Allgemeine Zeitung. Nr. 172. Augsburg, 20. Juni 1840.Anlaß dieses erfreulichen Ereignisses begaben sich Tags darauf sämmtliche osmanische Großwürdenträger in das Serail von Tschiragan, um Sr. Hoheit ihre Glückwünsche darzubringen. Die Kanonensalven, welche sich fünfmal des Tags wiederholen, so wie die öffentlichen Volksbelustigungen im Thale von Dolma Bagdsche, und die des Abends vor dem großherrlichen Palaste abgebrannten Feuerwerke werden durch sieben Tage fortdauern. - Der an Halil Pascha's Stelle zum Seraskier ernannte Mustafa Nuri Pascha ist am 1 l. M. auf einem türkischen Dampfboote in dieser Hauptstadt eingetroffen. - In Folge der in Serbien zwischen dem Fürsten und dem Volk entstandenen Differenzen hat sich die Pforte entschlossen, einen eigenen Commissär in der Person Musa Effendi's dahin abzusenden, welcher bereits Konstantinopel verlassen hat, um sich an seine Bestimmung zu begeben. - Die neueste türkische Zeitung enthält nichts, was besonders bemerkenswerth wäre. - Der Gesundheitszustand hier ist fortwährend befriedigend. Konstantinopel, 3 Jun. Endlich erschien in der Staatszeitung die officielle Kundmachung der Absetzung Halil Rifat Pascha's. Man glaubt, daß durch die Beweise, die man gegen die Treue des Pascha's geltend gemacht, dieser stark compromittirt worden sey, denn es war bereits der Todesspruch über ihn gefällt. Nur der Liebe der Sultanin Saliha, Gemahlin des abgesetzten Seriaskers, welche mit großer Energie ihren Mann vor dem Padischah vertrat, konnte seine Rettung gelingen. In der Absetzungsurkunde, die am 11 Mai dem Pascha zugefertigt wurde, soll der früher verhängten Todesstrafe und der darauf erfolgten Begnadigung keine Erwähnung geschehen, sondern einfach dessen Entsetzung ausgesprochen seyn. Ja der Sultan war am Ende, wie man versichert, in einiger Unentschlossenheit befangen, ob er überhaupt Halil Pascha entfernen soll oder nicht. Eine ähnliche Bewandtniß hat es jetzt mit Chosrew Pascha, der bis zu diesem Augenblick über seine Abdankung nichts Officielles in Händen hat. Die meisten Diplomaten, vorzüglich Hr. v. Butenieff, nehmen sich eifrig der Erhaltung dieses Mannes an der Spitze der Geschäfte an. Der außerordentliche Mangel an talentvollen Männern, sowie die Unzuverlässigkeit der gegen Chosrew erhobenen Beschuldigungen scheinen den Bemühungen seiner Freunde einigen Erfolg zu versprechen. Wien, 15 Jun. Handelsbriefe aus Konstantinopel bringen die Nachricht von der wirklich erfolgten Absetzung Chosrew Pascha's. Aegypten. Alexandria, 26 Mai. Es werden seit einigen Tagen im Geheimen Vorbereitungen getroffen, die auf baldige wichtige Begebenheiten deuten lassen. Die ägyptische Flotte wird nicht nur einen 6monatlichen Sold erhalten, sie nimmt auch Provisionen auf 6 Monate an Bord, woraus man schließen darf, daß sie den Hafen Alexandria's bald verlassen werde. Wohin sie aber gehen soll, darüber ist noch nichts im Publicum bekannt. Nach Syrien sind in kurzer Zeit schnell aufeinanderfolgende Couriere abgegangen, und man behauptet, daß die dorthin überbrachten Depeschen von hoher Wichtigkeit seyn sollen. Es wäre nicht zu verwundern, wenn Mehemed Ali, des status quo überdrüssig, die Sache endlich mit Gewalt zur Entscheidung brächte. Es scheint, daß das gestern von Konstantinopel angekommene, unter toscanischer Flagge segelnde Dampfschiff Hadschi-Baba ihm günstige Nachrichten überbrachte, nicht in dem Sinne einer baldigen Aussöhnung mit der Pforte, sondern in dem der großen Vermehrung seiner ohnehin schon zahlreichen Anhänger in der Türkei. Das Verhältniß zum Oberst Hodges wird