Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.ratzen, wovon Ratscher, Ratzer 1), Spieler, welches Bischoff 1) Ratschen (von Ratze, der Ratz, der Rätzer, der Jltis) gebräuch- licher Volksausdruck vorzüglich des 17. Jahrhunderts, für stehlen, rauben, an sich bringen. Vgl. v. Stieler, S. 1524. 2) Wol zu unterscheiden von Zgokker, Hauseinschleicher. Vgl. Kap. 52. 3) Der gesiegelte Brief, Sendbrief wird dagegen im Liber Vagatorum
mit Bsaffot bezeichnet, wol vom hebräischen [fremdsprachliches Material - fehlt] (sephet; jüdisch-deutsch sephes), Pech, geschmolzene träufelnde Flüssigkeit, Harz, Lack, zum Zusam- menkleben des Briefs. Der Sendbrief, namentlich die officielle Depesche, ist Jggeress ([fremdsprachliches Material - fehlt]), welches aus dem spätern Hebraismus vollständig in das Jüdisch-Deutsche übergegangen ist. ratzen, wovon Ratſcher, Ratzer 1), Spieler, welches Biſchoff 1) Ratſchen (von Ratze, der Ratz, der Rätzer, der Jltis) gebräuch- licher Volksausdruck vorzüglich des 17. Jahrhunderts, für ſtehlen, rauben, an ſich bringen. Vgl. v. Stieler, S. 1524. 2) Wol zu unterſcheiden von Zgokker, Hauseinſchleicher. Vgl. Kap. 52. 3) Der geſiegelte Brief, Sendbrief wird dagegen im Liber Vagatorum
mit Bſaffot bezeichnet, wol vom hebräiſchen [fremdsprachliches Material – fehlt] (sephet; jüdiſch-deutſch sephes), Pech, geſchmolzene träufelnde Flüſſigkeit, Harz, Lack, zum Zuſam- menkleben des Briefs. Der Sendbrief, namentlich die officielle Depeſche, iſt Jggereſſ ([fremdsprachliches Material – fehlt]), welches aus dem ſpätern Hebraismus vollſtändig in das Jüdiſch-Deutſche übergegangen iſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0288" n="276"/><hi rendition="#g">ratzen,</hi> wovon <hi rendition="#g">Ratſcher, Ratzer</hi> <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#g">Ratſchen</hi> (von <hi rendition="#g">Ratze, der Ratz,</hi> der <hi rendition="#g">Rätzer,</hi> der Jltis) gebräuch-<lb/> licher Volksausdruck vorzüglich des 17. Jahrhunderts, für ſtehlen, rauben, an<lb/> ſich bringen. Vgl. v. Stieler, S. 1524.</note>, Spieler, welches Biſchoff<lb/> „Kochem. Loſch.“, S. 51, fälſchlich <hi rendition="#g">für den Kartenſpieler<lb/> allein</hi> gebraucht. <hi rendition="#g">Zchokken</hi> und <hi rendition="#g">Sechokken</hi> <note place="foot" n="2)">Wol zu unterſcheiden von <hi rendition="#g">Zgokker,</hi> Hauseinſchleicher. Vgl. Kap. 52.</note>, vom Hebräiſchen<lb/><gap reason="fm" unit="words"/> (<hi rendition="#aq">zachak</hi>) oder <gap reason="fm" unit="words"/> (<hi rendition="#aq">sachak</hi>), lachen, ſcherzen, verſpotten,<lb/> jemand in Schande bringen, ſpielen, beſonders mit <hi rendition="#g">link</hi> und <hi rendition="#g">ſiuf</hi><lb/> verbunden, <hi rendition="#g">falſch</hi> ſpielen; <hi rendition="#g">Link-Sechokker,</hi> falſcher Spieler.<lb/> Daher das jüdiſch-deutſche <hi rendition="#g">Zachkan</hi> und <hi rendition="#g">Zachkener,</hi> der Spieler<lb/> überhaupt, und <hi rendition="#g">Siufer Zachkener,</hi> der falſche Spieler. Das<lb/> jüdiſch-deutſche <hi rendition="#g">Kelef</hi> (vgl. oben) iſt die Spielkarte, welche im<lb/><hi rendition="#aq">Liber Vagatorum</hi> <hi rendition="#g">Brief</hi> <note place="foot" n="3)">Der geſiegelte Brief, Sendbrief wird dagegen im <hi rendition="#aq">Liber Vagatorum</hi><lb/> mit <hi rendition="#g">Bſaffot</hi> bezeichnet, wol vom hebräiſchen <gap reason="fm" unit="words"/> (<hi rendition="#aq">sephet;</hi> jüdiſch-deutſch<lb/><hi rendition="#aq">sephes</hi>), Pech, geſchmolzene träufelnde Flüſſigkeit, Harz, Lack, zum Zuſam-<lb/> menkleben des Briefs. Der Sendbrief, namentlich die officielle Depeſche, iſt<lb/><hi rendition="#g">Jggereſſ</hi> (<gap reason="fm" unit="words"/>), welches aus dem ſpätern Hebraismus vollſtändig in das<lb/> Jüdiſch-Deutſche übergegangen iſt.