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Allgemeine Zeitung. Nr. 175. Augsburg, 23. Juni 1840.

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Der Name Spontini's hat gestern im Gerichtssaale und in der großen Oper und an beiden Orten in gewaltiger Dissonanz widerhallt. Die Dissonanz im Gerichtssaale war nicht die ärgste, und es dünkt uns Pflicht sogleich beizufügen, daß sie nirgendwie dem Tondichter der Vestalin beigemessen werden darf. Vor einiger Zeit verbreitete sich das Gerücht, daß die große Oper die Vorstellungen von Fernand Cortez wieder aufgreifen wolle. Zugleich aber fügte man bei, daß sie es nur thue, um den ihr vom Ministerium auferlegten Bedingungen nachzukommen, das heißt die Opern des alten Repertoriums, wozu auch Spontini's Werk gehört, aufzuführen, im Uebrigen aber der Wiederaufnahme keine Aufmerksamkeit widmen werde. Die Behauptung an sich mußte wenig glaublich scheinen, denn welche bessere Bürgschaft des Gelingens konnte die neue Verwaltung der Oper wünschen, als die sorgfältige Darstellung eines der Meisterstücke der neuern Composition? Wir erinnern uns, Fernand Cortez im Jahr 1827 auf dem großherzoglichen Theater in Darmstadt gesehen zu haben, wo er mit allem Pomp und Meisterhaftigkeit aufgeführt wurde, die jene Bühne in frühern Jahren auszeichneten. Die große Oper in Paris hätte nicht Raum genug für das Publicum, könnte sie jener Vorstellung nur von ferne gleichkommen. War Spontini mit seiner Aufnahme von Seite der Oper, bei seinem letzten Hierseyn überhaupt nicht zufrieden, wozu er, wie man behauptet, mehrfache Ursache gehabt, oder aber hatten ihm die Mangelhaftigkeit der an diesem Theater angestellten Sänger und Sängerinnen, die Unzulänglichkeit der Chöre Besorgnisse in Betreff einer Wiederaufnahme seiner Werke eingeflößt? Gewiß ist, daß er auf das öffentliche Gerücht hin sogleich gegen die Darstellung von Fernand Cortez protestirte, und seine Verwahrung der Direction der Oper förmlich zustellen ließ. Er verlangte darin, daß die Darstellung nicht ohne seine Einwilligung statt habe, und daß ihm die Befugniß bleiben müsse, die Proben zu leiten, die Rollen zu vertheilen, beliebte Abänderungen und überhaupt solche Maaßregeln zu treffen, die er für das Gelingen seines Werkes und die Sicherung seines alten Ruhmes zweckmäßig erachte. Als daher die große Oper die Vorstellung des Spontini'schen Cortez auf gestern ankündigte, ließ der Sachwalter des Componisten die Direction vor das Handelsgericht laden, und dieses erkannte den klägerischen Anträgen gemäß zu Recht, daß die Oper sich der Vorstellung zu enthalten, widrigenfalls aber dem Kläger für jede Darstellung 6000 Franken Entschädigung zu zahlen habe. Wiewohl dieses Erkenntniß noch gestern vor Beginn der Vorstellung der Operndirection zugestellt ward, so hat diese dennoch, sich auf eingelegte Berufung an den höhern Richter stützend, auf ihrem Vorhaben beharrt, und wir haben also Fernand Cortez aufführen sehen. Großer Gott, welche Entheiligung! Ich weiß nicht, was der Appellhof über die Klage entscheiden wird, sicher aber ist es, wenn Apollo und die Musen zu Gericht säßen, sie der Oper dieselbe Strafe auferlegen würden, die der erzürnte Gott über den Flötenspieler Marsyas verhängte, nur mit größerm Rechte und nicht aus "göttlicher" Leidenschaft. Alles, was die Spontini'sche Composition in so hohem Maaße auszeichnet, die Energie seiner Weisen und der Instrumentalbegleitung, die kraftvolle Eingreifung der Chöre deren erstes Erforderniß Genauigkeit und Richtigkeit der Töne und des Ausdrucks ist, wurde mit jammervoller Nachlässigkeit oder, besser gesagt, mit einer Ohnmacht dargestellt, die man in jedem andern Theater als der großen Oper zu Paris mit strafendem Zischen aufgenommen hätte. Sollte Spontini in letzter Instanz vor dem Gesetzesrichter seinen Proceß auch verlieren, vor der öffentlichen Meinung hat er ihn gestern Abend in feierlicher Sitzung gewonnen: die Schwäche seines Gegners war für ihn das beste Argument.