täglich gespannter, wozu die Quarantänemaaßregeln ebenfalls beitragen. Erst heute fand ein solcher Fall statt, indem zwei an der Pest erkrankte Malteser, auf Hodges Befehl statt in das Pestlazareth in das gewöhnliche europäische Hospital gebracht wurden, worauf auf Befehl des Gouvernements dasselbe von Soldaten umzingelt und Niemand mehr herausgelassen ward. Man könnte eine solche Maaßregel, die alle im Hospital Befindlichen mit Gewalt in Quarantäne setzt, nicht begreifen, dürfte man nicht annehmen, daß eine jede Gelegenheit gut sey, einen Bruch herbeizuführen. Die Erklärung des Lords Palmerston in Betreff der vom Oberst Hodges den türkischen Officieren ertheilten Pässe wird als sehr feindselig betrachtet, und die geringe Hoffnung Mehemed Ali's, sich mit England zu verständigen, ist nun fast gänzlich verschwunden. - Die aus dem Westen angekommenen Beduinen lagern nicht mehr am Marabut, sondern nicht weit von den Ruinen des alten Römerschlosses, das einige Lieues westlich vom Marabut entfernt ist. Man hat sie dorthin zurückgezogen, um kein zu großes Aufsehen zu erregen. Aus Kairo erfahren wir, daß dort wieder eine Feuersbrunst ausgebrochen ist, und im Quartier von Esbekieh einige dreißig Häuser verzehrt habe; die Ursache derselben kennt man noch nicht, doch ist es wahrscheinlich, daß das Feuer angelegt war. Im Uebrigen ist es daselbst ruhig, die Nationalgarde ist completirt und exercirt täglich so wie in Alexandria. Reisende, die aus dem Sennaar kürzlich zurückkamen, bringen die Nachricht, daß der Weg durch die Wüste von Berber wieder frei ist. Der Schech Barraga, der ihn versperrte, ward von seinem Neffen in einem Gefecht erschlagen, worauf der ganze Stamm der Abade-Beduinen sich wieder dem Gouverneur des Sennaar unterwarf, und die bis dahin geraubten Schätze zurückerstattete. Der Herzog von Würtemberg ist von einer starken Bedeckung begleitet den weißen Fluß hinauf gegangen; man vermuthet ihn jetzt auf der Rückreise, da er schwerlich die gefährliche Regenzeit in Kordofan zubringen wird. Die Unruhen, die in einigen Dörfern des Horan ausbrachen, sind sehr unbedeutend gewesen, jedoch soll sich wieder viel verdächtiges Gesindel auf den Landstraßen zeigen und die Reisenden beunruhigen. Man sagt, daß die Mutualis im Bekaa sich wieder regen, doch sind die Nachrichten, die uns aus Syrien kommen, immer so ungewiß, verkehrt und häufig so gänzlich aus der Luft gegriffen, daß man sie nur mit großer Vorsicht aufnehmen darf, und lieber erst ihre Bestätigung abwarten muß, als sie sogleich weiter geben. Anlaß dieses erfreulichen Ereignisses begaben sich Tags darauf sämmtliche osmanische Großwürdenträger in das Serail von Tschiragan, um Sr. Hoheit ihre Glückwünsche darzubringen. Die Kanonensalven, welche sich fünfmal des Tags wiederholen, so wie die öffentlichen Volksbelustigungen im Thale von Dolma Bagdsche, und die des Abends vor dem großherrlichen Palaste abgebrannten Feuerwerke werden durch sieben Tage fortdauern. – Der an Halil Pascha's Stelle zum Seraskier ernannte Mustafa Nuri Pascha ist am 1 l. M. auf einem türkischen Dampfboote in dieser Hauptstadt eingetroffen. – In Folge der in Serbien zwischen dem Fürsten und dem Volk entstandenen Differenzen hat sich die Pforte entschlossen, einen eigenen Commissär in der Person Musa Effendi's dahin abzusenden, welcher bereits Konstantinopel verlassen hat, um sich an seine Bestimmung zu begeben. – Die neueste türkische Zeitung enthält nichts, was besonders bemerkenswerth wäre. – Der Gesundheitszustand hier ist fortwährend befriedigend. Konstantinopel, 3 Jun. Endlich