Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 165. Augsburg, 13. Juni 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

rasch hinter einander ertheilter Ausgabenbewilligungen, theils für die Colonien, theils für Irland, letztere begreifend alle die sogenannten Irish miscellaneous estimates. Erst nach Abschluß derselben trat der Hauptsecretär für Irland, Viscount Morpeth, unter allgemeinem Gelächter in das Haus, und Oberst Sibthorp behauptete, daß er bloß aus höflicher Rücksicht auf die Abwesenheit des edlen Lords sich enthalten habe, eine Herabsetzung seines Gehalts von 5500 Pfd. auf 4000 Pfd. zu beantragen. Auch Hr. Sergeant Jackson, der auf fünf Minuten hinausgegangen war, wunderte sich bei seinem Wiedereintreten, daß in dieser kurzen Zeit bis auf 300,000 Pfd. (für Irland) weggestimmt worden seyen; er werde die Gelegenheit bei Vorlegung des Berichts ergreifen, um gegen die 60,000 Pf. für Erziehung zu stimmen. - Das Haus trat dann noch einmal zusammen, um Bericht zu empfangen über die Uebersiedlungsbill.

Frankreich.

Wegen des Pfingstfestes sind am 8 Jun. außer dem National, dem Courrier francais, dem Constitutionnel und Galignani's Messenger keine Journale erschienen.

Aus der Sitzung der Pairskammer vom 5 Jun. tragen wir folgende Stellen aus Graf Caffarelli's Commissionsbericht über das Gesetz zur Abholung der sterblichen Reste Napoleons nach: "England hat dem Gesuch der französischen Regierung mit edlem Eifer entsprochen. Ihre Commission gesellt sich den von England ausgedrückten Wünschen, dadurch frühern Nationalgroll bis auf die letzte Spur verwischt zu sehen, bei. Meine Herren, das französische Volk ist von einem Gefühle der Bewunderung für den erlauchten Souverän, für den weisen und erleuchteten Gesetzgeber, für den großen Feldherrn, für den geschickten Administrator durchdrungen, der einer langen und blutigen Anarchie ein Ende machte, der die Herrschaft der Justiz und die Finanzen des Staats wieder herstellte, eine starke und gemäßigte Verwaltung schuf, die lange mißkannte Religion im Lande wieder aufrichtete, den Ruhm unserer Waffen zur höchsten Stufe erhob, der endlich über Alles das Glück und die Größe des Volks wollte, aus dessen Reihen hervorgegangen zu seyn er sich zur Ehre rechnete... Ihre Commission hat von einer an die Kammer durch die Einwohner von St. Denis gelangten Petition Kenntniß genommen, die Reste des Kaisers in der k. Gruft von St. Denis beizusetzen; sie war aber nicht gesonnen, dem Regierungsentwurf ein Amendement beizufügen. Inzwischen stieß doch in ihrer Mitte die Wahl der Invalidenkirche auf einige Einwürfe, die aber keinen förmlichen Vorschlag veranlaßten. Indem wir Ihnen einstimmig vorschlagen, dem Regierungsentwurfe beizutreten, haben wir es für überflüssig gehalten, an alles das zu erinnern, was der Kaiser Napoleon für das Glück und den Ruhm des französischen Volks gethan hat; das Andenken daran ist in diesen Mauern noch gegenwärtig, wo so viele Zeugen seines Ruhms und Gefährten seiner Arbeiten sitzen."

