Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.gruppe die Bande des Schinderhannes (Johann Bückler) ver- Mit diesen Banden, aus welchen und neben welchen noch und zu jener in den Annalen des Räuberthums nur selten vorkommenden scheußlichen und kaltblütigen Ermordung eines ganz unschuldigen französischen Fuhrknechts, die bei Becker, a. a. O., I, 59, in haarsträubender Weise erzählt wird und nur eine von den vielen Greuelthaten ist, deren Fluch auf seinem Andenken haftet. 1) Eine der verwegensten Räuberthaten ist z. B. das lärmende Einbrechen
mit dem Rennbaum von seiten des Fetzer, Leiendecker, Vogel u. s. w. bei einem Juden in dem mit Soldaten reichbesetzten Nettesheim. Becker, "Rheinische Räuberbanden", II, 155. gruppe die Bande des Schinderhannes (Johann Bückler) ver- Mit dieſen Banden, aus welchen und neben welchen noch und zu jener in den Annalen des Räuberthums nur ſelten vorkommenden ſcheußlichen und kaltblütigen Ermordung eines ganz unſchuldigen franzöſiſchen Fuhrknechts, die bei Becker, a. a. O., I, 59, in haarſträubender Weiſe erzählt wird und nur eine von den vielen Greuelthaten iſt, deren Fluch auf ſeinem Andenken haftet. 1) Eine der verwegenſten Räuberthaten iſt z. B. das lärmende Einbrechen
mit dem Rennbaum von ſeiten des Fetzer, Leiendecker, Vogel u. ſ. w. bei einem Juden in dem mit Soldaten reichbeſetzten Nettesheim. Becker, „Rheiniſche Räuberbanden“, II, 155. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0117" n="101"/> gruppe die Bande des <hi rendition="#g">Schinderhannes</hi> (Johann Bückler) ver-<lb/> bunden, welche im Anfange nur unbedeutende Buſchkleppereien,<lb/> beſonders gegen reiſende Juden verübte, und ſich auf den kleinen<lb/> Bezirk von Trier bis Frankfurt und Mannheim beſchränkte, durch<lb/> die Berührung und Vermiſchung mit den Niederländern aber<lb/> bald ſich furchtbar machte und die berüchtigten Namen des ſchwarzen<lb/> Peter (Peter Petri), Johann Leiendecker, des ſchwarzen Jonas<lb/> (Chriſtian Reinhard), Johann Niclas Müller u. A. aufzuweiſen<lb/> hatte.</p><lb/> <p>Mit dieſen Banden, aus welchen und neben welchen noch<lb/> eine Menge kleinerer ephemerer Banden in beſtändiger Connexi-<lb/> tät und Reciprocität und in immerwährendem Wechſel aus- und<lb/> zurückliefen, iſt jene große Räubergruppe geſchloſſen, welche ein<lb/> ganzes Jahrzehnd und darüber beſonders auf dem linken Rhein-<lb/> ufer, in jenen durch Kriege und ſtaatliche Umformungen bewegten<lb/> Territorien, auf die Weiſe hauſte, wie ſie oben gezeichnet iſt. Jn<lb/> der That iſt ihr Treiben furchtbar genug, um ſie unter allen Räu-<lb/> bergruppen, welche jemals die Ordnung und Sicherheit in Deutſch-<lb/> land erſchüttert haben, obenan zu ſtellen. Sie war die Erb-<lb/> nehmerin der in ſchauerlichem geheimem Erbgang fortſchleichenden<lb/> Gaunerkunſt, und wußte mit der Erbſchaft einen ungeheuern<lb/> Wucher zu treiben. Jn den Tauſenden von Verbrechen erkennt<lb/> man überall das vollendete Räubergenie faſt aller Genoſſen, die<lb/> feinſte Liſt und Verſchlagenheit und die größte Sicherheit und<lb/> Verwegenheit <note place="foot" n="1)">Eine der verwegenſten Räuberthaten iſt z. B. das lärmende Einbrechen<lb/> mit dem Rennbaum von ſeiten des Fetzer, Leiendecker, Vogel u. ſ. w. bei einem<lb/> Juden in dem mit Soldaten reichbeſetzten Nettesheim. Becker, „Rheiniſche<lb/> Räuberbanden“, <hi rendition="#aq">II</hi>, 155.