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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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Erkrankungen oder sonstigen trüben Ereignissen, von denen der
Baldower Kunde erlangt hat. Mehr als ein mal ist es daher vor-
gekommen, daß Schränker in eine Wochenstube oder in ein Leichen-
zimmer gerathen sind. Aber auch dann besonders, wenn freudige
Ereignisse oder gesellschaftliche Erheiterungen, wie eine Soiree oder
ein Ball, die Hausbewohner und Dienerschaft auf einen bestimm-
ten Theil des Hauses concentrirt, vorzüglich aber unmittelbar
nach
solchen Festlichkeiten, wenn alles im Hause ermüdet sich
zurückgezogen hat, und das Meiste unordentlich und unverwahrt
umherliegt, werden die meisten Einbrüche mit Erfolg verübt. Alle
einzelnen Situationen und Gelegenheiten, selbst die persönlichen
Eigenschaften, Alter und Zahl der Hausbewohner, von denen
schon oben beim Baldowern die Rede gewesen ist, werden mit
scharfem Blick aufgefaßt, um auch das unscheinlichste Moment
ausbeuten zu können.

Selten und nur unter ganz günstigen Umständen wird bei
Tage, bei Schein, ba jom ([fremdsprachliches Material - fehlt], der Tag), in der Regel bei Nacht-
zeit, ba leile ([fremdsprachliches Material - fehlt] [lail], die Nacht), oder, wie es auch heißt,
Baischon lailo ([fremdsprachliches Material - fehlt]), in der schwarzen Nacht, oder
bei Schwärze oder in der Fichte geschränkt.



Vierzigstes Kapitel.
e) Die Schmiren und Lampen.

Eine Hauptaufgabe ist, die als günstig erkannte Gelegenheit
so lange günstig zu erhalten und jede Störung von ihr zu ent-
fernen oder mindestens den handelnden Chawern sofort mitzu-
theilen, bis der Massematten gehandelt und der Rückzug gedeckt
ist. Diese schwierige Aufgabe haben die Schmiren zu erfüllen,
zu denen für jeden einzelnen Massematten gewöhnlich die erfahren-
sten und gewandtesten Gauner von dem Balmassematten gewählt
werden. Die rohe Auffassung des Wortes Schmire -- vom jüdisch-

Erkrankungen oder ſonſtigen trüben Ereigniſſen, von denen der
Baldower Kunde erlangt hat. Mehr als ein mal iſt es daher vor-
gekommen, daß Schränker in eine Wochenſtube oder in ein Leichen-
zimmer gerathen ſind. Aber auch dann beſonders, wenn freudige
Ereigniſſe oder geſellſchaftliche Erheiterungen, wie eine Soirée oder
ein Ball, die Hausbewohner und Dienerſchaft auf einen beſtimm-
ten Theil des Hauſes concentrirt, vorzüglich aber unmittelbar
nach
ſolchen Feſtlichkeiten, wenn alles im Hauſe ermüdet ſich
zurückgezogen hat, und das Meiſte unordentlich und unverwahrt
umherliegt, werden die meiſten Einbrüche mit Erfolg verübt. Alle
einzelnen Situationen und Gelegenheiten, ſelbſt die perſönlichen
Eigenſchaften, Alter und Zahl der Hausbewohner, von denen
ſchon oben beim Baldowern die Rede geweſen iſt, werden mit
ſcharfem Blick aufgefaßt, um auch das unſcheinlichſte Moment
ausbeuten zu können.

Selten und nur unter ganz günſtigen Umſtänden wird bei
Tage, bei Schein, ba jom ([fremdsprachliches Material – fehlt], der Tag), in der Regel bei Nacht-
zeit, ba leile ([fremdsprachliches Material – fehlt] [lail], die Nacht), oder, wie es auch heißt,
Baiſchon lailo ([fremdsprachliches Material – fehlt]), in der ſchwarzen Nacht, oder
bei Schwärze oder in der Fichte geſchränkt.



Vierzigſtes Kapitel.
ε) Die Schmiren und Lampen.

Eine Hauptaufgabe iſt, die als günſtig erkannte Gelegenheit
ſo lange günſtig zu erhalten und jede Störung von ihr zu ent-
fernen oder mindeſtens den handelnden Chawern ſofort mitzu-
theilen, bis der Maſſematten gehandelt und der Rückzug gedeckt
iſt. Dieſe ſchwierige Aufgabe haben die Schmiren zu erfüllen,
zu denen für jeden einzelnen Maſſematten gewöhnlich die erfahren-
ſten und gewandteſten Gauner von dem Balmaſſematten gewählt
werden. Die rohe Auffaſſung des Wortes Schmire — vom jüdiſch-

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[138/0150] Erkrankungen oder ſonſtigen trüben Ereigniſſen, von denen der Baldower Kunde erlangt hat. Mehr als ein mal iſt es daher vor- gekommen, daß Schränker in eine Wochenſtube oder in ein Leichen- zimmer gerathen ſind. Aber auch dann beſonders, wenn freudige Ereigniſſe oder geſellſchaftliche Erheiterungen, wie eine Soirée oder ein Ball, die Hausbewohner und Dienerſchaft auf einen beſtimm- ten Theil des Hauſes concentrirt, vorzüglich aber unmittelbar nach ſolchen Feſtlichkeiten, wenn alles im Hauſe ermüdet ſich zurückgezogen hat, und das Meiſte unordentlich und unverwahrt umherliegt, werden die meiſten Einbrüche mit Erfolg verübt. Alle einzelnen Situationen und Gelegenheiten, ſelbſt die perſönlichen Eigenſchaften, Alter und Zahl der Hausbewohner, von denen ſchon oben beim Baldowern die Rede geweſen iſt, werden mit ſcharfem Blick aufgefaßt, um auch das unſcheinlichſte Moment ausbeuten zu können. Selten und nur unter ganz günſtigen Umſtänden wird bei Tage, bei Schein, ba jom (_ , der Tag), in der Regel bei Nacht- zeit, ba leile (_ [lail], die Nacht), oder, wie es auch heißt, Baiſchon lailo (_ ), in der ſchwarzen Nacht, oder bei Schwärze oder in der Fichte geſchränkt. Vierzigſtes Kapitel. ε) Die Schmiren und Lampen. Eine Hauptaufgabe iſt, die als günſtig erkannte Gelegenheit ſo lange günſtig zu erhalten und jede Störung von ihr zu ent- fernen oder mindeſtens den handelnden Chawern ſofort mitzu- theilen, bis der Maſſematten gehandelt und der Rückzug gedeckt iſt. Dieſe ſchwierige Aufgabe haben die Schmiren zu erfüllen, zu denen für jeden einzelnen Maſſematten gewöhnlich die erfahren- ſten und gewandteſten Gauner von dem Balmaſſematten gewählt werden. Die rohe Auffaſſung des Wortes Schmire — vom jüdiſch-

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/150>, abgerufen am 22.11.2024.