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Allgemeine Zeitung. Nr. 136. Augsburg, 15. Mai 1840.

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A. Fr. J. Thibaut und sein Verhältniß zur Rechtswissenschaft.

Was Thibaut den ihm näher gelegenen besonderen Kreisen, was er Heidelberg und Baden gewesen - darüber hat die tiefe Trauer bei seinem Tode (28 März d. J.) und Leichenbegängnisse, darüber der ehrenvolle Nachruf in der baden'schen Abgeordnetenkammer Kunde gegeben. Die folgenden Zeilen sind dem Versuche bestimmt, von der allgemeineren Wirksamkeit Thibauts und zunächst von seinem Verhältniß zur Rechtswissenschaft einen Abriß zu liefern.

Um diese Aufgabe zu lösen, kann ein Rückblick auf die vor ihm bestandenen Rechtsschulen nicht umgangen werden, wobei die Bestimmung des gegenwärtigen Blattes von selbst auf einen allgemeineren, auch dem Laien zugänglichen Standpunkt verweist. *)

Als im eilften Jahrhundert nach langem, trägem Schlummer in Italien wieder ein wissenschaftliches Streben begann' und die neue Zeit ihre Kindheit an dem angestaunten Riesen alter vergangener Zeit heranzubilden suchte, bestrebte sich Irnerius in Bologna auch das in Oberitalien noch geltende römische Recht wissenschaftlich zu behandeln, und es gelang ihm, Gründer der rechtswissenschaftlichen Schule der Glossatoren zu werden. Der eigentliche wissenschaftliche Charakter dieser Schule lag in einer philosophischen und historischen Nüchternheit, wie sie nur noch bei den Chronikenschreibern des Mittelalters vorkommt, mit der dieselbe die Justinianeischen Gesetzbücher nur aus sich selbst heraus, ohne Berücksichtigung anderer Hülfsmittel, und schlechthin als etwas für diese Zeit Gegebenes erklärte. Dabei zeigten die Glossatoren eine Frischheit und eine Kraft, wie sie einem erst werdenden Volke, wie sie nur Italien, das damals der politischen Lebendigkeit voll war, eigen ist.

Auf die Schule der Glossatoren folgte die der Bartolisten; nicht mehr das Einzelne des römischen Rechts als solches zu bearbeiten, war ihr Bestreben, vielmehr ging ihr Ziel auf weitläufige und selbstständigere Ausführungen, wobei es ihnen mit Hülfe der Logik, wie sie damals gangbar war, gelang, zu einer Menge juristischer Sätze zu kommen, von denen nirgends weniger zu finden war, als in dem römischen Rechtskörper.

Ihr folgte die französische Schule, oder, wie sie auch nach ihrem größten Meister genannt wird, die Schule des Eujacius, im sechzehnten Jahrhundert. Deren Grundcharakter war ein Zurückgehen auf die Quellen der Justinianeischen Legislation, und das Bestreben, die richtige Kenntniß des römischen Rechts, wie es unter Justinian galt, durch das Studium des römischen Alterthums überhaupt und der Geschichte des römischen Rechts insbesondere sich anzueignen.

Von dem in dieser Schule erwachten Forschergeist transpirirte auch Einiges nach Holland. Ohne dem Verdienste mancher Holländer um Philologie und Jurisprudenz zu nahe treten zu wollen, kann man nicht umhin zu bemerken, daß in Holland sich Alles gern ins Kleinliche zog, daß es daselbst sehr viele Männer gab, welche als Urtypus für den Famulus Wagner gelten können, und auf welche die Worte des Dichters ihre volle Anwendung finden:

"Wie nur dem Kopf nicht alle Hoffnung schwindet,
Der immerfort an schalem Zeuge klebt,
Mit gier'ger Hand nach Schätzen gräbt,
Und froh ist, wenn er Regenwürmer findet."

So bestand der Geist der holländischen Schule, wenn das Wort Geist für ein solches Streben erlaubt ist, darin, das Recht nicht als Recht, sondern als Antiquität zu behandeln.