erschien in der Staatszeitung die officielle Kundmachung der Absetzung Halil Rifat Pascha's. Man glaubt, daß durch die Beweise, die man gegen die Treue des Pascha's geltend gemacht, dieser stark compromittirt worden sey, denn es war bereits der Todesspruch über ihn gefällt. Nur der Liebe der Sultanin Saliha, Gemahlin des abgesetzten Seriaskers, welche mit großer Energie ihren Mann vor dem Padischah vertrat, konnte seine Rettung gelingen. In der Absetzungsurkunde, die am 11 Mai dem Pascha zugefertigt wurde, soll der früher verhängten Todesstrafe und der darauf erfolgten Begnadigung keine Erwähnung geschehen, sondern einfach dessen Entsetzung ausgesprochen seyn. Ja der Sultan war am Ende, wie man versichert, in einiger Unentschlossenheit befangen, ob er überhaupt Halil Pascha entfernen soll oder nicht. Eine ähnliche Bewandtniß hat es jetzt mit Chosrew Pascha, der bis zu diesem Augenblick über seine Abdankung nichts Officielles in Händen hat. Die meisten Diplomaten, vorzüglich Hr. v. Butenieff, nehmen sich eifrig der Erhaltung dieses Mannes an der Spitze der Geschäfte an. Der außerordentliche Mangel an talentvollen Männern, sowie die Unzuverlässigkeit der gegen Chosrew erhobenen Beschuldigungen scheinen den Bemühungen seiner Freunde einigen Erfolg zu versprechen. Wien, 15 Jun. Handelsbriefe aus Konstantinopel bringen die Nachricht von der wirklich erfolgten Absetzung Chosrew Pascha's. Aegypten. Alexandria, 26 Mai. Es werden seit einigen Tagen im Geheimen Vorbereitungen getroffen, die auf baldige wichtige Begebenheiten deuten lassen. Die ägyptische Flotte wird nicht nur einen 6monatlichen Sold erhalten, sie nimmt auch Provisionen auf 6 Monate an Bord, woraus man schließen darf, daß sie den Hafen Alexandria's bald verlassen werde. Wohin sie aber gehen soll, darüber ist noch nichts im Publicum bekannt. Nach Syrien sind in kurzer Zeit schnell aufeinanderfolgende Couriere abgegangen, und man behauptet, daß die dorthin überbrachten Depeschen von hoher Wichtigkeit seyn sollen. Es wäre nicht zu verwundern, wenn Mehemed Ali, des status quo überdrüssig, die Sache endlich mit Gewalt zur Entscheidung brächte. Es scheint, daß das gestern von Konstantinopel angekommene, unter toscanischer Flagge segelnde Dampfschiff Hadschi-Baba ihm günstige Nachrichten überbrachte, nicht in dem Sinne einer baldigen Aussöhnung mit der Pforte, sondern in dem der großen Vermehrung seiner ohnehin schon zahlreichen Anhänger in der Türkei. Das Verhältniß zum Oberst Hodges wird täglich gespannter, wozu die Quarantänemaaßregeln ebenfalls beitragen. Erst heute fand ein solcher Fall statt, indem zwei an der Pest erkrankte Malteser, auf Hodges Befehl statt in das Pestlazareth in das gewöhnliche europäische Hospital gebracht wurden, worauf auf Befehl des Gouvernements dasselbe von Soldaten umzingelt und Niemand mehr herausgelassen ward. Man könnte eine solche Maaßregel, die alle im Hospital Befindlichen mit Gewalt in Quarantäne setzt, nicht begreifen, dürfte man nicht annehmen, daß eine jede Gelegenheit gut sey, einen Bruch herbeizuführen. Die Erklärung des Lords Palmerston in Betreff der vom Oberst Hodges den türkischen Officieren ertheilten Pässe wird als sehr feindselig betrachtet, und die geringe Hoffnung Mehemed Ali's, sich mit England zu verständigen, ist nun fast gänzlich verschwunden. – Die aus dem Westen angekommenen Beduinen lagern nicht mehr am Marabut, sondern nicht weit von den Ruinen des alten Römerschlosses, das einige Lieues westlich vom Marabut entfernt ist. Man hat sie dorthin zurückgezogen, um kein zu großes Aufsehen zu