Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 142. Augsburg, 21. Mai 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

eingetreten, und hatte sich erboten, 2000 Pf. St. zur Vollendung des Werkes zu geben, und die Direction in London schämte sich am Ende dieser kleinlichen und engherzigen Verfolgung der Litteratur von 80 Millionen ihrer Unterthanen, und ersetzte Prinsep seine Vorschüsse.

Vereinigte Staaten von Nordamerika.

Die Vereinigte-Staaten-Bank und das Haus Baring Brothers u. Comp. Die Geschichte der Vereinigten-Staaten-Bank ist so merkwürdig, daß alles, was mit derselben zusammenhängt, einer besondern Aufmerksamkeit werth ist. Keine Argumentation wird sie je rein waschen von der Beschuldigung der Schwindelei, und ihr Schicksal, von Unbefangenen wohl voraus gesehen, hätte mit aller Anstrengung wohl nicht mehr viel länger hinausgeschoben werden können; auf der andern Seite ist es aber auch wahr, daß sie mit sehr mächtigen Gegnern zu kämpfen hatte, und zwar mit Gegnern, die um so gefährlicher waren, je länger und geschickter sie sich unter der Maske der Freundschaft verbargen. Schon am Ende vorigen Jahrs stand in englischen Blättern (s. Times vom 24 Dec.) die Beschuldigung: das Haus Baring Brothers u. Comp. habe sich eines nichts weniger als ehrenvollen Benehmens, eines wahren Treubruchs gegen die Agentschaft der Vereinigten-Staaten-Bank in London schuldig gemacht, und dadurch den Fall der Bank beschleunigt. Diese Beschuldigung wurde noch bestimmter im New-York Enquirer vom 19 und 20 Dec. v. J. ausgesprochen, und die Sache erhielt ein um so bedeutenderes Ansehen, als es daselbst wahrscheinlich gemacht wurde, daß es neben andern Zwecken auch darauf abgesehen war, dem amerikanischen Handel in Südamerika, Ostindien und China entgegen zu arbeiten, und ihn bis zu einem gewissen Grade zu lähmen. Es ist nämlich zu bemerken, daß ein großer Theil dieses Handels noch vor zwölf Jahren auf eine sehr kostspielige Weise mit baarem Gelde geführt werden mußte; erst seit der genannten Zeit waren die Amerikaner durch den großen Credit der Vereinigten-Staaten-Bank, deren Wechsel in der ganzen Welt angenommen wurden, im Stande, ihren Handel in jenen Ländern vermittelst Wechsel dieser Bank zu betreiben, welche erst sechs Monate nach ihrer Präsentation in London zahlbar waren. Die Amerikaner hatten also ihre Ladung nach Hause gebracht, verkauft und die nöthigen Rimessen nach London gemacht, lange ehe die Wechsel, womit sie angekauft worden, fällig waren. Dieser äußerst vortheilhafte Handel wurde durch die Zahlungseinstellung der Vereinigten-Staaten-Bank wesentlich gestört, und man kann mit Fug die Frage aufwerfen, ob das Haus Baring Brothers u. Comp. nicht aus nationaler Eifersucht gehandelt habe. Doch wir können hierauf unmöglich näher eingehen, und kommen zum eigentlichen Gegenstand der Beschuldigung zurück. Der New-York Enquirer vom 3 April enthält nun neuerdings einen beinahe fünf seiner großen Spalten füllenden Artikel, worin die Beschuldigung mit solchen speciellen Details wiederholt wird, daß sie nur von einem der beiden Agenten der Vereinigten-Staaten-Bank in England, Hrn. Jaudon oder Hrn. Alsop herrühren kann, und der Artikel ist in einem so herausfordernden Tone geschrieben, daß das Haus Baring wohl antworten muß, denn der Verfasser bemerkt wiederholt, er sey erbötig, seine Beschuldigung gerichtlich zu erweisen (we are prepared to prove it in a Court of Justice). Die