Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 152. Augsburg, 31. Mai 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

und Abgabenerhöhung überhaupt als etwas, das mehr dem Armen als dem Reichen zur Last falle, und verlangt statt derselben eine neue Eigenthumssteuer. Hr. Hume ist derselben Meinung und findet es unerhört, daß, während in allen andern Ländern Europa's der Grundbesitz 23-40 Proc. der ganzen Besteuerung beitrage, die reiche grundbesitzende Aristokratie von England, die überdieß auf alle Regierungsstellen die ausgedehntesten Ansprüche mache, wenig oder gar keine Steuer zahle. "Schon im November 1795 wurde eine Steuer auf Grundeigenthum vorgeschlagen, aber verworfen, und seitdem, trotz der vermehrten Staatsausgaben, ist noch kein Ministerium gewissenhaft genug gewesen, um jenen Vorschlag zu wiederholen. Dieß ist das Grundübel unsers Landes. Der Arme stirbt vor Hunger, und sieht die Kornernten der Reichen nur wie durch das Gitter eines Gefängnisses, ohne sie berühren zu dürfen. (Gelächter auf den Oppositionsbänken.) Ich wünschte, daß der ehrenwerthe Gentleman, der eben lachte, sich nur einen Monat lang in der Lage jenes armen Mannes befände, und er würde wahrscheinlich aus einem andern Tone singen. Ich unterstütze den Wunsch meines ehrenwerthen Freundes (Hrn. Williams) und verwerfe die Bill." Hr. Ewart spricht in demselben Sinne, und beruft sich auf die Bemerkung Adam Smiths, daß sich die Landeigenthümer seit 1696 der Landtaxe allmählich entzogen, und sie zu einem bloßen Namen gemacht haben; "und leider erklärt sich diese Thatsache dadurch, daß das eine Haus ganz und das andere zur Hälfte aus Landeigenthümern besteht." Hr. W. Attwood tadelt die ungesonderte Weise der Erhöhung aller Zölle und Abgaben, und behauptet, daß man, um die Einkünfte aus den Abgaben zu vermehren, besser gethan haben würde, letztere herabzusetzen, als sie zu steigern. Sir George Sinclair hält zu Gunsten der arbeitenden Classe eine lebendige, witzige, nur zuweilen ins Burleske streifende Rede, für die wir unsre Leser auf die morgende Beilage verweisen müssen. Nachdem hierauf noch einige Mitglieder gesprochen, nimmt der Kanzler der Schatzkammer das Wort, um sich besonders über das Unsichere des Vorschlags des Hrn. Attwood auszulassen, und, als Antwort auf eine Frage des Hrn. Bernal, die Kammer zu versichern, daß bei der Erhöhung der Fenstertaxe die früher hierauf bezüglichen Statute (St. William IV, 4 und 5) berücksichtigt bleiben sollen. In der nun folgenden Abstimmung wird das zweite Verlesen der Bill mit 107 gegen 15 Stimmen beschlossen.

Das M. Chronicle (23 Mai) gibt folgendes epigrammatische Wortspiel über Lord Howick:

Those who call Howick Howick, are to seek
The name's an exclamation - Lord! how weak!

Zu Deutsch etwa:

Lord Howick sprichst du? denk' ein wenig nach:
Ein Ausruf ist's: how weak! mein Gott, wie schwach!