In der Sitzung der Deputirtenkammer vom 6 Jun. glaubte bei Berathung des Budgets des Kriegsministeriums Hr. v. Mornay die Aufmerksamkeit der Regierung auf die Vorgänge in Afrika ziehen zu müssen, damit Menschen und Geld nicht länger mehr unnütz verschwendet werden. Denn trotz der glänzenden Waffenthaten fürchtet er, man müsse bald wieder von vorn anfangen. Bei dem 7 Capitel "Sold und Unterhaltung der Truppen in Nordafrika," 18,494,436 Fr., schlägt General Bugeaud als Amendement 20 Millionen vor, um die Kosten zu Errichtung von Legionen aus den Colonisten Algiers zu decken. Er versucht zuerst mit einigen Worten den Vertrag an der Tafna zu rechtfertigen, da ihm vorgeworfen worden sey, daß er den jetzigen Krieg hervorgerufen, weil er ihn damals nicht beendigt habe. Damals habe er sich an den Willen der Kammer, an den Willen des Conseilpräsidenten gehalten, der eine beschränkte Besetzung Afrika's angerathen habe. Der eigentliche Krieg von Frankreich aus könne nur in vorübergehenden Kriegszügen bestehen; selbst bei allen siegreichen Feldzügen würden einzelne unruhige Stämme bleiben, die nur durch eine Bewaffnung der Colonisten selbst im Zaume gehalten werden könnten. Die Armee sey nie nach der Zahl zu berechnen, sondern nach ihrem moralischen Gehalte. In Afrika könne sich aber keine feste Kerntruppe bilden, da sie entweder vom Feinde oder Krankheiten aufgerieben würden, oder wieder nach Hause zurückkehrten. Mit 60 bis 80,000 Mann, wie sie jetzt in Afrika stehen, wolle er Frankreichs Einfluß über Europa entscheiden, doch müßten sie frei seyn von allen Nachzüglern, Fricoteurs, wie sie zu Napoleons Zeit geheißen (Gelächter.) Im Jahr 1813 sey Napoleon nur deßhalb unterlegen, weil in seiner Armee von 400,000 Mann, 60 bis 80,000 Fricoteurs, d. h. Soldaten gewesen seyen, die stets die Bratpfanne in Händen gehabt hätten. Afrika sey nur für Officiere eine gute Schule. "Doch das kann der Zweck der Colonie nicht seyn. Dieser ist die Colonisation des Landes und zwar so schleunig als möglich. Mit zwei Colonisten-Legionen kann man eine gleiche Anzahl Truppen nach und nach herausziehen, und mit der Zeit wird das Land eine starke, kriegerische Bevölkerung haben, die sich gegen Angriffe von Innen und Außen vertheidigen kann." - Hr. Thiers, Präsident des Conseils: General Bugeaud hat den Vertrag der Tafna vertheidigt, ich habe ihn nicht angegriffen, im Gegentheil habe ich gesagt, daß er vom Augenblick geboten worden sey, denn damals warf man der Regierung vor, ohne Zweck den Krieg zu führen, was eben jenen Vergleich zur Folge hatte. Dessenungeachtet ist er in seinen Folgen verhängnißvoll geworden, denn während Marschall Clauzel in jener Zeit den Atlas mit 4000 Mann übersteigen konnte, hat es jetzt der heroischen Anstrengung von einer drei- bis viermal größern und kriegsgeübten Macht bedurft, um dasselbe Ziel zu erreichen - denn wir haben Abd-El-Kader Zeit gelassen, sich zu befestigen und eine Armee zu schaffen. Man merke wohl, ich tadle Niemand; ich sage sogar, wäre ich damals Minister gewesen, hätte ich vielleicht ebenfalls dem allgemeinen Willen nachgegeben, wenn auch meine Meinung gegen den Frieden gewesen wäre. Der Fehler ist geschehen; um ihn zu verbessern, um zu verhindern, daß er wieder eintrete, müssen wir den Feind besiegen, entwaffnen, ihn zwingen, Fremde neben sich zu leiden. (Sehr gut! sehr gut!) So lange wir durch einen glücklichen Krieg die Araber nicht unterworfen haben, können wir keine Sicherheit in Afrika hoffen. Hr. Bugeaud sprach von einem unglücklichen Kriege und dachte dabei daran, daß er ohne Resultat sey. Aber im Interesse Frankreichs dem Auslande gegenüber können wir von einem unglücklichen Kriege nicht sprechen, wenn unsere Armee auf allen Schlachtfeldern siegreich ist, wenn die Gefechte überall heroische Thaten hervorrufen. Alle Officiere, die Zeugen dieser Gefechte gewesen und mit denen ich gesprochen, sind voll von Bewunderung für die Tapferkeit, das Talent, die Seelengröße, den Muth und die Ausdauer, die unsere Armee überall bewiesen. Das ist das unverdächtige Urtheil von Fremden. Unsere Officiere verbinden mit gleicher Tapferkeit eine Bildung, wie sie vor 30 Jahren nicht gefunden wurde. Wenn man sagt, Afrika sey unsere Schwäche, so irrt man, Afrika ist unsere Stärke. Schon das Schauspiel fortdauernden Heroismus, das wir der Welt geben, erhebt uns in ihren Augen. Es zeigt,

rasch hinter einander ertheilter Ausgabenbewilligungen, theils für die Colonien, theils für Irland, letztere begreifend alle die sogenannten Irish miscellaneous estimates. Erst nach Abschluß derselben trat der Hauptsecretär für Irland, Viscount Morpeth, unter allgemeinem Gelächter in das Haus, und Oberst Sibthorp behauptete, daß er bloß aus höflicher Rücksicht auf die Abwesenheit des edlen Lords sich enthalten habe, eine Herabsetzung seines Gehalts von 5500 Pfd. auf 4000 Pfd. zu beantragen. Auch Hr. Sergeant Jackson, der auf fünf Minuten hinausgegangen war, wunderte sich bei seinem Wiedereintreten, daß in dieser kurzen Zeit bis auf 300,000 Pfd. (für Irland) weggestimmt worden seyen; er werde die Gelegenheit bei Vorlegung des Berichts ergreifen, um gegen die 60,000 Pf. für Erziehung zu stimmen. – Das Haus trat dann noch einmal zusammen, um Bericht zu empfangen über die Uebersiedlungsbill.