erregen. Aus Kairo erfahren wir, daß dort wieder eine Feuersbrunst ausgebrochen ist, und im Quartier von Esbekieh einige dreißig Häuser verzehrt habe; die Ursache derselben kennt man noch nicht, doch ist es wahrscheinlich, daß das Feuer angelegt war. Im Uebrigen ist es daselbst ruhig, die Nationalgarde ist completirt und exercirt täglich so wie in Alexandria. Reisende, die aus dem Sennaar kürzlich zurückkamen, bringen die Nachricht, daß der Weg durch die Wüste von Berber wieder frei ist. Der Schech Barraga, der ihn versperrte, ward von seinem Neffen in einem Gefecht erschlagen, worauf der ganze Stamm der Abade-Beduinen sich wieder dem Gouverneur des Sennaar unterwarf, und die bis dahin geraubten Schätze zurückerstattete. Der Herzog von Würtemberg ist von einer starken Bedeckung begleitet den weißen Fluß hinauf gegangen; man vermuthet ihn jetzt auf der Rückreise, da er schwerlich die gefährliche Regenzeit in Kordofan zubringen wird. Die Unruhen, die in einigen Dörfern des Horan ausbrachen, sind sehr unbedeutend gewesen, jedoch soll sich wieder viel verdächtiges Gesindel auf den Landstraßen zeigen und die Reisenden beunruhigen. Man sagt, daß die Mutualis im Bekaa sich wieder regen, doch sind die Nachrichten, die uns aus Syrien kommen, immer so ungewiß, verkehrt und häufig so gänzlich aus der Luft gegriffen, daß man sie nur mit großer Vorsicht aufnehmen darf, und lieber erst ihre Bestätigung abwarten muß, als sie sogleich weiter geben. <TEI> <text> <body> <div type="jArticle" n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0008" n="1376"/> Anlaß dieses erfreulichen Ereignisses begaben sich Tags darauf sämmtliche osmanische Großwürdenträger in das Serail von Tschiragan, um Sr. Hoheit ihre Glückwünsche darzubringen. Die Kanonensalven, welche sich fünfmal des Tags wiederholen, so wie die öffentlichen Volksbelustigungen im Thale von Dolma Bagdsche, und die des Abends vor dem großherrlichen Palaste abgebrannten Feuerwerke werden durch sieben Tage fortdauern. – Der an Halil Pascha's Stelle zum Seraskier ernannte Mustafa Nuri Pascha ist am 1 l. M. auf einem türkischen Dampfboote in dieser Hauptstadt eingetroffen. – In Folge der in Serbien zwischen dem Fürsten und dem Volk entstandenen Differenzen hat sich die Pforte entschlossen, einen eigenen Commissär in der Person Musa Effendi's dahin abzusenden, welcher bereits Konstantinopel verlassen hat, um sich an seine Bestimmung zu begeben. – Die neueste türkische Zeitung enthält nichts, was besonders bemerkenswerth wäre. – Der Gesundheitszustand hier ist fortwährend befriedigend.</p> </div><lb/> <div n="2"> <byline> <gap reason="insignificant" unit="chars" quantity="1"/> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Konstantinopel,</hi> 3 Jun.</dateline> <p> Endlich erschien in der Staatszeitung die officielle Kundmachung der Absetzung Halil Rifat Pascha's. Man glaubt, daß durch die Beweise, die man gegen die Treue des Pascha's geltend gemacht, dieser stark compromittirt worden sey, denn es war bereits der Todesspruch über ihn gefällt. Nur der Liebe der Sultanin Saliha, Gemahlin des abgesetzten Seriaskers, welche mit großer Energie ihren Mann vor dem Padischah vertrat, konnte seine Rettung gelingen. In der Absetzungsurkunde, die am 11 Mai dem Pascha zugefertigt wurde, soll der früher verhängten Todesstrafe und der darauf erfolgten Begnadigung keine Erwähnung geschehen, sondern einfach dessen Entsetzung ausgesprochen seyn. Ja der Sultan war am Ende, wie man versichert, in einiger Unentschlossenheit befangen, ob er überhaupt Halil Pascha entfernen soll oder nicht. Eine ähnliche Bewandtniß hat es jetzt mit Chosrew Pascha, der bis zu diesem Augenblick über seine Abdankung nichts Officielles in Händen hat. Die meisten Diplomaten, vorzüglich Hr. v. Butenieff, nehmen sich eifrig der Erhaltung dieses Mannes an der Spitze der Geschäfte an. Der außerordentliche Mangel an talentvollen Männern, sowie die Unzuverlässigkeit der gegen Chosrew erhobenen Beschuldigungen scheinen den Bemühungen seiner Freunde einigen Erfolg zu versprechen.