Die französische Politik des 1 März entwickelt sich nach und nach und zwar in einem Sinne, den ich Ihnen in frühern Mittheilungen angedeutet hatte. Die innere Spaltung in unserm Ministerium hinsichtlich der auswärtigen Angelegenheiten dauert fort. Theils gelang es bereits dem General Sebastiani und den während der letzten französischen Ministerialkrise im eigens hieher gesandten französischen Agenten, die sich mit den einzelnen Mitgliedern des englischen Cabinets in Communication setzten, theils und vorzugsweise Hrn. Guizot, eine wesentliche Modification in den Ansichten unserer Minister zu bewirken, so daß ihre Majorität auf Frankreichs Seite sich neigte, während die Lords Palmerston und John Russell unerschütterliche Standhaftigkeit in ihren Ueberzeugungen bewahrten. Diese Ueberzeugung ging dahin (und sie behielt bis jetzt dieselbe Richtung), daß Frankreich hinsichtlich der orientalischen Verhältnisse, so wie überhaupt hinsichtlich jeder größern Frage immer einen andern Weg verfolgen werde als denjenigen, der Englands Interessen und Sympathien am meisten fromme. Zwar verkannten sie die Gefahren nicht, die ihren asiatischen Besitzungen durch die Unternehmungen der Russen am kaspischen Meere drohten, denn sie sahen sie voraus, und hatten bereits Maaßregeln vorbereitet, um dem Vorrücken der Kosaken und der Barbaren der kirgisischen Steppen einen Damm entgegenzusetzen, ja sie wußten den verwickelten Verhältnissen Mittelasiens eine halbe Lösung zu geben, die der Stellung der Engländer bis zum Oxus hin das große Uebergewicht eines auf Schutz der Turkomanen und Bocharen gerichteten Einflusses verschaffte. Auch sahen Palmerston und Russell ein, daß man nicht in jedem Falle auf das Eingehen der Russen in die englische Politik in Bezug auf die ägyptische Streitfrage rechnen könne, daß sie sich auf die Möglichkeit gefaßt machen mußten, in der weitern Verfolgung ihrer Politik von dieser Seite her vielleicht isolirt zu bleiben; nichtsdestoweniger hegten sie die Ansicht, daß der Abfall Rußlands von dem Pacificationsplan des Orients zwar möglich, allein nicht wahrscheinlich, der aufrichtige Anschluß Frankreichs aber an die englischen Ideen nie zu erwarten sey. Lord Palmerston beharrt daher noch immer auf der Anwendung von Coercitivmaaßregeln gegen Aegypten. Der erste Grad der Zwangsmittel ist ihm eine strenge Blokade der dem Vicekönig unterworfenen Küsten. Er berücksichtigt dabei die Stellung des Vicekönigs, der, als der größte Kaufmann der Welt, nothwendig sich paralysirt sehen muß, wenn man ihm seine Communicationen abschneidet. Hierzu bedarf England einer namhaften Zahl von Kriegsschiffen. Es bedarf ferner wenigstens einer moralischen Unterstützung zweier Großmächte, theils um Mehemed Ali mehr zu imponiren, theils um der ehrgeizigen Beweglichkeit und der angebornen Kühnheit der Franzosen einen wirksamen Zaum anzulegen. Dieser moralische Stützpunkt kann nun entweder darin gesucht werden, daß man von Oesterreich und Rußland eine wenn auch kleine Anzahl Schiffe verlange, die sich dem englischen Blokadegeschwader anschließen würden, oder man kann ihn in einer ausgesprochenen Allianz dieser zwei Mächte und Preußens mit Großbritannien und in einer unumwundenen Erklärung dieser Mächte über die künftige Stellung Aegyptens gegen die Pforte, sowohl in oberherrlicher als in Hinsicht der Territorialverhältnisse suchen, wobei dann die Execution dieser Entscheidung Großbritannien allein überlassen würde, denn England könnte ohne besondere Anstrengung die erwähnte Zahl von Kriegsschiffen in den syrisch-ägyptischen Gewässern concentriren. Eine thätige, wenn auch sehr beschränkte Mitwirkung wurde wirklich bereits von dem