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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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wahrer Freundschaft verräth. Die Verhaftung von Gaunern,
namentlich durch den einzelnen, nicht weiter unterstützten subalternen
Beamten, ist jener oft verzweifelten Gegenwehr wegen äußerst
schwierig, und sollte vom Vorgesetzten immer anerkannt werden,
der hinter dem Verhörtisch kaum einen Begriff davon hat, wie
gefährlich die Verhaftung der ihm vorgeführten Arrestaten war.



Dreiundvierzigstes Kapitel.
th) Die Kawure, der Jntippel und die Cheluke.

Das Gestohlene wird so rasch und weit wie möglich vom
Diebstahlsorte in Sicherheit gebracht. Häufig erlaubt die Menge
und Schwere des Gestohlenen, namentlich wenn kein Fuhrwerk 1)
zur Hand ist, keinen weiten Transport. Die nächste Chessenpenne
bietet daher die erste Zufluchtsstätte, bis die Schränker ander-
weitige Verfügungen über das Geborgene treffen; häufig wird
aber auch das Gestohlene hinter Zäunen, in Stroh- und Heu-
diemen, in Mist 2), in Waldungen, Buschkoppeln, hohlen Bäu-
men, Wegesielen, Gräben, Brücken, Mergel- und Sandgruben,
Fuchs- und Dachsbauten vorläufig kawure gelegt, nicht selten
aber auch in Teiche und Sümpfe versenkt, bis die Gelegenheit
zum Hervorholen und Theilen sicher geworden ist. Der Ort, die
Chessen- oder Kochemerpenne, Spiese, wohin die Beute geborgen
und getheilt wird, heißt der Jntippel 3), wovon intippeln,

1) Meistens halten die Schränker sich auf gemeinschaftliche Kosten ein
solches Fuhrwerk, Agole, Michsegole genannt, theils zum raschern Reisen und
Flüchten, theils zum behendern Transport des Gestohlenen. Vgl. weiter un-
ten das Stradehandeln, Kap. 68.
2) Ein hier oft in Untersuchung gerathener Schränker hatte sogar ein-
mal geräuchertes und gepöckeltes Fleisch, das er gestohlen, ohne Emballage
in den feuchten Mist seines Ziegenstalles kawure gelegt!
3) Vom hebräischen [fremdsprachliches Material - fehlt] ([fremdsprachliches Material - fehlt]), tapap, schnell beweglich sein, kleine schnelle
Schritte machen, kokett trippeln, besonders von Frauenzimmern, wovon das
Ave-Lallemant, Gaunerthum. II. 10

wahrer Freundſchaft verräth. Die Verhaftung von Gaunern,
namentlich durch den einzelnen, nicht weiter unterſtützten ſubalternen
Beamten, iſt jener oft verzweifelten Gegenwehr wegen äußerſt
ſchwierig, und ſollte vom Vorgeſetzten immer anerkannt werden,
der hinter dem Verhörtiſch kaum einen Begriff davon hat, wie
gefährlich die Verhaftung der ihm vorgeführten Arreſtaten war.



Dreiundvierzigſtes Kapitel.
θ) Die Kawure, der Jntippel und die Cheluke.

Das Geſtohlene wird ſo raſch und weit wie möglich vom
Diebſtahlsorte in Sicherheit gebracht. Häufig erlaubt die Menge
und Schwere des Geſtohlenen, namentlich wenn kein Fuhrwerk 1)
zur Hand iſt, keinen weiten Transport. Die nächſte Cheſſenpenne
bietet daher die erſte Zufluchtsſtätte, bis die Schränker ander-
weitige Verfügungen über das Geborgene treffen; häufig wird
aber auch das Geſtohlene hinter Zäunen, in Stroh- und Heu-
diemen, in Miſt 2), in Waldungen, Buſchkoppeln, hohlen Bäu-
men, Wegeſielen, Gräben, Brücken, Mergel- und Sandgruben,
Fuchs- und Dachsbauten vorläufig kawure gelegt, nicht ſelten
aber auch in Teiche und Sümpfe verſenkt, bis die Gelegenheit
zum Hervorholen und Theilen ſicher geworden iſt. Der Ort, die
Cheſſen- oder Kochemerpenne, Spieſe, wohin die Beute geborgen
und getheilt wird, heißt der Jntippel 3), wovon intippeln,