Deutschland.

Diesen Morgen 3 Uhr ist S. k. H. der Kronprinz von seiner Burg Hohenschwangau hier angekommen; wie verlautet, werden Se. k. Hoh., vielleicht schon in den nächsten Tagen, sich nach Aschaffenburg begeben. Aus letzterer Stadt sind heute wieder die erfreulichsten Nachrichten über das Befinden Ihrer Majestäten hier eingetroffen.

Das Fronleichnamsfest hatte eine ungewöhnlich zahlreiche Menge von Fremden aus nah und fern, aus Franken, ja selbst aus den benachbarten Theilen Thüringens, nach Bamberg herbeigezogen, welche theils die Feier wirklich mitmachen, theils nur das Gepränge der Procession und die alte bischöfliche Stadt in ihren eigensten schönsten Farben schauen wollten. Schon Tags zuvor waren die Gasthöfe überfüllt, und die Straßen wogten von Fremden und Einheimischen. Die alterthümliche Stadt hatte sich auf das freundlichste geschmückt; die meisten Häuser prangten von reichen Decken, von Kränzen und grünen Guirlanden, von Blumen und Strauchwerk, von Gemälden und anderm Zierrath; einige hatten sich von der Grundsohle bis zur Giebelspitze hinauf geziert. Es war eine Freude über die Straßen zu gehen und diesen festlichen Schmuck, diese guten Bauersleute in ihrer feiertäglichen Landtracht, die Fremden und das ganze Gewoge zu sehen. So erscheint das liebe Bamberg in seiner schönsten Beleuchtung. Leider trat am Morgen des Festtags Regenwetter ein und der Festumzug mußte sich auf die Räume des erhabenen Doms beschränken. Gegen Mittag erst klärte sich der Himmel wieder auf. Die Freude lebte nun auch laut auf. Im Theresienhain gaben die Zöglinge des Schullehrerseminars ein Concert zum Besten der Taubstummenanstalt. Schon am Abend vorher hatten viele Fremde Gelegenheit, die ausgezeichnete musikalische Ausbildung der Seminaristen anzuerkennen, indem sie auf der berühmten Altenburg, welche bekanntlich eine der schönsten Aussichten Deutschlands über die Thäler der Regnitz und des Mains darbietet, durch die Ausführung einiger sehr werthvollen Tonstücke seitens dieser Seminaristen überrascht wurden. Herrlich erklangen die Töne von der Höhe über die Stadt und die Thäler hinab.

Gestern kam in aller Eil' und unerwartet unsere regierende Frau Herzogin hier an, indem Hochdieselbe zu Coburg durch einen Courier benachrichtigt worden war, daß die Kaiserin von Rußland hier auf der Durchreise sie zu sehen hoffe. Nach 3 Uhr Nachmittags trafen die hohen Damen im Gasthause zum Mohren, wo zugleich die Post befindlich ist, zusammen, und verweilten daselbst ungefähr eine halbe Stunde, worauf die Kaiserin mit der Großfürstin Olga den offenen Landauer der Frau Herzogin bestieg und, von letzterer begleitet, die Reise nach Eisenach fortsetzte. Hier, wohin der Großherzog von Weimar vorausgeeilt war, um die hohen Gäste zu empfangen, blieben dieselben über Nacht, und erst heute Mittag wird unsere Frau Herzogin zurück erwartet. Die Kaiserin kam mit der Großfürstin Olga in Einem Wagen hier an, dem sodann der Fürst Wolchonsky und die übrige Begleitung nachfolgte - im Ganzen waren 60 Postpferde nöthig. Die Kaiserin schien nicht in dem Grade angegriffen, als der erfahrene schmerzliche Verlust befürchten ließ. Sie bewegte sich sehr leicht, sprach mit kräftiger Lebendigkeit, und war namentlich von der äußersten Freundlichkeit für unsere Herzogin, welcher sie durch ein langes Zusammenleben in St. Petersburg innig verbunden ist. Heute Nacht ging sodann auch Se. Maj. der Kaiser nach Frankfurt hier durch, mit einem kleineren Gefolge,