Frankreich.

Wegen des Pfingstfestes sind am 8 Jun. außer dem National, dem Courrier français, dem Constitutionnel und Galignani's Messenger keine Journale erschienen.

Aus der Sitzung der Pairskammer vom 5 Jun. tragen wir folgende Stellen aus Graf Caffarelli's Commissionsbericht über das Gesetz zur Abholung der sterblichen Reste Napoleons nach: „England hat dem Gesuch der französischen Regierung mit edlem Eifer entsprochen. Ihre Commission gesellt sich den von England ausgedrückten Wünschen, dadurch frühern Nationalgroll bis auf die letzte Spur verwischt zu sehen, bei. Meine Herren, das französische Volk ist von einem Gefühle der Bewunderung für den erlauchten Souverän, für den weisen und erleuchteten Gesetzgeber, für den großen Feldherrn, für den geschickten Administrator durchdrungen, der einer langen und blutigen Anarchie ein Ende machte, der die Herrschaft der Justiz und die Finanzen des Staats wieder herstellte, eine starke und gemäßigte Verwaltung schuf, die lange mißkannte Religion im Lande wieder aufrichtete, den Ruhm unserer Waffen zur höchsten Stufe erhob, der endlich über Alles das Glück und die Größe des Volks wollte, aus dessen Reihen hervorgegangen zu seyn er sich zur Ehre rechnete... Ihre Commission hat von einer an die Kammer durch die Einwohner von St. Denis gelangten Petition Kenntniß genommen, die Reste des Kaisers in der k. Gruft von St. Denis beizusetzen; sie war aber nicht gesonnen, dem Regierungsentwurf ein Amendement beizufügen. Inzwischen stieß doch in ihrer Mitte die Wahl der Invalidenkirche auf einige Einwürfe, die aber keinen förmlichen Vorschlag veranlaßten. Indem wir Ihnen einstimmig vorschlagen, dem Regierungsentwurfe beizutreten, haben wir es für überflüssig gehalten, an alles das zu erinnern, was der Kaiser Napoleon für das Glück und den Ruhm des französischen Volks gethan hat; das Andenken daran ist in diesen Mauern noch gegenwärtig, wo so viele Zeugen seines Ruhms und Gefährten seiner Arbeiten sitzen.“

In der Sitzung der Deputirtenkammer vom 6 Jun. glaubte bei Berathung des Budgets des Kriegsministeriums Hr. v. Mornay die Aufmerksamkeit der Regierung auf die Vorgänge in Afrika ziehen zu müssen, damit Menschen und Geld nicht länger mehr unnütz verschwendet werden. Denn trotz der glänzenden Waffenthaten fürchtet er, man müsse bald wieder von vorn anfangen. Bei dem 7 Capitel „Sold und Unterhaltung der Truppen in Nordafrika,“ 18,494,436 Fr., schlägt General Bugeaud als Amendement 20 Millionen vor, um die Kosten zu Errichtung von Legionen aus den Colonisten Algiers zu decken. Er versucht zuerst mit einigen Worten den Vertrag an der Tafna zu rechtfertigen, da ihm vorgeworfen worden sey, daß er den jetzigen Krieg hervorgerufen, weil er ihn damals nicht beendigt habe. Damals habe er sich an den Willen der Kammer, an den Willen des Conseilpräsidenten gehalten, der eine beschränkte Besetzung Afrika's angerathen habe. Der eigentliche Krieg von Frankreich aus könne nur in vorübergehenden Kriegszügen bestehen; selbst bei allen siegreichen Feldzügen würden einzelne unruhige Stämme bleiben, die nur durch eine Bewaffnung der Colonisten selbst im Zaume gehalten werden könnten. Die Armee sey nie nach der Zahl zu berechnen, sondern nach ihrem moralischen Gehalte. In Afrika könne sich aber keine feste Kerntruppe bilden, da sie entweder vom Feinde oder Krankheiten aufgerieben würden, oder wieder nach Hause zurückkehrten. Mit 60 bis 80,000 Mann, wie sie jetzt in Afrika stehen, wolle er Frankreichs Einfluß über Europa entscheiden, doch müßten sie frei seyn von allen Nachzüglern, Fricoteurs, wie sie zu Napoleons Zeit geheißen (Gelächter.) Im Jahr 1813 sey