englischen Cabinet in Anspruch genommen, man erwartet inzwischen nur bei Rußland den gewünschten Anklang zu finden. Die zweite Art der Unterstützung ist uns hingegen von Seite Oesterreichs gesichert, welche Macht sich schwerlich zu einem gewaffneten Einschreiten je entschließen wird. Lord Palmerston verhehlt sich übrigens nicht, daß die in Aussicht gestellte Blokade Ibrahim Pascha zwingen dürfte, über den Taurus nach Kleinasien zu dringen. Er hat in dieser Hinsicht die nöthige Vorsorge getroffen, und wir zweifeln nicht, daß wenn rasch zu Werke gegangen würde, der gewünschte Erfolg Palmerstons Politik krönen müßte. Allein, wie gesagt, das Conseil ist uneinig, war es wenigstens bis auf die letzte Zeit her. Werden wohl durch die neugemachten Entdeckungen über Thiers' Verhältnisse und Stellung zu Mehemed Ali, über die beiderseitigen Mittheilungen und Correspondenzen die von Palmerston und Russell abweichenden Mitglieder

und Abgabenerhöhung überhaupt als etwas, das mehr dem Armen als dem Reichen zur Last falle, und verlangt statt derselben eine neue Eigenthumssteuer. Hr. Hume ist derselben Meinung und findet es unerhört, daß, während in allen andern Ländern Europa's der Grundbesitz 23-40 Proc. der ganzen Besteuerung beitrage, die reiche grundbesitzende Aristokratie von England, die überdieß auf alle Regierungsstellen die ausgedehntesten Ansprüche mache, wenig oder gar keine Steuer zahle. „Schon im November 1795 wurde eine Steuer auf Grundeigenthum vorgeschlagen, aber verworfen, und seitdem, trotz der vermehrten Staatsausgaben, ist noch kein Ministerium gewissenhaft genug gewesen, um jenen Vorschlag zu wiederholen. Dieß ist das Grundübel unsers Landes. Der Arme stirbt vor Hunger, und sieht die Kornernten der Reichen nur wie durch das Gitter eines Gefängnisses, ohne sie berühren zu dürfen. (Gelächter auf den Oppositionsbänken.) Ich wünschte, daß der ehrenwerthe Gentleman, der eben lachte, sich nur einen Monat lang in der Lage jenes armen Mannes befände, und er würde wahrscheinlich aus einem andern Tone singen. Ich unterstütze den Wunsch meines ehrenwerthen Freundes (Hrn. Williams) und verwerfe die Bill.“ Hr. Ewart spricht in demselben Sinne, und beruft sich auf die Bemerkung Adam Smiths, daß sich die Landeigenthümer seit 1696 der Landtaxe allmählich entzogen, und sie zu einem bloßen Namen gemacht haben; „und leider erklärt sich diese Thatsache dadurch, daß das eine Haus ganz und das andere zur Hälfte aus Landeigenthümern besteht.“ Hr. W. Attwood tadelt die ungesonderte Weise der Erhöhung aller Zölle und Abgaben, und behauptet, daß man, um die Einkünfte aus den Abgaben zu vermehren, besser gethan haben würde, letztere herabzusetzen, als sie zu steigern. Sir George Sinclair hält zu Gunsten der arbeitenden Classe eine lebendige, witzige, nur zuweilen ins Burleske streifende Rede, für die wir unsre Leser auf die morgende Beilage verweisen müssen. Nachdem hierauf noch einige Mitglieder gesprochen, nimmt der Kanzler der Schatzkammer das Wort, um sich besonders über das Unsichere des Vorschlags des Hrn. Attwood auszulassen, und, als Antwort auf eine Frage des Hrn. Bernal, die Kammer zu versichern, daß bei der Erhöhung der Fenstertaxe die früher hierauf bezüglichen Statute (St. William IV, 4 und 5) berücksichtigt bleiben sollen. In der nun folgenden Abstimmung wird das zweite Verlesen der Bill mit 107 gegen 15 Stimmen beschlossen.

Das M. Chronicle (23 Mai) gibt folgendes epigrammatische Wortspiel über Lord Howick:

Those who call Howick Hôwick, are to seek
The name's an exclamation – Lord! how weak!

Zu Deutsch etwa:

Lord Hówick sprichst du? denk' ein wenig nach:
Ein Ausruf ist's: how weak! mein Gott, wie schwach!

