Allgemeine Zeitung. Nr. 170. Augsburg, 18. Juni 1840.Europa's zu schämen, und wenn man erwägt, daß diese Verläugnung jedes bessern Gefühls heutzutage in einem Lande sich so oft erneuert, wo ein deutscher Kaiser als König von Ungarn herrscht, und in welchem mehr als zwei Drittel Deutsche, Slaven und Romanen (Wallachen) wohnen, so muß man diejenigen um so tiefer verachten, die ihre angeborne, durch die Landesverfassung garantirte Nationalität von sich werfen, um entweder aus schmutzigem Eigennutz oder aus schnödem Knechtsinne dem magyarischen Stolze zu fröhnen. Und dann wundert man sich noch, daß nach ähnlichen, täglich vorkommenden Beispielen von Selbstentwürdigung der Magyare alle andern Völker mit Geringschätzung betrachtet, und mit stupidem Hochmuth ausruft: "Toth nem ember," der Slave ist kein Mensch! - So lange sich diese Magyarisationswuth auf die Gränzen des eigentlichen Ungarns beschränkte, konnten die mit dem besagten Königreich verbündeten Nebenländer wohl dieses ungerechte Treiben in stiller Wehmuth beklagen, durften aber für ihre eigene Nationalität keine Besorgnisse hegen. Da jedoch in den letzten Januartagen des laufenden Jahres in einer gemischten Reichstagssitzung zu Preßburg ein Gesetzentwurf Sr. Maj. dem Kaiser und König unterbreitet wurde, vermöge welchem die magyarische Sprache für alle mit Ungarn verbündeten Länder als Gesetzes- und Landessprache in der Art proclamirt werden sollte, daß nach Verlauf von zehn Jahren Niemand, der dieser Sprache nicht mächtig seyn werde, in den erwähnten Nebenländern weder ein Meisterrecht erlangen, noch auf das Bürgerrecht Ansprüche machen könne, so erhält hiedurch das bisher zwischen Croatien und Slavonien einerseits und Ungarn andrerseits bestandene gesetzmäßige Verhältniß eine ganz andere Gestalt, und die Croaten und Slavonier können in den modernen Magyaren nicht mehr wie in den bisherigen biedern Ungarn, die mit ihnen unter dem milden Scepter eines und desselben gemeinsamen Landesvaters im unangefochtenen Genuß ihrer angestammten Nationalitäts- und Municipalitätsrechte seit Jahrhunderten in friedlicher Eintracht und gegenseitiger Achtung lebten, ihre Brüder anerkennen, sondern müssen sie nach den neuesten Vorgängen als ihre Unterdrücker betrachten, die ihnen das theuerste Erdengut auf die ungerechteste Art wegzunehmen entschlossen sind, um die drittehalb Millionen Magyaren zu einer sogenannten "grande nation" auf Kosten fremder Nationalitäten und Gerechtsame zu erheben. Auf die wohlbekannte Gerechtigkeitsliebe und Huld ihres allergnädigsten Monarchen vertrauend, hoffen die Croaten und Slavonier jedoch mit voller Zuversicht, daß sie dessen souveräne Macht gegen derlei empörende Attentate auf ihre Nationalität, die weit älter als die ungarische in Europa ist, in Schutz nehmen werde. *) Im Herbst des vergangenen Jahres ist bei dem ungarischen Landtage bei Gelegenheit der Debatten über die Einführung der magyarischen Sprache - auch sogar in den Militär-Gränzlanden - von einigen magyarischen Solonen der Opposition den croatischen und slavonischen Militärgränzen der sehr naive Vorwurf gemacht worden, daß sie ganz zu vergessen scheinen, wie auch sie ungarisch seyen. Es ist schwer, eine Sache zu vergessen, die nie war, und von der kein Illyrier bis jetzt etwas wußte. Wir verweisen die Magyaromanen, die diesen sonderbaren Antrag stellten, auf den im Jahr 1838 zu Agram im Druck erschienenen Aufruf "an Illyriens hochherzige Töchter" von einem unserer edelsten und wärmsten Vaterlandsfreunde, dem Grafen Janko Draskovich verfaßt, worin mit seltener