Napoleon nur deßhalb unterlegen, weil in seiner Armee von 400,000 Mann, 60 bis 80,000 Fricoteurs, d. h. Soldaten gewesen seyen, die stets die Bratpfanne in Händen gehabt hätten. Afrika sey nur für Officiere eine gute Schule. „Doch das kann der Zweck der Colonie nicht seyn. Dieser ist die Colonisation des Landes und zwar so schleunig als möglich. Mit zwei Colonisten-Legionen kann man eine gleiche Anzahl Truppen nach und nach herausziehen, und mit der Zeit wird das Land eine starke, kriegerische Bevölkerung haben, die sich gegen Angriffe von Innen und Außen vertheidigen kann.“ – Hr. Thiers, Präsident des Conseils: General Bugeaud hat den Vertrag der Tafna vertheidigt, ich habe ihn nicht angegriffen, im Gegentheil habe ich gesagt, daß er vom Augenblick geboten worden sey, denn damals warf man der Regierung vor, ohne Zweck den Krieg zu führen, was eben jenen Vergleich zur Folge hatte. Dessenungeachtet ist er in seinen Folgen verhängnißvoll geworden, denn während Marschall Clauzel in jener Zeit den Atlas mit 4000 Mann übersteigen konnte, hat es jetzt der heroischen Anstrengung von einer drei- bis viermal größern und kriegsgeübten Macht bedurft, um dasselbe Ziel zu erreichen – denn wir haben Abd-El-Kader Zeit gelassen, sich zu befestigen und eine Armee zu schaffen. Man merke wohl, ich tadle Niemand; ich sage sogar, wäre ich damals Minister gewesen, hätte ich vielleicht ebenfalls dem allgemeinen Willen nachgegeben, wenn auch meine Meinung gegen den Frieden gewesen wäre. Der Fehler ist geschehen; um ihn zu verbessern, um zu verhindern, daß er wieder eintrete, müssen wir den Feind besiegen, entwaffnen, ihn zwingen, Fremde neben sich zu leiden. (Sehr gut! sehr gut!) So lange wir durch einen glücklichen Krieg die Araber nicht unterworfen haben, können wir keine Sicherheit in Afrika hoffen. Hr. Bugeaud sprach von einem unglücklichen Kriege und dachte dabei daran, daß er ohne Resultat sey. Aber im Interesse Frankreichs dem Auslande gegenüber können wir von einem unglücklichen Kriege nicht sprechen, wenn unsere Armee auf allen Schlachtfeldern siegreich ist, wenn die Gefechte überall heroische Thaten hervorrufen. Alle Officiere, die Zeugen dieser Gefechte gewesen und mit denen ich gesprochen, sind voll von Bewunderung für die Tapferkeit, das Talent, die Seelengröße, den Muth und die Ausdauer, die unsere Armee überall bewiesen. Das ist das unverdächtige Urtheil von Fremden. Unsere Officiere verbinden mit gleicher Tapferkeit eine Bildung, wie sie vor 30 Jahren nicht gefunden wurde. Wenn man sagt, Afrika sey unsere Schwäche, so irrt man, Afrika ist unsere Stärke. Schon das Schauspiel fortdauernden Heroismus, das wir der Welt geben, erhebt uns in ihren Augen. Es zeigt,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0002" n="1314"/>
rasch hinter einander ertheilter Ausgabenbewilligungen, theils für die Colonien, theils für Irland, letztere begreifend alle die sogenannten Irish miscellaneous estimates. Erst nach Abschluß derselben trat der Hauptsecretär für Irland, Viscount Morpeth, unter allgemeinem Gelächter in das Haus, und Oberst Sibthorp behauptete, daß er bloß aus höflicher Rücksicht auf die Abwesenheit des edlen Lords sich enthalten habe, eine Herabsetzung seines Gehalts von 5500 Pfd. auf 4000 Pfd. zu beantragen. Auch Hr. Sergeant Jackson, der auf fünf Minuten hinausgegangen war, wunderte sich bei seinem Wiedereintreten, daß in dieser kurzen Zeit bis auf 300,000 Pfd. (für Irland) weggestimmt worden seyen; er werde die Gelegenheit bei Vorlegung des Berichts ergreifen, um gegen die 60,000 Pf. für Erziehung zu stimmen. &#x2013; Das Haus trat dann noch einmal zusammen, um Bericht zu empfangen über die Uebersiedlungsbill.</p><lb/>
