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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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wo ein Riegel oder Haken vermuthet wird, eine Lewone gelegt,
um mit dem Arm nach innen langen und den Riegel aufziehen
zu können. Bei den Rheinischen und spätern Räuberbanden, welche
durch ihre Masse offenen Trotz bieten konnten, wurden mit dem
nächsten besten Stück Bauholz, Balken oder Hebebaum, dem
Drong 1), die Thüren durch heftiges Stoßen auf das Schloß
gewaltsam aufgesprengt und ganze Fachwände eingerannt, was
jetzt, bei der Regsamkeit der Gensdarmerie und bei der Leichtigkeit
der Communication, höchstens noch bei ganz abgelegenen Gebäu-
den und auch nur sehr selten gewagt wird.

Soll das Eindringen durch Fenster, jüdisch-deutsch Challon,
Plural Challauness 2), bewirkt werden, so kommt es zunächst
darauf an, die Ueberfallhaken von innen abzuhängen. Hat das
Fenster Bleifassung, so wird das Blei um die Scheibe, Blöde,
mit dem Messer zurückgebogen und ausgeschnitten 3), die Scheibe
herausgenommen und durch die Oeffnung mit durchgesteckter Hand,
oft noch mit dem Stocke, der Ueberfallhaken abgehängt.

Eingekittete Fensterscheiben werden mittels eines auf die
Scheibe gebreiteten, mit fettigen Substanzen 4), namentlich Schmier-

1) Vom deutschen Drang, dringen, impetum facere, cogere. Vgl.
von Stieler, a. a. O., S. 336, und Schottelius, a. a. O., S. 1304.
2) Auch sonst Gallones, Scheinling, Scheibeling, Feneter und
Fenette genannt. Das jüdisch-deutsche Eschnob ([fremdsprachliches Material - fehlt]) ist ein kleines
Fenster, Guckloch, kleines Gitterfenster.
3) Eine Scheibe herausnehmen heißt überhaupt die Blöde ausme-
lochnen.
Die Bleifassung und Scheibe wird von geübten Schränkern so sehr
wie möglich geschont, damit die Scheibe nach vollführtem Diebstahl wieder
eingesetzt, somit auch der Kunst vollkommen Genüge geleistet und auch der
Eingang durch das Fenster nicht sogleich bemerkt werden kann. Bei amtlichen
Besichtigungen müssen daher vor allem auch die Fenster genau ins Auge ge-
faßt werden. Sehr leicht kann der [Ver]rdacht einer Nachlässigkeit oder Schuld-
barkeit des Hausgesindes entstehen, wenn nicht einmal eine Spur im Staube
der Fensterbank, oder Schmuz, Streifen oder Schrammen von den Fußsohlen
der Schränker gefunden werden. Das Wiederzustreichen der Bleifassung läßt,
namentlich da es immer im Dunkeln und rasch geschehen ist, sich ebenso deut-
lich erkennen, wie die Schnitte in den Ecken der Bleieinfassung.
4) Talg, Theer, auch wol Lehm, Koth, frischer Kuhdung u. s. w. Ter-
Ave-Lallemant, Gaunerthum. II. 9

wo ein Riegel oder Haken vermuthet wird, eine Lewone gelegt,
um mit dem Arm nach innen langen und den Riegel aufziehen
zu können. Bei den Rheiniſchen und ſpätern Räuberbanden, welche
durch ihre Maſſe offenen Trotz bieten konnten, wurden mit dem
nächſten beſten Stück Bauholz, Balken oder Hebebaum, dem
Drong 1), die Thüren durch heftiges Stoßen auf das Schloß
gewaltſam aufgeſprengt und ganze Fachwände eingerannt, was
jetzt, bei der Regſamkeit der Gensdarmerie und bei der Leichtigkeit
der Communication, höchſtens noch bei ganz abgelegenen Gebäu-
den und auch nur ſehr ſelten gewagt wird.

Soll das Eindringen durch Fenſter, jüdiſch-deutſch Challon,
Plural Challauneſſ 2), bewirkt werden, ſo kommt es zunächſt
darauf an, die Ueberfallhaken von innen abzuhängen. Hat das
Fenſter Bleifaſſung, ſo wird das Blei um die Scheibe, Blöde,
mit dem Meſſer zurückgebogen und ausgeſchnitten 3), die Scheibe
herausgenommen und durch die Oeffnung mit durchgeſteckter Hand,
oft noch mit dem Stocke, der Ueberfallhaken abgehängt.

