auf offenen (glückbedeutenden) und geschlossenen (unglückbe- deutenden) Wegen. Offene Wege sind die Streifen, welche, ohne zusammenzulaufen, bis an den Rand der Tasse gehen; geschlossene Wege: die Streifen, welche zusammenlaufen oder durch Querlinien verbunden sind. Je näher dem Rande die Fi- guren stehen, desto früher tritt die Erfüllung ein; je näher jene dem Boden, desto später diese. Doch genug von der platten Kunst, welche aber doch, ihres noch immer häufigen Betriebs und ihrer leider nur allzu schlimmen Folgen wegen, ein ernstes Aufsehen der Sicherheitsbehörden erfordert.
Dreiundsiebzigstes Kapitel. e) Der Erbschlüssel.
Noch eine von den Wahrsagereien, welche Pictor in seiner "Goetie", Kap. 21, anführt, die Coscinomantie (to koskinon, das Sieb), hat sich genau mit derselben Manipulation, doch mit etwas verändertem Material und modernisirtern Formeln erhalten. Bei Scheible, "Kloster", Bd. 3, Abth. 2, S. 621, findet sich die Operation bildlich dargestellt: eine Schafschere oder Zange, welche von außen mit den Schneiden ein hölzernes Sieb faßt, und mit ihrem kreisförmigen federnden Handgriff auf den Spitzen zweier Finger schwebt. Der Zweck dieser Manipulation war, be- stimmte Personen zu bezeichnen, um sie in Beziehung zu einer gewissen Begebenheit oder Handlung zu bringen, ganz besonders aber Diebe zu ermitteln. Dazu ließen zwei einander gegen- überstehende Personen die runde Endfeder, oder den Handgriff der Schere oder Zange, welche mit den Schneiden oder Armen
Hinterlist; Punkte = Briefe; Weintrauben = Glück und Freude; Rosen = Ehre und Glück; Tauben = Glück im Spielen; Fische = üble Nachrede, Ver- leumdung; Anker = gute Hoffnung; hohe Thürme = langes Leben, glückliches Alter u. s. w.
auf offenen (glückbedeutenden) und geſchloſſenen (unglückbe- deutenden) Wegen. Offene Wege ſind die Streifen, welche, ohne zuſammenzulaufen, bis an den Rand der Taſſe gehen; geſchloſſene Wege: die Streifen, welche zuſammenlaufen oder durch Querlinien verbunden ſind. Je näher dem Rande die Fi- guren ſtehen, deſto früher tritt die Erfüllung ein; je näher jene dem Boden, deſto ſpäter dieſe. Doch genug von der platten Kunſt, welche aber doch, ihres noch immer häufigen Betriebs und ihrer leider nur allzu ſchlimmen Folgen wegen, ein ernſtes Aufſehen der Sicherheitsbehörden erfordert.
Dreiundſiebzigſtes Kapitel. ε) Der Erbſchlüſſel.
Noch eine von den Wahrſagereien, welche Pictor in ſeiner „Goetie“, Kap. 21, anführt, die Coſcinomantie (τὸ κόσκινον, das Sieb), hat ſich genau mit derſelben Manipulation, doch mit etwas verändertem Material und moderniſirtern Formeln erhalten. Bei Scheible, „Kloſter“, Bd. 3, Abth. 2, S. 621, findet ſich die Operation bildlich dargeſtellt: eine Schafſchere oder Zange, welche von außen mit den Schneiden ein hölzernes Sieb faßt, und mit ihrem kreisförmigen federnden Handgriff auf den Spitzen zweier Finger ſchwebt. Der Zweck dieſer Manipulation war, be- ſtimmte Perſonen zu bezeichnen, um ſie in Beziehung zu einer gewiſſen Begebenheit oder Handlung zu bringen, ganz beſonders aber Diebe zu ermitteln. Dazu ließen zwei einander gegen- überſtehende Perſonen die runde Endfeder, oder den Handgriff der Schere oder Zange, welche mit den Schneiden oder Armen
Hinterliſt; Punkte = Briefe; Weintrauben = Glück und Freude; Roſen = Ehre und Glück; Tauben = Glück im Spielen; Fiſche = üble Nachrede, Ver- leumdung; Anker = gute Hoffnung; hohe Thürme = langes Leben, glückliches Alter u. ſ. w.
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auf offenen (glückbedeutenden) und geſchloſſenen (unglückbe-
deutenden) Wegen. Offene Wege ſind die Streifen, welche,
ohne zuſammenzulaufen, bis an den Rand der Taſſe gehen;
geſchloſſene Wege: die Streifen, welche zuſammenlaufen oder
durch Querlinien verbunden ſind. Je näher dem Rande die Fi-
guren ſtehen, deſto früher tritt die Erfüllung ein; je näher jene
dem Boden, deſto ſpäter dieſe. Doch genug von der platten
Kunſt, welche aber doch, ihres noch immer häufigen Betriebs
und ihrer leider nur allzu ſchlimmen Folgen wegen, ein ernſtes
Aufſehen der Sicherheitsbehörden erfordert.
Dreiundſiebzigſtes Kapitel.
ε) Der Erbſchlüſſel.
Noch eine von den Wahrſagereien, welche Pictor in ſeiner
„Goetie“, Kap. 21, anführt, die Coſcinomantie (τὸ κόσκινον,
das Sieb), hat ſich genau mit derſelben Manipulation, doch mit
etwas verändertem Material und moderniſirtern Formeln erhalten.
Bei Scheible, „Kloſter“, Bd. 3, Abth. 2, S. 621, findet ſich
die Operation bildlich dargeſtellt: eine Schafſchere oder Zange,
welche von außen mit den Schneiden ein hölzernes Sieb faßt,
und mit ihrem kreisförmigen federnden Handgriff auf den Spitzen
zweier Finger ſchwebt. Der Zweck dieſer Manipulation war, be-
ſtimmte Perſonen zu bezeichnen, um ſie in Beziehung zu einer
gewiſſen Begebenheit oder Handlung zu bringen, ganz beſonders
aber Diebe zu ermitteln. Dazu ließen zwei einander gegen-
überſtehende Perſonen die runde Endfeder, oder den Handgriff
der Schere oder Zange, welche mit den Schneiden oder Armen
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2) Hinterliſt; Punkte = Briefe; Weintrauben = Glück und Freude; Roſen =
Ehre und Glück; Tauben = Glück im Spielen; Fiſche = üble Nachrede, Ver-
leumdung; Anker = gute Hoffnung; hohe Thürme = langes Leben, glückliches
Alter u. ſ. w.
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/276>, abgerufen am 08.07.2024.
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