        </div>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Frankreich.</hi> </head><lb/>
        <div n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 8 Jun.</dateline>
          <p/><lb/>
          <p>Wegen des Pfingstfestes sind am 8 Jun. außer dem National, dem Courrier français, dem Constitutionnel und Galignani's Messenger keine Journale erschienen.</p><lb/>
          <p>Aus der Sitzung der <hi rendition="#g">Pairskammer</hi> vom 5 Jun. tragen wir folgende Stellen aus Graf Caffarelli's Commissionsbericht über das Gesetz zur Abholung der sterblichen Reste Napoleons nach: &#x201E;England hat dem Gesuch der französischen Regierung mit edlem Eifer entsprochen. Ihre Commission gesellt sich den von England ausgedrückten Wünschen, dadurch frühern Nationalgroll bis auf die letzte Spur verwischt zu sehen, bei. Meine Herren, das französische Volk ist von einem Gefühle der Bewunderung für den erlauchten Souverän, für den weisen und erleuchteten Gesetzgeber, für den großen Feldherrn, für den geschickten Administrator durchdrungen, der einer langen und blutigen Anarchie ein Ende machte, der die Herrschaft der Justiz und die Finanzen des Staats wieder herstellte, eine starke und gemäßigte Verwaltung schuf, die lange mißkannte Religion im Lande wieder aufrichtete, den Ruhm unserer Waffen zur höchsten Stufe erhob, der endlich über Alles das Glück und die Größe des Volks wollte, aus dessen Reihen hervorgegangen zu seyn er sich zur Ehre rechnete... Ihre Commission hat von einer an die Kammer durch die Einwohner von St. Denis gelangten Petition Kenntniß genommen, die Reste des Kaisers in der k. Gruft von St. Denis beizusetzen; sie war aber nicht gesonnen, dem Regierungsentwurf ein Amendement beizufügen. Inzwischen stieß doch in ihrer Mitte die Wahl der Invalidenkirche auf einige Einwürfe, die aber keinen förmlichen Vorschlag veranlaßten. Indem wir Ihnen einstimmig vorschlagen, dem Regierungsentwurfe beizutreten, haben wir es für überflüssig gehalten, an alles das zu erinnern, was der Kaiser Napoleon für das Glück und den Ruhm des französischen Volks gethan hat; das Andenken daran ist in diesen Mauern noch gegenwärtig, wo so viele Zeugen seines Ruhms und Gefährten seiner Arbeiten sitzen.&#x201C;</p><lb/>
          <p>In der Sitzung der <hi rendition="#g">Deputirtenkammer</hi> vom 6 Jun. glaubte bei Berathung des Budgets des Kriegsministeriums Hr. v. <hi rendition="#g">Mornay</hi> die Aufmerksamkeit der Regierung auf die Vorgänge in Afrika ziehen zu müssen, damit Menschen und Geld nicht länger mehr unnütz verschwendet werden. Denn trotz der glänzenden Waffenthaten fürchtet er, man müsse bald wieder von vorn anfangen. Bei dem 7 Capitel &#x201E;Sold und Unterhaltung der Truppen in Nordafrika,&#x201C; 18,494,436 Fr., schlägt General <hi rendition="#g">Bugeaud</hi> als Amendement 20 Millionen vor, um die Kosten zu Errichtung von Legionen aus den Colonisten Algiers zu decken. Er versucht zuerst mit einigen Worten den Vertrag an der Tafna zu rechtfertigen, da ihm vorgeworfen worden sey, daß er den jetzigen Krieg hervorgerufen, weil er ihn damals nicht beendigt habe. Damals habe er sich an den Willen der Kammer, an den Willen des Conseilpräsidenten gehalten, der eine beschränkte Besetzung Afrika's angerathen habe. Der eigentliche Krieg von Frankreich aus könne nur in vorübergehenden Kriegszügen bestehen; selbst bei allen siegreichen Feldzügen würden einzelne unruhige Stämme bleiben, die nur durch eine Bewaffnung der Colonisten selbst im Zaume gehalten werden könnten. Die Armee sey nie nach der Zahl zu berechnen, sondern nach