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Allgemeine Zeitung. Nr. 158. Augsburg, 6. Juni 1840.

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Gazette de France eine Blumenlese von Schmähungen gegen Napoleon, nämlich Auszüge aus den Werken Chateaubriands, der Frau v. Stael, Benjamin Constants u. s. w. Unser einer, der in Deutschland an derbere Kost gewöhnt, mußte darüber lächeln. Es wäre ergötzlich, wenn man, das Feine durch das Rohe parodirend, neben jenen französischen Excerpten eben so viele Parallelstellen setzte von deutschen Autoren aus der grobthümlichen Periode. Der "Vater Jahn" führte eine Mistgabel, womit er auf den Corsen weit wüthender zustach, als so ein Chateaubriand mit seinem leichten und funkelnden Galanteriedegen. Chateaubriand und Vater Jahn! Welche Contraste und doch welche Aehnlichkeit!

War aber Chateaubriand sehr parteiisch in seiner Beurtheilung des Kaisers, so war es letzterer noch viel mehr durch die wegwerfende Weise, womit er sich auf Sanct-Helena über den Pilgrim von Jerusalem aussprach. Er sagte nämlich: c'est une ame rampante qui a la manie d'ecrire des livres. Nein, Chateaubriand ist keine niedrige Seele, sondern er ist bloß ein Narr, und zwar ein trauriger Narr, während die andern heiter und kurzweilig sind. Er erinnert mich immer an den melancholischen Lustigmacher von Ludwig XIII. Ich glaub er hieß Angeli, trug eine Jacke von schwarzer Farbe, auch eine schwarze Kappe mit schwarzen Schellen und riß betrübte Späße. Der Pathos des Chateaubriand hat für mich immer etwas Komisches; dazwischen höre ich stets das Geklingel der schwarzen Glöckchen. Nur wird die erkünstelte Schwermuth, die affectirten Todesgedanken, auf die Länge eben so widerwärtig wie eintönig. Es heißt, er sey jetzt mit einer Schrift über die Leichenfeier Napoleons beschäftigt. Das wäre in der That für ihn eine vortreffliche Gelegenheit seine oratorischen Flöre und Immortellen, den ganzen Pomp seiner Begräbnißphantasie, auszukramen; sein Pamphlet wird ein geschriebener Katafalk werden, und an silbernen Thränen und Trauerkerzen wird er es nicht fehlen lassen; denn er verehrt den Kaiser, seit er todt ist.

Auch Frau v. Stael würde jetzt den Napoleon feiern, wenn sie noch in den Salons der Lebenden wandelte. Schon bei der Rückkehr des Kaisers von der Insel Elba, während der hundert Tage, war sie nicht übel geneigt, das Lob des Tyrannen zu singen, und stellte nur zur Bedingung, daß ihr vorher zwei Millionen, die man vorgeblich ihrem seligen Vater schuldete, ausgezahlt würden. Als ihr aber der Kaiser dieses Geld nicht gab, fehlte ihr die nöthige Inspiration für die erbotenen Preisgesänge, und Corinna improvisirte jene Tiraden, die dieser Tage von der Gazette de France so wohlgefällig wiederholt wurden. Point d'argent, point des Suisses! - Daß diese Worte auch auf ihren Landsmann Benjamin Constant anwendbar, ist uns leider nur gar zu sehr bekannt. Auch dieser Republicaner aus der Schwyz nahm Geld, Geld von Ludwig Philipp, einige Zeit nach der Juliusrevolution.... Doch laßt uns nicht weiter die Personen beleuchten, die den Kaiser geschmäht haben. Genug, Madame de Stael ist todt, und B. Constant ist todt, und Chateaubriand ist so zu sagen auch todt: wenigstens wie er uns seit Jahren versichert, beschäftigt er sich ausschließlich mit seiner Beerdigung, und seine Memoires d'outre-tombe, die er stückweise herausgibt, sind nichts Anderes als ein Leichenbegängniß, das er vor seinem definitiven Hinscheiden selber veranstaltet, wie einst der Kaiser Karl V. Genug, er ist als todt zu betrachten und er hat in seiner Schrift das Recht, den Napoleon wie seinesgleichen zu behandeln.