Sache ist in kurzem folgende. Jaudon hatte auf den 26 August Zahlungen zum Belauf von 750,000 Pf. St. zu machen, und besprach sich deßhalb mit dem Hause Baring, mit welchem die Vereinigte-Staaten-Bank seit vielen Jahren in der engsten Verbindung stand. Jaudon beging die Unvorsichtigkeit, dem Hause Baring zugleich eine Liste der Zahlungen, die er im Laufe der nächsten zwei oder drei Monate zu machen habe, und die sich auf etwa anderthalb Millionen Pf. St. beliefen, im engsten Vertrauen zu übergeben. Das Haus Baring versprach die nöthigen Summen auf den 26 Aug. zu liefern. Kurze Zeit vorher entstanden aber ohne allen Grund - denn es waren keine neuen Nachrichten aus Amerika eingelaufen - Gerüchte über einen nahen Bankerott Jaudons, über den Fall der Vereinigten-Staaten-Bank und eine allgemeine Zahlungseinstellung in den Vereinigten Staaten, alle amerikanischen Papiere wurden plötzlich unverkäuflich, und am 23, also drei Tage vor dem Zahlungstermin, ließ das Haus Baring Hrn. Jaudon wissen, daß es bei dem gegenwärtigen Stand der Dinge und den umlaufenden Gerüchten die 7-800,000 Pf. nicht liefern könne. Am 23 ging zugleich der Great Western nach Amerika ab, und mit demselben ein Schreiben des Hauses Baring an seinen Agenten in Boston, Hr. Jaudon müsse unfehlbar am 26 Aug. falliren; dem Brief lag eine genaue Abschrift sämmtlicher Zahlungsverbindlichkeiten Hrn. Jaudons bei. Dieser Agent machte davon einen ziemlich offenen Gebrauch, und mehrere mit Baring in naher Verbindung stehende Häuser verkauften ohne Zögerung ihre Actien der Vereinigten-Staaten-Bank, und zwar zum Belauf von mehreren Tausenden. Hr. Jaudon hatte indeß nicht Bankerott gemacht, sondern sich an das Haus Morrison, Cryder und Comp. gewandt, welches ihn durch seine Gewandtheit, Thätigkeit und wirksamen Beistand aus der dringenden Verlegenheit riß, nicht ohne schon damals den Verdacht auszusprechen, das Haus Baring habe Hrn. Jaudon verrathen und verkauft. Hiermit nicht zufrieden soll dasselbe, wie ganz positiv behauptet wird, die Liste der Zahlungsverbindlichkeiten Hrn. Jaudons auch dem Hause Hope in Amsterdam, mit welchem Jaudon wegen eines Anlehens von 10 Millionen Gulden in Unterhandlung stand, so wie dem Hause Hottinger und Comp. in Paris mitgetheilt, und ersteres zum Abbrechen der Unterhandlungen, letzteres zu dem bekannten Protest der Wechsel der Vereinigten-Staaten-Bank veranlaßt haben, welcher Protest dem Credit dieser Bank und der amerikanischen Papiere in Europa überhaupt den ersten Stoß versetzte. Wahrhaft amusant und graphisch ist die Scene zwischen Jaudon, Alsop und den Agenten der Häuser Baring in London und Hope in Amsterdam, Hrn. Bates und Hrn. Vanderhoop geschildert, wie letzterer mit Kopfschütteln eine wohlgesetzte Rede Hrn. Jaudons anhört, und statt aller Antwort die Liste der Zahlungsverbindlichkeiten des Hrn. Jaudon hervorzieht. Eine Menge einzelner, für das Haus Baring noch erschwerender Umstände müssen wir hier übergehen, und bemerken bloß, daß wenn auch nur die obigen Thatsachen bewiesen werden können, das Haus Baring in ganz Europa und Amerika gebrandmarkt ist. Noch nie sind wohl die Verhandlungen mächtiger Bankierhäuser so vor den Richterstuhl der öffentlichen Meinung gezogen worden, und es ist von hohem Interesse, den weitern Gang dieser Angelegenheit zu verfolgen; denn will sich das Haus Baring nicht geradezu schuldig bekennen, so muß es den New-York Enquirer als Verleumder anklagen lassen.