ihrem moralischen Gehalte. In Afrika könne sich aber keine feste Kerntruppe bilden, da sie entweder vom Feinde oder Krankheiten aufgerieben würden, oder wieder nach Hause zurückkehrten. Mit 60 bis 80,000 Mann, wie sie jetzt in Afrika stehen, wolle er Frankreichs Einfluß über Europa entscheiden, doch müßten sie frei seyn von allen Nachzüglern, <hi rendition="#g">Fricoteurs</hi>, wie sie zu Napoleons Zeit geheißen (Gelächter.) Im Jahr 1813 sey Napoleon nur deßhalb unterlegen, weil in seiner Armee von 400,000 Mann, 60 bis 80,000 Fricoteurs, d. h. Soldaten gewesen seyen, die stets die Bratpfanne in Händen gehabt hätten. Afrika sey nur für Officiere eine gute Schule. &#x201E;Doch das kann der Zweck der Colonie nicht seyn. Dieser ist die Colonisation des Landes und zwar so schleunig als möglich. Mit zwei Colonisten-Legionen kann man eine gleiche Anzahl Truppen nach und nach herausziehen, und mit der Zeit wird das Land eine starke, kriegerische Bevölkerung haben, die sich gegen Angriffe von Innen und Außen vertheidigen kann.&#x201C; &#x2013; Hr. <hi rendition="#g">Thiers</hi>, Präsident des Conseils: General Bugeaud hat den Vertrag der Tafna vertheidigt, ich habe ihn nicht angegriffen, im Gegentheil habe ich gesagt, daß er vom Augenblick geboten worden sey, denn damals warf man der Regierung vor, ohne Zweck den Krieg zu führen, was eben jenen Vergleich zur Folge hatte. Dessenungeachtet ist er in seinen Folgen verhängnißvoll geworden, denn während Marschall Clauzel in jener Zeit den Atlas mit 4000 Mann übersteigen konnte, hat es jetzt der heroischen Anstrengung von einer drei- bis viermal größern und kriegsgeübten Macht bedurft, um dasselbe Ziel zu erreichen &#x2013; denn wir haben Abd-El-Kader Zeit gelassen, sich zu befestigen und eine Armee zu schaffen. Man merke wohl, ich tadle Niemand; ich sage sogar, wäre ich damals Minister gewesen, hätte ich vielleicht ebenfalls dem allgemeinen Willen nachgegeben, wenn auch meine Meinung gegen den Frieden gewesen wäre. Der Fehler ist geschehen; um ihn zu verbessern, um zu verhindern, daß er wieder eintrete, müssen wir den Feind besiegen, entwaffnen, ihn zwingen, Fremde neben sich zu leiden. (Sehr gut! sehr gut!) So lange wir durch einen glücklichen Krieg die Araber nicht unterworfen haben, können wir keine Sicherheit in Afrika hoffen. Hr. Bugeaud sprach von einem <hi rendition="#g">unglücklichen</hi> Kriege und dachte dabei daran, daß er ohne Resultat sey. Aber im Interesse Frankreichs dem Auslande gegenüber können wir von einem unglücklichen Kriege nicht sprechen, wenn unsere Armee auf allen Schlachtfeldern siegreich ist, wenn die Gefechte überall heroische Thaten hervorrufen. Alle Officiere, die Zeugen dieser Gefechte gewesen und mit denen ich gesprochen, sind voll von Bewunderung für die Tapferkeit, das Talent, die Seelengröße, den Muth und die Ausdauer, die unsere Armee überall bewiesen. Das ist das unverdächtige Urtheil von Fremden. Unsere Officiere verbinden mit gleicher Tapferkeit eine Bildung, wie sie vor 30 Jahren nicht gefunden wurde. Wenn man sagt, Afrika sey unsere Schwäche, so irrt man, Afrika ist unsere Stärke. Schon das Schauspiel fortdauernden Heroismus, das wir der Welt geben, erhebt uns in ihren Augen. Es zeigt,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1314/0002] rasch hinter einander ertheilter Ausgabenbewilligungen, theils für die Colonien, theils für Irland, letztere begreifend alle die sogenannten Irish miscellaneous estimates. Erst nach Abschluß derselben trat der Hauptsecretär für Irland, Viscount Morpeth, unter allgemeinem Gelächter in das Haus, und Oberst Sibthorp behauptete, daß er bloß aus höflicher