Aber nicht bloß die erwähnten Excerpte älterer Autoren, sondern auch die Rede, die Hr. v. Lamartine in der Deputirtenkammer über oder vielmehr gegen Napoleon hielt, hat mich widerwärtig berührt, obgleich diese Rede lauter Wahrheit enthält. Die Hintergedanken sind unehrlich, und der Redner sagte die Wahrheit im Interesse der Lüge. Es ist wahr, es ist tausendmal wahr, daß Napoleon ein Feind der Freiheit war, ein Despot, gekrönte Selbstsucht, und daß seine Verherrlichung ein böses, gefährliches Beispiel. Es ist wahr, ihm fehlten die Bürgertugenden eines Bailly, eines Lafayette, und er trat die Gesetze mit Füßen und sogar die Gesetzgeber, wovon noch jetzt einige lebende Zeugnisse im Hospital des Luxembourg. Aber es ist nicht dieser liberticide Napoleon, nicht der Held des 18 Brumaire, nicht der Donnergott des Ehrgeizes, dem ihr die glänzendsten Leichenspiele und Denkmale widmen sollt! Nein; es ist der Mann, der das junge Frankreich dem alten Europa gegenüber repräsentirte, dessen Verherrlichung in Frage steht: in seiner Person siegte das französische Volk, in seiner Person ward es gedemüthigt, in seiner Person ehrt und feiert es sich selber - und das fühlt jeder Franzose, und deßhalb vergißt man alle Schattenseite des Verstorbenen und huldigt ihm quand meme, und die Kammer beging einen großen Fehler durch ihre unzeitige Knickerei. - Die Rede des Hrn. v. Lamartine war ein Meisterstück, voll von perfiden Blumen, deren feines Gift manchen schwachen Kopf betäubte; doch der Mangel an Ehrlichkeit wird spärlich bedeckt von den schönen Worten, und das Ministerium darf sich eher freuen als betrüben, daß seine Feinde ihre antinationalen Gefühle so ungeschickt verrathen haben.

Dem Durchgang durch die Engpässe von Teniah haben sich die Araber lebhaft widersetzt, indem sie ihn mit vier Kanonen vertheidigten, die ihnen unsere Truppen abnahmen. Die Araber hatten sich auf europäische Weise verschanzt, und fangen an, sich an die Taktik der Nationen des nördlichen Continents zu gewöhnen. Die Gefechte, die bei dem Uebergang und bei dem Rückzug über den Teniah stattfanden, sind für die Araber sehr mörderisch gewesen. Auch wir haben eine ziemlich große Anzahl Verwundete (700-800) und gegen 300 Todte. Drei Generale sind verwundet worden. Miliana hat man noch nicht besetzt; es ist der Schlüssel des westlichen Theils der Metidscha, wie Medeah des südlichen Theils. Die Operationen können sich auf dieses geringe Resultat nicht beschränken, das noch Zeit und Anstrengungen bedarf, um fest und nützlich zu werden; denn es reicht für uns nicht hin, Herren von Medeah zu seyn, wir müssen auch noch ausschließliche Herren von Teniah werden, und die Araber verhindern, daß sie uns künftig diese wichtigen und gefährlichen Engpässe verschließen. Der Herzog von Orleans wurde gestern bei seiner Rückkehr mit lebhaftem Zuruf empfangen. Bei seinem Einzug hat er seine Gesinnungen, die sich nie verläugnet haben, also ausgesprochen: "Meine Herren, sagte er, es war dieß nur die erste Episode des großen Kampfes, der jetzt beginnt. Die Absicht steht fest: ein großes Volk und ein großes Reich zu gründen. Dieser Gedanke wird mit Nachdruck und Ausdauer verfolgt werden." Diese Worte bekräftigen die durch das Votum der Kammer ausgesprochene Meinung gegen Beschränkung unserer Eroberung auf die Besetzung einiger Küstenpunkte - eine Meinung, die hier mit der lebhaftesten Freude aufgenommen wurde. Der von dem Prinzen laut ausgesprochene Tadel gegen die Verwaltung des Marschalls Valee hat zwischen ihm und dem Marschall eine eisige Kälte hervorgebracht, die schon vor dieser Expedition ihren Anfang genommen. Der Tadel war nur der natürliche Ausdruck der Meinung der Colonisten, welche selbst in der Umgebung von Algier nicht allein höchst

Gazette de France eine Blumenlese von Schmähungen gegen Napoleon, nämlich Auszüge aus den Werken Chateaubriands, der Frau v. Staël, Benjamin Constants u. s. w. Unser einer, der in Deutschland an derbere Kost gewöhnt, mußte darüber lächeln. Es wäre ergötzlich, wenn man, das Feine durch das Rohe parodirend, neben jenen französischen Excerpten eben so viele Parallelstellen setzte von deutschen Autoren aus der grobthümlichen Periode. Der „Vater Jahn“ führte eine Mistgabel, womit er auf den Corsen weit wüthender zustach, als so ein Chateaubriand mit seinem leichten und funkelnden Galanteriedegen. Chateaubriand und Vater Jahn! Welche Contraste und doch welche Aehnlichkeit!