Wenden wir nun den Blick nach unserm deutschen Vaterlande. Die gewöhnliche Ansicht über die Aufnahme des römischen Rechts in Deutschland ist eine mehr äußerliche. Es soll eingeführt worden seyn durch die Vorliebe deutscher Gelehrten für alles Ausländische und Fremde, gepflegt und begünstigt von einer Geistlichkeit, die durch die Verordnungen der christlichen Kaiser, deren viele etwas an obscurer Bigotterie kränkelten, usurpirte Rechte habe begründen und neue Anmaßungen unterstützen können, in seiner Ausbreitung unterstützt durch Fürsten, die sich aller ihrer Herrschaft angelegten lästigen Fesseln zu entledigen getrachtet hätten; dabei wird noch anerkannt, daß es durch seine täuschende Vollständigkeit und durch seinen Reichthum an Entscheidungen einem Zustande angemessen habe erscheinen müssen, der durch die Entdeckung einer neuen Welt, durch das immer höhere Aufblühen des Handels und der Gewerbe, durch die steigende Herrschaft des Geldes, durch die Hinfälligkeit des alten Feudal-Regierungssystems so gewaltsam verändert und in Vergleichung gegen die frühere Zeit so unendlich mehr verwickelt und verschlungen gewesen sey.*)

Die Aufnahme des römischen Rechts in Deutschland ist ein welthistorisches Factum; das Recht selbst ist ein nothwendiges Moment in der Entwicklung der Menschheit. Dergleichen hat immer tiefere Gründe als die, welche auf der Oberfläche der Erscheinungen zu Tage liegen. Auf einen solchen weist uns im vorliegenden Fall besonders die Bedeutung des Staates selbst, in dem das römische Recht entstand. Der Unterschied zwischen den Staaten und Völkern des Alterthums und jenen der neuern Zeit besteht im Wesentlichen darin, daß bei den ersteren streng-nationelle Abgeschlossenheit stattfand, bei den letzteren dagegen ein Band der Gemeinsamkeit vorherrscht, vermittelt durch das Eine Ziel, dem Alle zustreben. Die welthistorische Aufgabe des römischen Weltreichs war, die Unterschiede zwischen den Völkern der alten Welt äußerlich aufzuheben, wozu denn auch die Annahme des römischen Rechts beitrug. **)

Die Fesseln des Völkerthums (gentilismus) innerlich zu lösen, war die Aufgabe des Christenthums. Wie dieses erst bei den germanischen Völkern und durch dieselben das geworden ist und noch werden wird, was es werden konnte und was es werden soll, so wurde auch das römische Recht erst unter den germanischen Völkern, nach Abstreifung der Formular- und National-Eigenthümlichkeiten Roms, wovon es sich schon in den spätern Zeiten des römischen Reichs selbst immer freier zu machen strebte, das, was es seyn sollte, das gemeine Recht der neuern Nationen, vielmehr der abendländischen Christenheit. Durch diese Idee des römischen Rechts ist die Erkenntniß von dem Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung wesentlich bedingt, wovon unten das Weitere anzuführen seyn wird.

Wir kehren nun zu der Darstellung der Rechtsschulen zurück.

*) Vgl. die Charakteristik in Puchta's Encyklopädie, Leipzig und Berlin bei G. Reimer, 1825.
*) Henke: Ueber das Wesen der Rechtswissenschaft und das Studium derselben in Deutschland. Regensburg, 1814. S. 571.
**) v. Savigny System des heut. röm. Rechts. I. Bd. S. 80.
A. Fr. J. Thibaut und sein Verhältniß zur Rechtswissenschaft.

Was Thibaut den ihm näher gelegenen besonderen Kreisen, was er Heidelberg und Baden gewesen – darüber hat die tiefe Trauer bei seinem Tode (28 März d. J.) und Leichenbegängnisse, darüber der ehrenvolle Nachruf in der baden'schen Abgeordnetenkammer Kunde gegeben. Die folgenden Zeilen sind dem Versuche bestimmt, von der allgemeineren Wirksamkeit Thibauts und zunächst von seinem Verhältniß zur Rechtswissenschaft einen Abriß zu liefern.