historischer Treue der wahre Ursprung unserer Verbindung mit Ungarn durch unwidersprechliche Beweise constatirt, und geschichtlich nachgewiesen wird, daß nach der unglücklichen Tartarenschlacht am Sajo im Jahr 1241, wo ganz Ungarn durch die Mongolen erobert und entvölkert wurde, die Wiederherstellung dieses Reiches nur den croatischen, slavonischen und dalmatischen Illyriern verdankt werden muß, die den fliehenden König Bela IV auf dem illyrischen Boden unter die Obhut ihrer Waffen nahmen, und nach dem durch illyrisches Blut auf dem Grobniker Felde erfochtenen Sieg auf den verlornen Thron wieder einsetzten. Wir müssen ferner diesen magyarischen Eiferern ins Gedächtniß zurückrufen, daß Ungarns Stolz, der Leonidas des 16ten Jahrhunderts, Nicola Subich-Zrinski (Niclas Zrinyi), sammt seiner ganzen Sigether Heldenschaar dem illyrischen Volksstamm angehört. Die Croaten und Slavonier ehren hoch die biedere hochherzige ungarische Nation, und wünschen gewiß nichts herzlicher, als mit den Ungarn wie mit ihren Brüdern unter dem gemeinsamen Landesvater und Herrn in Eintracht und Heilighaltung der gegenseitigen Rechte wie bisher zu leben; aber unter Ungarn verstehen sie nicht den Magyarenstamm allein, sondern alle Volksstämme insgesammt, die dieses Königreich als gesetzliche Insassen bewohnen und lange vor dem Eindringen der Magyaren bewohnt haben. Für uns ist ein in dem eigentlichen Ungarn geborner oder gesetzlich naturalisirter Deutscher, Slave, Romane etc. eben so gut ein Ungar, als der Magyare selbst, und so sehr die Croaten und Slavonier die ungarische Nation mit allen ihren jetzigen Bestandtheilen hochschätzen, eben so sehr werden sie mit Gottes und ihres Monarchen Hülfe und Schutz an der von ihren Vätern ererbten Sprache, Nationalität und Gerechtsame mit aller Anhänglichkeit festhalten, und sich des gewaltsamen Aufdringens einer ihnen fremden Sprache alles Ernstes erwehren. Frankreich. Folgendes ist der vollständige Inhalt der Correspondenz zwischen General Bertrand und dem Grafen Survilliers in Betreff der Waffen Napoleons: I. "Paris 9 Mai 1840. Hr. Graf! Ich habe, wie ich bereits Ihnen anzuzeigen die Ehre hatte, Schritte gethan, um die von dem Kaiser ausgedrückten letzten Wünsche, die zugleich die Wünsche von ganz Frankreich geworden, zu erfüllen. Ich habe es als meine Pflicht angesehen, deren Vollzug zu besorgen. Wenn aber auch das Resultat nicht so günstig seyn sollte, als wir es wünschen müssen, so werden jedenfalls die Waffen Napoleons dem Gouverneur der Invaliden überliefert werden, und Sie werden in dem, was mir zu thun übrig bleibt, mein sehnliches Verlangen, Ihren Wünschen zu entsprechen, erkennen. Genehmigen Sie, Hr. Graf, meine Gefühle des Danks, der Ehrfurcht und erlauben Sie mir die Gefühle der aufrichtigen Anhänglichkeit beizufügen. (Unterz.) Bertrand." II. "Paris, 4 Junius. Hr. Graf! Nach der Vorlegung des Gesetzesentwurfs, die Abholung der sterblichen Reste des Kaisers betreffend, hat der König mir die Ehre erwiesen, mich zu empfangen. Ich habe Sr. Maj. gedankt, die letzten Wünsche des großen Napoleon erfüllt zu haben, und ihm gesagt, daß ich gesonnen sey, den Invaliden die Waffen des Kaisers im Namen seiner Verwandten und in meinem Namen zu überliefern. Der König antwortete mir, daß ihm dieses Anerbieten von meiner Seite natürlich erscheine, daß aber weder seine Minister noch er darein willigen könnten, daß jene Waffen den Invaliden im Namen der Familie des Kaisers überliefert *) Wir bemerken, daß diese Mittheilung geschrieben war, ehe der eben geschlossene Landtag zu Ende ging.