War aber Chateaubriand sehr parteiisch in seiner Beurtheilung des Kaisers, so war es letzterer noch viel mehr durch die wegwerfende Weise, womit er sich auf Sanct-Helena über den Pilgrim von Jerusalem aussprach. Er sagte nämlich: c'est une ame rampante qui a la manie d'écrire des livres. Nein, Chateaubriand ist keine niedrige Seele, sondern er ist bloß ein Narr, und zwar ein trauriger Narr, während die andern heiter und kurzweilig sind. Er erinnert mich immer an den melancholischen Lustigmacher von Ludwig XIII. Ich glaub er hieß Angeli, trug eine Jacke von schwarzer Farbe, auch eine schwarze Kappe mit schwarzen Schellen und riß betrübte Späße. Der Pathos des Chateaubriand hat für mich immer etwas Komisches; dazwischen höre ich stets das Geklingel der schwarzen Glöckchen. Nur wird die erkünstelte Schwermuth, die affectirten Todesgedanken, auf die Länge eben so widerwärtig wie eintönig. Es heißt, er sey jetzt mit einer Schrift über die Leichenfeier Napoleons beschäftigt. Das wäre in der That für ihn eine vortreffliche Gelegenheit seine oratorischen Flöre und Immortellen, den ganzen Pomp seiner Begräbnißphantasie, auszukramen; sein Pamphlet wird ein geschriebener Katafalk werden, und an silbernen Thränen und Trauerkerzen wird er es nicht fehlen lassen; denn er verehrt den Kaiser, seit er todt ist.

Auch Frau v. Staël würde jetzt den Napoleon feiern, wenn sie noch in den Salons der Lebenden wandelte. Schon bei der Rückkehr des Kaisers von der Insel Elba, während der hundert Tage, war sie nicht übel geneigt, das Lob des Tyrannen zu singen, und stellte nur zur Bedingung, daß ihr vorher zwei Millionen, die man vorgeblich ihrem seligen Vater schuldete, ausgezahlt würden. Als ihr aber der Kaiser dieses Geld nicht gab, fehlte ihr die nöthige Inspiration für die erbotenen Preisgesänge, und Corinna improvisirte jene Tiraden, die dieser Tage von der Gazette de France so wohlgefällig wiederholt wurden. Point d'argent, point dés Suisses! – Daß diese Worte auch auf ihren Landsmann Benjamin Constant anwendbar, ist uns leider nur gar zu sehr bekannt. Auch dieser Republicaner aus der Schwyz nahm Geld, Geld von Ludwig Philipp, einige Zeit nach der Juliusrevolution.... Doch laßt uns nicht weiter die Personen beleuchten, die den Kaiser geschmäht haben. Genug, Madame de Staël ist todt, und B. Constant ist todt, und Chateaubriand ist so zu sagen auch todt: wenigstens wie er uns seit Jahren versichert, beschäftigt er sich ausschließlich mit seiner Beerdigung, und seine Mémoires d'outre-tombe, die er stückweise herausgibt, sind nichts Anderes als ein Leichenbegängniß, das er vor seinem definitiven Hinscheiden selber veranstaltet, wie einst der Kaiser Karl V. Genug, er ist als todt zu betrachten und er hat in seiner Schrift das Recht, den Napoleon wie seinesgleichen zu behandeln.