Der Name Spontini's hat gestern im Gerichtssaale und in der großen Oper und an beiden Orten in gewaltiger Dissonanz widerhallt. Die Dissonanz im Gerichtssaale war nicht die ärgste, und es dünkt uns Pflicht sogleich beizufügen, daß sie nirgendwie dem Tondichter der Vestalin beigemessen werden darf. Vor einiger Zeit verbreitete sich das Gerücht, daß die große Oper die Vorstellungen von Fernand Cortez wieder aufgreifen wolle. Zugleich aber fügte man bei, daß sie es nur thue, um den ihr vom Ministerium auferlegten Bedingungen nachzukommen, das heißt die Opern des alten Repertoriums, wozu auch Spontini's Werk gehört, aufzuführen, im Uebrigen aber der Wiederaufnahme keine Aufmerksamkeit widmen werde. Die Behauptung an sich mußte wenig glaublich scheinen, denn welche bessere Bürgschaft des Gelingens konnte die neue Verwaltung der Oper wünschen, als die sorgfältige Darstellung eines der Meisterstücke der neuern Composition? Wir erinnern uns, Fernand Cortez im Jahr 1827 auf dem großherzoglichen Theater in Darmstadt gesehen zu haben, wo er mit allem Pomp und Meisterhaftigkeit aufgeführt wurde, die jene Bühne in frühern Jahren auszeichneten. Die große Oper in Paris hätte nicht Raum genug für das Publicum, könnte sie jener Vorstellung nur von ferne gleichkommen. War Spontini mit seiner Aufnahme von Seite der Oper, bei seinem letzten Hierseyn überhaupt nicht zufrieden, wozu er, wie man behauptet, mehrfache Ursache gehabt, oder aber hatten ihm die Mangelhaftigkeit der an diesem Theater angestellten Sänger und Sängerinnen, die Unzulänglichkeit der Chöre Besorgnisse in Betreff einer Wiederaufnahme seiner Werke eingeflößt? Gewiß ist, daß er auf das öffentliche Gerücht hin sogleich gegen die Darstellung von Fernand Cortez protestirte, und seine Verwahrung der Direction der Oper förmlich zustellen ließ. Er verlangte darin, daß die Darstellung nicht ohne seine Einwilligung statt habe, und daß ihm die Befugniß bleiben müsse, die Proben zu leiten, die Rollen zu vertheilen, beliebte Abänderungen und überhaupt solche Maaßregeln zu treffen, die er für das Gelingen seines Werkes und die Sicherung seines alten Ruhmes zweckmäßig erachte. Als daher die große Oper die Vorstellung des Spontini'schen Cortez auf gestern ankündigte, ließ der Sachwalter des Componisten die Direction vor das Handelsgericht laden, und dieses erkannte den klägerischen Anträgen gemäß zu Recht, daß die Oper sich der Vorstellung zu enthalten, widrigenfalls aber dem Kläger für jede Darstellung 6000 Franken Entschädigung zu zahlen habe. Wiewohl dieses Erkenntniß noch gestern vor Beginn der Vorstellung der Operndirection zugestellt ward, so hat diese dennoch, sich auf eingelegte Berufung an den höhern Richter stützend, auf ihrem Vorhaben beharrt, und wir haben also Fernand Cortez aufführen sehen. Großer Gott, welche Entheiligung! Ich weiß nicht, was der Appellhof über die Klage entscheiden wird, sicher aber ist es, wenn Apollo und die Musen zu Gericht säßen, sie der Oper dieselbe Strafe auferlegen würden, die der erzürnte Gott über den Flötenspieler Marsyas verhängte, nur mit größerm Rechte und nicht aus „göttlicher“ Leidenschaft. Alles, was die Spontini'sche Composition in so hohem Maaße auszeichnet, die Energie seiner Weisen und der Instrumentalbegleitung, die kraftvolle Eingreifung der Chöre deren erstes Erforderniß Genauigkeit und Richtigkeit der Töne und des Ausdrucks ist, wurde mit jammervoller Nachlässigkeit oder, besser gesagt, mit einer Ohnmacht dargestellt, die man in jedem andern Theater als der großen Oper zu Paris mit strafendem Zischen aufgenommen hätte. Sollte Spontini in letzter Instanz vor dem Gesetzesrichter seinen Proceß auch verlieren, vor der öffentlichen Meinung hat er ihn gestern Abend in feierlicher Sitzung gewonnen: die Schwäche seines Gegners war für ihn das beste Argument.

Deutschland.

Diesen Morgen 3 Uhr ist S. k. H. der Kronprinz von seiner Burg Hohenschwangau hier angekommen; wie verlautet, werden Se. k. Hoh., vielleicht schon in den nächsten Tagen, sich nach Aschaffenburg begeben. Aus letzterer Stadt sind heute wieder die erfreulichsten Nachrichten über das Befinden Ihrer Majestäten hier eingetroffen.

Das Fronleichnamsfest hatte eine ungewöhnlich zahlreiche Menge von Fremden aus nah und fern, aus Franken, ja selbst aus den benachbarten Theilen Thüringens, nach Bamberg herbeigezogen, welche theils die Feier wirklich mitmachen, theils nur das Gepränge der Procession und die alte bischöfliche Stadt in ihren eigensten schönsten Farben schauen wollten. Schon Tags zuvor waren die Gasthöfe überfüllt, und die Straßen wogten von Fremden und Einheimischen. Die alterthümliche Stadt hatte sich auf das freundlichste geschmückt; die meisten Häuser prangten von reichen Decken, von Kränzen und grünen Guirlanden, von Blumen und Strauchwerk, von Gemälden und anderm Zierrath; einige hatten sich von der Grundsohle bis zur Giebelspitze hinauf geziert. Es war eine Freude über die Straßen zu gehen und diesen festlichen Schmuck, diese guten Bauersleute in ihrer feiertäglichen Landtracht, die Fremden und das ganze Gewoge zu sehen. So erscheint das liebe Bamberg in seiner schönsten Beleuchtung. Leider trat am Morgen des Festtags Regenwetter ein und der Festumzug mußte sich auf die Räume des erhabenen Doms beschränken. Gegen Mittag erst klärte sich der Himmel wieder auf. Die Freude lebte nun auch laut auf. Im Theresienhain gaben die Zöglinge des Schullehrerseminars ein Concert zum Besten der Taubstummenanstalt. Schon am Abend vorher hatten viele Fremde Gelegenheit, die ausgezeichnete musikalische Ausbildung der Seminaristen anzuerkennen, indem sie auf der berühmten Altenburg, welche bekanntlich eine der schönsten Aussichten Deutschlands über die Thäler der Regnitz und des Mains darbietet, durch die Ausführung einiger sehr werthvollen Tonstücke seitens dieser Seminaristen überrascht wurden. Herrlich erklangen die Töne von der Höhe über die Stadt und die Thäler hinab.

Gestern kam in aller Eil' und unerwartet unsere regierende Frau Herzogin hier an, indem Hochdieselbe zu Coburg durch einen Courier benachrichtigt worden war, daß die Kaiserin von Rußland hier auf der Durchreise sie zu sehen hoffe. Nach 3 Uhr Nachmittags trafen die hohen Damen im Gasthause zum Mohren, wo zugleich die Post befindlich ist, zusammen, und verweilten daselbst ungefähr eine halbe Stunde, worauf die Kaiserin mit der Großfürstin Olga den offenen Landauer der Frau Herzogin bestieg und, von letzterer begleitet, die Reise nach Eisenach fortsetzte. Hier, wohin der Großherzog von Weimar vorausgeeilt war, um die hohen Gäste zu empfangen, blieben dieselben über Nacht, und erst heute Mittag wird unsere Frau Herzogin zurück erwartet. Die Kaiserin kam mit der Großfürstin Olga in Einem Wagen hier an, dem sodann der Fürst Wolchonsky und die übrige Begleitung nachfolgte – im Ganzen waren 60 Postpferde nöthig. Die Kaiserin schien nicht in dem Grade angegriffen, als der erfahrene schmerzliche Verlust befürchten ließ. Sie bewegte sich sehr leicht, sprach mit kräftiger Lebendigkeit, und war namentlich von der äußersten Freundlichkeit für unsere Herzogin, welcher sie durch ein langes Zusammenleben in St. Petersburg innig verbunden ist. Heute Nacht ging sodann auch Se. Maj. der Kaiser nach Frankfurt hier durch, mit einem kleineren Gefolge,

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[1397/0005] _ Paris, 18 Jun. Der Name Spontini's hat gestern im Gerichtssaale und in der großen Oper und an beiden Orten in gewaltiger Dissonanz widerhallt. Die Dissonanz im Gerichtssaale war nicht die ärgste, und es dünkt uns Pflicht sogleich beizufügen, daß sie nirgendwie dem Tondichter der Vestalin beigemessen werden darf. Vor einiger Zeit verbreitete sich das Gerücht, daß die große Oper die Vorstellungen von Fernand Cortez wieder aufgreifen wolle. Zugleich aber fügte man bei, daß sie es nur thue, um den ihr vom Ministerium auferlegten Bedingungen nachzukommen, das heißt die Opern des alten Repertoriums, wozu auch Spontini's Werk gehört, aufzuführen, im Uebrigen aber der Wiederaufnahme keine Aufmerksamkeit widmen werde. Die Behauptung an sich mußte wenig glaublich scheinen, denn welche bessere Bürgschaft des Gelingens konnte die neue Verwaltung der Oper wünschen, als die sorgfältige Darstellung eines der Meisterstücke der neuern Composition? Wir erinnern uns, Fernand Cortez im Jahr 1827 auf dem großherzoglichen Theater in Darmstadt gesehen zu haben, wo er mit allem Pomp und Meisterhaftigkeit aufgeführt wurde, die jene Bühne in frühern Jahren auszeichneten. Die große Oper in Paris hätte nicht Raum genug für das Publicum, könnte sie jener Vorstellung nur von ferne gleichkommen. War Spontini mit seiner Aufnahme von Seite der Oper, bei seinem letzten Hierseyn überhaupt nicht zufrieden, wozu er, wie man behauptet, mehrfache Ursache gehabt, oder aber hatten ihm die Mangelhaftigkeit der an diesem Theater angestellten Sänger und Sängerinnen, die Unzulänglichkeit der Chöre Besorgnisse in Betreff einer Wiederaufnahme seiner Werke eingeflößt? Gewiß ist, daß er auf das öffentliche Gerücht hin sogleich gegen die Darstellung von Fernand Cortez protestirte, und seine Verwahrung der Direction der Oper förmlich zustellen ließ. Er verlangte darin, daß die Darstellung nicht ohne seine Einwilligung statt habe, und daß ihm die Befugniß bleiben müsse, die Proben zu leiten, die Rollen zu vertheilen, beliebte Abänderungen und überhaupt solche Maaßregeln zu treffen, die er für das Gelingen seines Werkes und die Sicherung seines alten Ruhmes zweckmäßig erachte. Als daher die große Oper die Vorstellung des Spontini'schen Cortez auf gestern ankündigte, ließ der Sachwalter des Componisten die Direction vor das Handelsgericht laden, und dieses erkannte den klägerischen Anträgen gemäß zu Recht, daß die Oper sich der Vorstellung zu enthalten, widrigenfalls aber dem Kläger für jede Darstellung 6000 Franken Entschädigung zu zahlen habe. Wiewohl dieses Erkenntniß noch gestern vor Beginn der Vorstellung der Operndirection zugestellt ward, so hat diese dennoch, sich auf eingelegte Berufung an den höhern Richter stützend, auf ihrem Vorhaben beharrt, und wir haben also Fernand Cortez aufführen sehen. Großer Gott, welche Entheiligung! Ich weiß nicht, was der Appellhof über die Klage entscheiden wird, sicher aber ist es, wenn Apollo und die Musen zu Gericht säßen, sie der Oper dieselbe Strafe auferlegen würden, die der erzürnte Gott über den Flötenspieler Marsyas verhängte, nur mit größerm Rechte und nicht aus „göttlicher“ Leidenschaft. Alles, was die Spontini'sche Composition in so hohem Maaße auszeichnet, die Energie seiner Weisen und der Instrumentalbegleitung, die kraftvolle Eingreifung der Chöre deren erstes Erforderniß Genauigkeit und Richtigkeit der Töne und des Ausdrucks ist, wurde mit jammervoller Nachlässigkeit oder, besser gesagt, mit einer Ohnmacht dargestellt, die man in jedem andern Theater als der großen Oper zu Paris mit strafendem Zischen aufgenommen hätte. Sollte Spontini in letzter Instanz vor dem Gesetzesrichter seinen Proceß auch verlieren, vor der öffentlichen Meinung hat er ihn gestern Abend in feierlicher Sitzung gewonnen: die Schwäche seines Gegners war für ihn das beste Argument. Deutschland. _ München, 21 Jun. Diesen Morgen 3 Uhr ist S. k. H. der Kronprinz von seiner Burg Hohenschwangau hier angekommen; wie verlautet, werden Se. k. Hoh., vielleicht schon in den nächsten Tagen, sich nach Aschaffenburg begeben. Aus letzterer Stadt sind heute wieder die erfreulichsten Nachrichten über das Befinden Ihrer Majestäten hier eingetroffen. _ Aus Franken, 18 Jun. Das Fronleichnamsfest hatte eine ungewöhnlich zahlreiche Menge von Fremden aus nah und fern, aus Franken, ja selbst aus den benachbarten Theilen Thüringens, nach Bamberg herbeigezogen, welche theils die Feier wirklich mitmachen, theils nur das Gepränge der Procession und die alte bischöfliche Stadt in ihren eigensten schönsten Farben schauen wollten. Schon Tags zuvor waren die Gasthöfe überfüllt, und die Straßen wogten von Fremden und Einheimischen. Die alterthümliche Stadt hatte sich auf das freundlichste geschmückt; die meisten Häuser prangten von reichen Decken, von Kränzen und grünen Guirlanden, von Blumen und Strauchwerk, von Gemälden und anderm Zierrath; einige hatten sich von der Grundsohle bis zur Giebelspitze hinauf geziert. Es war eine Freude über die Straßen zu gehen und diesen festlichen Schmuck, diese guten Bauersleute in ihrer feiertäglichen Landtracht, die Fremden und das ganze Gewoge zu sehen. So erscheint das liebe Bamberg in seiner schönsten Beleuchtung. Leider trat am Morgen des Festtags Regenwetter ein und der Festumzug mußte sich auf die Räume des erhabenen Doms beschränken. Gegen Mittag erst klärte sich der Himmel wieder auf. Die Freude lebte nun auch laut auf. Im Theresienhain gaben die Zöglinge des Schullehrerseminars ein Concert zum Besten der Taubstummenanstalt. Schon am Abend vorher hatten viele Fremde Gelegenheit, die ausgezeichnete musikalische Ausbildung der Seminaristen anzuerkennen, indem sie auf der berühmten Altenburg, welche bekanntlich eine der schönsten Aussichten Deutschlands über die Thäler der Regnitz und des Mains darbietet, durch die Ausführung einiger sehr werthvollen Tonstücke seitens dieser Seminaristen überrascht wurden. Herrlich erklangen die Töne von der Höhe über die Stadt und die Thäler hinab. _ Gotha, 15 Jun. Gestern kam in aller Eil' und unerwartet unsere regierende Frau Herzogin hier an, indem Hochdieselbe zu Coburg durch einen Courier benachrichtigt worden war, daß die Kaiserin von Rußland hier auf der Durchreise sie zu sehen hoffe. Nach 3 Uhr Nachmittags trafen die hohen Damen im Gasthause zum Mohren, wo zugleich die Post befindlich ist, zusammen, und verweilten daselbst ungefähr eine halbe Stunde, worauf die Kaiserin mit der Großfürstin Olga den offenen Landauer der Frau Herzogin bestieg und, von letzterer begleitet, die Reise nach Eisenach fortsetzte. Hier, wohin der Großherzog von Weimar vorausgeeilt war, um die hohen Gäste zu empfangen, blieben dieselben über Nacht, und erst heute Mittag wird unsere Frau Herzogin zurück erwartet. Die Kaiserin kam mit der Großfürstin Olga in Einem Wagen hier an, dem sodann der Fürst Wolchonsky und die übrige Begleitung nachfolgte – im Ganzen waren 60 Postpferde nöthig. Die Kaiserin schien nicht in dem Grade angegriffen, als der erfahrene schmerzliche Verlust befürchten ließ. Sie bewegte sich sehr leicht, sprach mit kräftiger Lebendigkeit, und war namentlich von der äußersten Freundlichkeit für unsere Herzogin, welcher sie durch ein langes Zusammenleben in St. Petersburg innig verbunden ist. Heute Nacht ging sodann auch Se. Maj. der Kaiser nach Frankfurt hier durch, mit einem kleineren Gefolge,

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 175. Augsburg, 23. Juni 1840, S. 1397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_175_18400623/5>, abgerufen am 22.11.2024.