hervortritt, sobald das Papier nur gelinde erwärmt wird. 1) Ebenso gibt durch Erwärmung eine grüne Farbe: eine Mischung aus salzsauerm Kobaltoxyd und salzsauerm Eisenoxydul, oder auch eine Mischung von Nickel. Sehr verdünnte Schwefelsäure läßt anfangs die Buchstaben unsichtbar, welche aber durch Erwärmung schwarz werden, und nicht zu vertilgen sind, weil die Schwefel- säure nach Verdunstung des Wassers das Papier verkohlt. Etwas umständlicher wird die Schrift mit sympathetischer Tinte aus Eisenvitriolauflösung durch eine schwache Gallapfelauflösung, oder eine mit schwefelsaurer Kupferauflösung geschriebene Schrift durch Ammoniakdämpfe sichtbar gemacht. Diese sympathetischen Tinten und das Verfahren zur sichtbaren Herstellung der damit geschrie- benen Schrift findet man ausführlich von Westrumb, a. a. O., I, 334, beschrieben.
Die Correspondenz mit sympathetischer Tinte wird viel zur Verständigung mit gefangenen Gaunern von außen her benutzt. Daher ist jedes von außen her in die Gefangenanstalten gelan- gende Papier, ob als weiße Enclave, Enveloppe, Couvert, oder beschrieben oder bedruckt, und jeder noch so unverfänglich schei- nende Brief verdächtig, und auf das sorgfältigste zu prüfen, da sonst dem Gefangenen die wichtigsten Mittheilungen von außen her kund werden können, sobald er das ihm zugesandte Papier über das Licht oder gegen den Ofen hält. Eine sehr alte, rohe, geheime Schreibweise der Gefangenen unter sich, von einer Zelle zur andern, besteht darin, daß mit einem gespitzten Stück trockenen Talg auf Papier geschrieben wird, welches der Empfänger auf einen Tisch oder den Fußboden legt und stark mit einem geknote- ten Tuche oder Lappen schlägt, wodurch die bis dahin unsichtbare Schrift ziemlich deutlich hervortritt. So unbeholfen diese Mit- theilungsweise an sich ist, so karg nur stets die Mittheilung selbst sein kann, da begreiflich nur mit sehr großer Schrift dabei ge-
1) Die Farbe verschwindet allmählich wieder, sowie der Kobalt Wasser in sich aufnimmt, kann aber durch Wärme wiederum hervorgebracht werden. Westrumb, a. a. O., I, 335.
hervortritt, ſobald das Papier nur gelinde erwärmt wird. 1) Ebenſo gibt durch Erwärmung eine grüne Farbe: eine Miſchung aus ſalzſauerm Kobaltoxyd und ſalzſauerm Eiſenoxydul, oder auch eine Miſchung von Nickel. Sehr verdünnte Schwefelſäure läßt anfangs die Buchſtaben unſichtbar, welche aber durch Erwärmung ſchwarz werden, und nicht zu vertilgen ſind, weil die Schwefel- ſäure nach Verdunſtung des Waſſers das Papier verkohlt. Etwas umſtändlicher wird die Schrift mit ſympathetiſcher Tinte aus Eiſenvitriolauflöſung durch eine ſchwache Gallapfelauflöſung, oder eine mit ſchwefelſaurer Kupferauflöſung geſchriebene Schrift durch Ammoniakdämpfe ſichtbar gemacht. Dieſe ſympathetiſchen Tinten und das Verfahren zur ſichtbaren Herſtellung der damit geſchrie- benen Schrift findet man ausführlich von Weſtrumb, a. a. O., I, 334, beſchrieben.