Die französische Politik des 1 März entwickelt sich nach und nach und zwar in einem Sinne, den ich Ihnen in frühern Mittheilungen angedeutet hatte. Die innere Spaltung in unserm Ministerium hinsichtlich der auswärtigen Angelegenheiten dauert fort. Theils gelang es bereits dem General Sebastiani und den während der letzten französischen Ministerialkrise im eigens hieher gesandten französischen Agenten, die sich mit den einzelnen Mitgliedern des englischen Cabinets in Communication setzten, theils und vorzugsweise Hrn. Guizot, eine wesentliche Modification in den Ansichten unserer Minister zu bewirken, so daß ihre Majorität auf Frankreichs Seite sich neigte, während die Lords Palmerston und John Russell unerschütterliche Standhaftigkeit in ihren Ueberzeugungen bewahrten. Diese Ueberzeugung ging dahin (und sie behielt bis jetzt dieselbe Richtung), daß Frankreich hinsichtlich der orientalischen Verhältnisse, so wie überhaupt hinsichtlich jeder größern Frage immer einen andern Weg verfolgen werde als denjenigen, der Englands Interessen und Sympathien am meisten fromme. Zwar verkannten sie die Gefahren nicht, die ihren asiatischen Besitzungen durch die Unternehmungen der Russen am kaspischen Meere drohten, denn sie sahen sie voraus, und hatten bereits Maaßregeln vorbereitet, um dem Vorrücken der Kosaken und der Barbaren der kirgisischen Steppen einen Damm entgegenzusetzen, ja sie wußten den verwickelten Verhältnissen Mittelasiens eine halbe Lösung zu geben, die der Stellung der Engländer bis zum Oxus hin das große Uebergewicht eines auf Schutz der Turkomanen und Bocharen gerichteten Einflusses verschaffte. Auch sahen Palmerston und Russell ein, daß man nicht in jedem Falle auf das Eingehen der Russen in die englische Politik in Bezug auf die ägyptische Streitfrage rechnen könne, daß sie sich auf die Möglichkeit gefaßt machen mußten, in der weitern Verfolgung ihrer Politik von dieser Seite her vielleicht isolirt zu bleiben; nichtsdestoweniger hegten sie die Ansicht, daß der Abfall Rußlands von dem Pacificationsplan des Orients zwar möglich, allein nicht wahrscheinlich, der aufrichtige Anschluß Frankreichs aber an die englischen Ideen nie zu erwarten sey. Lord Palmerston beharrt daher noch immer auf der Anwendung von Coërcitivmaaßregeln gegen Aegypten. Der erste Grad der Zwangsmittel ist ihm eine strenge Blokade der dem Vicekönig unterworfenen Küsten. Er berücksichtigt dabei die Stellung des Vicekönigs, der, als der größte Kaufmann der Welt, nothwendig sich paralysirt sehen muß, wenn man ihm seine Communicationen abschneidet. Hierzu bedarf England einer namhaften Zahl von Kriegsschiffen. Es bedarf ferner wenigstens einer moralischen Unterstützung zweier Großmächte, theils um Mehemed Ali mehr zu imponiren, theils um der ehrgeizigen Beweglichkeit und der angebornen Kühnheit der Franzosen einen wirksamen Zaum anzulegen. Dieser moralische Stützpunkt kann nun entweder darin gesucht werden, daß man von Oesterreich und Rußland eine wenn auch kleine Anzahl Schiffe verlange, die sich dem englischen Blokadegeschwader anschließen würden, oder man kann ihn in einer ausgesprochenen Allianz dieser zwei Mächte und Preußens mit Großbritannien und in einer unumwundenen Erklärung dieser Mächte über die künftige Stellung Aegyptens gegen die Pforte, sowohl in oberherrlicher als in Hinsicht der Territorialverhältnisse suchen, wobei dann die Execution dieser Entscheidung Großbritannien allein überlassen würde, denn England könnte ohne besondere Anstrengung die erwähnte Zahl von Kriegsschiffen in den syrisch-ägyptischen Gewässern concentriren. Eine thätige, wenn auch sehr beschränkte Mitwirkung wurde wirklich bereits von dem englischen Cabinet in Anspruch genommen, man erwartet inzwischen nur bei Rußland den gewünschten Anklang zu finden. Die zweite Art der Unterstützung ist uns hingegen von Seite Oesterreichs gesichert, welche Macht sich schwerlich zu einem gewaffneten Einschreiten je entschließen wird. Lord Palmerston verhehlt sich übrigens nicht, daß die in Aussicht gestellte Blokade Ibrahim Pascha zwingen dürfte, über den Taurus nach Kleinasien zu dringen. Er hat in dieser Hinsicht die nöthige Vorsorge getroffen, und wir zweifeln nicht, daß wenn rasch zu Werke gegangen würde, der gewünschte Erfolg Palmerstons Politik krönen müßte. Allein, wie gesagt, das Conseil ist uneinig, war es wenigstens bis auf die letzte Zeit her. Werden wohl durch die neugemachten Entdeckungen über Thiers' Verhältnisse und Stellung zu Mehemed Ali, über die beiderseitigen Mittheilungen und Correspondenzen die von Palmerston und Russell abweichenden Mitglieder