Europa's zu schämen, und wenn man erwägt, daß diese Verläugnung jedes bessern Gefühls heutzutage in einem Lande sich so oft erneuert, wo ein deutscher Kaiser als König von Ungarn herrscht, und in welchem mehr als zwei Drittel Deutsche, Slaven und Romanen (Wallachen) wohnen, so muß man diejenigen um so tiefer verachten, die ihre angeborne, durch die Landesverfassung garantirte Nationalität von sich werfen, um entweder aus schmutzigem Eigennutz oder aus schnödem Knechtsinne dem magyarischen Stolze zu fröhnen. Und dann wundert man sich noch, daß nach ähnlichen, täglich vorkommenden Beispielen von Selbstentwürdigung der Magyare alle andern Völker mit Geringschätzung betrachtet, und mit stupidem Hochmuth ausruft: „Toth nem ember,“ der Slave ist kein Mensch! – So lange sich diese Magyarisationswuth auf die Gränzen des eigentlichen Ungarns beschränkte, konnten die mit dem besagten Königreich verbündeten Nebenländer wohl dieses ungerechte Treiben in stiller Wehmuth beklagen, durften aber für ihre eigene Nationalität keine Besorgnisse hegen. Da jedoch in den letzten Januartagen des laufenden Jahres in einer gemischten Reichstagssitzung zu Preßburg ein Gesetzentwurf Sr. Maj. dem Kaiser und König unterbreitet wurde, vermöge welchem die magyarische Sprache für alle mit Ungarn verbündeten Länder als Gesetzes- und Landessprache in der Art proclamirt werden sollte, daß nach Verlauf von zehn Jahren Niemand, der dieser Sprache nicht mächtig seyn werde, in den erwähnten Nebenländern weder ein Meisterrecht erlangen, noch auf das Bürgerrecht Ansprüche machen könne, so erhält hiedurch das bisher zwischen Croatien und Slavonien einerseits und Ungarn andrerseits bestandene gesetzmäßige Verhältniß eine ganz andere Gestalt, und die Croaten und Slavonier können in den modernen Magyaren nicht mehr wie in den bisherigen biedern Ungarn, die mit ihnen unter dem milden Scepter eines und desselben gemeinsamen Landesvaters im unangefochtenen Genuß ihrer angestammten Nationalitäts- und Municipalitätsrechte seit Jahrhunderten in friedlicher Eintracht und gegenseitiger Achtung lebten, ihre Brüder anerkennen, sondern müssen sie nach den neuesten Vorgängen als ihre Unterdrücker betrachten, die ihnen das theuerste Erdengut auf die ungerechteste Art wegzunehmen entschlossen sind, um die drittehalb Millionen Magyaren zu einer sogenannten „grande nation“ auf Kosten fremder Nationalitäten und Gerechtsame zu erheben. Auf die wohlbekannte Gerechtigkeitsliebe und Huld ihres allergnädigsten Monarchen vertrauend, hoffen die Croaten und Slavonier jedoch mit voller Zuversicht, daß sie dessen souveräne Macht gegen derlei empörende Attentate auf ihre Nationalität, die weit älter als die ungarische in Europa ist, in Schutz nehmen werde. *) Im Herbst des vergangenen Jahres ist bei dem ungarischen Landtage bei Gelegenheit der Debatten über die Einführung der magyarischen Sprache – auch sogar in den Militär-Gränzlanden – von einigen magyarischen Solonen der Opposition den croatischen und slavonischen Militärgränzen der sehr naive Vorwurf gemacht worden, daß sie ganz zu vergessen scheinen, wie auch sie ungarisch seyen. Es ist schwer, eine Sache zu vergessen, die nie war, und von der kein Illyrier bis jetzt etwas wußte. Wir verweisen die Magyaromanen, die diesen sonderbaren Antrag stellten, auf den im Jahr 1838 zu Agram im Druck erschienenen Aufruf „an Illyriens hochherzige Töchter“ von einem unserer edelsten und wärmsten Vaterlandsfreunde, dem Grafen Janko Draskovich verfaßt, worin mit seltener historischer Treue der wahre