Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 127. Augsburg, 6. Mai 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

veranstalten. Die hier zur Central-Verwaltung jener Colonien gehörende nordamerikanische Handelscompagnie hat der Akademie ihre thätigste Beihülfe zur Ausführung ihrer dortigen wissenschaftlichen Zwecke zugesagt.

Der bekannten Expedition, die England im September vergangenen Jahres in zwei Schiffen nach der südlichen Halbkugel absandte, um durch die ihr beigegebenen Gelehrten möglichst genaue magnetisch - meteorologische Beobachtungen auf St. Helena, dem Vorgebirge der guten Hoffnung, auf Vandiemens Land und Montreal anstellen zu lassen, haben auch wir uns jetzt in reger Theilnahme angeschlossen. In dieser Absicht fand im vergangenen Herbste die Zusammenkunft Sabine's, Leids und unsers Kupfer bei Hausen in Göttingen statt. Dort besprachen sich jene Gelehrten über eine gleichzeitige Ausführung dieser Beobachtungen in Rußland und den erwähnten englischen Besitzungen. Die Zusammenkunft hatte zur Folge, daß man jetzt magnetische Observatorien in Petersburg, Jekaterinenburg, Barnaul und Nertschinsk aufstellen wird. In der nächsten Folge dürfte die Zahl dieser Observatorien bei uns noch vermehrt, und so durch die vereinten Anstrengungen Englands und Rußlands die ganze Erdoberfläche mit einem weiten Netz magnetischer Beobachtungen umzogen werden.

(Beschluß folgt.)

Die Colonisation von Liberia.