eingetreten, und hatte sich erboten, 2000 Pf. St. zur Vollendung des Werkes zu geben, und die Direction in London schämte sich am Ende dieser kleinlichen und engherzigen Verfolgung der Litteratur von 80 Millionen ihrer Unterthanen, und ersetzte Prinsep seine Vorschüsse.

Vereinigte Staaten von Nordamerika.

Die Vereinigte-Staaten-Bank und das Haus Baring Brothers u. Comp. Die Geschichte der Vereinigten-Staaten-Bank ist so merkwürdig, daß alles, was mit derselben zusammenhängt, einer besondern Aufmerksamkeit werth ist. Keine Argumentation wird sie je rein waschen von der Beschuldigung der Schwindelei, und ihr Schicksal, von Unbefangenen wohl voraus gesehen, hätte mit aller Anstrengung wohl nicht mehr viel länger hinausgeschoben werden können; auf der andern Seite ist es aber auch wahr, daß sie mit sehr mächtigen Gegnern zu kämpfen hatte, und zwar mit Gegnern, die um so gefährlicher waren, je länger und geschickter sie sich unter der Maske der Freundschaft verbargen. Schon am Ende vorigen Jahrs stand in englischen Blättern (s. Times vom 24 Dec.) die Beschuldigung: das Haus Baring Brothers u. Comp. habe sich eines nichts weniger als ehrenvollen Benehmens, eines wahren Treubruchs gegen die Agentschaft der Vereinigten-Staaten-Bank in London schuldig gemacht, und dadurch den Fall der Bank beschleunigt. Diese Beschuldigung wurde noch bestimmter im New-York Enquirer vom 19 und 20 Dec. v. J. ausgesprochen, und die Sache erhielt ein um so bedeutenderes Ansehen, als es daselbst wahrscheinlich gemacht wurde, daß es neben andern Zwecken auch darauf abgesehen war, dem amerikanischen Handel in Südamerika, Ostindien und China entgegen zu arbeiten, und ihn bis zu einem gewissen Grade zu lähmen. Es ist nämlich zu bemerken, daß ein großer Theil dieses Handels noch vor zwölf Jahren auf eine sehr kostspielige Weise mit baarem Gelde geführt werden mußte; erst seit der genannten Zeit waren die Amerikaner durch den großen Credit der Vereinigten-Staaten-Bank, deren Wechsel in der ganzen Welt angenommen wurden, im Stande, ihren Handel in jenen Ländern vermittelst Wechsel dieser Bank zu betreiben, welche erst sechs Monate nach ihrer Präsentation in London zahlbar waren. Die Amerikaner hatten also ihre Ladung nach Hause gebracht, verkauft und die nöthigen Rimessen nach London gemacht, lange ehe die Wechsel, womit sie angekauft worden, fällig waren. Dieser äußerst vortheilhafte Handel wurde durch die Zahlungseinstellung der Vereinigten-Staaten-Bank wesentlich gestört, und man kann mit Fug die Frage aufwerfen, ob das Haus Baring Brothers u. Comp. nicht aus nationaler Eifersucht gehandelt habe. Doch wir können hierauf unmöglich näher eingehen, und kommen zum eigentlichen Gegenstand der Beschuldigung zurück. Der New-York Enquirer vom 3 April enthält nun neuerdings einen beinahe fünf seiner großen Spalten füllenden Artikel, worin die Beschuldigung mit solchen speciellen Details wiederholt wird, daß sie nur von einem der beiden Agenten der Vereinigten-Staaten-Bank in England, Hrn. Jaudon oder Hrn. Alsop herrühren kann, und der Artikel ist in einem so herausfordernden Tone geschrieben, daß das Haus Baring wohl antworten muß, denn der Verfasser bemerkt wiederholt, er sey erbötig, seine Beschuldigung gerichtlich zu erweisen (we are prepared to prove it in a Court of Justice). Die Sache ist in kurzem folgende. Jaudon hatte auf den 26 August Zahlungen zum Belauf von 750,000 Pf. St. zu machen, und besprach sich deßhalb mit dem Hause Baring, mit welchem die