Ursprung unserer Verbindung mit Ungarn durch unwidersprechliche Beweise constatirt, und geschichtlich nachgewiesen wird, daß nach der unglücklichen Tartarenschlacht am Sajo im Jahr 1241, wo ganz Ungarn durch die Mongolen erobert und entvölkert wurde, die Wiederherstellung dieses Reiches nur den croatischen, slavonischen und dalmatischen Illyriern verdankt werden muß, die den fliehenden König Bela IV auf dem illyrischen Boden unter die Obhut ihrer Waffen nahmen, und nach dem durch illyrisches Blut auf dem Grobniker Felde erfochtenen Sieg auf den verlornen Thron wieder einsetzten. Wir müssen ferner diesen magyarischen Eiferern ins Gedächtniß zurückrufen, daß Ungarns Stolz, der Leonidas des 16ten Jahrhunderts, Nicola Subich-Zrinski (Niclas Zrinyi), sammt seiner ganzen Sigether Heldenschaar dem illyrischen Volksstamm angehört. Die Croaten und Slavonier ehren hoch die biedere hochherzige ungarische Nation, und wünschen gewiß nichts herzlicher, als mit den Ungarn wie mit ihren Brüdern unter dem gemeinsamen Landesvater und Herrn in Eintracht und Heilighaltung der gegenseitigen Rechte wie bisher zu leben; aber unter Ungarn verstehen sie nicht den Magyarenstamm allein, sondern alle Volksstämme insgesammt, die dieses Königreich als gesetzliche Insassen bewohnen und lange vor dem Eindringen der Magyaren bewohnt haben. Für uns ist ein in dem eigentlichen Ungarn geborner oder gesetzlich naturalisirter Deutscher, Slave, Romane etc. eben so gut ein Ungar, als der Magyare selbst, und so sehr die Croaten und Slavonier die ungarische Nation mit allen ihren jetzigen Bestandtheilen hochschätzen, eben so sehr werden sie mit Gottes und ihres Monarchen Hülfe und Schutz an der von ihren Vätern ererbten Sprache, Nationalität und Gerechtsame mit aller Anhänglichkeit festhalten, und sich des gewaltsamen Aufdringens einer ihnen fremden Sprache alles Ernstes erwehren. Frankreich. Folgendes ist der vollständige Inhalt der Correspondenz zwischen General Bertrand und dem Grafen Survilliers in Betreff der Waffen Napoleons: I. „Paris 9 Mai 1840. Hr. Graf! Ich habe, wie ich bereits Ihnen anzuzeigen die Ehre hatte, Schritte gethan, um die von dem Kaiser ausgedrückten letzten Wünsche, die zugleich die Wünsche von ganz Frankreich geworden, zu erfüllen. Ich habe es als meine Pflicht angesehen, deren Vollzug zu besorgen. Wenn aber auch das Resultat nicht so günstig seyn sollte, als wir es wünschen müssen, so werden jedenfalls die Waffen Napoleons dem Gouverneur der Invaliden überliefert werden, und Sie werden in dem, was mir zu thun übrig bleibt, mein sehnliches Verlangen, Ihren Wünschen zu entsprechen, erkennen. Genehmigen Sie, Hr. Graf, meine Gefühle des Danks, der Ehrfurcht und erlauben Sie mir die Gefühle der aufrichtigen Anhänglichkeit beizufügen. (Unterz.) Bertrand.“ II. „Paris, 4 Junius. Hr. Graf! Nach der Vorlegung des Gesetzesentwurfs, die Abholung der sterblichen Reste des Kaisers betreffend, hat der König mir die Ehre erwiesen, mich zu empfangen. Ich habe Sr. Maj. gedankt, die letzten Wünsche des großen Napoleon erfüllt zu haben, und ihm gesagt, daß ich gesonnen sey, den Invaliden die Waffen des Kaisers im Namen seiner Verwandten und in meinem Namen zu überliefern. Der König antwortete mir, daß ihm dieses Anerbieten von meiner Seite natürlich erscheine, daß aber weder seine Minister noch er darein willigen könnten, daß jene Waffen den Invaliden im Namen der Familie des Kaisers überliefert *) Wir bemerken, daß diese Mittheilung geschrieben war, ehe der eben geschlossene Landtag zu Ende ging.