Um diese Aufgabe zu lösen, kann ein Rückblick auf die vor ihm bestandenen Rechtsschulen nicht umgangen werden, wobei die Bestimmung des gegenwärtigen Blattes von selbst auf einen allgemeineren, auch dem Laien zugänglichen Standpunkt verweist. *)

Als im eilften Jahrhundert nach langem, trägem Schlummer in Italien wieder ein wissenschaftliches Streben begann' und die neue Zeit ihre Kindheit an dem angestaunten Riesen alter vergangener Zeit heranzubilden suchte, bestrebte sich Irnerius in Bologna auch das in Oberitalien noch geltende römische Recht wissenschaftlich zu behandeln, und es gelang ihm, Gründer der rechtswissenschaftlichen Schule der Glossatoren zu werden. Der eigentliche wissenschaftliche Charakter dieser Schule lag in einer philosophischen und historischen Nüchternheit, wie sie nur noch bei den Chronikenschreibern des Mittelalters vorkommt, mit der dieselbe die Justinianeischen Gesetzbücher nur aus sich selbst heraus, ohne Berücksichtigung anderer Hülfsmittel, und schlechthin als etwas für diese Zeit Gegebenes erklärte. Dabei zeigten die Glossatoren eine Frischheit und eine Kraft, wie sie einem erst werdenden Volke, wie sie nur Italien, das damals der politischen Lebendigkeit voll war, eigen ist.

Auf die Schule der Glossatoren folgte die der Bartolisten; nicht mehr das Einzelne des römischen Rechts als solches zu bearbeiten, war ihr Bestreben, vielmehr ging ihr Ziel auf weitläufige und selbstständigere Ausführungen, wobei es ihnen mit Hülfe der Logik, wie sie damals gangbar war, gelang, zu einer Menge juristischer Sätze zu kommen, von denen nirgends weniger zu finden war, als in dem römischen Rechtskörper.

Ihr folgte die französische Schule, oder, wie sie auch nach ihrem größten Meister genannt wird, die Schule des Eujacius, im sechzehnten Jahrhundert. Deren Grundcharakter war ein Zurückgehen auf die Quellen der Justinianeischen Legislation, und das Bestreben, die richtige Kenntniß des römischen Rechts, wie es unter Justinian galt, durch das Studium des römischen Alterthums überhaupt und der Geschichte des römischen Rechts insbesondere sich anzueignen.

Von dem in dieser Schule erwachten Forschergeist transpirirte auch Einiges nach Holland. Ohne dem Verdienste mancher Holländer um Philologie und Jurisprudenz zu nahe treten zu wollen, kann man nicht umhin zu bemerken, daß in Holland sich Alles gern ins Kleinliche zog, daß es daselbst sehr viele Männer gab, welche als Urtypus für den Famulus Wagner gelten können, und auf welche die Worte des Dichters ihre volle Anwendung finden:

„Wie nur dem Kopf nicht alle Hoffnung schwindet,
Der immerfort an schalem Zeuge klebt,
Mit gier'ger Hand nach Schätzen gräbt,
Und froh ist, wenn er Regenwürmer findet.“

So bestand der Geist der holländischen Schule, wenn das Wort Geist für ein solches Streben erlaubt ist, darin, das Recht nicht als Recht, sondern als Antiquität zu behandeln.

Wenden wir nun den Blick nach unserm deutschen Vaterlande. Die gewöhnliche Ansicht über die Aufnahme des römischen Rechts in Deutschland ist eine mehr äußerliche. Es soll eingeführt worden seyn durch die Vorliebe deutscher Gelehrten für alles Ausländische und Fremde, gepflegt und begünstigt von einer Geistlichkeit, die durch die Verordnungen der christlichen Kaiser, deren viele etwas an obscurer Bigotterie kränkelten, usurpirte Rechte habe begründen und neue Anmaßungen unterstützen können, in seiner Ausbreitung unterstützt durch Fürsten, die sich aller ihrer Herrschaft angelegten lästigen Fesseln zu entledigen getrachtet hätten; dabei wird noch anerkannt, daß es durch seine täuschende Vollständigkeit und durch seinen Reichthum an Entscheidungen einem Zustande angemessen habe erscheinen müssen, der durch die Entdeckung einer neuen Welt, durch das immer höhere Aufblühen des Handels und der Gewerbe, durch die steigende Herrschaft des Geldes, durch die Hinfälligkeit des alten Feudal-Regierungssystems so gewaltsam verändert und in Vergleichung gegen die frühere Zeit so unendlich mehr verwickelt und verschlungen gewesen sey.*)