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0002" n="1210"/>
und Abgabenerhöhung überhaupt als etwas, das mehr dem Armen als dem Reichen zur Last falle, und verlangt statt derselben eine neue Eigenthumssteuer. Hr. <hi rendition="#g">Hume</hi> ist derselben Meinung und findet es unerhört, daß, während in allen andern Ländern Europa's der Grundbesitz 23-40 Proc. der ganzen Besteuerung beitrage, die reiche grundbesitzende Aristokratie von England, die überdieß auf alle Regierungsstellen die ausgedehntesten Ansprüche mache, wenig oder gar keine Steuer zahle. &#x201E;Schon im November 1795 wurde eine Steuer auf Grundeigenthum vorgeschlagen, aber verworfen, und seitdem, trotz der vermehrten Staatsausgaben, ist noch kein Ministerium gewissenhaft genug gewesen, um jenen Vorschlag zu wiederholen. Dieß ist das Grundübel unsers Landes. Der Arme stirbt vor Hunger, und sieht die Kornernten der Reichen nur wie durch das Gitter eines Gefängnisses, ohne sie berühren zu dürfen. (Gelächter auf den Oppositionsbänken.) Ich wünschte, daß der ehrenwerthe Gentleman, der eben lachte, sich nur einen Monat lang in der Lage jenes armen Mannes befände, und er würde wahrscheinlich aus einem andern Tone singen. Ich unterstütze den Wunsch meines ehrenwerthen Freundes (Hrn. Williams) und verwerfe die Bill.&#x201C; Hr. <hi rendition="#g">Ewart</hi> spricht in demselben Sinne, und beruft sich auf die Bemerkung Adam Smiths, daß sich die Landeigenthümer seit 1696 der Landtaxe allmählich entzogen, und sie zu einem bloßen Namen gemacht haben; &#x201E;und leider erklärt sich diese Thatsache dadurch, daß das eine Haus ganz und das andere zur Hälfte aus Landeigenthümern besteht.&#x201C; Hr. W. <hi rendition="#g">Attwood</hi> tadelt die ungesonderte Weise der Erhöhung aller Zölle und Abgaben, und behauptet, daß man, um die Einkünfte aus den Abgaben zu vermehren, besser gethan haben würde, letztere herabzusetzen, als sie zu steigern. Sir George <hi rendition="#g">Sinclair</hi> hält zu Gunsten der arbeitenden Classe eine lebendige, witzige, nur zuweilen ins Burleske streifende Rede, für die wir unsre Leser auf die morgende Beilage verweisen müssen. Nachdem hierauf noch einige Mitglieder gesprochen, nimmt der Kanzler der Schatzkammer das Wort, um sich besonders über das Unsichere des Vorschlags des Hrn. Attwood auszulassen, und, als Antwort auf eine Frage des Hrn. Bernal, die Kammer zu versichern, daß bei der Erhöhung der Fenstertaxe die früher hierauf bezüglichen Statute (St. William IV, 4 und 5) berücksichtigt bleiben sollen. In der nun folgenden Abstimmung wird das zweite Verlesen der Bill mit 107 gegen 15 Stimmen beschlossen.</p><lb/>
        <p>Das M. <hi rendition="#g">Chronicle</hi> (23 Mai) gibt folgendes epigrammatische Wortspiel über Lord Howick:</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>Those who call Howick Hôwick, are to seek</l><lb/>
          <l>The name's an exclamation &#x2013; Lord! how weak!</l>
        </lg><lb/>
        <p>Zu Deutsch etwa:</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>Lord Hówick sprichst du? denk' ein wenig nach:</l><lb/>
          <l>Ein Ausruf ist's: how weak! mein Gott, wie schwach!</l>
        </lg><lb/>
        <div n="2">
          <byline>
            <gap reason="insignificant" unit="chars" quantity="1"/>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 22 Mai.</dateline>