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Und dann wundert man sich noch, daß nach ähnlichen, täglich vorkommenden Beispielen von Selbstentwürdigung der Magyare alle andern Völker mit Geringschätzung betrachtet, und mit stupidem Hochmuth ausruft: „Toth nem ember,“ der Slave ist kein Mensch! – So lange sich diese Magyarisationswuth auf die Gränzen des eigentlichen Ungarns beschränkte, konnten die mit dem besagten Königreich verbündeten Nebenländer wohl dieses ungerechte Treiben in stiller Wehmuth beklagen, durften aber für ihre eigene Nationalität keine Besorgnisse hegen. Da jedoch in den letzten Januartagen des laufenden Jahres in einer gemischten Reichstagssitzung zu Preßburg ein Gesetzentwurf Sr. Maj. dem Kaiser und König unterbreitet wurde, vermöge welchem die magyarische Sprache für alle mit Ungarn verbündeten Länder als Gesetzes- und Landessprache in der Art proclamirt werden sollte, daß nach Verlauf von zehn Jahren Niemand, der dieser Sprache nicht mächtig seyn werde, in den erwähnten Nebenländern weder ein Meisterrecht erlangen, noch auf das Bürgerrecht Ansprüche machen könne, so erhält hiedurch das bisher zwischen Croatien und Slavonien einerseits und Ungarn andrerseits bestandene gesetzmäßige Verhältniß eine ganz andere Gestalt, und die Croaten und Slavonier können in den modernen Magyaren nicht mehr wie in den bisherigen biedern Ungarn, die mit ihnen unter dem milden Scepter eines und desselben gemeinsamen Landesvaters im unangefochtenen Genuß ihrer angestammten Nationalitäts- und Municipalitätsrechte seit Jahrhunderten in friedlicher Eintracht und gegenseitiger Achtung lebten, ihre Brüder anerkennen, sondern müssen sie nach den neuesten Vorgängen als ihre Unterdrücker betrachten, die ihnen das theuerste Erdengut auf die ungerechteste Art wegzunehmen entschlossen sind, um die drittehalb Millionen Magyaren zu einer sogenannten „grande nation“ auf Kosten fremder Nationalitäten und Gerechtsame zu erheben. Auf die wohlbekannte Gerechtigkeitsliebe und Huld ihres allergnädigsten Monarchen vertrauend, hoffen die Croaten und Slavonier jedoch mit voller Zuversicht, daß sie dessen souveräne Macht gegen derlei empörende Attentate auf ihre Nationalität, die weit älter als die ungarische in Europa ist, in Schutz nehmen werde. <note place="foot" n="*)"><p>Wir bemerken, daß diese Mittheilung geschrieben war, ehe der eben geschlossene Landtag zu Ende ging.</p></note></p><lb/> <p>Im Herbst des vergangenen Jahres ist bei dem ungarischen Landtage bei Gelegenheit der Debatten über die Einführung der magyarischen Sprache – auch sogar in den Militär-Gränzlanden – von einigen magyarischen Solonen der Opposition den croatischen und slavonischen Militärgränzen der sehr naive Vorwurf gemacht worden, daß sie ganz zu vergessen scheinen, wie auch sie ungarisch seyen. Es ist schwer, eine Sache zu vergessen, die nie war, und von der kein Illyrier bis jetzt etwas wußte. Wir verweisen die Magyaromanen, die diesen sonderbaren Antrag stellten, auf den im Jahr 1838 zu Agram im Druck erschienenen Aufruf „an Illyriens hochherzige Töchter“ von einem unserer edelsten und wärmsten Vaterlandsfreunde, dem Grafen Janko Draskovich verfaßt, worin mit seltener historischer Treue der wahre Ursprung unserer Verbindung mit Ungarn durch unwidersprechliche Beweise constatirt, und geschichtlich nachgewiesen wird, daß nach der unglücklichen Tartarenschlacht am Sajo im Jahr 1241, wo ganz Ungarn durch die Mongolen erobert und entvölkert wurde, die Wiederherstellung dieses Reiches nur den croatischen, slavonischen und dalmatischen Illyriern verdankt werden muß, die den fliehenden König Bela IV auf dem illyrischen Boden unter die Obhut ihrer Waffen nahmen, und nach dem durch illyrisches Blut auf dem Grobniker Felde erfochtenen Sieg auf den verlornen Thron wieder einsetzten. 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Ich habe Sr. Maj. gedankt, die letzten Wünsche des großen Napoleon erfüllt zu haben, und ihm gesagt, daß ich gesonnen sey, den Invaliden die Waffen des Kaisers im Namen seiner Verwandten und in meinem Namen zu überliefern. Der König antwortete mir, daß ihm dieses Anerbieten von meiner Seite natürlich erscheine, daß aber weder seine Minister noch er darein willigen könnten, daß jene Waffen den Invaliden im Namen der Familie des Kaisers überliefert<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [1356/0012]