1) Meiſtens halten die Schränker ſich auf gemeinſchaftliche Koſten ein
ſolches Fuhrwerk, Agole, Michſegole genannt, theils zum raſchern Reiſen und
Flüchten, theils zum behendern Transport des Geſtohlenen. Vgl. weiter un-
ten das Stradehandeln, Kap. 68.
2) Ein hier oft in Unterſuchung gerathener Schränker hatte ſogar ein-
mal geräuchertes und gepöckeltes Fleiſch, das er geſtohlen, ohne Emballage
in den feuchten Miſt ſeines Ziegenſtalles kawure gelegt!
3) Vom hebräiſchen [fremdsprachliches Material – fehlt] ([fremdsprachliches Material – fehlt]), tapap, ſchnell beweglich ſein, kleine ſchnelle
Schritte machen, kokett trippeln, beſonders von Frauenzimmern, wovon das
Avé-Lallemant, Gaunerthum. II. 10
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[145/0157] wahrer Freundſchaft verräth. Die Verhaftung von Gaunern, namentlich durch den einzelnen, nicht weiter unterſtützten ſubalternen Beamten, iſt jener oft verzweifelten Gegenwehr wegen äußerſt ſchwierig, und ſollte vom Vorgeſetzten immer anerkannt werden, der hinter dem Verhörtiſch kaum einen Begriff davon hat, wie gefährlich die Verhaftung der ihm vorgeführten Arreſtaten war. Dreiundvierzigſtes Kapitel. θ) Die Kawure, der Jntippel und die Cheluke. Das Geſtohlene wird ſo raſch und weit wie möglich vom Diebſtahlsorte in Sicherheit gebracht. Häufig erlaubt die Menge und Schwere des Geſtohlenen, namentlich wenn kein Fuhrwerk 1) zur Hand iſt, keinen weiten Transport. Die nächſte Cheſſenpenne bietet daher die erſte Zufluchtsſtätte, bis die Schränker ander- weitige Verfügungen über das Geborgene treffen; häufig wird aber auch das Geſtohlene hinter Zäunen, in Stroh- und Heu- diemen, in Miſt 2), in Waldungen, Buſchkoppeln, hohlen Bäu- men, Wegeſielen, Gräben, Brücken, Mergel- und Sandgruben, Fuchs- und Dachsbauten vorläufig kawure gelegt, nicht ſelten aber auch in Teiche und Sümpfe verſenkt, bis die Gelegenheit zum Hervorholen und Theilen ſicher geworden iſt. Der Ort, die Cheſſen- oder Kochemerpenne, Spieſe, wohin die Beute geborgen und getheilt wird, heißt der Jntippel 3), wovon intippeln, 1) Meiſtens halten die Schränker ſich auf gemeinſchaftliche Koſten ein ſolches Fuhrwerk, Agole, Michſegole genannt, theils zum raſchern Reiſen und Flüchten, theils zum behendern Transport des Geſtohlenen. Vgl. weiter un- ten das Stradehandeln, Kap. 68. 2) Ein hier oft in Unterſuchung gerathener Schränker hatte ſogar ein- mal geräuchertes und gepöckeltes Fleiſch, das er geſtohlen, ohne Emballage in den feuchten Miſt ſeines Ziegenſtalles kawure gelegt! 3) Vom hebräiſchen _ (_ ), tapap, ſchnell beweglich ſein, kleine ſchnelle Schritte machen, kokett trippeln, beſonders von Frauenzimmern, wovon das Avé-Lallemant, Gaunerthum. II. 10

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/157>, abgerufen am 22.11.2024.