprechende, öffentliche Jnſtitute einrichtet.
Ungeachtet der Schärfenſpieler die Freiheit des Bürgers, zu ſeinem Eigenthum zu kaufen und von demſelben zu verkaufen, was ihm beliebt, in der ausgedehnteſten Weiſe auszubeuten, und ſomit die laxe Grenze zwiſchen dieſer Freiheit und dem conceſſionirten
1) Die raſche Umſchmelzung gekaufter Metallſachen, deren Stempel und Gravirung häufig abſichtlich nur flüchtig oder gar nicht angeſehen wird, gibt dem Ankäufer die Ausrede der Unwiſſenheit an die Hand, und dürfte nur durch die ſtrenge Vorſchrift einigermaßen zu beſchränken ſein, ſolche angekaufte Metallſachen eine beſtimmte Zeit lang uneingeſchmolzen liegen zu laſſen.
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ſpielern der conceſſionirte feſte Platztrödel. So ſtrenge faſt alle
deutſchen Trödelordnungen ſind, nach welchen die Trödler in
paginirte und von Zeit zu Zeit durch die Behörde revidirte Bücher
jede angekaufte Sache, in chronologiſcher Reihenfolge, mit Angabe
des Verkäufers u. ſ. w. eintragen müſſen, ſo iſt es doch nicht
möglich, von jedem einzelnen Ankauf vollſtändige Rechenſchaft zu
erhalten. Selbſt der ehrliche Trödler, der vom Althandel leben
und verdienen will, und die ihm billig angebotene Sache natürlich
gern, und ſtets im guten Glauben und häufig aus Mitleid mit
der vom Verkäufer ihm dargeſtellten Noth kauft, iſt überhaupt
ſchon ſelten im Stande, eine Sache ſo genau zu beſchreiben, daß
ſie bei der, ohnehin immer zu ſpät und meiſtens ſchon nach dem
Wiederverkauf vorgenommenen, polizeilichen Reviſion als eine der
Behörde verdächtige oder geradezu als geſtohlen bezeichnete Sache
zu erkennen und zur Stelle zu ſchaffen iſt, und wenn ihm Bedenk-
lichkeiten aufſtoßen ſollten, ſo iſt und bleibt die ſichere Ausſicht
auf einen guten Verdienſt immer eine Verſuchung, bei welcher er
mindeſtens ſich nicht bewogen fühlt, den Verkäufer genau zu ſon-
diren und dadurch zu verſcheuchen. Für den gewiſſenloſen Trödler
iſt aber die Gelegenheit zur Umgehung des Geſetzes allzu ver-
führeriſch 1), ſodaß man geradezu verzweifeln muß, den unter
allen Umſtänden bedenklichen Platztrödel praktiſch ſo zu controliren,
wie das Geſetz und die öffentliche Sicherheit das verlangt, wenn
man nicht den Platztrödel unter die unmittelbarſte und ſtrengſte
polizeiliche Controle ſtellt, oder auch für ihn den öffentlichen Leih-
häuſern entſprechende, öffentliche Jnſtitute einrichtet.
Ungeachtet der Schärfenſpieler die Freiheit des Bürgers, zu
ſeinem Eigenthum zu kaufen und von demſelben zu verkaufen,
was ihm beliebt, in der ausgedehnteſten Weiſe auszubeuten, und
ſomit die laxe Grenze zwiſchen dieſer Freiheit und dem conceſſionirten
1) Die raſche Umſchmelzung gekaufter Metallſachen, deren Stempel und
Gravirung häufig abſichtlich nur flüchtig oder gar nicht angeſehen wird, gibt
dem Ankäufer die Ausrede der Unwiſſenheit an die Hand, und dürfte nur
durch die ſtrenge Vorſchrift einigermaßen zu beſchränken ſein, ſolche angekaufte
Metallſachen eine beſtimmte Zeit lang uneingeſchmolzen liegen zu laſſen.
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/336>, abgerufen am 16.02.2025.
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