(Beschluß.) Allen den genannten Gräueln wirkt die Gründung der Colonie von Liberia, wenn auch bis jetzt nur noch schwach, entgegen. Sie ist es, die zuerst europäische Cultur, und zwar durch Schwarze, in Afrika verbreitete, und hiedurch die Bahn zur Verbreitung des Christenthums legte, welches nun auf allen Seiten bis in das Herz jenes Welttheils eindringt. Die hiermit beauftragten Missionäre sind aber bis jetzt noch immer Weiße, von ihnen geht alle geistige Cultur, die religiöse wie die geistliche aus; sie allein schreiben, mit einer einzigen, leider nicht sehr ruhmwürdigen Ausnahme, alle Zeitungen der Colonie (bereits vier oder fünf an der Zahl), und der Gouverneur ist ebenfalls ein von der Colonisationsgesellschaft ernannter und besoldeter Amerikaner. Auch die Bewaffnung der Colonie geht von den Missionären aus, und die eigentlichen Fortificationen sind noch immer die von ihnen mit Kanonen versehenen Bethäuser. Auf diese Art imponiren sie auch am besten den meistens zur mohammedanischen Religion sich bekennenden kriegerischen Ashantees, einen Stamm, mit welchem die Amerikaner vielen Verkehr unterhalten, und ohne welchen die liberische Colonie gewiß schon ausgestorben wäre. Diese Ashantees vermiethen sich nämlich als Dienstboten und Feldarbeiter bei den aus Amerika nach Liberia gesandten freigelassenen Sklaven, die nun einmal mit der Freiheit keinen andern Begriff verbinden, als den des Nichtsthuns und angenehmen Lebens, wie etwa ihre ehemaligen Herren in Virginien und Carolina. Alle wollen auf Liberia Pflanzer oder Kaufleute werden, dabei aber nur die oberste Leitung der Geschäfte übernehmen, die eigentliche Arbeit aber den hiezu gemietheten eingebornen Afrikanern aufbürden. Wie die in Westindien freigelassenen Sklaven Gentlemen und Ladies genannt seyn wollen, so wollen die nach Liberia gesandten Neger nichts Anderes, als Gentlemen Farmers und Merchants werden, und bis auf einen gewissen Grad geht dieß auch an; aber eben deßwegen kommt die Colonie nicht vorwärts, und muß, wenn die dahin einwandernden eingebornen Afrikaner zum Christenthum sich nicht bekennen, endlich ganz in Barbarei verfallen. Nur durch den Anbau des Bodens gewinnt der nach Afrika gesandte amerikanische Neger ein Vaterland; so lang der Boden nicht von ihm selbst bebaut wird, bleibt er ein Fremdling auf seiner mütterlichen Erde, der im Zustand der Armuth sich hundertmal nach der Knechtschaft zurücksehnt, die es ihm wenigstens an Fleisch und Brod nie gebrechen ließ. Hiezu kommen noch die Beschwerlichkeiten des afrikanischen Feldbaues für die aus Amerika dahin einwandernden Neger. Diese scheinen durch ihre Versetzung in ein gemäßigteres Klima und durch die dort erhaltene Pflege - denn welcher Neger wäre in Amerika in Bezug auf seinen Körper nicht besser daran, als ein eingeborner afrikanischer König? - für das heiße Klima jenes Landstrichs selbst untauglich geworden zu seyn; denn wirklich ist die Sterblichkeit selbst unter den weißen Missionären geringer, als unter den doch weniger exponirten schwarzen Kaufleuten und Pflanzern; oder ist die weiße Natur überhaupt zum Herrschen geboren, und überwindet auch die Schwierigkeiten des Klima's leichter, als die auf einen engen Kreis beschränkten gefärbten Menschenracen? Dieselben Neger, die sich hier in den Freistaaten schneller vermehren als die Amerikaner, sterben in Afrika kinderlos, oder tragen die aus Amerika mitgebrachten Kinder dort zu Grabe. Ein farbiger Missionär, der mit Weib und Kinder vor wenigen Jahren dahin auswanderte, kam erst vor drei Monaten weib- und kinderlos zurück, um seine Brüder hier vor dem Leichenhaus der Schwarzen, wie er Liberia nennt, zu warnen, und Hunderte von Amerikanern und Negern haben dem Klima von Liberia dasselbe Urtheil gesprochen. In Westindien und in den südlichen Staaten der Union existirt zwar alljährlich das gelbe Fieber, das nun freilich die Neger fast nie anfällt, aber davon angefallene Weiße sind, wenn sie dasselbe einmal überstanden, acclimatisirt, und brauchen diese Geißel der Menschheit nicht länger zu fürchten. Nicht so in Afrika. Das Fieber in Liberia ist zwar nicht sogleich tödtlich oder entzündlicher Natur, wie die hier im Süden herrschende Krankheit, kehrt aber zehn- und zwanzigmal wieder, bis es endlich sein Opfer langsam erwürgt. Der mit mir gereiste Capitän wurde von demselben nicht weniger als fünfzehnmal angefallen, und hätte ich ihn schlafend erblickt, so würde mir gewiß die Frage entschlüpft seyn: warum begräbt man diese Leiche nicht? so war sein Auge gebrochen, sein Gesicht eingefallen, seine Lippen erbleicht und sein Haar ausgefallen! Aber was kann ich Ihnen über den zerstörenden Einfluß des Klima's auf die Constitution der Neger Fürchterlicheres mittheilen, als die Statistik der Bevölkerung der Colonie? 13,000 Neger sind seit den letzten 20 Jahren dahin verpflanzt worden (seit der Gründung derselben vielleicht mehr als 20,000), und doch erstreckt sich ihre Zahl jetzt auf nicht mehr als circa 5000; die übrigen 30,000 sind eingewanderte Mittel-Afrikaner, meistens Ashantees und Croomen. Die Bevölkerung hat also um mehr als 61 Procent abgenommen, und dieß bei einer wegen ihrer Fruchtbarkeit so sehr bewunderten Menschenrace. Freilich sagen die Amerikaner, die Neger verhungern in Liberia, weil sie nicht arbeiten wollen, aber wenn man überlegt, daß der afrikanische Boden, nach den Berichten der Missionäre, noch ergiebiger ist als der amerikanische, daß ein paar Kornähren hinreichen, einen Neger zu sättigen, und daß 30,000 eingeborne Neger bereit sind, wenigstens bis auf einen gewissen Grad den Colonisten zu dienen, so muß man nothwendigerweise diese ungeheure Sterblichkeit auf Rechnung des Klima's oder der schlechten Verwaltung der Colonie schreiben. Warum sagt man auch den Sklaven, daß man sie nach Liberia führe, um sie dort zu Herren machen? Warum sagt man ihnen nicht die Wahrheit: daß man sie dahin führe, um sie dort für sich selbst arbeiten zu lassen, weil man sie in Amerika nicht mehr nöthig hat? Ein Mensch, der in seinen Erwartungen

veranstalten. Die hier zur Central-Verwaltung jener Colonien gehörende nordamerikanische Handelscompagnie hat der Akademie ihre thätigste Beihülfe zur Ausführung ihrer dortigen wissenschaftlichen Zwecke zugesagt.