Aber nicht bloß die erwähnten Excerpte älterer Autoren, sondern auch die Rede, die Hr. v. Lamartine in der Deputirtenkammer über oder vielmehr gegen Napoleon hielt, hat mich widerwärtig berührt, obgleich diese Rede lauter Wahrheit enthält. Die Hintergedanken sind unehrlich, und der Redner sagte die Wahrheit im Interesse der Lüge. Es ist wahr, es ist tausendmal wahr, daß Napoleon ein Feind der Freiheit war, ein Despot, gekrönte Selbstsucht, und daß seine Verherrlichung ein böses, gefährliches Beispiel. Es ist wahr, ihm fehlten die Bürgertugenden eines Bailly, eines Lafayette, und er trat die Gesetze mit Füßen und sogar die Gesetzgeber, wovon noch jetzt einige lebende Zeugnisse im Hospital des Luxembourg. Aber es ist nicht dieser liberticide Napoleon, nicht der Held des 18 Brumaire, nicht der Donnergott des Ehrgeizes, dem ihr die glänzendsten Leichenspiele und Denkmale widmen sollt! Nein; es ist der Mann, der das junge Frankreich dem alten Europa gegenüber repräsentirte, dessen Verherrlichung in Frage steht: in seiner Person siegte das französische Volk, in seiner Person ward es gedemüthigt, in seiner Person ehrt und feiert es sich selber – und das fühlt jeder Franzose, und deßhalb vergißt man alle Schattenseite des Verstorbenen und huldigt ihm quand même, und die Kammer beging einen großen Fehler durch ihre unzeitige Knickerei. – Die Rede des Hrn. v. Lamartine war ein Meisterstück, voll von perfiden Blumen, deren feines Gift manchen schwachen Kopf betäubte; doch der Mangel an Ehrlichkeit wird spärlich bedeckt von den schönen Worten, und das Ministerium darf sich eher freuen als betrüben, daß seine Feinde ihre antinationalen Gefühle so ungeschickt verrathen haben.

Dem Durchgang durch die Engpässe von Teniah haben sich die Araber lebhaft widersetzt, indem sie ihn mit vier Kanonen vertheidigten, die ihnen unsere Truppen abnahmen. Die Araber hatten sich auf europäische Weise verschanzt, und fangen an, sich an die Taktik der Nationen des nördlichen Continents zu gewöhnen. Die Gefechte, die bei dem Uebergang und bei dem Rückzug über den Teniah stattfanden, sind für die Araber sehr mörderisch gewesen. Auch wir haben eine ziemlich große Anzahl Verwundete (700-800) und gegen 300 Todte. Drei Generale sind verwundet worden. Miliana hat man noch nicht besetzt; es ist der Schlüssel des westlichen Theils der Metidscha, wie Medeah des südlichen Theils. Die Operationen können sich auf dieses geringe Resultat nicht beschränken, das noch Zeit und Anstrengungen bedarf, um fest und nützlich zu werden; denn es reicht für uns nicht hin, Herren von Medeah zu seyn, wir müssen auch noch ausschließliche Herren von Teniah werden, und die Araber verhindern, daß sie uns künftig diese wichtigen und gefährlichen Engpässe verschließen. Der Herzog von Orleans wurde gestern bei seiner Rückkehr mit lebhaftem Zuruf empfangen. Bei seinem Einzug hat er seine Gesinnungen, die sich nie verläugnet haben, also ausgesprochen: „Meine Herren, sagte er, es war dieß nur die erste Episode des großen Kampfes, der jetzt beginnt. Die Absicht steht fest: ein großes Volk und ein großes Reich zu gründen. Dieser Gedanke wird mit Nachdruck und Ausdauer verfolgt werden.“ Diese Worte bekräftigen die durch das Votum der Kammer ausgesprochene Meinung gegen Beschränkung unserer Eroberung auf die Besetzung einiger Küstenpunkte – eine Meinung, die hier mit der lebhaftesten Freude aufgenommen wurde. Der von dem Prinzen laut ausgesprochene Tadel gegen die Verwaltung des Marschalls Valée hat zwischen ihm und dem Marschall eine eisige Kälte hervorgebracht, die schon vor dieser Expedition ihren Anfang genommen. Der Tadel war nur der natürliche Ausdruck der Meinung der Colonisten, welche selbst in der Umgebung von Algier nicht allein höchst