Eingekittete Fenſterſcheiben werden mittels eines auf die
Scheibe gebreiteten, mit fettigen Subſtanzen 4), namentlich Schmier-

1) Vom deutſchen Drang, dringen, impetum facere, cogere. Vgl.
von Stieler, a. a. O., S. 336, und Schottelius, a. a. O., S. 1304.
2) Auch ſonſt Gallones, Scheinling, Scheibeling, Feneter und
Fenette genannt. Das jüdiſch-deutſche Eſchnob ([fremdsprachliches Material – fehlt]) iſt ein kleines
Fenſter, Guckloch, kleines Gitterfenſter.
3) Eine Scheibe herausnehmen heißt überhaupt die Blöde ausme-
lochnen.
Die Bleifaſſung und Scheibe wird von geübten Schränkern ſo ſehr
wie möglich geſchont, damit die Scheibe nach vollführtem Diebſtahl wieder
eingeſetzt, ſomit auch der Kunſt vollkommen Genüge geleiſtet und auch der
Eingang durch das Fenſter nicht ſogleich bemerkt werden kann. Bei amtlichen
Beſichtigungen müſſen daher vor allem auch die Fenſter genau ins Auge ge-
faßt werden. Sehr leicht kann der [Ver]rdacht einer Nachläſſigkeit oder Schuld-
barkeit des Hausgeſindes entſtehen, wenn nicht einmal eine Spur im Staube
der Fenſterbank, oder Schmuz, Streifen oder Schrammen von den Fußſohlen
der Schränker gefunden werden. Das Wiederzuſtreichen der Bleifaſſung läßt,
namentlich da es immer im Dunkeln und raſch geſchehen iſt, ſich ebenſo deut-
lich erkennen, wie die Schnitte in den Ecken der Bleieinfaſſung.
4) Talg, Theer, auch wol Lehm, Koth, friſcher Kuhdung u. ſ. w. Ter-
Avé-Lallemant, Gaunerthum. II. 9
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[129/0141] wo ein Riegel oder Haken vermuthet wird, eine Lewone gelegt, um mit dem Arm nach innen langen und den Riegel aufziehen zu können. Bei den Rheiniſchen und ſpätern Räuberbanden, welche durch ihre Maſſe offenen Trotz bieten konnten, wurden mit dem nächſten beſten Stück Bauholz, Balken oder Hebebaum, dem Drong 1), die Thüren durch heftiges Stoßen auf das Schloß gewaltſam aufgeſprengt und ganze Fachwände eingerannt, was jetzt, bei der Regſamkeit der Gensdarmerie und bei der Leichtigkeit der Communication, höchſtens noch bei ganz abgelegenen Gebäu- den und auch nur ſehr ſelten gewagt wird. Soll das Eindringen durch Fenſter, jüdiſch-deutſch Challon, Plural Challauneſſ 2), bewirkt werden, ſo kommt es zunächſt darauf an, die Ueberfallhaken von innen abzuhängen. Hat das Fenſter Bleifaſſung, ſo wird das Blei um die Scheibe, Blöde, mit dem Meſſer zurückgebogen und ausgeſchnitten 3), die Scheibe herausgenommen und durch die Oeffnung mit durchgeſteckter Hand, oft noch mit dem Stocke, der Ueberfallhaken abgehängt. Eingekittete Fenſterſcheiben werden mittels eines auf die Scheibe gebreiteten, mit fettigen Subſtanzen 4), namentlich Schmier- 1) Vom deutſchen Drang, dringen, impetum facere, cogere. Vgl. von Stieler, a. a. O., S. 336, und Schottelius, a. a. O., S. 1304. 2) Auch ſonſt Gallones, Scheinling, Scheibeling, Feneter und Fenette genannt. Das jüdiſch-deutſche Eſchnob (_ ) iſt ein kleines Fenſter, Guckloch, kleines Gitterfenſter. 3) Eine Scheibe herausnehmen heißt überhaupt die Blöde ausme- lochnen. Die Bleifaſſung und Scheibe wird von geübten Schränkern ſo ſehr wie möglich geſchont, damit die Scheibe nach vollführtem Diebſtahl wieder eingeſetzt, ſomit auch der Kunſt vollkommen Genüge geleiſtet und auch der Eingang durch das Fenſter nicht ſogleich bemerkt werden kann. Bei amtlichen Beſichtigungen müſſen daher vor allem auch die Fenſter genau ins Auge ge- faßt werden. Sehr leicht kann der Verrdacht einer Nachläſſigkeit oder Schuld- barkeit des Hausgeſindes entſtehen, wenn nicht einmal eine Spur im Staube der Fenſterbank, oder Schmuz, Streifen oder Schrammen von den Fußſohlen der Schränker gefunden werden. Das Wiederzuſtreichen der Bleifaſſung läßt, namentlich da es immer im Dunkeln und raſch geſchehen iſt, ſich ebenſo deut- lich erkennen, wie die Schnitte in den Ecken der Bleieinfaſſung. 4) Talg, Theer, auch wol Lehm, Koth, friſcher Kuhdung u. ſ. w. Ter- Avé-Lallemant, Gaunerthum. II. 9

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/141>, abgerufen am 22.11.2024.