lage gedient hat. Diese merkwürdige niederdeutsche Uebersetzung, welche neuerdings noch gar nicht bekannt geworden ist und sich in dem vielleicht noch einzig vorhandenen Exemplare auf der königlichen Bibliothek zu Kopenhagen befindet, gibt eine über- raschende Auskunft über jene Ausgabe, welche, wenn man durch- aus nicht an die Existenz der alten baseler Ausgabe glauben will, nach diesem Zeugniß die älteste Ausgabe des Liber Vaga- torum sein dürfte. Der "Vocabular" der niederdeutschen Ueber- setzung wird nämlich mit der Ueberschrift eingeführt: "Dat dridde deil dusses boks is de vocabularius des rotwelschen so de bedeler ok welke andre to bedregen de lude gebruken, vp dath seck malck dar vor huden vnd ör schalckheit verstan mag, so is de vtleging hir in gedruckt souil des ein Spitalmeister vp dem Ryn geweten hefft de dan dit bock to Pfortzen int erste heft drucken laten dem meinen beste vnd aller werlt to gude." So- mit wäre nicht allein der Druckort dieser Ausgabe festgestellt, son- dern auch in der Bezeichnung des Spitalmeisters eine Bürgschaft dafür gegeben, daß der "Vocabular" einen Verfasser gehabt hat, der bei seinem täglichen Verkehr mit den seiner Obhut anver- trauten Verbrechern reiche Gelegenheit hatte, aus der ersten und besten Quelle zu schöpfen. Die pforzheimer Ausgabe selbst wird man aus dem später folgenden Abdrucke uäher kennen lernen. 1)
2. "Die bei Hain unter Nr. 3016 aufgeführte Ausgabe: Lieber (sic) Vagatorum/Der Betler orden/ Hie nach volgt ein hübschs büchlein genannt Lieber vagatorum dictiert von ein hochwirdigen maister nomine expertus in tru/ fis dem Adone zu lob vnd ere, sibi in refrigerium et solaciun etc. Infra icon xyl. F. b./ Das erst deyl dis buchleins/ Von den bregern. Jn fine Nichts on vrsach. s. l. a. et typ. n. 4 g. ch. e 38 l. 10 ff." Diese bei Panzer nicht aufgeführte Ausgabe will Hain selbst gesehen haben. Hoffmann von Fallersleben hat sie seinem Abdruck im "Weimarischen Jahrbuch", a. a. O., mit zu Grunde gelegt. Auch
1) Panzer führt diese Ausgabe in seinen "Zusätzen zu den Annalen" (Leipzig 1802), S. 26, unter Nr. 104, g., ohne alle weitere Bemerkung an.
lage gedient hat. Dieſe merkwürdige niederdeutſche Ueberſetzung, welche neuerdings noch gar nicht bekannt geworden iſt und ſich in dem vielleicht noch einzig vorhandenen Exemplare auf der königlichen Bibliothek zu Kopenhagen befindet, gibt eine über- raſchende Auskunft über jene Ausgabe, welche, wenn man durch- aus nicht an die Exiſtenz der alten baſeler Ausgabe glauben will, nach dieſem Zeugniß die älteſte Ausgabe des Liber Vaga- torum ſein dürfte. Der „Vocabular“ der niederdeutſchen Ueber- ſetzung wird nämlich mit der Ueberſchrift eingeführt: „Dat dridde deil duſſes boks is de vocabularius des rotwelſchen ſo de bedeler ok welke andre to bedregen de lude gebruken, vp dath ſeck malck dar vor huden vnd ör ſchalckheit verſtan mag, ſo is de vtleging hir in gedruckt ſouil des ein Spitalmeiſter vp dem Ryn geweten hefft de dan dit bock to Pfortzen int erſte heft drucken laten dem meinen beſte vnd aller werlt to gude.“ So- mit wäre nicht allein der Druckort dieſer Ausgabe feſtgeſtellt, ſon- dern auch in der Bezeichnung des Spitalmeiſters eine Bürgſchaft dafür gegeben, daß der „Vocabular“ einen Verfaſſer gehabt hat, der bei ſeinem täglichen Verkehr mit den ſeiner Obhut anver- trauten Verbrechern reiche Gelegenheit hatte, aus der erſten und beſten Quelle zu ſchöpfen. Die pforzheimer Ausgabe ſelbſt wird man aus dem ſpäter folgenden Abdrucke uäher kennen lernen. 1)