Der bekannten Expedition, die England im September vergangenen Jahres in zwei Schiffen nach der südlichen Halbkugel absandte, um durch die ihr beigegebenen Gelehrten möglichst genaue magnetisch - meteorologische Beobachtungen auf St. Helena, dem Vorgebirge der guten Hoffnung, auf Vandiemens Land und Montreal anstellen zu lassen, haben auch wir uns jetzt in reger Theilnahme angeschlossen. In dieser Absicht fand im vergangenen Herbste die Zusammenkunft Sabine's, Leids und unsers Kupfer bei Hausen in Göttingen statt. Dort besprachen sich jene Gelehrten über eine gleichzeitige Ausführung dieser Beobachtungen in Rußland und den erwähnten englischen Besitzungen. Die Zusammenkunft hatte zur Folge, daß man jetzt magnetische Observatorien in Petersburg, Jekaterinenburg, Barnaul und Nertschinsk aufstellen wird. In der nächsten Folge dürfte die Zahl dieser Observatorien bei uns noch vermehrt, und so durch die vereinten Anstrengungen Englands und Rußlands die ganze Erdoberfläche mit einem weiten Netz magnetischer Beobachtungen umzogen werden.

(Beschluß folgt.)

Die Colonisation von Liberia.

(Beschluß.) Allen den genannten Gräueln wirkt die Gründung der Colonie von Liberia, wenn auch bis jetzt nur noch schwach, entgegen. Sie ist es, die zuerst europäische Cultur, und zwar durch Schwarze, in Afrika verbreitete, und hiedurch die Bahn zur Verbreitung des Christenthums legte, welches nun auf allen Seiten bis in das Herz jenes Welttheils eindringt. Die hiermit beauftragten Missionäre sind aber bis jetzt noch immer Weiße, von ihnen geht alle geistige Cultur, die religiöse wie die geistliche aus; sie allein schreiben, mit einer einzigen, leider nicht sehr ruhmwürdigen Ausnahme, alle Zeitungen der Colonie (bereits vier oder fünf an der Zahl), und der Gouverneur ist ebenfalls ein von der Colonisationsgesellschaft ernannter und besoldeter Amerikaner. Auch die Bewaffnung der Colonie geht von den Missionären aus, und die eigentlichen Fortificationen sind noch immer die von ihnen mit Kanonen versehenen Bethäuser. Auf diese Art imponiren sie auch am besten den meistens zur mohammedanischen Religion sich bekennenden kriegerischen Ashantees, einen Stamm, mit welchem die Amerikaner vielen Verkehr unterhalten, und ohne welchen die liberische Colonie gewiß schon ausgestorben wäre. Diese Ashantees vermiethen sich nämlich als Dienstboten und Feldarbeiter bei den aus Amerika nach Liberia gesandten freigelassenen Sklaven, die nun einmal mit der Freiheit keinen andern Begriff verbinden, als den des Nichtsthuns und angenehmen Lebens, wie etwa ihre ehemaligen Herren in Virginien und Carolina. Alle wollen auf Liberia Pflanzer oder Kaufleute werden, dabei aber nur die oberste Leitung der Geschäfte übernehmen, die eigentliche Arbeit aber den hiezu gemietheten eingebornen Afrikanern aufbürden. Wie die in Westindien freigelassenen Sklaven Gentlemen und Ladies genannt seyn wollen, so wollen die nach Liberia gesandten Neger nichts Anderes, als Gentlemen Farmers und Merchants werden, und bis auf einen gewissen Grad geht dieß auch an; aber eben deßwegen kommt die Colonie nicht vorwärts, und muß, wenn die dahin einwandernden eingebornen Afrikaner zum Christenthum sich nicht bekennen, endlich ganz in Barbarei verfallen. Nur durch den Anbau des Bodens gewinnt der nach Afrika gesandte amerikanische Neger ein Vaterland; so lang der Boden nicht von ihm selbst bebaut wird, bleibt er ein Fremdling auf seiner mütterlichen Erde, der im Zustand der Armuth sich hundertmal nach der Knechtschaft zurücksehnt, die es ihm wenigstens an