Europa's zu schämen, und wenn man erwägt, daß diese Verläugnung jedes bessern Gefühls heutzutage in einem Lande sich so oft erneuert, wo ein deutscher Kaiser als König von Ungarn herrscht, und in welchem mehr als zwei Drittel Deutsche, Slaven und Romanen (Wallachen) wohnen, so muß man diejenigen um so tiefer verachten, die ihre angeborne, durch die Landesverfassung garantirte Nationalität von sich werfen, um entweder aus schmutzigem Eigennutz oder aus schnödem Knechtsinne dem magyarischen Stolze zu fröhnen. Und dann wundert man sich noch, daß nach ähnlichen, täglich vorkommenden Beispielen von Selbstentwürdigung der Magyare alle andern Völker mit Geringschätzung betrachtet, und mit stupidem Hochmuth ausruft: „Toth nem ember,“ der Slave ist kein Mensch! – So lange sich diese Magyarisationswuth auf die Gränzen des eigentlichen Ungarns beschränkte, konnten die mit dem besagten Königreich verbündeten Nebenländer wohl dieses ungerechte Treiben in stiller Wehmuth beklagen, durften aber für ihre eigene Nationalität keine Besorgnisse hegen. Da jedoch in den letzten Januartagen des laufenden Jahres in einer gemischten Reichstagssitzung zu Preßburg ein Gesetzentwurf Sr. Maj. dem Kaiser und König unterbreitet wurde, vermöge welchem die magyarische Sprache für alle mit Ungarn verbündeten Länder als Gesetzes- und Landessprache in der Art proclamirt werden sollte, daß nach Verlauf von zehn Jahren Niemand, der dieser Sprache nicht mächtig seyn werde, in den erwähnten Nebenländern weder ein Meisterrecht erlangen, noch auf das Bürgerrecht Ansprüche machen könne, so erhält hiedurch das bisher zwischen Croatien und Slavonien einerseits und Ungarn andrerseits bestandene gesetzmäßige Verhältniß eine ganz andere Gestalt, und die Croaten und Slavonier können in den modernen Magyaren nicht mehr wie in den bisherigen biedern Ungarn, die mit ihnen unter dem milden Scepter eines und desselben gemeinsamen Landesvaters im unangefochtenen Genuß ihrer angestammten Nationalitäts- und Municipalitätsrechte seit Jahrhunderten in friedlicher Eintracht und gegenseitiger Achtung lebten, ihre Brüder anerkennen, sondern müssen sie nach den neuesten Vorgängen als ihre Unterdrücker betrachten, die ihnen das theuerste Erdengut auf die ungerechteste Art wegzunehmen entschlossen sind, um die drittehalb Millionen Magyaren zu einer sogenannten „grande nation“ auf Kosten fremder Nationalitäten und Gerechtsame zu erheben. Auf die wohlbekannte Gerechtigkeitsliebe und Huld ihres allergnädigsten Monarchen vertrauend, hoffen die Croaten und Slavonier jedoch mit voller Zuversicht, daß sie dessen souveräne Macht gegen derlei empörende Attentate auf ihre Nationalität, die weit älter als die ungarische in Europa ist, in Schutz nehmen werde. *)
Im Herbst des vergangenen Jahres ist bei dem ungarischen Landtage bei Gelegenheit der Debatten über die Einführung der magyarischen Sprache – auch sogar in den Militär-Gränzlanden – von einigen magyarischen Solonen der Opposition den croatischen und slavonischen Militärgränzen der sehr naive Vorwurf gemacht worden, daß sie ganz zu vergessen scheinen, wie auch sie ungarisch seyen. Es ist schwer, eine Sache zu vergessen, die nie war, und von der kein Illyrier bis jetzt etwas wußte. Wir verweisen die Magyaromanen, die diesen sonderbaren Antrag stellten, auf den im Jahr 1838 zu Agram im Druck erschienenen Aufruf „an Illyriens hochherzige Töchter“ von einem unserer edelsten und wärmsten Vaterlandsfreunde, dem Grafen Janko Draskovich verfaßt, worin mit seltener historischer Treue der wahre Ursprung unserer Verbindung mit Ungarn durch unwidersprechliche Beweise constatirt, und geschichtlich nachgewiesen wird, daß nach der unglücklichen Tartarenschlacht am Sajo im Jahr 1241, wo ganz Ungarn durch die Mongolen erobert und entvölkert wurde, die Wiederherstellung dieses Reiches nur den croatischen, slavonischen und dalmatischen Illyriern verdankt werden muß, die den fliehenden König Bela IV auf dem illyrischen Boden unter die Obhut ihrer Waffen nahmen, und nach dem durch illyrisches Blut auf dem Grobniker Felde erfochtenen Sieg auf den verlornen Thron wieder einsetzten. Wir müssen ferner diesen magyarischen Eiferern ins Gedächtniß zurückrufen, daß Ungarns Stolz, der Leonidas des 16ten Jahrhunderts, Nicola Subich-Zrinski (Niclas Zrinyi), sammt seiner ganzen Sigether Heldenschaar dem illyrischen Volksstamm angehört.
