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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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auf den Ladentisch gelegten Muffe, oder in Schachteln und Körbe
mit doppeltem Boden gesteckt. Auch werden in den gegen die
Ladentische gesetzten Regenschirmen, seitdem statt der äußerlichen
runden Schiebringe zum Zusammenhalten des Schirms, oben unter
die Griffe Schnappfedern angebracht sind, welche in den Schieber
springen und das Auseinanderfallen des Schirms verhindern,
während der schlotternde Ueberzug eine Menge faltiger Diebs-
taschen bildet, unglaublich viel Waaren weggetragen, wie mir denn
ein Fall vorgekommen ist, in welchem eine Schottenfellerin zwei
ganze Stücke Wollmusselin, jedes von einigen dreißig Ellen, in
ihrem Regenschirm aus einem Ausschnittladen davongetragen
hatte. Die neuere Mode der weiten Rockärmel, mit locker gehef-
teten weiten Manschetten, dient ebenfalls den Schottenfellern zu
geheimen Taschen für kleinere Waare, namentlich Gold- und
Silbersachen. Zu gleichem Zwecke dienen kleinere Taschen inner-
halb der Halsbinden, unter dem Rockkragen, innerhalb der Weste,
hinter dem Vorhemde, und zwischen den gefütterten Hosenträgern.
Kleinere werthvolle Gegenstände werden von Schottenfellerinnen
auch wol heimlich auf die Erde geworfen, mit den Zehen geschickt
gefaßt und in den Schuh gelegt. Viele Schottenfeller besitzen

weiß nicht, wie man dazu kommt, mich so verdächtig zu betrachten und zu be-
handeln. Sie sind schon ein älterer Mann, und weil ich als Frauenzimmer
mich offener gegen sie aussprechen kann, als gegen die anwesenden jungen
Leute, oder in deren Gegenwart, so muß ich Sie bitten, mich in ein besonderes
Zimmer zu führen, wo ich mich offen gegen Sie aussprechen werde." Der
Kaufmann führte die Dame höflich in ein Zimmer, woselbst sie ihm entdeckte,
daß sie sich augenblicklich in einer Situation befinde, in der das Reißen einer
Leibbinde sie doppelt verlegen mache. Nach einem flüchtigen Arrangement er-
bot sich die Dame ihre Kleider visitiren zu lassen, hob einen Theil auf, reichte
den abgenommenen Mantel dem Kaufmanne dar, der mit vielen Entschul-
digungen und unter Ablehnung der weitern Untersuchung die Dame aus dem
Hause begleitete, jedoch noch immer nicht den Argwohn unterdrücken konnte
und kurze Zeit darauf die Hülfe der Polizei in Anspruch nahm, die noch den-
selben Abend ermittelte, daß die verschlagene Schottenfellerin vor den Augen
des Kaufmanns nicht nur das unter dem Mantel erblickte Stück Seidenzeug,
sondern auch drei verschiedene andere Stücke Seidenzeug und ein ganzes Stück
Mousseline de laine gestohlen und in ihre Gole prakticirt hatte.

auf den Ladentiſch gelegten Muffe, oder in Schachteln und Körbe
mit doppeltem Boden geſteckt. Auch werden in den gegen die
Ladentiſche geſetzten Regenſchirmen, ſeitdem ſtatt der äußerlichen
runden Schiebringe zum Zuſammenhalten des Schirms, oben unter
die Griffe Schnappfedern angebracht ſind, welche in den Schieber
ſpringen und das Auseinanderfallen des Schirms verhindern,
während der ſchlotternde Ueberzug eine Menge faltiger Diebs-
taſchen bildet, unglaublich viel Waaren weggetragen, wie mir denn
ein Fall vorgekommen iſt, in welchem eine Schottenfellerin zwei
ganze Stücke Wollmuſſelin, jedes von einigen dreißig Ellen, in
ihrem Regenſchirm aus einem Ausſchnittladen davongetragen
hatte. Die neuere Mode der weiten Rockärmel, mit locker gehef-
teten weiten Manſchetten, dient ebenfalls den Schottenfellern zu
geheimen Taſchen für kleinere Waare, namentlich Gold- und
Silberſachen. Zu gleichem Zwecke dienen kleinere Taſchen inner-
halb der Halsbinden, unter dem Rockkragen, innerhalb der Weſte,
hinter dem Vorhemde, und zwiſchen den gefütterten Hoſenträgern.
Kleinere werthvolle Gegenſtände werden von Schottenfellerinnen
auch wol heimlich auf die Erde geworfen, mit den Zehen geſchickt
gefaßt und in den Schuh gelegt. Viele Schottenfeller beſitzen

