Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.Gaunersprache durch heimliches Hineinlangen wegnehmen, na- 1) Jn dieser Bedeutung ist auch der Ausdruck stipitzen in die Volks- sprache übergegangen, der vielleicht zunächst von dem mittelhochdeutschen pfe- tzen, pfitzen, zupfen, kneifen, abkneifen, herzuleiten ist, aber auch wol mit dem gaunerischen Ausdruck fetzen und Stip zusammenhängt. Vgl. Kap. 35, unter dem Ausdruck fetzen. 2) Finne, corrumpirt von Penne oder Pinne, welches von [fremdsprachliches Material - fehlt], sich
wenden, einkehren, abzuleiten ist, und Behausung, Einkehr bedeutet. Vgl. un- ten Kap. 89, das Schärfen. Vielleicht ist das "Les" vom jüdisch-deutschen lutz [fremdsprachliches Material - fehlt], auslachen, verhöhnen, abzuleiten, wovon letz [fremdsprachliches Material - fehlt], Plural letzim [fremdsprachliches Material - fehlt], Spötter, Höhnender. Uebereinstimmend ist das deutsche: die Letz, Ergötzung, Possen, Schabernack. Vgl. Schmeller, a. a. O., II, 529. Gaunerſprache durch heimliches Hineinlangen wegnehmen, na- 1) Jn dieſer Bedeutung iſt auch der Ausdruck ſtipitzen in die Volks- ſprache übergegangen, der vielleicht zunächſt von dem mittelhochdeutſchen pfe- tzen, pfitzen, zupfen, kneifen, abkneifen, herzuleiten iſt, aber auch wol mit dem gauneriſchen Ausdruck fetzen und Stip zuſammenhängt. Vgl. Kap. 35, unter dem Ausdruck fetzen. 2) Finne, corrumpirt von Penne oder Pinne, welches von [fremdsprachliches Material – fehlt], ſich
wenden, einkehren, abzuleiten iſt, und Behauſung, Einkehr bedeutet. Vgl. un- ten Kap. 89, das Schärfen. Vielleicht iſt das „Les“ vom jüdiſch-deutſchen lutz [fremdsprachliches Material – fehlt], auslachen, verhöhnen, abzuleiten, wovon letz [fremdsprachliches Material – fehlt], Plural letzim [fremdsprachliches Material – fehlt], Spötter, Höhnender. Uebereinſtimmend iſt das deutſche: die Letz, Ergötzung, Poſſen, Schabernack. Vgl. Schmeller, a. a. O., II, 529. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0234" n="222"/> Gaunerſprache durch heimliches Hineinlangen wegnehmen, na-<lb/> mentlich von kleinern Gegenſtänden <note place="foot" n="1)">Jn dieſer Bedeutung iſt auch der Ausdruck <hi rendition="#g">ſtipitzen</hi> in die Volks-<lb/> ſprache übergegangen, der vielleicht zunächſt von dem mittelhochdeutſchen <hi rendition="#g">pfe-<lb/> tzen, pfitzen,</hi> zupfen, kneifen, abkneifen, herzuleiten iſt, aber auch wol mit<lb/> dem gauneriſchen Ausdruck <hi rendition="#g">fetzen</hi> und <hi rendition="#g">Stip</hi> zuſammenhängt. Vgl. Kap. 35,<lb/> unter dem Ausdruck <hi rendition="#g">fetzen</hi>.</note>; wie denn auch das heim-<lb/> liche Wegnehmen des Geldes bei dem Chalfenen <hi rendition="#g">ſtippen</hi> genannt<lb/> wird. Beſonders wird mit Stippen das Stehlen von Geld aus<lb/> Ladenkaſſen, <hi rendition="#g">Lesfinne</hi> <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#g">Finne,</hi> corrumpirt von <hi rendition="#g">Penne</hi> oder <hi rendition="#g">Pinne,</hi> welches von <gap reason="fm" unit="words"/>, ſich<lb/> wenden, einkehren, abzuleiten iſt, und Behauſung, Einkehr bedeutet. Vgl. un-<lb/> ten Kap. 89, das <hi rendition="#g">Schärfen</hi>. Vielleicht iſt das „Les“ vom jüdiſch-deutſchen<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">lutz</hi></hi> <gap reason="fm" unit="words"/>, auslachen, verhöhnen, abzuleiten, wovon <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">letz</hi></hi> <gap reason="fm" unit="words"/>, Plural <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">letzim</hi></hi><lb/><gap reason="fm" unit="words"/>, Spötter, Höhnender. Uebereinſtimmend iſt das deutſche: <hi rendition="#g">die Letz,</hi><lb/> Ergötzung, Poſſen, Schabernack. Vgl. Schmeller, a. a. O., <hi rendition="#aq">II,</hi> 529.