</p> </div><lb/> <div n="2"> <byline> <gap reason="insignificant" unit="chars" quantity="1"/> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Wien,</hi> 15 Jun.</dateline> <p> Handelsbriefe aus Konstantinopel bringen die Nachricht von der wirklich erfolgten Absetzung Chosrew Pascha's.</p><lb/> </div> </div> <div type="jArticle" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Aegypten.</hi> </head><lb/> <div n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Alexandria,</hi> 26 Mai.</dateline> <p> Es werden seit einigen Tagen im Geheimen Vorbereitungen getroffen, die auf baldige wichtige Begebenheiten deuten lassen. Die ägyptische Flotte wird nicht nur einen 6monatlichen Sold erhalten, sie nimmt auch Provisionen auf 6 Monate an Bord, woraus man schließen darf, daß sie den Hafen Alexandria's bald verlassen werde. Wohin sie aber gehen soll, darüber ist noch nichts im Publicum bekannt. Nach Syrien sind in kurzer Zeit schnell aufeinanderfolgende Couriere abgegangen, und man behauptet, daß die dorthin überbrachten Depeschen von hoher Wichtigkeit seyn sollen. Es wäre nicht zu verwundern, wenn Mehemed Ali, des status quo überdrüssig, die Sache endlich mit Gewalt zur Entscheidung brächte. Es scheint, daß das gestern von Konstantinopel angekommene, unter toscanischer Flagge segelnde Dampfschiff Hadschi-Baba ihm günstige Nachrichten überbrachte, nicht in dem Sinne einer baldigen Aussöhnung mit der Pforte, sondern in dem der großen Vermehrung seiner ohnehin schon zahlreichen Anhänger in der Türkei.</p><lb/> <p>Das Verhältniß zum Oberst Hodges wird täglich gespannter, wozu die Quarantänemaaßregeln ebenfalls beitragen. Erst heute fand ein solcher Fall statt, indem zwei an der Pest erkrankte Malteser, auf Hodges Befehl statt in das Pestlazareth in das gewöhnliche europäische Hospital gebracht wurden, worauf auf Befehl des Gouvernements dasselbe von Soldaten umzingelt und Niemand mehr herausgelassen ward. Man könnte eine solche Maaßregel, die alle im Hospital Befindlichen mit Gewalt in Quarantäne setzt, nicht begreifen, dürfte man nicht annehmen, daß eine jede Gelegenheit gut sey, einen Bruch herbeizuführen. Die Erklärung des Lords Palmerston in Betreff der vom Oberst Hodges den türkischen Officieren ertheilten Pässe wird als sehr feindselig betrachtet, und die geringe Hoffnung Mehemed Ali's, sich mit England zu verständigen, ist nun fast gänzlich verschwunden. – Die aus dem Westen angekommenen Beduinen lagern nicht mehr am Marabut, sondern nicht weit von den Ruinen des alten Römerschlosses, das einige Lieues westlich vom Marabut entfernt ist. Man hat sie dorthin zurückgezogen, um kein zu großes Aufsehen zu erregen. Aus Kairo erfahren wir, daß dort wieder eine Feuersbrunst ausgebrochen ist, und im Quartier von Esbekieh einige dreißig Häuser verzehrt habe; die Ursache derselben kennt man noch nicht, doch ist es wahrscheinlich, daß das Feuer angelegt war. Im Uebrigen ist es daselbst ruhig, die Nationalgarde ist completirt und exercirt täglich so wie in Alexandria.