tungen der Polizei, namentlich von der Gensdarmerie, nur im offenen Treiben behindert, aber nicht aufgehoben, sondern nur versprengt; sie haben sich als Parasiten an das Bürgerthum ge- hängt, und haben für alle dessen Schwächen ihre augenblickliche Bereitschaft zum alten offenen Aufstand, sodaß man sich nicht wundern darf, wie rasch und wie nachhaltig die Räuberbanden vor unsern Augen zusammentreten, sobald irgendeine große oder stürmische Bewegung den mühsam und mit großen Opfern auf- rechterhaltenen Gang der gewohnten Ordnung unterbricht. Trotz der obsolet gewordenen Unterscheidung zwischen Schränkern und zierlichen Schränkern existiren, zum Zeugniß der unvergessenen Praxis, alle Räuberterminologien fort, von welchen hier noch die wesentlichsten angeführt werden sollen.
Chassne, eigentlich Chassune, vom hebräischen [fremdsprachliches Material - fehlt], Ver- mählung, Hochzeit und Kofchess1), Jnitialbuchstaben (krumme Kof, [fremdsprachliches Material - fehlt], Krummkopf, und Chess,[fremdsprachliches Material - fehlt]) von Chessen oder Chassne, ist der lärmende offene nächtliche Ueberfall, wie er von den Rhei- nischen Banden verübt wurde, durch Einrennen der Thüren mit dem Drong, mit Erleuchtung des erstürmten Hauses durch Lichter (Neiress) und mit Knebelung, Mishandlung oder Er- mordung der Bewohner. Chassnegänger sind die Räuber, welche auf diese Weise verfahren. Koochegehen (vgl. oben be- kauach) von Kauach, die Gewalt, auf nächtlichen Einbruch, auf Räuberei ausgehen. Perkoochhändler, Pessucher, Einbrecher, Schränker. Gaslan, von [fremdsprachliches Material - fehlt], wegreißen, rauben, ist allgemeiner Ausdruck für Räuber, Gasel, der Raub, Gaslonuss, die Räuberei. Kuffer (von Kippe, Kuppe, Schrank, Verschluß) ist allgemeiner Ausdruck für Räuber, aber auch für Nachschlüsseldieb
Gensdarmerie in Ungarn, Kroatien, Siebenbürgen, die mit offener Gewalt in die einzeln gelegenen Pachthöfe und Dörfer dringenden Räuberbanden auszu- rotten, wie ja denn noch jetzt im Centralpolizeiblatte solche Ueberfälle nicht selten angezeigt werden.
1) Nach dem Zahlenwerthe von Kofchess (28) wird der Einbruch zur Nachtzeit in der oben angegebenen Weise auch Achtundzwanziger ge- nannt.
tungen der Polizei, namentlich von der Gensdarmerie, nur im offenen Treiben behindert, aber nicht aufgehoben, ſondern nur verſprengt; ſie haben ſich als Paraſiten an das Bürgerthum ge- hängt, und haben für alle deſſen Schwächen ihre augenblickliche Bereitſchaft zum alten offenen Aufſtand, ſodaß man ſich nicht wundern darf, wie raſch und wie nachhaltig die Räuberbanden vor unſern Augen zuſammentreten, ſobald irgendeine große oder ſtürmiſche Bewegung den mühſam und mit großen Opfern auf- rechterhaltenen Gang der gewohnten Ordnung unterbricht. Trotz der obſolet gewordenen Unterſcheidung zwiſchen Schränkern und zierlichen Schränkern exiſtiren, zum Zeugniß der unvergeſſenen Praxis, alle Räuberterminologien fort, von welchen hier noch die weſentlichſten angeführt werden ſollen.
Chaſſne, eigentlich Chaſſune, vom hebräiſchen [fremdsprachliches Material – fehlt], Ver- mählung, Hochzeit und Kofcheſſ1), Jnitialbuchſtaben (krumme Kof, [fremdsprachliches Material – fehlt], Krummkopf, und Cheſſ,[fremdsprachliches Material – fehlt]) von Cheſſen oder Chaſſne, iſt der lärmende offene nächtliche Ueberfall, wie er von den Rhei- niſchen Banden verübt wurde, durch Einrennen der Thüren mit dem Drong, mit Erleuchtung des erſtürmten Hauſes durch Lichter (Neireſſ) und mit Knebelung, Mishandlung oder Er- mordung der Bewohner. Chaſſnegänger ſind die Räuber, welche auf dieſe Weiſe verfahren. Koochegehen (vgl. oben be- kauach) von Kauach, die Gewalt, auf nächtlichen Einbruch, auf Räuberei ausgehen. Perkoochhändler, Peſſucher, Einbrecher, Schränker. Gaſlan, von [fremdsprachliches Material – fehlt], wegreißen, rauben, iſt allgemeiner Ausdruck für Räuber, Gaſel, der Raub, Gaſlonuſſ, die Räuberei. Kuffer (von Kippe, Kuppe, Schrank, Verſchluß) iſt allgemeiner Ausdruck für Räuber, aber auch für Nachſchlüſſeldieb
Gensdarmerie in Ungarn, Kroatien, Siebenbürgen, die mit offener Gewalt in die einzeln gelegenen Pachthöfe und Dörfer dringenden Räuberbanden auszu- rotten, wie ja denn noch jetzt im Centralpolizeiblatte ſolche Ueberfälle nicht ſelten angezeigt werden.
1) Nach dem Zahlenwerthe von Kofcheſſ (28) wird der Einbruch zur Nachtzeit in der oben angegebenen Weiſe auch Achtundzwanziger ge- nannt.
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tungen der Polizei, namentlich von der Gensdarmerie, nur im
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verſprengt; ſie haben ſich als Paraſiten an das Bürgerthum ge-
hängt, und haben für alle deſſen Schwächen ihre augenblickliche
Bereitſchaft zum alten offenen Aufſtand, ſodaß man ſich nicht
wundern darf, wie raſch und wie nachhaltig die Räuberbanden
vor unſern Augen zuſammentreten, ſobald irgendeine große oder
ſtürmiſche Bewegung den mühſam und mit großen Opfern auf-
rechterhaltenen Gang der gewohnten Ordnung unterbricht. Trotz
der obſolet gewordenen Unterſcheidung zwiſchen Schränkern und
zierlichen Schränkern exiſtiren, zum Zeugniß der unvergeſſenen
Praxis, alle Räuberterminologien fort, von welchen hier noch die
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mordung der Bewohner. Chaſſnegänger ſind die Räuber,
welche auf dieſe Weiſe verfahren. Koochegehen (vgl. oben be-
kauach) von Kauach, die Gewalt, auf nächtlichen Einbruch, auf
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Ausdruck für Räuber, Gaſel, der Raub, Gaſlonuſſ, die
Räuberei. Kuffer (von Kippe, Kuppe, Schrank, Verſchluß)
iſt allgemeiner Ausdruck für Räuber, aber auch für Nachſchlüſſeldieb
1)
1) Nach dem Zahlenwerthe von Kofcheſſ (28) wird der Einbruch zur
Nachtzeit in der oben angegebenen Weiſe auch Achtundzwanziger ge-
nannt.
1) Gensdarmerie in Ungarn, Kroatien, Siebenbürgen, die mit offener Gewalt in
die einzeln gelegenen Pachthöfe und Dörfer dringenden Räuberbanden auszu-
rotten, wie ja denn noch jetzt im Centralpolizeiblatte ſolche Ueberfälle nicht
ſelten angezeigt werden.
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/160>, abgerufen am 16.02.2025.
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