Die Aufnahme des römischen Rechts in Deutschland ist ein welthistorisches Factum; das Recht selbst ist ein nothwendiges Moment in der Entwicklung der Menschheit. Dergleichen hat immer tiefere Gründe als die, welche auf der Oberfläche der Erscheinungen zu Tage liegen. Auf einen solchen weist uns im vorliegenden Fall besonders die Bedeutung des Staates selbst, in dem das römische Recht entstand. Der Unterschied zwischen den Staaten und Völkern des Alterthums und jenen der neuern Zeit besteht im Wesentlichen darin, daß bei den ersteren streng-nationelle Abgeschlossenheit stattfand, bei den letzteren dagegen ein Band der Gemeinsamkeit vorherrscht, vermittelt durch das Eine Ziel, dem Alle zustreben. Die welthistorische Aufgabe des römischen Weltreichs war, die Unterschiede zwischen den Völkern der alten Welt äußerlich aufzuheben, wozu denn auch die Annahme des römischen Rechts beitrug. **)

Die Fesseln des Völkerthums (gentilismus) innerlich zu lösen, war die Aufgabe des Christenthums. Wie dieses erst bei den germanischen Völkern und durch dieselben das geworden ist und noch werden wird, was es werden konnte und was es werden soll, so wurde auch das römische Recht erst unter den germanischen Völkern, nach Abstreifung der Formular- und National-Eigenthümlichkeiten Roms, wovon es sich schon in den spätern Zeiten des römischen Reichs selbst immer freier zu machen strebte, das, was es seyn sollte, das gemeine Recht der neuern Nationen, vielmehr der abendländischen Christenheit. Durch diese Idee des römischen Rechts ist die Erkenntniß von dem Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung wesentlich bedingt, wovon unten das Weitere anzuführen seyn wird.

Wir kehren nun zu der Darstellung der Rechtsschulen zurück.