weiß nicht, wie man dazu kommt, mich ſo verdächtig zu betrachten und zu be-
handeln. Sie ſind ſchon ein älterer Mann, und weil ich als Frauenzimmer
mich offener gegen ſie ausſprechen kann, als gegen die anweſenden jungen
Leute, oder in deren Gegenwart, ſo muß ich Sie bitten, mich in ein beſonderes
Zimmer zu führen, wo ich mich offen gegen Sie ausſprechen werde.“ Der
Kaufmann führte die Dame höflich in ein Zimmer, woſelbſt ſie ihm entdeckte,
daß ſie ſich augenblicklich in einer Situation befinde, in der das Reißen einer
Leibbinde ſie doppelt verlegen mache. Nach einem flüchtigen Arrangement er-
bot ſich die Dame ihre Kleider viſitiren zu laſſen, hob einen Theil auf, reichte
den abgenommenen Mantel dem Kaufmanne dar, der mit vielen Entſchul-
digungen und unter Ablehnung der weitern Unterſuchung die Dame aus dem
Hauſe begleitete, jedoch noch immer nicht den Argwohn unterdrücken konnte
und kurze Zeit darauf die Hülfe der Polizei in Anſpruch nahm, die noch den-
ſelben Abend ermittelte, daß die verſchlagene Schottenfellerin vor den Augen
des Kaufmanns nicht nur das unter dem Mantel erblickte Stück Seidenzeug,
ſondern auch drei verſchiedene andere Stücke Seidenzeug und ein ganzes Stück
Mouſſeline de laine geſtohlen und in ihre Gole prakticirt hatte.
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[197/0209] auf den Ladentiſch gelegten Muffe, oder in Schachteln und Körbe mit doppeltem Boden geſteckt. Auch werden in den gegen die Ladentiſche geſetzten Regenſchirmen, ſeitdem ſtatt der äußerlichen runden Schiebringe zum Zuſammenhalten des Schirms, oben unter die Griffe Schnappfedern angebracht ſind, welche in den Schieber ſpringen und das Auseinanderfallen des Schirms verhindern, während der ſchlotternde Ueberzug eine Menge faltiger Diebs- taſchen bildet, unglaublich viel Waaren weggetragen, wie mir denn ein Fall vorgekommen iſt, in welchem eine Schottenfellerin zwei ganze Stücke Wollmuſſelin, jedes von einigen dreißig Ellen, in ihrem Regenſchirm aus einem Ausſchnittladen davongetragen hatte. Die neuere Mode der weiten Rockärmel, mit locker gehef- teten weiten Manſchetten, dient ebenfalls den Schottenfellern zu geheimen Taſchen für kleinere Waare, namentlich Gold- und Silberſachen. Zu gleichem Zwecke dienen kleinere Taſchen inner- halb der Halsbinden, unter dem Rockkragen, innerhalb der Weſte, hinter dem Vorhemde, und zwiſchen den gefütterten Hoſenträgern. Kleinere werthvolle Gegenſtände werden von Schottenfellerinnen auch wol heimlich auf die Erde geworfen, mit den Zehen geſchickt gefaßt und in den Schuh gelegt. Viele Schottenfeller beſitzen 2) 2) weiß nicht, wie man dazu kommt, mich ſo verdächtig zu betrachten und zu be- handeln. Sie ſind ſchon ein älterer Mann, und weil ich als Frauenzimmer mich offener gegen ſie ausſprechen kann, als gegen die anweſenden jungen Leute, oder in deren Gegenwart, ſo muß ich Sie bitten, mich in ein beſonderes Zimmer zu führen, wo ich mich offen gegen Sie ausſprechen werde.“ Der Kaufmann führte die Dame höflich in ein Zimmer, woſelbſt ſie ihm entdeckte, daß ſie ſich augenblicklich in einer Situation befinde, in der das Reißen einer Leibbinde ſie doppelt verlegen mache. Nach einem flüchtigen Arrangement er- bot ſich die Dame ihre Kleider viſitiren zu laſſen, hob einen Theil auf, reichte den abgenommenen Mantel dem Kaufmanne dar, der mit vielen Entſchul- digungen und unter Ablehnung der weitern Unterſuchung die Dame aus dem Hauſe begleitete, jedoch noch immer nicht den Argwohn unterdrücken konnte und kurze Zeit darauf die Hülfe der Polizei in Anſpruch nahm, die noch den- ſelben Abend ermittelte, daß die verſchlagene Schottenfellerin vor den Augen des Kaufmanns nicht nur das unter dem Mantel erblickte Stück Seidenzeug, ſondern auch drei verſchiedene andere Stücke Seidenzeug und ein ganzes Stück Mouſſeline de laine geſtohlen und in ihre Gole prakticirt hatte.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/209>, abgerufen am 17.11.2024.