Vereinigte-Staaten-Bank seit vielen Jahren in der engsten Verbindung stand. Jaudon beging die Unvorsichtigkeit, dem Hause Baring zugleich eine Liste der Zahlungen, die er im Laufe der nächsten zwei oder drei Monate zu machen habe, und die sich auf etwa anderthalb Millionen Pf. St. beliefen, im engsten Vertrauen zu übergeben. Das Haus Baring versprach die nöthigen Summen auf den 26 Aug. zu liefern. Kurze Zeit vorher entstanden aber ohne allen Grund – denn es waren keine neuen Nachrichten aus Amerika eingelaufen – Gerüchte über einen nahen Bankerott Jaudons, über den Fall der Vereinigten-Staaten-Bank und eine allgemeine Zahlungseinstellung in den Vereinigten Staaten, alle amerikanischen Papiere wurden plötzlich unverkäuflich, und am 23, also drei Tage vor dem Zahlungstermin, ließ das Haus Baring Hrn. Jaudon wissen, daß es bei dem gegenwärtigen Stand der Dinge und den umlaufenden Gerüchten die 7-800,000 Pf. nicht liefern könne. Am 23 ging zugleich der Great Western nach Amerika ab, und mit demselben ein Schreiben des Hauses Baring an seinen Agenten in Boston, Hr. Jaudon müsse unfehlbar am 26 Aug. falliren; dem Brief lag eine genaue Abschrift sämmtlicher Zahlungsverbindlichkeiten Hrn. Jaudons bei. Dieser Agent machte davon einen ziemlich offenen Gebrauch, und mehrere mit Baring in naher Verbindung stehende Häuser verkauften ohne Zögerung ihre Actien der Vereinigten-Staaten-Bank, und zwar zum Belauf von mehreren Tausenden. Hr. Jaudon hatte indeß nicht Bankerott gemacht, sondern sich an das Haus Morrison, Cryder und Comp. gewandt, welches ihn durch seine Gewandtheit, Thätigkeit und wirksamen Beistand aus der dringenden Verlegenheit riß, nicht ohne schon damals den Verdacht auszusprechen, das Haus Baring habe Hrn. Jaudon verrathen und verkauft. Hiermit nicht zufrieden soll dasselbe, wie ganz positiv behauptet wird, die Liste der Zahlungsverbindlichkeiten Hrn. Jaudons auch dem Hause Hope in Amsterdam, mit welchem Jaudon wegen eines Anlehens von 10 Millionen Gulden in Unterhandlung stand, so wie dem Hause Hottinger und Comp. in Paris mitgetheilt, und ersteres zum Abbrechen der Unterhandlungen, letzteres zu dem bekannten Protest der Wechsel der Vereinigten-Staaten-Bank veranlaßt haben, welcher Protest dem Credit dieser Bank und der amerikanischen Papiere in Europa überhaupt den ersten Stoß versetzte. Wahrhaft amusant und graphisch ist die Scene zwischen Jaudon, Alsop und den Agenten der Häuser Baring in London und Hope in Amsterdam, Hrn. Bates und Hrn. Vanderhoop geschildert, wie letzterer mit Kopfschütteln eine wohlgesetzte Rede Hrn. Jaudons anhört, und statt aller Antwort die Liste der Zahlungsverbindlichkeiten des Hrn. Jaudon hervorzieht. Eine Menge einzelner, für das Haus Baring noch erschwerender Umstände müssen wir hier übergehen, und bemerken bloß, daß wenn auch nur die obigen Thatsachen bewiesen werden können, das Haus Baring in ganz Europa und Amerika gebrandmarkt ist. Noch nie sind wohl die Verhandlungen mächtiger Bankierhäuser so vor den Richterstuhl der öffentlichen Meinung gezogen worden, und es ist von hohem Interesse, den weitern Gang dieser Angelegenheit zu verfolgen; denn will sich das Haus Baring nicht geradezu schuldig bekennen, so muß es den New-York Enquirer als Verleumder anklagen lassen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0013" n="1133"/>