          <p> Die französische Politik des 1 März entwickelt sich nach und nach und zwar in einem Sinne, den ich Ihnen in frühern Mittheilungen angedeutet hatte. Die innere Spaltung in unserm Ministerium hinsichtlich der auswärtigen Angelegenheiten dauert fort. Theils gelang es bereits dem General Sebastiani und den während der letzten französischen Ministerialkrise im eigens hieher gesandten französischen Agenten, die sich mit den einzelnen Mitgliedern des englischen Cabinets in Communication setzten, theils und vorzugsweise Hrn. Guizot, eine wesentliche Modification in den Ansichten unserer Minister zu bewirken, so daß ihre Majorität auf Frankreichs Seite sich neigte, während die Lords Palmerston und John Russell unerschütterliche Standhaftigkeit in ihren Ueberzeugungen bewahrten. Diese Ueberzeugung ging dahin (und sie behielt bis jetzt dieselbe Richtung), daß Frankreich hinsichtlich der orientalischen Verhältnisse, so wie überhaupt hinsichtlich jeder größern Frage immer einen andern Weg verfolgen werde als denjenigen, der Englands Interessen und Sympathien am meisten fromme. Zwar verkannten sie die Gefahren nicht, die ihren asiatischen Besitzungen durch die Unternehmungen der Russen am kaspischen Meere drohten, denn sie sahen sie voraus, und hatten bereits Maaßregeln vorbereitet, um dem Vorrücken der Kosaken und der Barbaren der kirgisischen Steppen einen Damm entgegenzusetzen, ja sie wußten den verwickelten Verhältnissen Mittelasiens eine halbe Lösung zu geben, die der Stellung der Engländer bis zum Oxus hin das große Uebergewicht eines auf Schutz der Turkomanen und Bocharen gerichteten Einflusses verschaffte. Auch sahen Palmerston und Russell ein, daß man nicht in jedem Falle auf das Eingehen der Russen in die englische Politik in Bezug auf die ägyptische Streitfrage rechnen könne, daß sie sich auf die Möglichkeit gefaßt machen mußten, in der weitern Verfolgung ihrer Politik von dieser Seite her vielleicht isolirt zu bleiben; nichtsdestoweniger hegten sie die Ansicht, daß der Abfall Rußlands von dem Pacificationsplan des Orients zwar möglich, allein nicht wahrscheinlich, der aufrichtige Anschluß Frankreichs aber an die englischen Ideen nie zu erwarten sey. Lord Palmerston beharrt daher noch immer auf der Anwendung von Coërcitivmaaßregeln gegen Aegypten. Der erste Grad der Zwangsmittel ist ihm eine strenge Blokade der dem Vicekönig unterworfenen Küsten. Er berücksichtigt dabei die Stellung des Vicekönigs, der, als der größte Kaufmann der Welt, nothwendig sich paralysirt sehen muß, wenn man ihm seine Communicationen abschneidet. Hierzu bedarf England einer namhaften Zahl von Kriegsschiffen. Es bedarf ferner wenigstens einer moralischen Unterstützung zweier Großmächte, theils um Mehemed Ali mehr zu imponiren, theils um der ehrgeizigen Beweglichkeit und der angebornen Kühnheit der Franzosen einen wirksamen Zaum anzulegen. Dieser moralische Stützpunkt kann nun entweder darin gesucht werden, daß man von Oesterreich und Rußland eine wenn auch kleine Anzahl Schiffe verlange, die sich dem englischen Blokadegeschwader anschließen würden, oder man kann ihn in einer ausgesprochenen Allianz dieser zwei Mächte und Preußens mit Großbritannien und in einer unumwundenen Erklärung dieser Mächte über die künftige Stellung Aegyptens gegen die Pforte, sowohl in oberherrlicher als in Hinsicht der Territorialverhältnisse suchen, wobei dann die Execution dieser Entscheidung Großbritannien allein überlassen würde, denn England könnte ohne besondere Anstrengung die erwähnte Zahl von Kriegsschiffen in den syrisch-ägyptischen Gewässern concentriren. Eine thätige, wenn auch sehr beschränkte Mitwirkung wurde wirklich bereits von dem englischen Cabinet in Anspruch genommen, man erwartet inzwischen nur bei Rußland den gewünschten Anklang zu finden. Die zweite Art der Unterstützung ist uns hingegen von Seite Oesterreichs gesichert, welche Macht sich schwerlich zu einem gewaffneten Einschreiten je entschließen wird. Lord Palmerston verhehlt sich übrigens nicht, daß die in Aussicht gestellte Blokade Ibrahim Pascha zwingen dürfte, über den Taurus nach Kleinasien zu dringen. Er hat in dieser Hinsicht die nöthige Vorsorge getroffen, und wir zweifeln nicht, daß wenn rasch zu Werke gegangen würde, der