Rücksicht auf die Abwesenheit des edlen Lords sich enthalten habe, eine Herabsetzung seines Gehalts von 5500 Pfd. auf 4000 Pfd. zu beantragen. Auch Hr. Sergeant Jackson, der auf fünf Minuten hinausgegangen war, wunderte sich bei seinem Wiedereintreten, daß in dieser kurzen Zeit bis auf 300,000 Pfd. (für Irland) weggestimmt worden seyen; er werde die Gelegenheit bei Vorlegung des Berichts ergreifen, um gegen die 60,000 Pf. für Erziehung zu stimmen. – Das Haus trat dann noch einmal zusammen, um Bericht zu empfangen über die Uebersiedlungsbill. Frankreich. _ Paris, 8 Jun. Wegen des Pfingstfestes sind am 8 Jun. außer dem National, dem Courrier français, dem Constitutionnel und Galignani's Messenger keine Journale erschienen. Aus der Sitzung der Pairskammer vom 5 Jun. tragen wir folgende Stellen aus Graf Caffarelli's Commissionsbericht über das Gesetz zur Abholung der sterblichen Reste Napoleons nach: „England hat dem Gesuch der französischen Regierung mit edlem Eifer entsprochen. Ihre Commission gesellt sich den von England ausgedrückten Wünschen, dadurch frühern Nationalgroll bis auf die letzte Spur verwischt zu sehen, bei. Meine Herren, das französische Volk ist von einem Gefühle der Bewunderung für den erlauchten Souverän, für den weisen und erleuchteten Gesetzgeber, für den großen Feldherrn, für den geschickten Administrator durchdrungen, der einer langen und blutigen Anarchie ein Ende machte, der die Herrschaft der Justiz und die Finanzen des Staats wieder herstellte, eine starke und gemäßigte Verwaltung schuf, die lange mißkannte Religion im Lande wieder aufrichtete, den Ruhm unserer Waffen zur höchsten Stufe erhob, der endlich über Alles das Glück und die Größe des Volks wollte, aus dessen Reihen hervorgegangen zu seyn er sich zur Ehre rechnete... Ihre Commission hat von einer an die Kammer durch die Einwohner von St. Denis gelangten Petition Kenntniß genommen, die Reste des Kaisers in der k. Gruft von St. Denis beizusetzen; sie war aber nicht gesonnen, dem Regierungsentwurf ein Amendement beizufügen. Inzwischen stieß doch in ihrer Mitte die Wahl der Invalidenkirche auf einige Einwürfe, die aber keinen förmlichen Vorschlag veranlaßten. Indem wir Ihnen einstimmig vorschlagen, dem Regierungsentwurfe beizutreten, haben wir es für überflüssig gehalten, an alles das zu erinnern, was der Kaiser Napoleon für das Glück und den Ruhm des französischen Volks gethan hat; das Andenken daran ist in diesen Mauern noch gegenwärtig, wo so viele Zeugen seines Ruhms und Gefährten seiner Arbeiten sitzen.“ In der Sitzung der Deputirtenkammer vom 6 Jun. glaubte bei Berathung des Budgets des Kriegsministeriums Hr. v. Mornay die Aufmerksamkeit der Regierung auf die Vorgänge in Afrika ziehen zu müssen, damit Menschen und Geld nicht länger mehr unnütz verschwendet werden. Denn trotz der glänzenden Waffenthaten fürchtet er, man müsse bald wieder von vorn anfangen. Bei dem 7 Capitel „Sold und Unterhaltung der Truppen in Nordafrika,“ 18,494,436 Fr., schlägt General Bugeaud als Amendement 20 Millionen vor, um die Kosten zu Errichtung von Legionen aus den Colonisten Algiers zu decken. Er versucht zuerst mit einigen Worten den Vertrag an der Tafna zu rechtfertigen, da ihm vorgeworfen worden sey, daß er den jetzigen Krieg hervorgerufen, weil er ihn damals nicht beendigt habe. Damals habe er sich an den Willen der Kammer, an den Willen des Conseilpräsidenten gehalten, der eine beschränkte Besetzung Afrika's angerathen habe. Der eigentliche Krieg von Frankreich aus könne nur in vorübergehenden Kriegszügen bestehen; selbst bei allen siegreichen Feldzügen würden einzelne unruhige Stämme bleiben, die nur