eingetreten, und hatte sich erboten, 2000 Pf. St. zur Vollendung des Werkes zu geben, und die Direction in London schämte sich am Ende dieser kleinlichen und engherzigen Verfolgung der Litteratur von 80 Millionen ihrer Unterthanen, und ersetzte Prinsep seine Vorschüsse.</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Vereinigte Staaten von Nordamerika.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Die Vereinigte</hi>-<hi rendition="#g">Staaten</hi>-<hi rendition="#g">Bank und das Haus Baring Brothers</hi> u. Comp. Die Geschichte der Vereinigten-Staaten-Bank ist so merkwürdig, daß alles, was mit derselben zusammenhängt, einer besondern Aufmerksamkeit werth ist. Keine Argumentation wird sie je rein waschen von der Beschuldigung der Schwindelei, und ihr Schicksal, von Unbefangenen wohl voraus gesehen, hätte mit aller Anstrengung wohl nicht mehr viel länger hinausgeschoben werden können; auf der andern Seite ist es aber auch wahr, daß sie mit sehr mächtigen Gegnern zu kämpfen hatte, und zwar mit Gegnern, die um so gefährlicher waren, je länger und geschickter sie sich unter der Maske der Freundschaft verbargen. Schon am Ende vorigen Jahrs stand in englischen Blättern (s. Times vom 24 Dec.) die Beschuldigung: das Haus Baring Brothers u. Comp. habe sich eines nichts weniger als ehrenvollen Benehmens, eines wahren Treubruchs gegen die Agentschaft der Vereinigten-Staaten-Bank in London schuldig gemacht, und dadurch den Fall der Bank beschleunigt. Diese Beschuldigung wurde noch bestimmter im New-York Enquirer vom 19 und 20 Dec. v. J. ausgesprochen, und die Sache erhielt ein um so bedeutenderes Ansehen, als es daselbst wahrscheinlich gemacht wurde, daß es neben andern Zwecken auch darauf abgesehen war, dem amerikanischen Handel in Südamerika, Ostindien und China entgegen zu arbeiten, und ihn bis zu einem gewissen Grade zu lähmen. Es ist nämlich zu bemerken, daß ein großer Theil dieses Handels noch vor zwölf Jahren auf eine sehr kostspielige Weise mit baarem Gelde geführt werden mußte; erst seit der genannten Zeit waren die Amerikaner durch den großen Credit der Vereinigten-Staaten-Bank, deren Wechsel in der ganzen Welt angenommen wurden, im Stande, ihren Handel in jenen Ländern vermittelst Wechsel dieser Bank zu betreiben, welche erst sechs Monate nach ihrer Präsentation in London zahlbar waren. Die Amerikaner hatten also ihre Ladung nach Hause gebracht, verkauft und die nöthigen Rimessen nach London gemacht, lange ehe die Wechsel, womit sie angekauft worden, fällig waren. Dieser äußerst vortheilhafte Handel wurde durch die Zahlungseinstellung der Vereinigten-Staaten-Bank wesentlich gestört, und man kann mit Fug die Frage aufwerfen, ob das Haus Baring Brothers u. Comp. nicht aus nationaler Eifersucht gehandelt habe. Doch wir können hierauf unmöglich näher eingehen, und kommen zum eigentlichen Gegenstand der Beschuldigung zurück. Der New-York Enquirer vom 3 April enthält nun neuerdings einen beinahe fünf seiner großen Spalten füllenden Artikel, worin die Beschuldigung mit solchen speciellen Details wiederholt wird, daß sie nur von einem der beiden Agenten der Vereinigten-Staaten-Bank in England, Hrn. Jaudon oder Hrn. Alsop herrühren kann, und der Artikel ist in einem so herausfordernden Tone geschrieben, daß das Haus Baring wohl antworten muß, denn der Verfasser bemerkt wiederholt, er sey erbötig, seine Beschuldigung gerichtlich zu erweisen (we are prepared to prove it in a Court of Justice). Die Sache ist in kurzem folgende. Jaudon hatte auf den 26 August Zahlungen zum Belauf von 750,000 Pf. St. zu machen, und besprach sich deßhalb mit dem Hause Baring, mit welchem die Vereinigte-Staaten-Bank