2. „Die bei Hain unter Nr. 3016 aufgeführte Ausgabe: Lieber (sic) Vagatorum/Der Betler orden/ Hie nach volgt ein hübſchs büchlein genannt Lieber vagatorum dictiert von ein hochwirdigen maiſter nomine expertus in tru/ fis dem Adone zu lob vnd ere, ſibi in refrigerium et ſolaciū ꝛc. Infra icon xyl. F. b./ Das erſt deyl dis buchleins/ Von den bregern. Jn fine Nichts on vrſach. s. l. a. et typ. n. 4 g. ch. e 38 l. 10 ff.“ Dieſe bei Panzer nicht aufgeführte Ausgabe will Hain ſelbſt geſehen haben. Hoffmann von Fallersleben hat ſie ſeinem Abdruck im „Weimariſchen Jahrbuch“, a. a. O., mit zu Grunde gelegt. Auch
1) Panzer führt dieſe Ausgabe in ſeinen „Zuſätzen zu den Annalen“ (Leipzig 1802), S. 26, unter Nr. 104, g., ohne alle weitere Bemerkung an.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0159"n="143"/>
lage gedient hat. Dieſe merkwürdige niederdeutſche Ueberſetzung,<lb/>
welche neuerdings noch gar nicht bekannt geworden iſt und ſich<lb/>
in dem vielleicht noch einzig vorhandenen Exemplare auf der<lb/>
königlichen Bibliothek zu Kopenhagen befindet, gibt eine über-<lb/>
raſchende Auskunft über jene Ausgabe, welche, wenn man durch-<lb/>
aus nicht an die Exiſtenz der alten baſeler Ausgabe glauben<lb/>
will, nach dieſem Zeugniß die älteſte Ausgabe des <hirendition="#aq">Liber Vaga-<lb/>
torum</hi>ſein dürfte. Der „Vocabular“ der niederdeutſchen Ueber-<lb/>ſetzung wird nämlich mit der Ueberſchrift eingeführt: „Dat dridde<lb/>
deil duſſes boks is de vocabularius des rotwelſchen ſo de bedeler<lb/>
ok welke andre to bedregen de lude gebruken, vp dath ſeck malck<lb/>
dar vor huden vnd ör ſchalckheit verſtan mag, ſo is de vtleging<lb/>
hir in gedruckt <hirendition="#g">ſouil des ein Spitalmeiſter vp dem Ryn<lb/>
geweten hefft de dan dit bock to Pfortzen int erſte heft<lb/>
drucken laten</hi> dem meinen beſte vnd aller werlt to gude.“ So-<lb/>
mit wäre nicht allein der Druckort dieſer Ausgabe feſtgeſtellt, ſon-<lb/>
dern auch in der Bezeichnung des Spitalmeiſters eine Bürgſchaft<lb/>
dafür gegeben, daß der „Vocabular“ einen Verfaſſer gehabt hat,<lb/>
der bei ſeinem täglichen Verkehr mit den ſeiner Obhut anver-<lb/>
trauten Verbrechern reiche Gelegenheit hatte, aus der erſten und<lb/>
beſten Quelle zu ſchöpfen. Die pforzheimer Ausgabe ſelbſt wird<lb/>
man aus dem ſpäter folgenden Abdrucke uäher kennen lernen. <noteplace="foot"n="1)">Panzer führt dieſe Ausgabe in ſeinen „Zuſätzen zu den Annalen“<lb/>
(Leipzig 1802), S. 26, unter Nr. 104, <hirendition="#aq">g.,</hi> ohne alle weitere Bemerkung an.</note></p><lb/><p>2. „Die bei Hain unter Nr. 3016 aufgeführte Ausgabe:<lb/><hirendition="#aq"><hirendition="#g">Lieber</hi> (sic) <hirendition="#g">Vagatorum/</hi></hi><hirendition="#g">Der Betler orden/</hi> Hie nach<lb/>
volgt ein hübſchs büchlein genannt <hirendition="#aq">Lieber vagatorum</hi> dictiert von<lb/>
ein hochwirdigen maiſter nomine expertus in tru/ fis dem Adone<lb/>
zu lob vnd ere, ſibi in refrigerium et ſolaciūꝛc. <hirendition="#aq">Infra icon xyl.<lb/>
F. b./</hi> Das erſt deyl dis buchleins/ Von den bregern. Jn <hirendition="#aq">fine</hi><lb/>
Nichts on vrſach. <hirendition="#aq">s. l. a. et typ. n. 4 g. ch. e 38 l. 10 ff.</hi>“ Dieſe<lb/>
bei Panzer nicht aufgeführte Ausgabe will Hain ſelbſt geſehen<lb/>
haben. Hoffmann von Fallersleben hat ſie ſeinem Abdruck im<lb/>„Weimariſchen Jahrbuch“, a. a. O., mit zu Grunde gelegt. Auch<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[143/0159]
lage gedient hat. Dieſe merkwürdige niederdeutſche Ueberſetzung,
welche neuerdings noch gar nicht bekannt geworden iſt und ſich
in dem vielleicht noch einzig vorhandenen Exemplare auf der
königlichen Bibliothek zu Kopenhagen befindet, gibt eine über-
raſchende Auskunft über jene Ausgabe, welche, wenn man durch-
aus nicht an die Exiſtenz der alten baſeler Ausgabe glauben
will, nach dieſem Zeugniß die älteſte Ausgabe des Liber Vaga-
torum ſein dürfte. Der „Vocabular“ der niederdeutſchen Ueber-
ſetzung wird nämlich mit der Ueberſchrift eingeführt: „Dat dridde
deil duſſes boks is de vocabularius des rotwelſchen ſo de bedeler
ok welke andre to bedregen de lude gebruken, vp dath ſeck malck
dar vor huden vnd ör ſchalckheit verſtan mag, ſo is de vtleging
hir in gedruckt ſouil des ein Spitalmeiſter vp dem Ryn
geweten hefft de dan dit bock to Pfortzen int erſte heft
drucken laten dem meinen beſte vnd aller werlt to gude.“ So-
mit wäre nicht allein der Druckort dieſer Ausgabe feſtgeſtellt, ſon-
dern auch in der Bezeichnung des Spitalmeiſters eine Bürgſchaft
dafür gegeben, daß der „Vocabular“ einen Verfaſſer gehabt hat,
der bei ſeinem täglichen Verkehr mit den ſeiner Obhut anver-
trauten Verbrechern reiche Gelegenheit hatte, aus der erſten und
beſten Quelle zu ſchöpfen. Die pforzheimer Ausgabe ſelbſt wird
man aus dem ſpäter folgenden Abdrucke uäher kennen lernen. 1)
2. „Die bei Hain unter Nr. 3016 aufgeführte Ausgabe:
Lieber (sic) Vagatorum/ Der Betler orden/ Hie nach
volgt ein hübſchs büchlein genannt Lieber vagatorum dictiert von
ein hochwirdigen maiſter nomine expertus in tru/ fis dem Adone
zu lob vnd ere, ſibi in refrigerium et ſolaciū ꝛc. Infra icon xyl.
F. b./ Das erſt deyl dis buchleins/ Von den bregern. Jn fine
Nichts on vrſach. s. l. a. et typ. n. 4 g. ch. e 38 l. 10 ff.“ Dieſe
bei Panzer nicht aufgeführte Ausgabe will Hain ſelbſt geſehen
haben. Hoffmann von Fallersleben hat ſie ſeinem Abdruck im
„Weimariſchen Jahrbuch“, a. a. O., mit zu Grunde gelegt. Auch
1) Panzer führt dieſe Ausgabe in ſeinen „Zuſätzen zu den Annalen“
(Leipzig 1802), S. 26, unter Nr. 104, g., ohne alle weitere Bemerkung an.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/159>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.