durch eine Bewaffnung der Colonisten selbst im Zaume gehalten werden könnten. Die Armee sey nie nach der Zahl zu berechnen, sondern nach ihrem moralischen Gehalte. In Afrika könne sich aber keine feste Kerntruppe bilden, da sie entweder vom Feinde oder Krankheiten aufgerieben würden, oder wieder nach Hause zurückkehrten. Mit 60 bis 80,000 Mann, wie sie jetzt in Afrika stehen, wolle er Frankreichs Einfluß über Europa entscheiden, doch müßten sie frei seyn von allen Nachzüglern, Fricoteurs, wie sie zu Napoleons Zeit geheißen (Gelächter.) Im Jahr 1813 sey Napoleon nur deßhalb unterlegen, weil in seiner Armee von 400,000 Mann, 60 bis 80,000 Fricoteurs, d. h. Soldaten gewesen seyen, die stets die Bratpfanne in Händen gehabt hätten. Afrika sey nur für Officiere eine gute Schule. „Doch das kann der Zweck der Colonie nicht seyn. Dieser ist die Colonisation des Landes und zwar so schleunig als möglich. Mit zwei Colonisten-Legionen kann man eine gleiche Anzahl Truppen nach und nach herausziehen, und mit der Zeit wird das Land eine starke, kriegerische Bevölkerung haben, die sich gegen Angriffe von Innen und Außen vertheidigen kann.“ – Hr. Thiers, Präsident des Conseils: General Bugeaud hat den Vertrag der Tafna vertheidigt, ich habe ihn nicht angegriffen, im Gegentheil habe ich gesagt, daß er vom Augenblick geboten worden sey, denn damals warf man der Regierung vor, ohne Zweck den Krieg zu führen, was eben jenen Vergleich zur Folge hatte. Dessenungeachtet ist er in seinen Folgen verhängnißvoll geworden, denn während Marschall Clauzel in jener Zeit den Atlas mit 4000 Mann übersteigen konnte, hat es jetzt der heroischen Anstrengung von einer drei- bis viermal größern und kriegsgeübten Macht bedurft, um dasselbe Ziel zu erreichen – denn wir haben Abd-El-Kader Zeit gelassen, sich zu befestigen und eine Armee zu schaffen. Man merke wohl, ich tadle Niemand; ich sage sogar, wäre ich damals Minister gewesen, hätte ich vielleicht ebenfalls dem allgemeinen Willen nachgegeben, wenn auch meine Meinung gegen den Frieden gewesen wäre. Der Fehler ist geschehen; um ihn zu verbessern, um zu verhindern, daß er wieder eintrete, müssen wir den Feind besiegen, entwaffnen, ihn zwingen, Fremde neben sich zu leiden. (Sehr gut! sehr gut!) So lange wir durch einen glücklichen Krieg die Araber nicht unterworfen haben, können wir keine Sicherheit in Afrika hoffen. Hr. Bugeaud sprach von einem unglücklichen Kriege und dachte dabei daran, daß er ohne Resultat sey. Aber im Interesse Frankreichs dem Auslande gegenüber können wir von einem unglücklichen Kriege nicht sprechen, wenn unsere Armee auf allen Schlachtfeldern siegreich ist, wenn die Gefechte überall heroische Thaten hervorrufen. Alle Officiere, die Zeugen dieser Gefechte gewesen und mit denen ich gesprochen, sind voll von Bewunderung für die Tapferkeit, das Talent, die Seelengröße, den Muth und die Ausdauer, die unsere Armee überall bewiesen. Das ist das unverdächtige Urtheil von Fremden. Unsere Officiere verbinden mit gleicher Tapferkeit eine Bildung, wie sie vor 30 Jahren nicht gefunden wurde. Wenn man sagt, Afrika sey unsere Schwäche, so irrt man, Afrika ist unsere Stärke. Schon das Schauspiel fortdauernden Heroismus, das wir der Welt geben, erhebt uns in ihren Augen. Es zeigt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (?): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_165_18400613
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_165_18400613/2
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 165. Augsburg, 13. Juni 1840, S. 1314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_165_18400613/2>, abgerufen am 27.11.2024.