</note> (niederdeutſch <hi rendition="#g">Bref, Brev</hi> von <hi rendition="#aq">brevis</hi>)<lb/> genannt wird; <hi rendition="#g">Kelefen,</hi> überhaupt mit der Karte ſpielen (vgl.<lb/> oben Kap. 71). Der alte, auch noch jetzt gebräuchliche deutſche<lb/> Gaunerausdruck für Kartenſpiel, beſonders betrügliches Karten-<lb/> ſpiel iſt <hi rendition="#g">Hadder;</hi> für Kartenſpielen <hi rendition="#g">Haddern,</hi> vom deutſchen<lb/><hi rendition="#g">Hadern</hi> d. i. ſtreiten, um die Wette ſtreiten, welchem analog<lb/> für Würfel das Wort <hi rendition="#g">Ribling</hi> im <hi rendition="#aq">Liber Vagatorum</hi> vorkommt,<lb/> vielleicht vom Hebräiſchen <gap reason="fm" unit="words"/> (<hi rendition="#aq">rib, riw</hi>), welches ganz die Be-<lb/> deutung des deutſchen Haderns oder Hadderns hat, und wobei,<lb/> wie das ſo bei äußerſt vielen hebräiſchen Wörtern der Fall iſt,<lb/> die deutſche Endigung dem hebräiſchen Stammwort angehängt iſt.<lb/> Für Würfel ſind noch die alten Ausdrücke <hi rendition="#g">Reger</hi> (<hi rendition="#aq">motor, con-<lb/> cutiens</hi>) und <hi rendition="#g">Rührling,</hi> beide deutſchen Urſprungs, gebräuch-<lb/> lich. Jm Jüdiſch-Deutſchen iſt noch <hi rendition="#g">Kuwio</hi> (<gap reason="fm" unit="words"/>), Plural<lb/><hi rendition="#g">Kuwjooſſ</hi> (<gap reason="fm" unit="words"/>), wahrſcheinlich wegen der Höhlung der Würfel<lb/> oder des Würfelbechers, vom chaldäiſchen <gap reason="fm" unit="words"/>, wölben, oder auch von<lb/><gap reason="fm" unit="words"/>, Helm, und <hi rendition="#g">Kuwojoſtoſſ</hi> (<gap reason="fm" unit="words"/>), der Würfelſpieler und<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [276/0288]
ratzen, wovon Ratſcher, Ratzer 1), Spieler, welches Biſchoff
„Kochem. Loſch.“, S. 51, fälſchlich für den Kartenſpieler
allein gebraucht. Zchokken und Sechokken 2), vom Hebräiſchen
_ (zachak) oder _ (sachak), lachen, ſcherzen, verſpotten,
jemand in Schande bringen, ſpielen, beſonders mit link und ſiuf
verbunden, falſch ſpielen; Link-Sechokker, falſcher Spieler.
Daher das jüdiſch-deutſche Zachkan und Zachkener, der Spieler
überhaupt, und Siufer Zachkener, der falſche Spieler. Das
jüdiſch-deutſche Kelef (vgl. oben) iſt die Spielkarte, welche im
Liber Vagatorum Brief 3) (niederdeutſch Bref, Brev von brevis)
genannt wird; Kelefen, überhaupt mit der Karte ſpielen (vgl.
oben Kap. 71). Der alte, auch noch jetzt gebräuchliche deutſche
Gaunerausdruck für Kartenſpiel, beſonders betrügliches Karten-
ſpiel iſt Hadder; für Kartenſpielen Haddern, vom deutſchen
Hadern d. i. ſtreiten, um die Wette ſtreiten, welchem analog
für Würfel das Wort Ribling im Liber Vagatorum vorkommt,
vielleicht vom Hebräiſchen _ (rib, riw), welches ganz die Be-
deutung des deutſchen Haderns oder Hadderns hat, und wobei,
wie das ſo bei äußerſt vielen hebräiſchen Wörtern der Fall iſt,
die deutſche Endigung dem hebräiſchen Stammwort angehängt iſt.
Für Würfel ſind noch die alten Ausdrücke Reger (motor, con-
cutiens) und Rührling, beide deutſchen Urſprungs, gebräuch-
lich. Jm Jüdiſch-Deutſchen iſt noch Kuwio (_ ), Plural
Kuwjooſſ (_ ), wahrſcheinlich wegen der Höhlung der Würfel
oder des Würfelbechers, vom chaldäiſchen _ , wölben, oder auch von
_ , Helm, und Kuwojoſtoſſ (_ ), der Würfelſpieler und
1) Ratſchen (von Ratze, der Ratz, der Rätzer, der Jltis) gebräuch-
licher Volksausdruck vorzüglich des 17. Jahrhunderts, für ſtehlen, rauben, an
ſich bringen. Vgl. v. Stieler, S. 1524.
2) Wol zu unterſcheiden von Zgokker, Hauseinſchleicher. Vgl. Kap. 52.
3) Der geſiegelte Brief, Sendbrief wird dagegen im Liber Vagatorum
mit Bſaffot bezeichnet, wol vom hebräiſchen _ (sephet; jüdiſch-deutſch
sephes), Pech, geſchmolzene träufelnde Flüſſigkeit, Harz, Lack, zum Zuſam-
menkleben des Briefs. Der Sendbrief, namentlich die officielle Depeſche, iſt
Jggereſſ (_ ), welches aus dem ſpätern Hebraismus vollſtändig in das
Jüdiſch-Deutſche übergegangen iſt.
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