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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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Sahrberg, Hans Schöneck, Christian Eckoldt, Gabriel Hoff-
mann, Daniel Lehmann und Michael Hentzschel geführte Un-
tersuchung. auszugsweise mitgetheilt. Diese unter dem Vorsitz
des Hof- und Justitzrathes Ritter in Dresden mit großer Tüch-
tigkeit und Umsicht geführte Untersuchung hat bedeutende Resul-
tate geliefert. Ausgezeichnet ist, namentlich im Hinblick auf jene
Zeit und auf die herrschende Strenge in der Procedur, der Um-
stand, daß von den Jnquisiten neun Personen, darunter Lips
Tullian selbst, ohne Anwendung der Tortur, vollständige Einge-
ständnisse machten, obschon mehrere von ihnen früher drei bis vier-
mal die Tortur ausgehalten hatten, ohne zu irgendeinem Geständ-
niß gebracht worden zu sein. 1) Gleich achtungswerth ist die
königliche Milde gegen den zum Rade verurtheilten Tullian, wel-
cher am 8. März 1715 nebst seinen vier zuerst genannten Com-
plicen mit dem Schwerte hingerichtet wurde. Jm zweiten Theile
werden ausführliche Biographien der acht vorzüglichsten Complicen
gegeben, welche sehr interessant sind und für den Criminalisten
und Polizeimann viel bedeutsame Winke enthalten, wie denn das
ganze Buch eine wichtige Stelle in der Gaunerliteratur einnimmt.
Lips Tullian mit seiner Genossenschaft erscheint meistens als ein
höchst verwegener Schränker, dem bei seiner riesigen Körperstärke

1) Als Seelsorger neben dem Archidiakonus Becker fungirte in dieser
Untersuchung auch der lutherische Prediger Herm. Joach. Hahn, welcher am
21. Mai 1726 von dem katholischen Trabanten Franz Laubler meuchelmörderisch
erstochen wurde. Dieser Mord erregte die außerordentlichste Aufregung und
gab Veranlassung zu sehr klugen polizeilichen Maßregeln von seiten des Gou-
verneurs Graf von Wackerbarth. Wenn schon die That ein fanatischer
Meuchelmord war, so verdient doch der Proceß nebst der Reihe von Schriften,
die über die schreckliche That erschienen, z. B. Das "über den blutigen Tod
seines von einem Papisten ermordeten Lehrers Hahn in blutige Thränen schwim-
mende Dreßden", von Bellaminter, 1726; die "Ausführliche u. s. w. Nach-
richt vom Leben und Tode des Hahn", von Manzel (Dresden 1727); "Wahr-
hafftiger Bericht des dresdnischen Priestermordes 1726", und "Besonders
curieuses Gespräche im Reiche derer Todten u. s. w. zwischen dem Schwedi-
schen Obristlieutenant Joh. Koch von Gyllenstein (der seine Schwiegermutter
ermordete) und Frantz Laubler" (Halle und Zerbst 1726), in vieler Hinsicht
Beachtung.

Sahrberg, Hans Schöneck, Chriſtian Eckoldt, Gabriel Hoff-
mann, Daniel Lehmann und Michael Hentzſchel geführte Un-
terſuchung. auszugsweiſe mitgetheilt. Dieſe unter dem Vorſitz
des Hof- und Juſtitzrathes Ritter in Dresden mit großer Tüch-
tigkeit und Umſicht geführte Unterſuchung hat bedeutende Reſul-
tate geliefert. Ausgezeichnet iſt, namentlich im Hinblick auf jene
Zeit und auf die herrſchende Strenge in der Procedur, der Um-
ſtand, daß von den Jnquiſiten neun Perſonen, darunter Lips
Tullian ſelbſt, ohne Anwendung der Tortur, vollſtändige Einge-
ſtändniſſe machten, obſchon mehrere von ihnen früher drei bis vier-
mal die Tortur ausgehalten hatten, ohne zu irgendeinem Geſtänd-
niß gebracht worden zu ſein. 1) Gleich achtungswerth iſt die
königliche Milde gegen den zum Rade verurtheilten Tullian, wel-
cher am 8. März 1715 nebſt ſeinen vier zuerſt genannten Com-
plicen mit dem Schwerte hingerichtet wurde. Jm zweiten Theile
werden ausführliche Biographien der acht vorzüglichſten Complicen
gegeben, welche ſehr intereſſant ſind und für den Criminaliſten
und Polizeimann viel bedeutſame Winke enthalten, wie denn das
ganze Buch eine wichtige Stelle in der Gaunerliteratur einnimmt.
Lips Tullian mit ſeiner Genoſſenſchaft erſcheint meiſtens als ein
höchſt verwegener Schränker, dem bei ſeiner rieſigen Körperſtärke