gewünschte Erfolg Palmerstons Politik krönen müßte. Allein, wie gesagt, das Conseil ist uneinig, war es wenigstens bis auf die letzte Zeit her. Werden wohl durch die neugemachten Entdeckungen über Thiers' Verhältnisse und Stellung zu Mehemed Ali, über die beiderseitigen Mittheilungen und Correspondenzen die von Palmerston und Russell abweichenden Mitglieder<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1210/0002] und Abgabenerhöhung überhaupt als etwas, das mehr dem Armen als dem Reichen zur Last falle, und verlangt statt derselben eine neue Eigenthumssteuer. Hr. Hume ist derselben Meinung und findet es unerhört, daß, während in allen andern Ländern Europa's der Grundbesitz 23-40 Proc. der ganzen Besteuerung beitrage, die reiche grundbesitzende Aristokratie von England, die überdieß auf alle Regierungsstellen die ausgedehntesten Ansprüche mache, wenig oder gar keine Steuer zahle. „Schon im November 1795 wurde eine Steuer auf Grundeigenthum vorgeschlagen, aber verworfen, und seitdem, trotz der vermehrten Staatsausgaben, ist noch kein Ministerium gewissenhaft genug gewesen, um jenen Vorschlag zu wiederholen. Dieß ist das Grundübel unsers Landes. Der Arme stirbt vor Hunger, und sieht die Kornernten der Reichen nur wie durch das Gitter eines Gefängnisses, ohne sie berühren zu dürfen. (Gelächter auf den Oppositionsbänken.) Ich wünschte, daß der ehrenwerthe Gentleman, der eben lachte, sich nur einen Monat lang in der Lage jenes armen Mannes befände, und er würde wahrscheinlich aus einem andern Tone singen. Ich unterstütze den Wunsch meines ehrenwerthen Freundes (Hrn. Williams) und verwerfe die Bill.“ Hr. Ewart spricht in demselben Sinne, und beruft sich auf die Bemerkung Adam Smiths, daß sich die Landeigenthümer seit 1696 der Landtaxe allmählich entzogen, und sie zu einem bloßen Namen gemacht haben; „und leider erklärt sich diese Thatsache dadurch, daß das eine Haus ganz und das andere zur Hälfte aus Landeigenthümern besteht.“ Hr. W. Attwood tadelt die ungesonderte Weise der Erhöhung aller Zölle und Abgaben, und behauptet, daß man, um die Einkünfte aus den Abgaben zu vermehren, besser gethan haben würde, letztere herabzusetzen, als sie zu steigern. Sir George Sinclair hält zu Gunsten der arbeitenden Classe eine lebendige, witzige, nur zuweilen ins Burleske streifende Rede, für die wir unsre Leser auf die morgende Beilage verweisen müssen. Nachdem hierauf noch einige Mitglieder gesprochen, nimmt der Kanzler der Schatzkammer das Wort, um sich besonders über das Unsichere des Vorschlags des Hrn. Attwood auszulassen, und, als Antwort auf eine Frage des Hrn. Bernal, die Kammer zu versichern, daß bei der Erhöhung der Fenstertaxe die früher hierauf bezüglichen Statute (St. William IV, 4 und 5) berücksichtigt bleiben sollen. In der nun folgenden Abstimmung wird das zweite Verlesen der Bill mit 107 gegen 15 Stimmen beschlossen. Das M. Chronicle (23 Mai) gibt folgendes epigrammatische Wortspiel über Lord Howick: Those who call Howick Hôwick, are to seek The name's an exclamation – Lord! how weak! Zu Deutsch etwa: Lord Hówick sprichst du? denk' ein wenig nach: Ein Ausruf ist's: how weak! mein Gott, wie schwach! _ London, 22 Mai. Die französische Politik des 1 März entwickelt sich nach und nach und zwar in einem Sinne, den ich Ihnen in frühern Mittheilungen angedeutet hatte. Die innere Spaltung in unserm Ministerium hinsichtlich der auswärtigen Angelegenheiten dauert fort. Theils gelang es bereits dem General Sebastiani und den während der letzten französischen Ministerialkrise im eigens hieher gesandten französischen Agenten, die sich mit den einzelnen Mitgliedern des englischen Cabinets in Communication setzten, theils und vorzugsweise Hrn. Guizot, eine wesentliche Modification in den Ansichten unserer Minister zu bewirken, so daß ihre Majorität auf Frankreichs Seite sich neigte, während die Lords Palmerston und John Russell unerschütterliche Standhaftigkeit in ihren Ueberzeugungen bewahrten. Diese Ueberzeugung ging dahin (und sie behielt bis jetzt dieselbe Richtung), daß Frankreich hinsichtlich der orientalischen