Die Croaten und Slavonier ehren hoch die biedere hochherzige ungarische Nation, und wünschen gewiß nichts herzlicher, als mit den Ungarn wie mit ihren Brüdern unter dem gemeinsamen Landesvater und Herrn in Eintracht und Heilighaltung der gegenseitigen Rechte wie bisher zu leben; aber unter Ungarn verstehen sie nicht den Magyarenstamm allein, sondern alle Volksstämme insgesammt, die dieses Königreich als gesetzliche Insassen bewohnen und lange vor dem Eindringen der Magyaren bewohnt haben. Für uns ist ein in dem eigentlichen Ungarn geborner oder gesetzlich naturalisirter Deutscher, Slave, Romane etc. eben so gut ein Ungar, als der Magyare selbst, und so sehr die Croaten und Slavonier die ungarische Nation mit allen ihren jetzigen Bestandtheilen hochschätzen, eben so sehr werden sie mit Gottes und ihres Monarchen Hülfe und Schutz an der von ihren Vätern ererbten Sprache, Nationalität und Gerechtsame mit aller Anhänglichkeit festhalten, und sich des gewaltsamen Aufdringens einer ihnen fremden Sprache alles Ernstes erwehren.
Frankreich.
Folgendes ist der vollständige Inhalt der Correspondenz zwischen General Bertrand und dem Grafen Survilliers in Betreff der Waffen Napoleons: I. „Paris 9 Mai 1840. Hr. Graf! Ich habe, wie ich bereits Ihnen anzuzeigen die Ehre hatte, Schritte gethan, um die von dem Kaiser ausgedrückten letzten Wünsche, die zugleich die Wünsche von ganz Frankreich geworden, zu erfüllen. Ich habe es als meine Pflicht angesehen, deren Vollzug zu besorgen. Wenn aber auch das Resultat nicht so günstig seyn sollte, als wir es wünschen müssen, so werden jedenfalls die Waffen Napoleons dem Gouverneur der Invaliden überliefert werden, und Sie werden in dem, was mir zu thun übrig bleibt, mein sehnliches Verlangen, Ihren Wünschen zu entsprechen, erkennen. Genehmigen Sie, Hr. Graf, meine Gefühle des Danks, der Ehrfurcht und erlauben Sie mir die Gefühle der aufrichtigen Anhänglichkeit beizufügen. (Unterz.) Bertrand.“
II. „Paris, 4 Junius. Hr. Graf! Nach der Vorlegung des Gesetzesentwurfs, die Abholung der sterblichen Reste des Kaisers betreffend, hat der König mir die Ehre erwiesen, mich zu empfangen. Ich habe Sr. Maj. gedankt, die letzten Wünsche des großen Napoleon erfüllt zu haben, und ihm gesagt, daß ich gesonnen sey, den Invaliden die Waffen des Kaisers im Namen seiner Verwandten und in meinem Namen zu überliefern. Der König antwortete mir, daß ihm dieses Anerbieten von meiner Seite natürlich erscheine, daß aber weder seine Minister noch er darein willigen könnten, daß jene Waffen den Invaliden im Namen der Familie des Kaisers überliefert
*) Wir bemerken, daß diese Mittheilung geschrieben war, ehe der eben geschlossene Landtag zu Ende ging.
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-28T11:37:15Z)
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