seit vielen Jahren in der engsten Verbindung stand. Jaudon beging die Unvorsichtigkeit, dem Hause Baring zugleich eine Liste der Zahlungen, die er im Laufe der nächsten zwei oder drei Monate zu machen habe, und die sich auf etwa anderthalb Millionen Pf. St. beliefen, im engsten Vertrauen zu übergeben. Das Haus Baring versprach die nöthigen Summen auf den 26 Aug. zu liefern. Kurze Zeit vorher entstanden aber ohne allen Grund &#x2013; denn es waren keine neuen Nachrichten aus Amerika eingelaufen &#x2013; Gerüchte über einen nahen Bankerott Jaudons, über den Fall der Vereinigten-Staaten-Bank und eine allgemeine Zahlungseinstellung in den Vereinigten Staaten, alle amerikanischen Papiere wurden plötzlich unverkäuflich, und am 23, also drei Tage vor dem Zahlungstermin, ließ das Haus Baring Hrn. Jaudon wissen, daß es bei dem gegenwärtigen Stand der Dinge und den umlaufenden Gerüchten die 7-800,000 Pf. nicht liefern könne. Am 23 ging zugleich der Great Western nach Amerika ab, und mit demselben ein Schreiben des Hauses Baring an seinen Agenten in Boston, Hr. Jaudon müsse unfehlbar am 26 Aug. falliren; dem Brief lag eine genaue Abschrift sämmtlicher Zahlungsverbindlichkeiten Hrn. Jaudons bei. Dieser Agent machte davon einen ziemlich offenen Gebrauch, und mehrere mit Baring in naher Verbindung stehende Häuser verkauften ohne Zögerung ihre Actien der Vereinigten-Staaten-Bank, und zwar zum Belauf von mehreren Tausenden. Hr. Jaudon hatte indeß nicht Bankerott gemacht, sondern sich an das Haus Morrison, Cryder und Comp. gewandt, welches ihn durch seine Gewandtheit, Thätigkeit und wirksamen Beistand aus der dringenden Verlegenheit riß, nicht ohne schon damals den Verdacht auszusprechen, das Haus Baring habe Hrn. Jaudon verrathen und verkauft. Hiermit nicht zufrieden soll dasselbe, wie ganz positiv behauptet wird, die Liste der Zahlungsverbindlichkeiten Hrn. Jaudons auch dem Hause Hope in Amsterdam, mit welchem Jaudon wegen eines Anlehens von 10 Millionen Gulden in Unterhandlung stand, so wie dem Hause Hottinger und Comp. in Paris mitgetheilt, und ersteres zum Abbrechen der Unterhandlungen, letzteres zu dem bekannten Protest der Wechsel der Vereinigten-Staaten-Bank veranlaßt haben, welcher Protest dem Credit dieser Bank und der amerikanischen Papiere in Europa überhaupt den ersten Stoß versetzte. Wahrhaft amusant und graphisch ist die Scene zwischen Jaudon, Alsop und den Agenten der Häuser Baring in London und Hope in Amsterdam, Hrn. Bates und Hrn. Vanderhoop geschildert, wie letzterer mit Kopfschütteln eine wohlgesetzte Rede Hrn. Jaudons anhört, und statt aller Antwort die Liste der Zahlungsverbindlichkeiten des Hrn. Jaudon hervorzieht. Eine Menge einzelner, für das Haus Baring noch erschwerender Umstände müssen wir hier übergehen, und bemerken bloß, daß wenn auch nur die obigen Thatsachen <hi rendition="#g">bewiesen</hi> werden können, das Haus Baring in ganz Europa und Amerika gebrandmarkt ist. Noch nie sind wohl die Verhandlungen mächtiger Bankierhäuser so vor den Richterstuhl der öffentlichen Meinung gezogen worden, und es ist von hohem Interesse, den weitern Gang dieser Angelegenheit zu verfolgen; denn will sich das Haus Baring nicht geradezu schuldig bekennen, so muß es den New-York Enquirer als Verleumder anklagen lassen.