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Gazette de France eine Blumenlese von Schmähungen gegen Napoleon, nämlich Auszüge aus den Werken Chateaubriands, der Frau v. Staël, Benjamin Constants u. s. w. Unser einer, der in Deutschland an derbere Kost gewöhnt, mußte darüber lächeln. Es wäre ergötzlich, wenn man, das Feine durch das Rohe parodirend, neben jenen französischen Excerpten eben so viele Parallelstellen setzte von deutschen Autoren aus der grobthümlichen Periode. Der &#x201E;Vater Jahn&#x201C; führte eine Mistgabel, womit er auf den Corsen weit wüthender zustach, als so ein Chateaubriand mit seinem leichten und funkelnden Galanteriedegen. Chateaubriand und Vater Jahn! Welche Contraste und doch welche Aehnlichkeit!</p><lb/>
          <p>War aber Chateaubriand sehr parteiisch in seiner Beurtheilung des Kaisers, so war es letzterer noch viel mehr durch die wegwerfende Weise, womit er sich auf Sanct-Helena über den Pilgrim von Jerusalem aussprach. Er sagte nämlich: c'est une ame rampante qui a la manie d'écrire des livres. Nein, Chateaubriand ist keine niedrige Seele, sondern er ist bloß ein Narr, und zwar ein trauriger Narr, während die andern heiter und kurzweilig sind. Er erinnert mich immer an den melancholischen Lustigmacher von Ludwig XIII. Ich glaub er hieß Angeli, trug eine Jacke von schwarzer Farbe, auch eine schwarze Kappe mit schwarzen Schellen und riß betrübte Späße. Der Pathos des Chateaubriand hat für mich immer etwas Komisches; dazwischen höre ich stets das Geklingel der schwarzen Glöckchen. Nur wird die erkünstelte Schwermuth, die affectirten Todesgedanken, auf die Länge eben so widerwärtig wie eintönig. Es heißt, er sey jetzt mit einer Schrift über die Leichenfeier Napoleons beschäftigt. Das wäre in der That für ihn eine vortreffliche Gelegenheit seine oratorischen Flöre und Immortellen, den ganzen Pomp seiner Begräbnißphantasie, auszukramen; sein Pamphlet wird ein geschriebener Katafalk werden, und an silbernen Thränen und Trauerkerzen wird er es nicht fehlen lassen; denn er verehrt den Kaiser, seit er todt ist.</p><lb/>
          <p>Auch Frau v. Staël würde jetzt den Napoleon feiern, wenn sie noch in den Salons der Lebenden wandelte. Schon bei der Rückkehr des Kaisers von der Insel Elba, während der hundert Tage, war sie nicht übel geneigt, das Lob des Tyrannen zu singen, und stellte nur zur Bedingung, daß ihr vorher zwei Millionen, die man vorgeblich ihrem seligen Vater schuldete, ausgezahlt würden. Als ihr aber der Kaiser dieses Geld nicht gab, fehlte ihr die nöthige Inspiration für die erbotenen Preisgesänge, und Corinna improvisirte jene Tiraden, die dieser Tage von der Gazette de France so wohlgefällig wiederholt wurden. Point d'argent, point dés Suisses! &#x2013; Daß diese Worte auch auf ihren Landsmann Benjamin Constant anwendbar, ist uns leider nur gar zu sehr bekannt. Auch dieser Republicaner aus der Schwyz nahm Geld, Geld von Ludwig Philipp, einige Zeit nach der Juliusrevolution.... Doch laßt uns nicht weiter die Personen beleuchten, die den Kaiser geschmäht haben. Genug, Madame de Staël ist todt, und B. Constant ist todt, und Chateaubriand ist so zu sagen auch todt: wenigstens wie er uns seit Jahren versichert, beschäftigt er sich ausschließlich mit seiner Beerdigung, und seine Mémoires d'outre-tombe, die er stückweise herausgibt, sind nichts Anderes als ein Leichenbegängniß, das er vor seinem definitiven Hinscheiden selber veranstaltet, wie einst der Kaiser Karl V. Genug, er ist als todt zu betrachten und er hat in seiner Schrift das Recht, den Napoleon wie seinesgleichen zu behandeln.</p><lb/>
