daß er das Geld selbst nachschießt, oder auch nur sonst hülfreiche Hand beim Einwerfen in den Geldbeutel leistet.
Erfahrene Kaufleute, namentlich Wechsler, wissen schon; wen sie vor sich haben, wenn ein Fremder nach einem bestimmten Goldstück fragt. Sie lassen sich daher nicht auf das Geschäft ein, oder sie nehmen das Silbergeld mit dem Agio, geben das Gold ab und zeigen ihren Vorrath weiter nicht. Desto schlimmer ergeht es aber den Unerfahrenen, namentlich Frauenzimmern, welche in Putz- und Modeläden, Conditorläden u. dgl. als Verkäuferinnen die verschiedensten Geldsorten einnehmen, und nebenbei nicht gleich- gültig gegen die Galanterien höflicher Chalfen bleiben. Auch den Landleuten und Viehhändlern auf den Korn-, Woll- und Vieh- märkten werden von Chalfen oft ganz bedeutende Summen ab- gechilft, da auch sie das angebotene hohe Agio nicht gern ver- schmähen. Der Gewinn, den der Chalfen von seinem Handel zieht, ist enorm, weil er meistens in Gold Geschäfte macht, obwol er, je nachdem er die Gelegenheit dazu findet, auch in Silbergeld, vom Viergroschenstück bis sogar zu Doppel- und Kronthalern, arbeitet, von welchen größern Münzsorten er oft eine beträchtliche Menge in der Hand bergen kann, wie denn Thiele, a. a. O., I, 139, aus der großen berliner Untersuchung den Fall erzählt, daß Moses Simon Bernhardt am 22. Nov. 1819 dem Krüger Hoffmann zu Peterwitz beim Geldzählen nicht weniger als 18 Thaler in ein paar Secunden weggechilft hatte, welchen Diebstahl, als er nach Jahren zur Sprache kam, der Bestohlene gar nicht be- merkt haben und zugeben wollte. Die Chalfen sind so gewandt und sicher bei ihrem Betriebe, daß gerade das Chalfenen auf Reisen und bei augenblicklicher Verlegenheit das erste und sicherste Hülfs- mittel ist, rasch zu Gelde zu kommen.
Häufig nehmen endlich die Chalfen noch einen Chawer als Vertusser, Schrekener oder Schmuser mit, der dann ganz die in- teressante Rolle zu spielen hat, die dem Schrekener beim Schotten- fellen zugewiesen ist. Da jedoch in diesem Falle Cheluke gehalten werden muß, so operirt der nur einigermaßen routinirte Chalfen lieber auf eigene Hand, um die Früchte seiner Kunst allein zu
daß er das Geld ſelbſt nachſchießt, oder auch nur ſonſt hülfreiche Hand beim Einwerfen in den Geldbeutel leiſtet.
Erfahrene Kaufleute, namentlich Wechsler, wiſſen ſchon; wen ſie vor ſich haben, wenn ein Fremder nach einem beſtimmten Goldſtück fragt. Sie laſſen ſich daher nicht auf das Geſchäft ein, oder ſie nehmen das Silbergeld mit dem Agio, geben das Gold ab und zeigen ihren Vorrath weiter nicht. Deſto ſchlimmer ergeht es aber den Unerfahrenen, namentlich Frauenzimmern, welche in Putz- und Modeläden, Conditorläden u. dgl. als Verkäuferinnen die verſchiedenſten Geldſorten einnehmen, und nebenbei nicht gleich- gültig gegen die Galanterien höflicher Chalfen bleiben. Auch den Landleuten und Viehhändlern auf den Korn-, Woll- und Vieh- märkten werden von Chalfen oft ganz bedeutende Summen ab- gechilft, da auch ſie das angebotene hohe Agio nicht gern ver- ſchmähen. Der Gewinn, den der Chalfen von ſeinem Handel zieht, iſt enorm, weil er meiſtens in Gold Geſchäfte macht, obwol er, je nachdem er die Gelegenheit dazu findet, auch in Silbergeld, vom Viergroſchenſtück bis ſogar zu Doppel- und Kronthalern, arbeitet, von welchen größern Münzſorten er oft eine beträchtliche Menge in der Hand bergen kann, wie denn Thiele, a. a. O., I, 139, aus der großen berliner Unterſuchung den Fall erzählt, daß Moſes Simon Bernhardt am 22. Nov. 1819 dem Krüger Hoffmann zu Peterwitz beim Geldzählen nicht weniger als 18 Thaler in ein paar Secunden weggechilft hatte, welchen Diebſtahl, als er nach Jahren zur Sprache kam, der Beſtohlene gar nicht be- merkt haben und zugeben wollte. Die Chalfen ſind ſo gewandt und ſicher bei ihrem Betriebe, daß gerade das Chalfenen auf Reiſen und bei augenblicklicher Verlegenheit das erſte und ſicherſte Hülfs- mittel iſt, raſch zu Gelde zu kommen.