Die Correſpondenz mit ſympathetiſcher Tinte wird viel zur Verſtändigung mit gefangenen Gaunern von außen her benutzt. Daher iſt jedes von außen her in die Gefangenanſtalten gelan- gende Papier, ob als weiße Enclave, Enveloppe, Couvert, oder beſchrieben oder bedruckt, und jeder noch ſo unverfänglich ſchei- nende Brief verdächtig, und auf das ſorgfältigſte zu prüfen, da ſonſt dem Gefangenen die wichtigſten Mittheilungen von außen her kund werden können, ſobald er das ihm zugeſandte Papier über das Licht oder gegen den Ofen hält. Eine ſehr alte, rohe, geheime Schreibweiſe der Gefangenen unter ſich, von einer Zelle zur andern, beſteht darin, daß mit einem geſpitzten Stück trockenen Talg auf Papier geſchrieben wird, welches der Empfänger auf einen Tiſch oder den Fußboden legt und ſtark mit einem geknote- ten Tuche oder Lappen ſchlägt, wodurch die bis dahin unſichtbare Schrift ziemlich deutlich hervortritt. So unbeholfen dieſe Mit- theilungsweiſe an ſich iſt, ſo karg nur ſtets die Mittheilung ſelbſt ſein kann, da begreiflich nur mit ſehr großer Schrift dabei ge-
1) Die Farbe verſchwindet allmählich wieder, ſowie der Kobalt Waſſer in ſich aufnimmt, kann aber durch Wärme wiederum hervorgebracht werden. Weſtrumb, a. a. O., I, 335.
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hervortritt, ſobald das Papier nur gelinde erwärmt wird. 1)
Ebenſo gibt durch Erwärmung eine grüne Farbe: eine Miſchung
aus ſalzſauerm Kobaltoxyd und ſalzſauerm Eiſenoxydul, oder auch
eine Miſchung von Nickel. Sehr verdünnte Schwefelſäure läßt
anfangs die Buchſtaben unſichtbar, welche aber durch Erwärmung
ſchwarz werden, und nicht zu vertilgen ſind, weil die Schwefel-
ſäure nach Verdunſtung des Waſſers das Papier verkohlt. Etwas
umſtändlicher wird die Schrift mit ſympathetiſcher Tinte aus
Eiſenvitriolauflöſung durch eine ſchwache Gallapfelauflöſung, oder
eine mit ſchwefelſaurer Kupferauflöſung geſchriebene Schrift durch
Ammoniakdämpfe ſichtbar gemacht. Dieſe ſympathetiſchen Tinten
und das Verfahren zur ſichtbaren Herſtellung der damit geſchrie-
benen Schrift findet man ausführlich von Weſtrumb, a. a. O.,
I, 334, beſchrieben.
Die Correſpondenz mit ſympathetiſcher Tinte wird viel zur
Verſtändigung mit gefangenen Gaunern von außen her benutzt.
Daher iſt jedes von außen her in die Gefangenanſtalten gelan-
gende Papier, ob als weiße Enclave, Enveloppe, Couvert, oder
beſchrieben oder bedruckt, und jeder noch ſo unverfänglich ſchei-
nende Brief verdächtig, und auf das ſorgfältigſte zu prüfen, da
ſonſt dem Gefangenen die wichtigſten Mittheilungen von außen
her kund werden können, ſobald er das ihm zugeſandte Papier
über das Licht oder gegen den Ofen hält. Eine ſehr alte, rohe,
geheime Schreibweiſe der Gefangenen unter ſich, von einer Zelle
zur andern, beſteht darin, daß mit einem geſpitzten Stück trockenen
Talg auf Papier geſchrieben wird, welches der Empfänger auf
einen Tiſch oder den Fußboden legt und ſtark mit einem geknote-
ten Tuche oder Lappen ſchlägt, wodurch die bis dahin unſichtbare
Schrift ziemlich deutlich hervortritt. So unbeholfen dieſe Mit-
theilungsweiſe an ſich iſt, ſo karg nur ſtets die Mittheilung ſelbſt
ſein kann, da begreiflich nur mit ſehr großer Schrift dabei ge-
1) Die Farbe verſchwindet allmählich wieder, ſowie der Kobalt Waſſer
in ſich aufnimmt, kann aber durch Wärme wiederum hervorgebracht werden.
Weſtrumb, a. a. O., I, 335.
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/320>, abgerufen am 16.02.2025.
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