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1133/0013] eingetreten, und hatte sich erboten, 2000 Pf. St. zur Vollendung des Werkes zu geben, und die Direction in London schämte sich am Ende dieser kleinlichen und engherzigen Verfolgung der Litteratur von 80 Millionen ihrer Unterthanen, und ersetzte Prinsep seine Vorschüsse. Vereinigte Staaten von Nordamerika. Die Vereinigte-Staaten-Bank und das Haus Baring Brothers u. Comp. Die Geschichte der Vereinigten-Staaten-Bank ist so merkwürdig, daß alles, was mit derselben zusammenhängt, einer besondern Aufmerksamkeit werth ist. Keine Argumentation wird sie je rein waschen von der Beschuldigung der Schwindelei, und ihr Schicksal, von Unbefangenen wohl voraus gesehen, hätte mit aller Anstrengung wohl nicht mehr viel länger hinausgeschoben werden können; auf der andern Seite ist es aber auch wahr, daß sie mit sehr mächtigen Gegnern zu kämpfen hatte, und zwar mit Gegnern, die um so gefährlicher waren, je länger und geschickter sie sich unter der Maske der Freundschaft verbargen. Schon am Ende vorigen Jahrs stand in englischen Blättern (s. Times vom 24 Dec.) die Beschuldigung: das Haus Baring Brothers u. Comp. habe sich eines nichts weniger als ehrenvollen Benehmens, eines wahren Treubruchs gegen die Agentschaft der Vereinigten-Staaten-Bank in London schuldig gemacht, und dadurch den Fall der Bank beschleunigt. Diese Beschuldigung wurde noch bestimmter im New-York Enquirer vom 19 und 20 Dec. v. J. ausgesprochen, und die Sache erhielt ein um so bedeutenderes Ansehen, als es daselbst wahrscheinlich gemacht wurde, daß es neben andern Zwecken auch darauf abgesehen war, dem amerikanischen Handel in Südamerika, Ostindien und China entgegen zu arbeiten, und ihn bis zu einem gewissen Grade zu lähmen. Es ist nämlich zu bemerken, daß ein großer Theil dieses Handels noch vor zwölf Jahren auf eine sehr kostspielige Weise mit baarem Gelde geführt werden mußte; erst seit der genannten Zeit waren die Amerikaner durch den großen Credit der Vereinigten-Staaten-Bank, deren Wechsel in der ganzen Welt angenommen wurden, im Stande, ihren Handel in jenen Ländern vermittelst Wechsel dieser Bank zu betreiben, welche erst sechs Monate nach ihrer Präsentation in London zahlbar waren. Die Amerikaner hatten also ihre Ladung nach Hause gebracht, verkauft und die nöthigen Rimessen nach London gemacht, lange ehe die Wechsel, womit sie angekauft worden, fällig waren. Dieser äußerst vortheilhafte Handel wurde durch die Zahlungseinstellung der Vereinigten-Staaten-Bank wesentlich gestört, und man kann mit Fug die Frage aufwerfen, ob das Haus Baring Brothers u. Comp. nicht aus nationaler Eifersucht gehandelt habe. Doch wir können hierauf unmöglich näher eingehen, und kommen zum eigentlichen Gegenstand der Beschuldigung zurück. Der New-York Enquirer vom 3 April enthält nun neuerdings einen beinahe fünf seiner großen Spalten füllenden Artikel, worin die Beschuldigung mit solchen speciellen Details wiederholt wird, daß sie nur von einem der beiden Agenten der Vereinigten-Staaten-Bank in England, Hrn. Jaudon oder Hrn. Alsop herrühren kann, und der Artikel ist in einem so herausfordernden Tone geschrieben, daß das Haus Baring wohl antworten muß, denn der Verfasser bemerkt wiederholt, er sey erbötig, seine Beschuldigung gerichtlich zu erweisen (we are prepared to prove it in a Court of Justice). Die Sache ist in kurzem folgende. Jaudon hatte auf den 26 August Zahlungen zum Belauf von 750,000 Pf. St. zu machen, und besprach sich deßhalb mit dem Hause Baring, mit welchem die Vereinigte-Staaten-Bank seit vielen Jahren in der engsten Verbindung stand. Jaudon beging die Unvorsichtigkeit, dem Hause Baring zugleich eine Liste