</p><lb/> <p>Reisende, die aus dem Sennaar kürzlich zurückkamen, bringen die Nachricht, daß der Weg durch die Wüste von Berber wieder frei ist. Der Schech Barraga, der ihn versperrte, ward von seinem Neffen in einem Gefecht erschlagen, worauf der ganze Stamm der Abade-Beduinen sich wieder dem Gouverneur des Sennaar unterwarf, und die bis dahin geraubten Schätze zurückerstattete.</p><lb/> <p>Der Herzog von Würtemberg ist von einer starken Bedeckung begleitet den weißen Fluß hinauf gegangen; man vermuthet ihn jetzt auf der Rückreise, da er schwerlich die gefährliche Regenzeit in Kordofan zubringen wird.</p><lb/> <p>Die Unruhen, die in einigen Dörfern des Horan ausbrachen, sind sehr unbedeutend gewesen, jedoch soll sich wieder viel verdächtiges Gesindel auf den Landstraßen zeigen und die Reisenden beunruhigen. Man sagt, daß die Mutualis im Bekaa sich wieder regen, doch sind die Nachrichten, die uns aus Syrien kommen, immer so ungewiß, verkehrt und häufig so gänzlich aus der Luft gegriffen, daß man sie nur mit großer Vorsicht aufnehmen darf, und lieber erst ihre Bestätigung abwarten muß, als sie sogleich weiter geben.</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [1376/0008]
Anlaß dieses erfreulichen Ereignisses begaben sich Tags darauf sämmtliche osmanische Großwürdenträger in das Serail von Tschiragan, um Sr. Hoheit ihre Glückwünsche darzubringen. Die Kanonensalven, welche sich fünfmal des Tags wiederholen, so wie die öffentlichen Volksbelustigungen im Thale von Dolma Bagdsche, und die des Abends vor dem großherrlichen Palaste abgebrannten Feuerwerke werden durch sieben Tage fortdauern. – Der an Halil Pascha's Stelle zum Seraskier ernannte Mustafa Nuri Pascha ist am 1 l. M. auf einem türkischen Dampfboote in dieser Hauptstadt eingetroffen. – In Folge der in Serbien zwischen dem Fürsten und dem Volk entstandenen Differenzen hat sich die Pforte entschlossen, einen eigenen Commissär in der Person Musa Effendi's dahin abzusenden, welcher bereits Konstantinopel verlassen hat, um sich an seine Bestimmung zu begeben. – Die neueste türkische Zeitung enthält nichts, was besonders bemerkenswerth wäre. – Der Gesundheitszustand hier ist fortwährend befriedigend.
_ Konstantinopel, 3 Jun. Endlich erschien in der Staatszeitung die officielle Kundmachung der Absetzung Halil Rifat Pascha's. Man glaubt, daß durch die Beweise, die man gegen die Treue des Pascha's geltend gemacht, dieser stark compromittirt worden sey, denn es war bereits der Todesspruch über ihn gefällt. Nur der Liebe der Sultanin Saliha, Gemahlin des abgesetzten Seriaskers, welche mit großer Energie ihren Mann vor dem Padischah vertrat, konnte seine Rettung gelingen. In der Absetzungsurkunde, die am 11 Mai dem Pascha zugefertigt wurde, soll der früher verhängten Todesstrafe und der darauf erfolgten Begnadigung keine Erwähnung geschehen, sondern einfach dessen Entsetzung ausgesprochen seyn. Ja der Sultan war am Ende, wie man versichert, in einiger Unentschlossenheit befangen, ob er überhaupt Halil Pascha entfernen soll oder nicht. Eine ähnliche Bewandtniß hat es jetzt mit Chosrew Pascha, der bis zu diesem Augenblick über seine Abdankung nichts Officielles in Händen hat. Die meisten Diplomaten, vorzüglich Hr. v. Butenieff, nehmen sich eifrig der Erhaltung dieses Mannes an der Spitze der Geschäfte an. Der außerordentliche Mangel an talentvollen Männern, sowie die Unzuverlässigkeit der gegen Chosrew erhobenen Beschuldigungen scheinen den Bemühungen seiner Freunde einigen Erfolg zu versprechen.
_ Wien, 15 Jun. Handelsbriefe aus Konstantinopel bringen die Nachricht von der wirklich erfolgten Absetzung Chosrew Pascha's.
Aegypten.
