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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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Bosbeck wurde im Mai 1800 mit sieben Haupträubern im Haag
gehenkt. Andere wurden zu lebenswierigem oder zeitigem Gefäng-
nisse verurtheilt. Die übrigen Bandenmitglieder flogen auseinander,
sodaß auch diese Bande um jene Zeit völlig gesprengt wurde.
Endlich wurden noch andere einzelne Mitglieder aller genannten
Banden in Jülich, Lüttich, Köln und Düsseldorf eingezogen und
zum größten Theile hingerichtet.

Die strenge Verfolgung der Räuber auf dem linken Rhein-
ufer hatte für die betreffenden Territorien, mindestens auf einige
Zeit, sehr heilsame Folgen. Desto schlimmer ward es nun aber
dadurch in den Ländern auf der rechten Seite des Rhein. Die
Räuberbanden waren nicht vertilgt, sondern nur zersprengt, und
fanden, da es ihnen am linken Rheinufer nicht mehr geheuer war,
sich bald und rasch am rechten Rheinufer wieder zusammen, um
aus den Rudimenten aller gesprengten Banden eine neue gefähr-
liche Räubergruppe schon tiefer nach der Mitte Deutschlands hin
zu bilden. Schon gleich nach dem obenerwähnten Eupener Raube
im Frühling 1798 hatte der flüchtige Adolf Weyers sich in Neu-
wied
niedergelassen. Bald fanden sich die berüchtigsten mersener
Bandenmitglieder, z. B. Picard, Damian Hessel, Jan Bos-
beck, Rouchet, Hampel hol mich u. s. w., zu ihm. Zur selben
Zeit flüchteten andere Mersener, namentlich Leyser Pollack 1), Meyer
und Mausche Gas, Mergemes Joseph, Afrom May, Langleyser
u. s. w. nach Essen und traten mit den Neuwiedern in die
alte innige Verbindung, sodaß nun auch auf dem rechten Rhein-
ufer das ganze Räuberthum Eine große gewaltige Masse bildete,
welche sich über ganz Deutschland verbreitete, da sich zu ihr alle
andern verbrecherischen Elemente aus dem gesammten Deutsch-
land zu Einem großen beweglichen Ganzen vereinigten, deren
Einzelgruppen nie eine Stabilität und Abgeschlossenheit besaßen,
wenn ihnen auch eine Unzahl der verschiedensten Bandennamen
beigelegt wurde, je nachdem dieser oder jener Ort einen längern

1) Vgl. Schwencken, Notizen, S. 257.

Bosbeck wurde im Mai 1800 mit ſieben Haupträubern im Haag
gehenkt. Andere wurden zu lebenswierigem oder zeitigem Gefäng-
niſſe verurtheilt. Die übrigen Bandenmitglieder flogen auseinander,
ſodaß auch dieſe Bande um jene Zeit völlig geſprengt wurde.
Endlich wurden noch andere einzelne Mitglieder aller genannten
Banden in Jülich, Lüttich, Köln und Düſſeldorf eingezogen und
zum größten Theile hingerichtet.

Die ſtrenge Verfolgung der Räuber auf dem linken Rhein-
ufer hatte für die betreffenden Territorien, mindeſtens auf einige
Zeit, ſehr heilſame Folgen. Deſto ſchlimmer ward es nun aber
dadurch in den Ländern auf der rechten Seite des Rhein. Die
Räuberbanden waren nicht vertilgt, ſondern nur zerſprengt, und
fanden, da es ihnen am linken Rheinufer nicht mehr geheuer war,
ſich bald und raſch am rechten Rheinufer wieder zuſammen, um
aus den Rudimenten aller geſprengten Banden eine neue gefähr-
liche Räubergruppe ſchon tiefer nach der Mitte Deutſchlands hin
zu bilden. Schon gleich nach dem obenerwähnten Eupener Raube
im Frühling 1798 hatte der flüchtige Adolf Weyers ſich in Neu-
wied
niedergelaſſen. Bald fanden ſich die berüchtigſten merſener
Bandenmitglieder, z. B. Picard, Damian Heſſel, Jan Bos-
beck, Rouchet, Hampel hol mich u. ſ. w., zu ihm. Zur ſelben
Zeit flüchteten andere Merſener, namentlich Leyſer Pollack 1), Meyer
und Mauſche Gas, Mergemes Joſeph, Afrom May, Langleyſer
u. ſ. w. nach Eſſen und traten mit den Neuwiedern in die
alte innige Verbindung, ſodaß nun auch auf dem rechten Rhein-
ufer das ganze Räuberthum Eine große gewaltige Maſſe bildete,
welche ſich über ganz Deutſchland verbreitete, da ſich zu ihr alle
andern verbrecheriſchen Elemente aus dem geſammten Deutſch-
land zu Einem großen beweglichen Ganzen vereinigten, deren
Einzelgruppen nie eine Stabilität und Abgeſchloſſenheit beſaßen,
wenn ihnen auch eine Unzahl der verſchiedenſten Bandennamen
beigelegt wurde, je nachdem dieſer oder jener Ort einen längern

1) Vgl. Schwencken, Notizen, S. 257.
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[106/0122] Bosbeck wurde im Mai 1800 mit ſieben Haupträubern im Haag gehenkt. Andere wurden zu lebenswierigem oder zeitigem Gefäng- niſſe verurtheilt. Die übrigen Bandenmitglieder flogen auseinander, ſodaß auch dieſe Bande um jene Zeit völlig geſprengt wurde. Endlich wurden noch andere einzelne Mitglieder aller genannten Banden in Jülich, Lüttich, Köln und Düſſeldorf eingezogen und zum größten Theile hingerichtet. Die ſtrenge Verfolgung der Räuber auf dem linken Rhein- ufer hatte für die betreffenden Territorien, mindeſtens auf einige Zeit, ſehr heilſame Folgen. Deſto ſchlimmer ward es nun aber dadurch in den Ländern auf der rechten Seite des Rhein. Die Räuberbanden waren nicht vertilgt, ſondern nur zerſprengt, und fanden, da es ihnen am linken Rheinufer nicht mehr geheuer war, ſich bald und raſch am rechten Rheinufer wieder zuſammen, um aus den Rudimenten aller geſprengten Banden eine neue gefähr- liche Räubergruppe ſchon tiefer nach der Mitte Deutſchlands hin zu bilden. Schon gleich nach dem obenerwähnten Eupener Raube im Frühling 1798 hatte der flüchtige Adolf Weyers ſich in Neu- wied niedergelaſſen. Bald fanden ſich die berüchtigſten merſener Bandenmitglieder, z. B. Picard, Damian Heſſel, Jan Bos- beck, Rouchet, Hampel hol mich u. ſ. w., zu ihm. Zur ſelben Zeit flüchteten andere Merſener, namentlich Leyſer Pollack 1), Meyer und Mauſche Gas, Mergemes Joſeph, Afrom May, Langleyſer u. ſ. w. nach Eſſen und traten mit den Neuwiedern in die alte innige Verbindung, ſodaß nun auch auf dem rechten Rhein- ufer das ganze Räuberthum Eine große gewaltige Maſſe bildete, welche ſich über ganz Deutſchland verbreitete, da ſich zu ihr alle andern verbrecheriſchen Elemente aus dem geſammten Deutſch- land zu Einem großen beweglichen Ganzen vereinigten, deren Einzelgruppen nie eine Stabilität und Abgeſchloſſenheit beſaßen, wenn ihnen auch eine Unzahl der verſchiedenſten Bandennamen beigelegt wurde, je nachdem dieſer oder jener Ort einen längern 1) Vgl. Schwencken, Notizen, S. 257.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/122>, abgerufen am 25.11.2024.