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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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truge immer reichere Mittel und Gelegenheit an die Hand, den
Aberglauben und die Unwissenheit des gemeinen Mannes auf
die schmählichste Weise auszubeuten. So ist denn die Schatz-
gräberei geradezu als eine besondere Art des Betrugs auch von
den meisten deutschen Strafgesetzgebungen, freilich mit verschieden-
artiger Auffassung, behandelt worden. 1) Aber gerade weil die
Betrogenen die gesetzliche Strafe oder mindestens den Spott bei
Kundgebung des erlittenen Betrugs auch ihrerseits zu fürchten
haben, wuchert die Schatzgräberei noch immer ungestraft fort, und
somit erfährt der eifrig forschende und scharfblickende Polizeimann
noch immer Züge des rohesten Aberglaubens und der stumpf-
sinnigsten Unwissenheit, welche nachzuerzählen er beinahe Bedenken
tragen muß. Sogar auch der Verkauf von Erdmännchen, Geld-
männchen 2), Alraunen u. dgl. kommt noch immer bei dem heim-
lichen Hausirhandel vor.

Noch andere grobe Betrügereien werden mit metallischem Streu-
sand, namentlich mit Zinn-, Messing- und Kupferspänen zum Gold-
machen und Metallverwandeln getrieben; kaum begreiflich würde es
erscheinen, wie solche Betrügereien auch in höhern Ständen vorkom-

1) Während das Preußische und Badische Gesetzbuch die Schatzgräberei
ohne besondere Auszeichnung als gemeinen Betrug behandelt, straft das
Sächsische §. 253, das Hessen-Darmstädtische §. 345, das Weimarische §. 240,
und Nassauische §. 389 die Schatzgräberei dann als qualificirten Betrug,
wenn -- was fast durchgehends bei der Schatzgräberei der Fall ist -- Reli-
gion oder religiöse Handlungen und Gegenstände dabei misbraucht werden.
Andere Gesetzgebungen, wie die Bairische §. 263, Oesterreichische §. 201,
Hannoverische §. 315, Würtembergische §. 353 und Braunschweigische §. 226
nehmen schon den qualificirten Betrug an, wenn durch ihn eine abergläubische
oder hinterlistige Verblendung zu Wege gebracht wurde.
2) Es werden dazu vorzüglich Kröten, Frösche, Eidechsen und kleine
Reptilien, auch große Käfer, besonders die Gryllotalpa benutzt, denen man
rothes Tuch mit Schaumgold anklebt oder auch durch die Haut heftet. Diese
Geldmännchen werden in kleinen phantastisch beklebten Schachteln geführt,
welche dem Abergläubigen ein wenig geöffnet wird, sodaß er durch die Spalte
das ungeheuerliche Geschöpf im Dunkel der Schachtel nicht deutlich unterschei-
den kann. Nur zu oft gelingt es noch heutzutage, diese Waare für bedeuten-
des Geld abzusetzen.

truge immer reichere Mittel und Gelegenheit an die Hand, den
Aberglauben und die Unwiſſenheit des gemeinen Mannes auf
die ſchmählichſte Weiſe auszubeuten. So iſt denn die Schatz-
gräberei geradezu als eine beſondere Art des Betrugs auch von
den meiſten deutſchen Strafgeſetzgebungen, freilich mit verſchieden-
artiger Auffaſſung, behandelt worden. 1) Aber gerade weil die
Betrogenen die geſetzliche Strafe oder mindeſtens den Spott bei
Kundgebung des erlittenen Betrugs auch ihrerſeits zu fürchten
haben, wuchert die Schatzgräberei noch immer ungeſtraft fort, und
ſomit erfährt der eifrig forſchende und ſcharfblickende Polizeimann
noch immer Züge des roheſten Aberglaubens und der ſtumpf-
ſinnigſten Unwiſſenheit, welche nachzuerzählen er beinahe Bedenken
tragen muß. Sogar auch der Verkauf von Erdmännchen, Geld-
männchen 2), Alraunen u. dgl. kommt noch immer bei dem heim-
lichen Hauſirhandel vor.