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[1258/0010] Gazette de France eine Blumenlese von Schmähungen gegen Napoleon, nämlich Auszüge aus den Werken Chateaubriands, der Frau v. Staël, Benjamin Constants u. s. w. Unser einer, der in Deutschland an derbere Kost gewöhnt, mußte darüber lächeln. Es wäre ergötzlich, wenn man, das Feine durch das Rohe parodirend, neben jenen französischen Excerpten eben so viele Parallelstellen setzte von deutschen Autoren aus der grobthümlichen Periode. Der „Vater Jahn“ führte eine Mistgabel, womit er auf den Corsen weit wüthender zustach, als so ein Chateaubriand mit seinem leichten und funkelnden Galanteriedegen. Chateaubriand und Vater Jahn! Welche Contraste und doch welche Aehnlichkeit! War aber Chateaubriand sehr parteiisch in seiner Beurtheilung des Kaisers, so war es letzterer noch viel mehr durch die wegwerfende Weise, womit er sich auf Sanct-Helena über den Pilgrim von Jerusalem aussprach. Er sagte nämlich: c'est une ame rampante qui a la manie d'écrire des livres. Nein, Chateaubriand ist keine niedrige Seele, sondern er ist bloß ein Narr, und zwar ein trauriger Narr, während die andern heiter und kurzweilig sind. Er erinnert mich immer an den melancholischen Lustigmacher von Ludwig XIII. Ich glaub er hieß Angeli, trug eine Jacke von schwarzer Farbe, auch eine schwarze Kappe mit schwarzen Schellen und riß betrübte Späße. Der Pathos des Chateaubriand hat für mich immer etwas Komisches; dazwischen höre ich stets das Geklingel der schwarzen Glöckchen. Nur wird die erkünstelte Schwermuth, die affectirten Todesgedanken, auf die Länge eben so widerwärtig wie eintönig. Es heißt, er sey jetzt mit einer Schrift über die Leichenfeier Napoleons beschäftigt. Das wäre in der That für ihn eine vortreffliche Gelegenheit seine oratorischen Flöre und Immortellen, den ganzen Pomp seiner Begräbnißphantasie, auszukramen; sein Pamphlet wird ein geschriebener Katafalk werden, und an silbernen Thränen und Trauerkerzen wird er es nicht fehlen lassen; denn er verehrt den Kaiser, seit er todt ist. Auch Frau v. Staël würde jetzt den Napoleon feiern, wenn sie noch in den Salons der Lebenden wandelte. Schon bei der Rückkehr des Kaisers von der Insel Elba, während der hundert Tage, war sie nicht übel geneigt, das Lob des Tyrannen zu singen, und stellte nur zur Bedingung, daß ihr vorher zwei Millionen, die man vorgeblich ihrem seligen Vater schuldete, ausgezahlt würden. Als ihr aber der Kaiser dieses Geld nicht gab, fehlte ihr die nöthige Inspiration für die erbotenen Preisgesänge, und Corinna improvisirte jene Tiraden, die dieser Tage von der Gazette de France so wohlgefällig wiederholt wurden. Point d'argent, point dés Suisses! – Daß diese Worte auch auf ihren Landsmann Benjamin Constant anwendbar, ist uns leider nur gar zu sehr bekannt. Auch dieser Republicaner aus der Schwyz nahm Geld, Geld von Ludwig Philipp, einige Zeit nach der Juliusrevolution.... Doch laßt uns nicht weiter die Personen beleuchten, die den Kaiser geschmäht haben. Genug, Madame de Staël ist todt, und B. Constant ist todt, und Chateaubriand ist so zu sagen auch todt: wenigstens wie er uns seit Jahren versichert, beschäftigt er sich ausschließlich mit seiner Beerdigung, und seine Mémoires d'outre-tombe, die er stückweise herausgibt, sind nichts Anderes als ein Leichenbegängniß, das er vor seinem definitiven Hinscheiden selber veranstaltet, wie einst der Kaiser Karl V. Genug, er ist als todt zu betrachten und er hat in seiner Schrift das Recht, den Napoleon wie seinesgleichen zu behandeln. Aber nicht bloß die erwähnten Excerpte älterer Autoren, sondern auch die Rede, die Hr. v. Lamartine in der Deputirtenkammer über oder vielmehr gegen Napoleon hielt, hat mich widerwärtig berührt, obgleich diese Rede lauter Wahrheit