Verhältnisse, so wie überhaupt hinsichtlich jeder größern Frage immer einen andern Weg verfolgen werde als denjenigen, der Englands Interessen und Sympathien am meisten fromme. Zwar verkannten sie die Gefahren nicht, die ihren asiatischen Besitzungen durch die Unternehmungen der Russen am kaspischen Meere drohten, denn sie sahen sie voraus, und hatten bereits Maaßregeln vorbereitet, um dem Vorrücken der Kosaken und der Barbaren der kirgisischen Steppen einen Damm entgegenzusetzen, ja sie wußten den verwickelten Verhältnissen Mittelasiens eine halbe Lösung zu geben, die der Stellung der Engländer bis zum Oxus hin das große Uebergewicht eines auf Schutz der Turkomanen und Bocharen gerichteten Einflusses verschaffte. Auch sahen Palmerston und Russell ein, daß man nicht in jedem Falle auf das Eingehen der Russen in die englische Politik in Bezug auf die ägyptische Streitfrage rechnen könne, daß sie sich auf die Möglichkeit gefaßt machen mußten, in der weitern Verfolgung ihrer Politik von dieser Seite her vielleicht isolirt zu bleiben; nichtsdestoweniger hegten sie die Ansicht, daß der Abfall Rußlands von dem Pacificationsplan des Orients zwar möglich, allein nicht wahrscheinlich, der aufrichtige Anschluß Frankreichs aber an die englischen Ideen nie zu erwarten sey. Lord Palmerston beharrt daher noch immer auf der Anwendung von Coërcitivmaaßregeln gegen Aegypten. Der erste Grad der Zwangsmittel ist ihm eine strenge Blokade der dem Vicekönig unterworfenen Küsten. Er berücksichtigt dabei die Stellung des Vicekönigs, der, als der größte Kaufmann der Welt, nothwendig sich paralysirt sehen muß, wenn man ihm seine Communicationen abschneidet. Hierzu bedarf England einer namhaften Zahl von Kriegsschiffen. Es bedarf ferner wenigstens einer moralischen Unterstützung zweier Großmächte, theils um Mehemed Ali mehr zu imponiren, theils um der ehrgeizigen Beweglichkeit und der angebornen Kühnheit der Franzosen einen wirksamen Zaum anzulegen. Dieser moralische Stützpunkt kann nun entweder darin gesucht werden, daß man von Oesterreich und Rußland eine wenn auch kleine Anzahl Schiffe verlange, die sich dem englischen Blokadegeschwader anschließen würden, oder man kann ihn in einer ausgesprochenen Allianz dieser zwei Mächte und Preußens mit Großbritannien und in einer unumwundenen Erklärung dieser Mächte über die künftige Stellung Aegyptens gegen die Pforte, sowohl in oberherrlicher als in Hinsicht der Territorialverhältnisse suchen, wobei dann die Execution dieser Entscheidung Großbritannien allein überlassen würde, denn England könnte ohne besondere Anstrengung die erwähnte Zahl von Kriegsschiffen in den syrisch-ägyptischen Gewässern concentriren. Eine thätige, wenn auch sehr beschränkte Mitwirkung wurde wirklich bereits von dem englischen Cabinet in Anspruch genommen, man erwartet inzwischen nur bei Rußland den gewünschten Anklang zu finden. Die zweite Art der Unterstützung ist uns hingegen von Seite Oesterreichs gesichert, welche Macht sich schwerlich zu einem gewaffneten Einschreiten je entschließen wird. Lord Palmerston verhehlt sich übrigens nicht, daß die in Aussicht gestellte Blokade Ibrahim Pascha zwingen dürfte, über den Taurus nach Kleinasien zu dringen. Er hat in dieser Hinsicht die nöthige Vorsorge getroffen, und wir zweifeln nicht, daß wenn rasch zu Werke gegangen würde, der gewünschte Erfolg Palmerstons Politik krönen müßte. Allein, wie gesagt, das Conseil ist uneinig, war es wenigstens bis auf die letzte Zeit her. Werden wohl durch die neugemachten Entdeckungen über Thiers' Verhältnisse und Stellung zu Mehemed Ali, über die beiderseitigen Mittheilungen und Correspondenzen die von Palmerston und Russell abweichenden Mitglieder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (?): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_152_18400531
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_152_18400531/2
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 152. Augsburg, 31. Mai 1840, S. 1210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_152_18400531/2>, abgerufen am 27.11.2024.