</note> in Ausführung der ausgedachten Pläne, die un-<lb/> geachtet der Menge der Verbrechen und der Gleichartigkeit ihrer<lb/><note xml:id="seg2pn_37_2" prev="#seg2pn_37_1" place="foot" n="4)">und zu jener in den Annalen des Räuberthums nur ſelten vorkommenden<lb/> ſcheußlichen und kaltblütigen Ermordung eines ganz unſchuldigen franzöſiſchen<lb/> Fuhrknechts, die bei Becker, a. a. O., <hi rendition="#aq">I</hi>, 59, in haarſträubender Weiſe erzählt<lb/> wird und nur eine von den vielen Greuelthaten iſt, deren Fluch auf ſeinem<lb/> Andenken haftet.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [101/0117]
gruppe die Bande des Schinderhannes (Johann Bückler) ver-
bunden, welche im Anfange nur unbedeutende Buſchkleppereien,
beſonders gegen reiſende Juden verübte, und ſich auf den kleinen
Bezirk von Trier bis Frankfurt und Mannheim beſchränkte, durch
die Berührung und Vermiſchung mit den Niederländern aber
bald ſich furchtbar machte und die berüchtigten Namen des ſchwarzen
Peter (Peter Petri), Johann Leiendecker, des ſchwarzen Jonas
(Chriſtian Reinhard), Johann Niclas Müller u. A. aufzuweiſen
hatte.
Mit dieſen Banden, aus welchen und neben welchen noch
eine Menge kleinerer ephemerer Banden in beſtändiger Connexi-
tät und Reciprocität und in immerwährendem Wechſel aus- und
zurückliefen, iſt jene große Räubergruppe geſchloſſen, welche ein
ganzes Jahrzehnd und darüber beſonders auf dem linken Rhein-
ufer, in jenen durch Kriege und ſtaatliche Umformungen bewegten
Territorien, auf die Weiſe hauſte, wie ſie oben gezeichnet iſt. Jn
der That iſt ihr Treiben furchtbar genug, um ſie unter allen Räu-
bergruppen, welche jemals die Ordnung und Sicherheit in Deutſch-
land erſchüttert haben, obenan zu ſtellen. Sie war die Erb-
nehmerin der in ſchauerlichem geheimem Erbgang fortſchleichenden
Gaunerkunſt, und wußte mit der Erbſchaft einen ungeheuern
Wucher zu treiben. Jn den Tauſenden von Verbrechen erkennt
man überall das vollendete Räubergenie faſt aller Genoſſen, die
feinſte Liſt und Verſchlagenheit und die größte Sicherheit und
Verwegenheit 1) in Ausführung der ausgedachten Pläne, die un-
geachtet der Menge der Verbrechen und der Gleichartigkeit ihrer
4)
1) Eine der verwegenſten Räuberthaten iſt z. B. das lärmende Einbrechen
mit dem Rennbaum von ſeiten des Fetzer, Leiendecker, Vogel u. ſ. w. bei einem
Juden in dem mit Soldaten reichbeſetzten Nettesheim. Becker, „Rheiniſche
Räuberbanden“, II, 155.
4) und zu jener in den Annalen des Räuberthums nur ſelten vorkommenden
ſcheußlichen und kaltblütigen Ermordung eines ganz unſchuldigen franzöſiſchen
Fuhrknechts, die bei Becker, a. a. O., I, 59, in haarſträubender Weiſe erzählt
wird und nur eine von den vielen Greuelthaten iſt, deren Fluch auf ſeinem
Andenken haftet.
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Zitationshilfe: | Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/117>, abgerufen am 08.07.2024. |