enthält. Die Hintergedanken sind unehrlich, und der Redner sagte die Wahrheit im Interesse der Lüge. Es ist wahr, es ist tausendmal wahr, daß Napoleon ein Feind der Freiheit war, ein Despot, gekrönte Selbstsucht, und daß seine Verherrlichung ein böses, gefährliches Beispiel. Es ist wahr, ihm fehlten die Bürgertugenden eines Bailly, eines Lafayette, und er trat die Gesetze mit Füßen und sogar die Gesetzgeber, wovon noch jetzt einige lebende Zeugnisse im Hospital des Luxembourg. Aber es ist nicht dieser liberticide Napoleon, nicht der Held des 18 Brumaire, nicht der Donnergott des Ehrgeizes, dem ihr die glänzendsten Leichenspiele und Denkmale widmen sollt! Nein; es ist der Mann, der das junge Frankreich dem alten Europa gegenüber repräsentirte, dessen Verherrlichung in Frage steht: in seiner Person siegte das französische Volk, in seiner Person ward es gedemüthigt, in seiner Person ehrt und feiert es sich selber – und das fühlt jeder Franzose, und deßhalb vergißt man alle Schattenseite des Verstorbenen und huldigt ihm quand même, und die Kammer beging einen großen Fehler durch ihre unzeitige Knickerei. – Die Rede des Hrn. v. Lamartine war ein Meisterstück, voll von perfiden Blumen, deren feines Gift manchen schwachen Kopf betäubte; doch der Mangel an Ehrlichkeit wird spärlich bedeckt von den schönen Worten, und das Ministerium darf sich eher freuen als betrüben, daß seine Feinde ihre antinationalen Gefühle so ungeschickt verrathen haben. _ Algier, 26 Mai. Dem Durchgang durch die Engpässe von Teniah haben sich die Araber lebhaft widersetzt, indem sie ihn mit vier Kanonen vertheidigten, die ihnen unsere Truppen abnahmen. Die Araber hatten sich auf europäische Weise verschanzt, und fangen an, sich an die Taktik der Nationen des nördlichen Continents zu gewöhnen. Die Gefechte, die bei dem Uebergang und bei dem Rückzug über den Teniah stattfanden, sind für die Araber sehr mörderisch gewesen. Auch wir haben eine ziemlich große Anzahl Verwundete (700-800) und gegen 300 Todte. Drei Generale sind verwundet worden. Miliana hat man noch nicht besetzt; es ist der Schlüssel des westlichen Theils der Metidscha, wie Medeah des südlichen Theils. Die Operationen können sich auf dieses geringe Resultat nicht beschränken, das noch Zeit und Anstrengungen bedarf, um fest und nützlich zu werden; denn es reicht für uns nicht hin, Herren von Medeah zu seyn, wir müssen auch noch ausschließliche Herren von Teniah werden, und die Araber verhindern, daß sie uns künftig diese wichtigen und gefährlichen Engpässe verschließen. Der Herzog von Orleans wurde gestern bei seiner Rückkehr mit lebhaftem Zuruf empfangen. Bei seinem Einzug hat er seine Gesinnungen, die sich nie verläugnet haben, also ausgesprochen: „Meine Herren, sagte er, es war dieß nur die erste Episode des großen Kampfes, der jetzt beginnt. Die Absicht steht fest: ein großes Volk und ein großes Reich zu gründen. Dieser Gedanke wird mit Nachdruck und Ausdauer verfolgt werden.“ Diese Worte bekräftigen die durch das Votum der Kammer ausgesprochene Meinung gegen Beschränkung unserer Eroberung auf die Besetzung einiger Küstenpunkte – eine Meinung, die hier mit der lebhaftesten Freude aufgenommen wurde. Der von dem Prinzen laut ausgesprochene Tadel gegen die Verwaltung des Marschalls Valée hat zwischen ihm und dem Marschall eine eisige Kälte hervorgebracht, die schon vor dieser Expedition ihren Anfang genommen. Der Tadel war nur der natürliche Ausdruck der Meinung der Colonisten, welche selbst in der Umgebung von Algier nicht allein höchst

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 158. Augsburg, 6. Juni 1840, S. 1258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_158_18400606/10>, abgerufen am 24.11.2024.