Noch andere grobe Betrügereien werden mit metalliſchem Streu-
ſand, namentlich mit Zinn-, Meſſing- und Kupferſpänen zum Gold-
machen und Metallverwandeln getrieben; kaum begreiflich würde es
erſcheinen, wie ſolche Betrügereien auch in höhern Ständen vorkom-

1) Während das Preußiſche und Badiſche Geſetzbuch die Schatzgräberei
ohne beſondere Auszeichnung als gemeinen Betrug behandelt, ſtraft das
Sächſiſche §. 253, das Heſſen-Darmſtädtiſche §. 345, das Weimariſche §. 240,
und Naſſauiſche §. 389 die Schatzgräberei dann als qualificirten Betrug,
wenn — was faſt durchgehends bei der Schatzgräberei der Fall iſt — Reli-
gion oder religiöſe Handlungen und Gegenſtände dabei misbraucht werden.
Andere Geſetzgebungen, wie die Bairiſche §. 263, Oeſterreichiſche §. 201,
Hannoveriſche §. 315, Würtembergiſche §. 353 und Braunſchweigiſche §. 226
nehmen ſchon den qualificirten Betrug an, wenn durch ihn eine abergläubiſche
oder hinterliſtige Verblendung zu Wege gebracht wurde.
2) Es werden dazu vorzüglich Kröten, Fröſche, Eidechſen und kleine
Reptilien, auch große Käfer, beſonders die Gryllotalpa benutzt, denen man
rothes Tuch mit Schaumgold anklebt oder auch durch die Haut heftet. Dieſe
Geldmännchen werden in kleinen phantaſtiſch beklebten Schachteln geführt,
welche dem Abergläubigen ein wenig geöffnet wird, ſodaß er durch die Spalte
das ungeheuerliche Geſchöpf im Dunkel der Schachtel nicht deutlich unterſchei-
den kann. Nur zu oft gelingt es noch heutzutage, dieſe Waare für bedeuten-
des Geld abzuſetzen.
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[268/0280] truge immer reichere Mittel und Gelegenheit an die Hand, den Aberglauben und die Unwiſſenheit des gemeinen Mannes auf die ſchmählichſte Weiſe auszubeuten. So iſt denn die Schatz- gräberei geradezu als eine beſondere Art des Betrugs auch von den meiſten deutſchen Strafgeſetzgebungen, freilich mit verſchieden- artiger Auffaſſung, behandelt worden. 1) Aber gerade weil die Betrogenen die geſetzliche Strafe oder mindeſtens den Spott bei Kundgebung des erlittenen Betrugs auch ihrerſeits zu fürchten haben, wuchert die Schatzgräberei noch immer ungeſtraft fort, und ſomit erfährt der eifrig forſchende und ſcharfblickende Polizeimann noch immer Züge des roheſten Aberglaubens und der ſtumpf- ſinnigſten Unwiſſenheit, welche nachzuerzählen er beinahe Bedenken tragen muß. Sogar auch der Verkauf von Erdmännchen, Geld- männchen 2), Alraunen u. dgl. kommt noch immer bei dem heim- lichen Hauſirhandel vor. Noch andere grobe Betrügereien werden mit metalliſchem Streu- ſand, namentlich mit Zinn-, Meſſing- und Kupferſpänen zum Gold- machen und Metallverwandeln getrieben; kaum begreiflich würde es erſcheinen, wie ſolche Betrügereien auch in höhern Ständen vorkom- 1) Während das Preußiſche und Badiſche Geſetzbuch die Schatzgräberei ohne beſondere Auszeichnung als gemeinen Betrug behandelt, ſtraft das Sächſiſche §. 253, das Heſſen-Darmſtädtiſche §. 345, das Weimariſche §. 240, und Naſſauiſche §. 389 die Schatzgräberei dann als qualificirten Betrug, wenn — was faſt durchgehends bei der Schatzgräberei der Fall iſt — Reli- gion oder religiöſe Handlungen und Gegenſtände dabei misbraucht werden. Andere Geſetzgebungen, wie die Bairiſche §. 263, Oeſterreichiſche §. 201, Hannoveriſche §. 315, Würtembergiſche §. 353 und Braunſchweigiſche §. 226 nehmen ſchon den qualificirten Betrug an, wenn durch ihn eine abergläubiſche oder hinterliſtige Verblendung zu Wege gebracht wurde. 2) Es werden dazu vorzüglich Kröten, Fröſche, Eidechſen und kleine Reptilien, auch große Käfer, beſonders die Gryllotalpa benutzt, denen man rothes Tuch mit Schaumgold anklebt oder auch durch die Haut heftet. Dieſe Geldmännchen werden in kleinen phantaſtiſch beklebten Schachteln geführt, welche dem Abergläubigen ein wenig geöffnet wird, ſodaß er durch die Spalte das ungeheuerliche Geſchöpf im Dunkel der Schachtel nicht deutlich unterſchei- den kann. Nur zu oft gelingt es noch heutzutage, dieſe Waare für bedeuten- des Geld abzuſetzen.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/280>, abgerufen am 25.11.2024.