der Zahlungen, die er im Laufe der nächsten zwei oder drei Monate zu machen habe, und die sich auf etwa anderthalb Millionen Pf. St. beliefen, im engsten Vertrauen zu übergeben. Das Haus Baring versprach die nöthigen Summen auf den 26 Aug. zu liefern. Kurze Zeit vorher entstanden aber ohne allen Grund – denn es waren keine neuen Nachrichten aus Amerika eingelaufen – Gerüchte über einen nahen Bankerott Jaudons, über den Fall der Vereinigten-Staaten-Bank und eine allgemeine Zahlungseinstellung in den Vereinigten Staaten, alle amerikanischen Papiere wurden plötzlich unverkäuflich, und am 23, also drei Tage vor dem Zahlungstermin, ließ das Haus Baring Hrn. Jaudon wissen, daß es bei dem gegenwärtigen Stand der Dinge und den umlaufenden Gerüchten die 7-800,000 Pf. nicht liefern könne. Am 23 ging zugleich der Great Western nach Amerika ab, und mit demselben ein Schreiben des Hauses Baring an seinen Agenten in Boston, Hr. Jaudon müsse unfehlbar am 26 Aug. falliren; dem Brief lag eine genaue Abschrift sämmtlicher Zahlungsverbindlichkeiten Hrn. Jaudons bei. Dieser Agent machte davon einen ziemlich offenen Gebrauch, und mehrere mit Baring in naher Verbindung stehende Häuser verkauften ohne Zögerung ihre Actien der Vereinigten-Staaten-Bank, und zwar zum Belauf von mehreren Tausenden. Hr. Jaudon hatte indeß nicht Bankerott gemacht, sondern sich an das Haus Morrison, Cryder und Comp. gewandt, welches ihn durch seine Gewandtheit, Thätigkeit und wirksamen Beistand aus der dringenden Verlegenheit riß, nicht ohne schon damals den Verdacht auszusprechen, das Haus Baring habe Hrn. Jaudon verrathen und verkauft. Hiermit nicht zufrieden soll dasselbe, wie ganz positiv behauptet wird, die Liste der Zahlungsverbindlichkeiten Hrn. Jaudons auch dem Hause Hope in Amsterdam, mit welchem Jaudon wegen eines Anlehens von 10 Millionen Gulden in Unterhandlung stand, so wie dem Hause Hottinger und Comp. in Paris mitgetheilt, und ersteres zum Abbrechen der Unterhandlungen, letzteres zu dem bekannten Protest der Wechsel der Vereinigten-Staaten-Bank veranlaßt haben, welcher Protest dem Credit dieser Bank und der amerikanischen Papiere in Europa überhaupt den ersten Stoß versetzte. Wahrhaft amusant und graphisch ist die Scene zwischen Jaudon, Alsop und den Agenten der Häuser Baring in London und Hope in Amsterdam, Hrn. Bates und Hrn. Vanderhoop geschildert, wie letzterer mit Kopfschütteln eine wohlgesetzte Rede Hrn. Jaudons anhört, und statt aller Antwort die Liste der Zahlungsverbindlichkeiten des Hrn. Jaudon hervorzieht. Eine Menge einzelner, für das Haus Baring noch erschwerender Umstände müssen wir hier übergehen, und bemerken bloß, daß wenn auch nur die obigen Thatsachen bewiesen werden können, das Haus Baring in ganz Europa und Amerika gebrandmarkt ist. Noch nie sind wohl die Verhandlungen mächtiger Bankierhäuser so vor den Richterstuhl der öffentlichen Meinung gezogen worden, und es ist von hohem Interesse, den weitern Gang dieser Angelegenheit zu verfolgen; denn will sich das Haus Baring nicht geradezu schuldig bekennen, so muß es den New-York Enquirer als Verleumder anklagen lassen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (?): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_142_18400521
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_142_18400521/13
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 142. Augsburg, 21. Mai 1840, S. 1133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_142_18400521/13>, abgerufen am 21.11.2024.