</note>, durch die Geldritze (Nekef) mittels der<lb/><hi rendition="#g">Stippruthe</hi> bezeichnet. Die Stippruthe iſt eine dünngeſchabte<lb/> Stange Fiſchbein, 1—1¼ Fuß lang, die mit Vogelleim beſtrichen<lb/> und in die Geldritzen geſteckt wird, ſodaß das in der Kaſſe be-<lb/> findliche Geld an der Ruthe anklebt, welche dann mit dem Gelde<lb/> herausgezogen wird. Das Stippen wird oft unter Beiſtand eines<lb/> Vertuſſers oder Schmuſers vorgenommen, iſt aber immer ein ge-<lb/> wagtes und wenig lohnendes Unternehmen, da nur kleine Mün-<lb/> zen feſt an der Ruthe bleiben, während die größern leicht an-<lb/> ſtoßen und durch ihr Abfallen verdächtiges Geräuſch erregen. Die<lb/> Stippruthe wird daher meiſtens nur von unerfahrenen Anfängern<lb/> angewandt, bis ſie bei der leidigen Operation ertappt und vor-<lb/> ſichtiger werden. Jm Fall der Entdeckung bleibt dem Gauner<lb/> nur die raſche Flucht übrig, die er häufig dadurch erleichtert, daß<lb/> er dem Entdecker die Stippruthe ins Geſicht ſchlägt, um ihn für<lb/> den erſten Augenblick zu conſterniren. Die Stippruthe iſt eine<lb/> alte Erfindung, die beſonders von John Hall († 1707) und von<lb/> Koch, dem Genoſſen des Lips Tullian, angewendet wurde, wie man<lb/> denn auch den Koch in den gedruckten Acten (vgl. die Literatur,<lb/> Lips Tullian) mit der Stippruthe abgebildet findet. Die Opferſtöcke<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [222/0234]
Gaunerſprache durch heimliches Hineinlangen wegnehmen, na-
mentlich von kleinern Gegenſtänden 1); wie denn auch das heim-
liche Wegnehmen des Geldes bei dem Chalfenen ſtippen genannt
wird. Beſonders wird mit Stippen das Stehlen von Geld aus
Ladenkaſſen, Lesfinne 2), durch die Geldritze (Nekef) mittels der
Stippruthe bezeichnet. Die Stippruthe iſt eine dünngeſchabte
Stange Fiſchbein, 1—1¼ Fuß lang, die mit Vogelleim beſtrichen
und in die Geldritzen geſteckt wird, ſodaß das in der Kaſſe be-
findliche Geld an der Ruthe anklebt, welche dann mit dem Gelde
herausgezogen wird. Das Stippen wird oft unter Beiſtand eines
Vertuſſers oder Schmuſers vorgenommen, iſt aber immer ein ge-
wagtes und wenig lohnendes Unternehmen, da nur kleine Mün-
zen feſt an der Ruthe bleiben, während die größern leicht an-
ſtoßen und durch ihr Abfallen verdächtiges Geräuſch erregen. Die
Stippruthe wird daher meiſtens nur von unerfahrenen Anfängern
angewandt, bis ſie bei der leidigen Operation ertappt und vor-
ſichtiger werden. Jm Fall der Entdeckung bleibt dem Gauner
nur die raſche Flucht übrig, die er häufig dadurch erleichtert, daß
er dem Entdecker die Stippruthe ins Geſicht ſchlägt, um ihn für
den erſten Augenblick zu conſterniren. Die Stippruthe iſt eine
alte Erfindung, die beſonders von John Hall († 1707) und von
Koch, dem Genoſſen des Lips Tullian, angewendet wurde, wie man
denn auch den Koch in den gedruckten Acten (vgl. die Literatur,
Lips Tullian) mit der Stippruthe abgebildet findet. Die Opferſtöcke
1) Jn dieſer Bedeutung iſt auch der Ausdruck ſtipitzen in die Volks-
ſprache übergegangen, der vielleicht zunächſt von dem mittelhochdeutſchen pfe-
tzen, pfitzen, zupfen, kneifen, abkneifen, herzuleiten iſt, aber auch wol mit
dem gauneriſchen Ausdruck fetzen und Stip zuſammenhängt. Vgl. Kap. 35,
unter dem Ausdruck fetzen.
2) Finne, corrumpirt von Penne oder Pinne, welches von _ , ſich
wenden, einkehren, abzuleiten iſt, und Behauſung, Einkehr bedeutet. Vgl. un-
ten Kap. 89, das Schärfen. Vielleicht iſt das „Les“ vom jüdiſch-deutſchen
lutz _ , auslachen, verhöhnen, abzuleiten, wovon letz _ , Plural letzim
_ , Spötter, Höhnender. Uebereinſtimmend iſt das deutſche: die Letz,
Ergötzung, Poſſen, Schabernack. Vgl. Schmeller, a. a. O., II, 529.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |