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Allgemeine Zeitung. Nr. 174. Augsburg, 22. Juni 1840.

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den Verneinenden waren bis auf einen Einzigen sämmtliche bäuerliche Deputirten. Um 10 Uhr sollte noch eine Petition des Chemnitzer Industrievereins berathen werden wegen Einführung von Handelsgerichten, einer Fallitenordnung und was weiß ich weiter. Auf die gewöhnliche Frage des Präsidenten nach Verlesung eines ungedruckten Berichtes: will die Kammer über den eben verlesenen Bericht sofort berathen? erklärte aber die große Mehrzahl der Mitglieder durch eiliges Erheben von den Sitzplätzen, daß Nachts 10 Uhr auf einen so wichtigen Gegenstand nicht einzugehen sey (allgemeine Heiterkeit), worauf der Präsident die Sitzung schloß. (L. A. Z.)

Der dem Pastor Sander vom Consistorium in Hannover ertheilte Urlaub hat bis jetzt die Genehmigung des Ministeriums nicht erhalten, und man zweifelt, daß derselbe erfolgen werde. Es ist der Pastor Sander daher weder abgereist, noch ist unsere Stadt vertreten, auch trägt dieselbe keine Sehnsucht vertreten zu werden, obgleich die dritte Berathung des neuen Staatsgrundgesetzes bereits begonnen hat, vielmehr freut man sich den Beweis zu liefern, wie das Recht der Majorität, die Wahl zu bestimmen, auch durch die Anerkennung von Minoritätswahlen nicht geschmälert werden könne, und daß es nicht fruchte, wenn man eine indirecte Aeußerung der directen vorzieht.

Preußen.

Der König fährt fort, mit großer Thätigkeit die in Folge der Krankheit seines verewigten Vaters liegen gebliebenen Gegenstände zu erledigen, und scheint bereits nach allen Seiten hin persönlich zu wirken, wobei ihm allerdings die große Geschäftsübung, die er sich als Kronprinz erwarb, sehr zu Statten kommt. Den Vorsitz im Staatsministerium, den der Kronprinz führte, haben Se. Maj. dem Prinzen von Preußen übertragen. Auch vernimmt man, daß die Minister zweimal wöchentlich Vortrag bei Sr. Maj. haben, und der König späterhin bestimmte allgemeine Audienztage festsetzen werde. Ueber die Besetzung des Ministeriums des Cultus und des Unterrichts ist noch nichts Näheres bekannt; man nennt jetzt, außer dem Oberpräsidenten v. Bodelschwingh, auch den Director im auswärtigen Departement, wirklichen Geheimerath Eichhorn und den geheimen Oberrevisionsrath Professor v. Savigny als Candidaten, beides Namen, die in der wissenschaftlichen Welt einen trefflichen Klang haben, doch ist wohl kaum anzunehmen, daß der letztere den Lehrstuhl werde aufgeben wollen, und daß man den erstern in der von ihm bekleideten hohen und wichtigen Stellung werde vermissen können. - Eine militärische Festlichkeit, die der verstorbene König angeordnet, wird noch in diesem Monate stattfinden: nämlich das 200jährige Stiftungsjubiläum des Regiments Garde du Corps. Der Kaiser von Rußland hat dazu bereits 50 Mann von seiner schönen Chevaliergarde, die noch vor dem Ableben des Königs eintrafen, hieher geschickt, und auch der König von Hannover hat eine aus 3 Officieren und 7 Unterofficieren bestehende Deputation seines Gardecuirassierregimentes angekündigt. Sowohl der König als die Königin von Hannover, deren letzter Aufenthalt hier nur wenig bemerkt wurde, werden um jene Zeit hier wieder erwartet.

Türkei.

Mustapha Nuri Pascha, welcher an Halil Pascha's Stelle zum Seraskier ernannt worden, wird nächstens sein neues Amt antreten, wenn Chosrew Pascha, der sich wieder zu halten scheint, ihm nicht einen Strich durch die Rechnung macht. Chosrew, der einsehen gelernt, daß man mit einer entschiedenen Meinung nicht durchdringen kann, ist mit vieler Verschmitztheit zu Werke gegangen. Er hat bei Reschid Pascha Rath gesucht und ihn gefunden, so daß er jetzt Hoffnung hegt, wieder an Einfluß zu gewinnen. Reschid Pascha, der aus der französischen Schule hervorgeht, mußte sich mit den französischen Ansichten vertraut machen, nachdem er sich überzeugt hatte, daß so gut man es auch andrerseits mit der Pforte meinen mochte, es doch unmöglich schien, sie so zu unterstützen als es nöthig wäre, um gegen Mehemed Ali fest aufzutreten. Er hat sich also an Hrn. v. Pontois näher anzuschließen gesucht und scheint sich jetzt besonders dessen Leitung anvertrauen zu wollen.

den Verneinenden waren bis auf einen Einzigen sämmtliche bäuerliche Deputirten. Um 10 Uhr sollte noch eine Petition des Chemnitzer Industrievereins berathen werden wegen Einführung von Handelsgerichten, einer Fallitenordnung und was weiß ich weiter. Auf die gewöhnliche Frage des Präsidenten nach Verlesung eines ungedruckten Berichtes: will die Kammer über den eben verlesenen Bericht sofort berathen? erklärte aber die große Mehrzahl der Mitglieder durch eiliges Erheben von den Sitzplätzen, daß Nachts 10 Uhr auf einen so wichtigen Gegenstand nicht einzugehen sey (allgemeine Heiterkeit), worauf der Präsident die Sitzung schloß. (L. A. Z.)