_ Alexandria, 26 Mai. Es werden seit einigen Tagen im Geheimen Vorbereitungen getroffen, die auf baldige wichtige Begebenheiten deuten lassen. Die ägyptische Flotte wird nicht nur einen 6monatlichen Sold erhalten, sie nimmt auch Provisionen auf 6 Monate an Bord, woraus man schließen darf, daß sie den Hafen Alexandria's bald verlassen werde. Wohin sie aber gehen soll, darüber ist noch nichts im Publicum bekannt. Nach Syrien sind in kurzer Zeit schnell aufeinanderfolgende Couriere abgegangen, und man behauptet, daß die dorthin überbrachten Depeschen von hoher Wichtigkeit seyn sollen. Es wäre nicht zu verwundern, wenn Mehemed Ali, des status quo überdrüssig, die Sache endlich mit Gewalt zur Entscheidung brächte. Es scheint, daß das gestern von Konstantinopel angekommene, unter toscanischer Flagge segelnde Dampfschiff Hadschi-Baba ihm günstige Nachrichten überbrachte, nicht in dem Sinne einer baldigen Aussöhnung mit der Pforte, sondern in dem der großen Vermehrung seiner ohnehin schon zahlreichen Anhänger in der Türkei.
Das Verhältniß zum Oberst Hodges wird täglich gespannter, wozu die Quarantänemaaßregeln ebenfalls beitragen. Erst heute fand ein solcher Fall statt, indem zwei an der Pest erkrankte Malteser, auf Hodges Befehl statt in das Pestlazareth in das gewöhnliche europäische Hospital gebracht wurden, worauf auf Befehl des Gouvernements dasselbe von Soldaten umzingelt und Niemand mehr herausgelassen ward. Man könnte eine solche Maaßregel, die alle im Hospital Befindlichen mit Gewalt in Quarantäne setzt, nicht begreifen, dürfte man nicht annehmen, daß eine jede Gelegenheit gut sey, einen Bruch herbeizuführen. Die Erklärung des Lords Palmerston in Betreff der vom Oberst Hodges den türkischen Officieren ertheilten Pässe wird als sehr feindselig betrachtet, und die geringe Hoffnung Mehemed Ali's, sich mit England zu verständigen, ist nun fast gänzlich verschwunden. – Die aus dem Westen angekommenen Beduinen lagern nicht mehr am Marabut, sondern nicht weit von den Ruinen des alten Römerschlosses, das einige Lieues westlich vom Marabut entfernt ist. Man hat sie dorthin zurückgezogen, um kein zu großes Aufsehen zu erregen. Aus Kairo erfahren wir, daß dort wieder eine Feuersbrunst ausgebrochen ist, und im Quartier von Esbekieh einige dreißig Häuser verzehrt habe; die Ursache derselben kennt man noch nicht, doch ist es wahrscheinlich, daß das Feuer angelegt war. Im Uebrigen ist es daselbst ruhig, die Nationalgarde ist completirt und exercirt täglich so wie in Alexandria.
Reisende, die aus dem Sennaar kürzlich zurückkamen, bringen die Nachricht, daß der Weg durch die Wüste von Berber wieder frei ist. Der Schech Barraga, der ihn versperrte, ward von seinem Neffen in einem Gefecht erschlagen, worauf der ganze Stamm der Abade-Beduinen sich wieder dem Gouverneur des Sennaar unterwarf, und die bis dahin geraubten Schätze zurückerstattete.
Der Herzog von Würtemberg ist von einer starken Bedeckung begleitet den weißen Fluß hinauf gegangen; man vermuthet ihn jetzt auf der Rückreise, da er schwerlich die gefährliche Regenzeit in Kordofan zubringen wird.
Die Unruhen, die in einigen Dörfern des Horan ausbrachen, sind sehr unbedeutend gewesen, jedoch soll sich wieder viel verdächtiges Gesindel auf den Landstraßen zeigen und die Reisenden beunruhigen. Man sagt, daß die Mutualis im Bekaa sich wieder regen, doch sind die Nachrichten, die uns aus Syrien kommen, immer so ungewiß, verkehrt und häufig so gänzlich aus der Luft gegriffen, daß man sie nur mit großer Vorsicht aufnehmen darf, und lieber erst ihre Bestätigung abwarten muß, als sie sogleich weiter geben.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-06-28T11:37:15Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-28T11:37:15Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (?): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |