Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.Aehnliche Gebete existiren auch im Niederdeutschen. Ein mir Reducirt sich alles, was an sogenannter Gaunerpoesie vor- Was die jüdisch-deutsche Literatur namentlich an romanti- "Dises is korz und schlecht. des edele spilers recht. wer sich in spilen stets übt. der wert gelobt und gelibt." Das weitere über diese jüdisch-deutsche Literatur wird im lin- So reich nun endlich auch noch der Zigeuner an Liedern 14 *
Aehnliche Gebete exiſtiren auch im Niederdeutſchen. Ein mir Reducirt ſich alles, was an ſogenannter Gaunerpoeſie vor- Was die jüdiſch-deutſche Literatur namentlich an romanti- „Diſes is korz und ſchlecht. des edele ſpilers recht. wer ſich in ſpilen ſtets übt. der wert gelobt und gelibt.“ Das weitere über dieſe jüdiſch-deutſche Literatur wird im lin- So reich nun endlich auch noch der Zigeuner an Liedern 14 *
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0227" n="211"/> <p>Aehnliche Gebete exiſtiren auch im Niederdeutſchen. Ein mir<lb/> bekanntes kann ſeines ſchmuzigen und läſterlichen Jnhalts wegen<lb/> nicht füglich zum Abdruck kommen.</p><lb/> <p>Reducirt ſich alles, was an ſogenannter Gaunerpoeſie vor-<lb/> handen iſt, auf eine dürre in Verſe gekleidete unkritiſche Auf-<lb/> führung von Gaunervocabeln, die als poetiſche Form in das Gau-<lb/> nerleben eingeſchwärzt iſt, ſo vermißt man auch überall in dieſen<lb/> Producten die richtige Auffaſſung jenes Räubergeiſtes, von dem<lb/> nur die Erfahrung des Polizeimannes und ein reiches Studium<lb/> von Gaunerunterſuchungen den rechten Begriff geben kann.</p><lb/> <p>Was die jüdiſch-deutſche Literatur namentlich an romanti-<lb/> ſchen Dichtungen in überraſchender reicher Fülle darbietet, gehört<lb/> nicht in die Literatur des Gaunerthums, ſondern iſt ein wichtiger<lb/> und integrirender, wenn auch leider bislang ſo gut wie gar nicht<lb/> beachteter Theil der deutſchen Nationalliteratur. Jüdiſch-deutſche<lb/> Gaunerlieder habe ich, trotz aller genaueſten Forſchung, nicht finden<lb/> können. Die am Ende des fünften Perek des <foreign xml:lang="heb"><gap reason="fm" unit="words"/></foreign><lb/><foreign xml:lang="heb"><gap reason="fm" unit="words"/></foreign> angeführten beiden Spielerlieder ſind moraliſchen Jn-<lb/> haltes und werden beſonders als „von einem vornemer gelernter<lb/> gedicht“ bezeichnet. Die achte und letzte Strophe des zweiten<lb/> Liedes z. B. lautet in diplomatiſch genauer Uebertragung:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Diſes is korz und ſchlecht.</l><lb/> <l>des edele ſpilers recht.</l><lb/> <l>wer ſich in ſpilen ſtets übt.</l><lb/> <l>der wert gelobt und gelibt.“</l> </lg><lb/> <p>Das weitere über dieſe jüdiſch-deutſche Literatur wird im lin-<lb/> guiſtiſchen Theile beſprochen werden.</p><lb/> <p>So reich nun endlich auch noch der <hi rendition="#g">Zigeuner</hi> an Liedern<lb/> und familienhiſtoriſchen Sagen iſt, in denen faſt allein ſeine Ge-<lb/> ſchichte und ſein geſchichtliches Gedächtniß beſteht, ſo häufig man<lb/> auch Räuberlieder von den wandernden zigeuneriſchen Muſikanten<lb/> zu hören bekommt, ſo wenig ſind die Zigeuner ſelbſt auch Dichter<lb/> dieſer Räuberlieder, welche beſonders in der Walachei größtentheils<lb/> von den Atamanen der Heiduken ſelbſt herrühren. Vgl. Pott,<lb/> a. a. O., <hi rendition="#aq">II,</hi> S. 522 u. 523.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">14 *</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [211/0227]
Aehnliche Gebete exiſtiren auch im Niederdeutſchen. Ein mir
bekanntes kann ſeines ſchmuzigen und läſterlichen Jnhalts wegen
nicht füglich zum Abdruck kommen.
Reducirt ſich alles, was an ſogenannter Gaunerpoeſie vor-
handen iſt, auf eine dürre in Verſe gekleidete unkritiſche Auf-
führung von Gaunervocabeln, die als poetiſche Form in das Gau-
nerleben eingeſchwärzt iſt, ſo vermißt man auch überall in dieſen
Producten die richtige Auffaſſung jenes Räubergeiſtes, von dem
nur die Erfahrung des Polizeimannes und ein reiches Studium
von Gaunerunterſuchungen den rechten Begriff geben kann.
Was die jüdiſch-deutſche Literatur namentlich an romanti-
ſchen Dichtungen in überraſchender reicher Fülle darbietet, gehört
nicht in die Literatur des Gaunerthums, ſondern iſt ein wichtiger
und integrirender, wenn auch leider bislang ſo gut wie gar nicht
beachteter Theil der deutſchen Nationalliteratur. Jüdiſch-deutſche
Gaunerlieder habe ich, trotz aller genaueſten Forſchung, nicht finden
können. Die am Ende des fünften Perek des _
_ angeführten beiden Spielerlieder ſind moraliſchen Jn-
haltes und werden beſonders als „von einem vornemer gelernter
gedicht“ bezeichnet. Die achte und letzte Strophe des zweiten
Liedes z. B. lautet in diplomatiſch genauer Uebertragung:
„Diſes is korz und ſchlecht.
des edele ſpilers recht.
wer ſich in ſpilen ſtets übt.
der wert gelobt und gelibt.“
Das weitere über dieſe jüdiſch-deutſche Literatur wird im lin-
guiſtiſchen Theile beſprochen werden.
So reich nun endlich auch noch der Zigeuner an Liedern
und familienhiſtoriſchen Sagen iſt, in denen faſt allein ſeine Ge-
ſchichte und ſein geſchichtliches Gedächtniß beſteht, ſo häufig man
auch Räuberlieder von den wandernden zigeuneriſchen Muſikanten
zu hören bekommt, ſo wenig ſind die Zigeuner ſelbſt auch Dichter
dieſer Räuberlieder, welche beſonders in der Walachei größtentheils
von den Atamanen der Heiduken ſelbſt herrühren. Vgl. Pott,
a. a. O., II, S. 522 u. 523.
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