Der dem Pastor Sander vom Consistorium in Hannover ertheilte Urlaub hat bis jetzt die Genehmigung des Ministeriums nicht erhalten, und man zweifelt, daß derselbe erfolgen werde. Es ist der Pastor Sander daher weder abgereist, noch ist unsere Stadt vertreten, auch trägt dieselbe keine Sehnsucht vertreten zu werden, obgleich die dritte Berathung des neuen Staatsgrundgesetzes bereits begonnen hat, vielmehr freut man sich den Beweis zu liefern, wie das Recht der Majorität, die Wahl zu bestimmen, auch durch die Anerkennung von Minoritätswahlen nicht geschmälert werden könne, und daß es nicht fruchte, wenn man eine indirecte Aeußerung der directen vorzieht.

Preußen.

Der König fährt fort, mit großer Thätigkeit die in Folge der Krankheit seines verewigten Vaters liegen gebliebenen Gegenstände zu erledigen, und scheint bereits nach allen Seiten hin persönlich zu wirken, wobei ihm allerdings die große Geschäftsübung, die er sich als Kronprinz erwarb, sehr zu Statten kommt. Den Vorsitz im Staatsministerium, den der Kronprinz führte, haben Se. Maj. dem Prinzen von Preußen übertragen. Auch vernimmt man, daß die Minister zweimal wöchentlich Vortrag bei Sr. Maj. haben, und der König späterhin bestimmte allgemeine Audienztage festsetzen werde. Ueber die Besetzung des Ministeriums des Cultus und des Unterrichts ist noch nichts Näheres bekannt; man nennt jetzt, außer dem Oberpräsidenten v. Bodelschwingh, auch den Director im auswärtigen Departement, wirklichen Geheimerath Eichhorn und den geheimen Oberrevisionsrath Professor v. Savigny als Candidaten, beides Namen, die in der wissenschaftlichen Welt einen trefflichen Klang haben, doch ist wohl kaum anzunehmen, daß der letztere den Lehrstuhl werde aufgeben wollen, und daß man den erstern in der von ihm bekleideten hohen und wichtigen Stellung werde vermissen können. – Eine militärische Festlichkeit, die der verstorbene König angeordnet, wird noch in diesem Monate stattfinden: nämlich das 200jährige Stiftungsjubiläum des Regiments Garde du Corps. Der Kaiser von Rußland hat dazu bereits 50 Mann von seiner schönen Chevaliergarde, die noch vor dem Ableben des Königs eintrafen, hieher geschickt, und auch der König von Hannover hat eine aus 3 Officieren und 7 Unterofficieren bestehende Deputation seines Gardecuirassierregimentes angekündigt. Sowohl der König als die Königin von Hannover, deren letzter Aufenthalt hier nur wenig bemerkt wurde, werden um jene Zeit hier wieder erwartet.

Türkei.

Mustapha Nuri Pascha, welcher an Halil Pascha's Stelle zum Seraskier ernannt worden, wird nächstens sein neues Amt antreten, wenn Chosrew Pascha, der sich wieder zu halten scheint, ihm nicht einen Strich durch die Rechnung macht. Chosrew, der einsehen gelernt, daß man mit einer entschiedenen Meinung nicht durchdringen kann, ist mit vieler Verschmitztheit zu Werke gegangen. Er hat bei Reschid Pascha Rath gesucht und ihn gefunden, so daß er jetzt Hoffnung hegt, wieder an Einfluß zu gewinnen. Reschid Pascha, der aus der französischen Schule hervorgeht, mußte sich mit den französischen Ansichten vertraut machen, nachdem er sich überzeugt hatte, daß so gut man es auch andrerseits mit der Pforte meinen mochte, es doch unmöglich schien, sie so zu unterstützen als es nöthig wäre, um gegen Mehemed Ali fest aufzutreten. Er hat sich also an Hrn. v. Pontois näher anzuschließen gesucht und scheint sich jetzt besonders dessen Leitung anvertrauen zu wollen.

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den Verneinenden waren bis auf einen Einzigen sämmtliche bäuerliche Deputirten. Um 10 Uhr sollte noch eine Petition des Chemnitzer Industrievereins berathen werden wegen Einführung von Handelsgerichten, einer Fallitenordnung und was weiß ich weiter. Auf die gewöhnliche Frage des Präsidenten nach Verlesung eines ungedruckten Berichtes: will die Kammer über den eben verlesenen Bericht sofort berathen? erklärte aber die große Mehrzahl der Mitglieder durch eiliges Erheben von den Sitzplätzen, daß Nachts 10 Uhr auf einen so wichtigen Gegenstand nicht einzugehen sey (allgemeine Heiterkeit), worauf der Präsident die Sitzung schloß. (L. A. Z.)</p>
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[1392/0008] den Verneinenden waren bis auf einen Einzigen sämmtliche bäuerliche Deputirten. Um 10 Uhr sollte noch eine Petition des Chemnitzer Industrievereins berathen werden wegen Einführung von Handelsgerichten, einer Fallitenordnung und was weiß ich weiter. Auf die gewöhnliche Frage des Präsidenten nach Verlesung eines ungedruckten Berichtes: will die Kammer über den eben verlesenen Bericht sofort berathen? erklärte aber die große Mehrzahl der Mitglieder durch eiliges Erheben von den Sitzplätzen, daß Nachts 10 Uhr auf einen so wichtigen Gegenstand nicht einzugehen sey (allgemeine Heiterkeit), worauf der Präsident die Sitzung schloß. (L. A. Z.) _ Göttingen, 17 Jun. Der dem Pastor Sander vom Consistorium in Hannover ertheilte Urlaub hat bis jetzt die Genehmigung des Ministeriums nicht erhalten, und man zweifelt, daß derselbe erfolgen werde. Es ist der Pastor Sander daher weder abgereist, noch ist unsere Stadt vertreten, auch trägt dieselbe keine Sehnsucht vertreten zu werden, obgleich die dritte Berathung des neuen Staatsgrundgesetzes bereits begonnen hat, vielmehr freut man sich den Beweis zu liefern, wie das Recht der Majorität, die Wahl zu bestimmen, auch durch die Anerkennung von Minoritätswahlen nicht geschmälert werden könne, und daß es nicht fruchte, wenn man eine indirecte Aeußerung der directen vorzieht. Preußen. _ Berlin, 16 Jun. Der König fährt fort, mit großer Thätigkeit die in Folge der Krankheit seines verewigten Vaters liegen gebliebenen Gegenstände zu erledigen, und scheint bereits nach allen Seiten hin persönlich zu wirken, wobei ihm allerdings die große Geschäftsübung, die er sich als Kronprinz erwarb, sehr zu Statten kommt. Den Vorsitz im Staatsministerium, den der Kronprinz führte, haben Se. Maj. dem Prinzen von Preußen übertragen. Auch vernimmt man, daß die Minister zweimal wöchentlich Vortrag bei Sr. Maj. haben, und der König späterhin bestimmte allgemeine Audienztage festsetzen werde. Ueber die Besetzung des Ministeriums des Cultus und des Unterrichts ist noch nichts Näheres bekannt; man nennt jetzt, außer dem Oberpräsidenten v. Bodelschwingh, auch den Director im auswärtigen Departement, wirklichen Geheimerath Eichhorn und den geheimen Oberrevisionsrath Professor v. Savigny als Candidaten, beides Namen, die in der wissenschaftlichen Welt einen trefflichen Klang haben, doch ist wohl kaum anzunehmen, daß der letztere den Lehrstuhl werde aufgeben wollen, und daß man den erstern in der von ihm bekleideten hohen und wichtigen Stellung werde vermissen können. – Eine militärische Festlichkeit, die der verstorbene König angeordnet, wird noch in diesem Monate stattfinden: nämlich das 200jährige Stiftungsjubiläum des Regiments Garde du Corps. Der Kaiser von Rußland hat dazu bereits 50 Mann von seiner schönen Chevaliergarde, die noch vor dem Ableben des Königs eintrafen, hieher geschickt, und auch der König von Hannover hat eine aus 3 Officieren und 7 Unterofficieren bestehende Deputation seines Gardecuirassierregimentes angekündigt. Sowohl der König als die Königin von Hannover, deren letzter Aufenthalt hier nur wenig bemerkt wurde, werden um jene Zeit hier wieder erwartet. Türkei. _ Konstantinopel, 3 Jun. Mustapha Nuri Pascha, welcher an Halil Pascha's Stelle zum Seraskier ernannt worden, wird nächstens sein neues Amt antreten, wenn Chosrew Pascha, der sich wieder zu halten scheint, ihm nicht einen Strich durch die Rechnung macht. Chosrew, der einsehen gelernt, daß man mit einer entschiedenen Meinung nicht durchdringen kann, ist mit vieler Verschmitztheit zu Werke gegangen. Er hat bei Reschid Pascha Rath gesucht und ihn gefunden, so daß er jetzt Hoffnung hegt, wieder an Einfluß zu gewinnen. Reschid Pascha, der aus der französischen Schule hervorgeht, mußte sich mit den französischen Ansichten vertraut machen, nachdem er sich überzeugt hatte, daß so gut man es auch andrerseits mit der Pforte meinen mochte, es doch unmöglich schien, sie so zu unterstützen als es nöthig wäre, um gegen Mehemed Ali fest aufzutreten. Er hat sich also an Hrn. v. Pontois näher anzuschließen gesucht und scheint sich jetzt besonders dessen Leitung anvertrauen zu wollen.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 174. Augsburg, 22. Juni 1840, S. 1392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_174_18400622/8>, abgerufen am 23.11.2024.