Häufig nehmen endlich die Chalfen noch einen Chawer als Vertuſſer, Schrekener oder Schmuſer mit, der dann ganz die in- tereſſante Rolle zu ſpielen hat, die dem Schrekener beim Schotten- fellen zugewieſen iſt. Da jedoch in dieſem Falle Cheluke gehalten werden muß, ſo operirt der nur einigermaßen routinirte Chalfen lieber auf eigene Hand, um die Früchte ſeiner Kunſt allein zu
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[204/0216]
daß er das Geld ſelbſt nachſchießt, oder auch nur ſonſt hülfreiche
Hand beim Einwerfen in den Geldbeutel leiſtet.
Erfahrene Kaufleute, namentlich Wechsler, wiſſen ſchon; wen
ſie vor ſich haben, wenn ein Fremder nach einem beſtimmten
Goldſtück fragt. Sie laſſen ſich daher nicht auf das Geſchäft ein,
oder ſie nehmen das Silbergeld mit dem Agio, geben das Gold ab
und zeigen ihren Vorrath weiter nicht. Deſto ſchlimmer ergeht
es aber den Unerfahrenen, namentlich Frauenzimmern, welche in
Putz- und Modeläden, Conditorläden u. dgl. als Verkäuferinnen
die verſchiedenſten Geldſorten einnehmen, und nebenbei nicht gleich-
gültig gegen die Galanterien höflicher Chalfen bleiben. Auch den
Landleuten und Viehhändlern auf den Korn-, Woll- und Vieh-
märkten werden von Chalfen oft ganz bedeutende Summen ab-
gechilft, da auch ſie das angebotene hohe Agio nicht gern ver-
ſchmähen. Der Gewinn, den der Chalfen von ſeinem Handel
zieht, iſt enorm, weil er meiſtens in Gold Geſchäfte macht, obwol
er, je nachdem er die Gelegenheit dazu findet, auch in Silbergeld,
vom Viergroſchenſtück bis ſogar zu Doppel- und Kronthalern,
arbeitet, von welchen größern Münzſorten er oft eine beträchtliche
Menge in der Hand bergen kann, wie denn Thiele, a. a. O.,
I, 139, aus der großen berliner Unterſuchung den Fall erzählt,
daß Moſes Simon Bernhardt am 22. Nov. 1819 dem Krüger
Hoffmann zu Peterwitz beim Geldzählen nicht weniger als 18 Thaler
in ein paar Secunden weggechilft hatte, welchen Diebſtahl, als
er nach Jahren zur Sprache kam, der Beſtohlene gar nicht be-
merkt haben und zugeben wollte. Die Chalfen ſind ſo gewandt
und ſicher bei ihrem Betriebe, daß gerade das Chalfenen auf Reiſen
und bei augenblicklicher Verlegenheit das erſte und ſicherſte Hülfs-
mittel iſt, raſch zu Gelde zu kommen.
Häufig nehmen endlich die Chalfen noch einen Chawer als
Vertuſſer, Schrekener oder Schmuſer mit, der dann ganz die in-
tereſſante Rolle zu ſpielen hat, die dem Schrekener beim Schotten-
fellen zugewieſen iſt. Da jedoch in dieſem Falle Cheluke gehalten
werden muß, ſo operirt der nur einigermaßen routinirte Chalfen
lieber auf eigene Hand, um die Früchte ſeiner Kunſt allein zu
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/216>, abgerufen am 17.11.2024.
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