*) Vgl. die Charakteristik in Puchta's Encyklopädie, Leipzig und Berlin bei G. Reimer, 1825.
*) Henke: Ueber das Wesen der Rechtswissenschaft und das Studium derselben in Deutschland. Regensburg, 1814. S. 571.
**) v. Savigny System des heut. röm. Rechts. I. Bd. S. 80.
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[1081/0009] A. Fr. J. Thibaut und sein Verhältniß zur Rechtswissenschaft. Was Thibaut den ihm näher gelegenen besonderen Kreisen, was er Heidelberg und Baden gewesen – darüber hat die tiefe Trauer bei seinem Tode (28 März d. J.) und Leichenbegängnisse, darüber der ehrenvolle Nachruf in der baden'schen Abgeordnetenkammer Kunde gegeben. Die folgenden Zeilen sind dem Versuche bestimmt, von der allgemeineren Wirksamkeit Thibauts und zunächst von seinem Verhältniß zur Rechtswissenschaft einen Abriß zu liefern. 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Ihr folgte die französische Schule, oder, wie sie auch nach ihrem größten Meister genannt wird, die Schule des Eujacius, im sechzehnten Jahrhundert. Deren Grundcharakter war ein Zurückgehen auf die Quellen der Justinianeischen Legislation, und das Bestreben, die richtige Kenntniß des römischen Rechts, wie es unter Justinian galt, durch das Studium des römischen Alterthums überhaupt und der Geschichte des römischen Rechts insbesondere sich anzueignen. Von dem in dieser Schule erwachten Forschergeist transpirirte auch Einiges nach Holland. Ohne dem Verdienste mancher Holländer um Philologie und Jurisprudenz zu nahe treten zu wollen, kann man nicht umhin zu bemerken, daß in Holland sich Alles gern ins Kleinliche zog, daß es daselbst sehr viele Männer gab, welche als Urtypus für den Famulus Wagner gelten können, und auf welche die Worte des Dichters ihre volle Anwendung finden: „Wie nur dem Kopf nicht alle Hoffnung schwindet, Der immerfort an schalem Zeuge klebt, Mit gier'ger Hand nach Schätzen gräbt, Und froh ist, wenn er Regenwürmer findet.“ So bestand der Geist der holländischen Schule, wenn das Wort Geist für ein solches Streben erlaubt ist, darin, das Recht nicht als Recht, sondern als Antiquität zu behandeln. Wenden wir nun den Blick nach unserm deutschen Vaterlande. Die gewöhnliche Ansicht über die Aufnahme des römischen Rechts in Deutschland ist eine mehr äußerliche. Es soll eingeführt worden seyn durch die Vorliebe deutscher Gelehrten für alles Ausländische und Fremde, gepflegt und begünstigt von einer Geistlichkeit, die durch die Verordnungen der christlichen Kaiser, deren viele etwas an obscurer Bigotterie kränkelten, usurpirte Rechte habe begründen und neue Anmaßungen unterstützen können, in seiner Ausbreitung unterstützt durch Fürsten, die sich aller ihrer Herrschaft angelegten lästigen Fesseln zu entledigen getrachtet hätten; dabei wird noch anerkannt, daß es durch seine täuschende Vollständigkeit und durch seinen Reichthum an Entscheidungen einem Zustande angemessen habe erscheinen müssen, der durch die Entdeckung einer neuen Welt, durch das immer höhere Aufblühen des Handels und der Gewerbe, durch die steigende Herrschaft des Geldes, durch die Hinfälligkeit des alten Feudal-Regierungssystems so gewaltsam verändert und in Vergleichung gegen die frühere Zeit so unendlich mehr verwickelt und verschlungen gewesen sey. *) Die Aufnahme des römischen Rechts in Deutschland ist ein welthistorisches Factum; das Recht selbst ist ein nothwendiges Moment in der Entwicklung der Menschheit. Dergleichen hat immer tiefere Gründe als die, welche auf der Oberfläche der Erscheinungen zu Tage liegen. Auf einen solchen weist uns im vorliegenden Fall besonders die Bedeutung des Staates selbst, in dem das römische Recht entstand. Der Unterschied zwischen den Staaten und Völkern des Alterthums und jenen der neuern Zeit besteht im Wesentlichen darin, daß bei den ersteren streng-nationelle Abgeschlossenheit stattfand, bei den letzteren dagegen ein Band der Gemeinsamkeit vorherrscht, vermittelt durch das Eine Ziel, dem Alle zustreben. Die welthistorische Aufgabe des römischen Weltreichs war, die Unterschiede zwischen den Völkern der alten Welt äußerlich aufzuheben, wozu denn auch die Annahme des römischen Rechts beitrug. **) Die Fesseln des Völkerthums (gentilismus) innerlich zu lösen, war die Aufgabe des Christenthums. Wie dieses erst bei den germanischen Völkern und durch dieselben das geworden ist und noch werden wird, was es werden konnte und was es werden soll, so wurde auch das römische Recht erst unter den germanischen Völkern, nach Abstreifung der Formular- und National-Eigenthümlichkeiten Roms, wovon es sich schon in den spätern Zeiten des römischen Reichs selbst immer freier zu machen strebte, das, was es seyn sollte, das gemeine Recht der neuern Nationen, vielmehr der abendländischen Christenheit. Durch diese Idee des römischen Rechts ist die Erkenntniß von dem Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung wesentlich bedingt, wovon unten das Weitere anzuführen seyn wird. Wir kehren nun zu der Darstellung der Rechtsschulen zurück. *) Vgl. die Charakteristik in Puchta's Encyklopädie, Leipzig und Berlin bei G. Reimer, 1825. *) Henke: Ueber das Wesen der Rechtswissenschaft und das Studium derselben in Deutschland. Regensburg, 1814. S. 571. **) v. Savigny System des heut. röm. Rechts. I. Bd. S. 80.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 136. Augsburg, 15. Mai 1840, S. 1081. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_136_18400515/9>, abgerufen am 23.11.2024.