1) Als Seelſorger neben dem Archidiakonus Becker fungirte in dieſer
Unterſuchung auch der lutheriſche Prediger Herm. Joach. Hahn, welcher am
21. Mai 1726 von dem katholiſchen Trabanten Franz Laubler meuchelmörderiſch
erſtochen wurde. Dieſer Mord erregte die außerordentlichſte Aufregung und
gab Veranlaſſung zu ſehr klugen polizeilichen Maßregeln von ſeiten des Gou-
verneurs Graf von Wackerbarth. Wenn ſchon die That ein fanatiſcher
Meuchelmord war, ſo verdient doch der Proceß nebſt der Reihe von Schriften,
die über die ſchreckliche That erſchienen, z. B. Das „über den blutigen Tod
ſeines von einem Papiſten ermordeten Lehrers Hahn in blutige Thränen ſchwim-
mende Dreßden“, von Bellaminter, 1726; die „Ausführliche u. ſ. w. Nach-
richt vom Leben und Tode des Hahn“, von Manzel (Dresden 1727); „Wahr-
hafftiger Bericht des dresdniſchen Prieſtermordes 1726“, und „Beſonders
curieuses Geſpräche im Reiche derer Todten u. ſ. w. zwiſchen dem Schwedi-
ſchen Obriſtlieutenant Joh. Koch von Gyllenſtein (der ſeine Schwiegermutter
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[224/0240] Sahrberg, Hans Schöneck, Chriſtian Eckoldt, Gabriel Hoff- mann, Daniel Lehmann und Michael Hentzſchel geführte Un- terſuchung. auszugsweiſe mitgetheilt. Dieſe unter dem Vorſitz des Hof- und Juſtitzrathes Ritter in Dresden mit großer Tüch- tigkeit und Umſicht geführte Unterſuchung hat bedeutende Reſul- tate geliefert. Ausgezeichnet iſt, namentlich im Hinblick auf jene Zeit und auf die herrſchende Strenge in der Procedur, der Um- ſtand, daß von den Jnquiſiten neun Perſonen, darunter Lips Tullian ſelbſt, ohne Anwendung der Tortur, vollſtändige Einge- ſtändniſſe machten, obſchon mehrere von ihnen früher drei bis vier- mal die Tortur ausgehalten hatten, ohne zu irgendeinem Geſtänd- niß gebracht worden zu ſein. 1) Gleich achtungswerth iſt die königliche Milde gegen den zum Rade verurtheilten Tullian, wel- cher am 8. März 1715 nebſt ſeinen vier zuerſt genannten Com- plicen mit dem Schwerte hingerichtet wurde. Jm zweiten Theile werden ausführliche Biographien der acht vorzüglichſten Complicen gegeben, welche ſehr intereſſant ſind und für den Criminaliſten und Polizeimann viel bedeutſame Winke enthalten, wie denn das ganze Buch eine wichtige Stelle in der Gaunerliteratur einnimmt. Lips Tullian mit ſeiner Genoſſenſchaft erſcheint meiſtens als ein höchſt verwegener Schränker, dem bei ſeiner rieſigen Körperſtärke 1) Als Seelſorger neben dem Archidiakonus Becker fungirte in dieſer Unterſuchung auch der lutheriſche Prediger Herm. Joach. Hahn, welcher am 21. Mai 1726 von dem katholiſchen Trabanten Franz Laubler meuchelmörderiſch erſtochen wurde. Dieſer Mord erregte die außerordentlichſte Aufregung und gab Veranlaſſung zu ſehr klugen polizeilichen Maßregeln von ſeiten des Gou- verneurs Graf von Wackerbarth. Wenn ſchon die That ein fanatiſcher Meuchelmord war, ſo verdient doch der Proceß nebſt der Reihe von Schriften, die über die ſchreckliche That erſchienen, z. B. Das „über den blutigen Tod ſeines von einem Papiſten ermordeten Lehrers Hahn in blutige Thränen ſchwim- mende Dreßden“, von Bellaminter, 1726; die „Ausführliche u. ſ. w. Nach- richt vom Leben und Tode des Hahn“, von Manzel (Dresden 1727); „Wahr- hafftiger Bericht des dresdniſchen Prieſtermordes 1726“, und „Beſonders curieuses Geſpräche im Reiche derer Todten u. ſ. w. zwiſchen dem Schwedi- ſchen Obriſtlieutenant Joh. Koch von Gyllenſtein (der ſeine Schwiegermutter ermordete) und Frantz Laubler“ (Halle und Zerbſt 1726), in vieler Hinſicht Beachtung.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/240>, abgerufen am 04.12.2024.