Fleisch und Brod nie gebrechen ließ. Hiezu kommen noch die Beschwerlichkeiten des afrikanischen Feldbaues für die aus Amerika dahin einwandernden Neger. Diese scheinen durch ihre Versetzung in ein gemäßigteres Klima und durch die dort erhaltene Pflege – denn welcher Neger wäre in Amerika in Bezug auf seinen Körper nicht besser daran, als ein eingeborner afrikanischer König? – für das heiße Klima jenes Landstrichs selbst untauglich geworden zu seyn; denn wirklich ist die Sterblichkeit selbst unter den weißen Missionären geringer, als unter den doch weniger exponirten schwarzen Kaufleuten und Pflanzern; oder ist die weiße Natur überhaupt zum Herrschen geboren, und überwindet auch die Schwierigkeiten des Klima's leichter, als die auf einen engen Kreis beschränkten gefärbten Menschenracen? Dieselben Neger, die sich hier in den Freistaaten schneller vermehren als die Amerikaner, sterben in Afrika kinderlos, oder tragen die aus Amerika mitgebrachten Kinder dort zu Grabe. Ein farbiger Missionär, der mit Weib und Kinder vor wenigen Jahren dahin auswanderte, kam erst vor drei Monaten weib- und kinderlos zurück, um seine Brüder hier vor dem Leichenhaus der Schwarzen, wie er Liberia nennt, zu warnen, und Hunderte von Amerikanern und Negern haben dem Klima von Liberia dasselbe Urtheil gesprochen. In Westindien und in den südlichen Staaten der Union existirt zwar alljährlich das gelbe Fieber, das nun freilich die Neger fast nie anfällt, aber davon angefallene Weiße sind, wenn sie dasselbe einmal überstanden, acclimatisirt, und brauchen diese Geißel der Menschheit nicht länger zu fürchten. Nicht so in Afrika. Das Fieber in Liberia ist zwar nicht sogleich tödtlich oder entzündlicher Natur, wie die hier im Süden herrschende Krankheit, kehrt aber zehn- und zwanzigmal wieder, bis es endlich sein Opfer langsam erwürgt. Der mit mir gereiste Capitän wurde von demselben nicht weniger als fünfzehnmal angefallen, und hätte ich ihn schlafend erblickt, so würde mir gewiß die Frage entschlüpft seyn: warum begräbt man diese Leiche nicht? so war sein Auge gebrochen, sein Gesicht eingefallen, seine Lippen erbleicht und sein Haar ausgefallen! Aber was kann ich Ihnen über den zerstörenden Einfluß des Klima's auf die Constitution der Neger Fürchterlicheres mittheilen, als die Statistik der Bevölkerung der Colonie? 13,000 Neger sind seit den letzten 20 Jahren dahin verpflanzt worden (seit der Gründung derselben vielleicht mehr als 20,000), und doch erstreckt sich ihre Zahl jetzt auf nicht mehr als circa 5000; die übrigen 30,000 sind eingewanderte Mittel-Afrikaner, meistens Ashantees und Croomen. Die Bevölkerung hat also um mehr als 61 Procent abgenommen, und dieß bei einer wegen ihrer Fruchtbarkeit so sehr bewunderten Menschenrace. Freilich sagen die Amerikaner, die Neger verhungern in Liberia, weil sie nicht arbeiten wollen, aber wenn man überlegt, daß der afrikanische Boden, nach den Berichten der Missionäre, noch ergiebiger ist als der amerikanische, daß ein paar Kornähren hinreichen, einen Neger zu sättigen, und daß 30,000 eingeborne Neger bereit sind, wenigstens bis auf einen gewissen Grad den Colonisten zu dienen, so muß man nothwendigerweise diese ungeheure Sterblichkeit auf Rechnung des Klima's oder der schlechten Verwaltung der Colonie schreiben. Warum sagt man auch den Sklaven, daß man sie nach Liberia führe, um sie dort zu Herren machen? Warum sagt man ihnen nicht die Wahrheit: daß man sie dahin führe, um sie dort für sich selbst arbeiten zu lassen, weil man sie in Amerika nicht mehr nöthig hat? Ein Mensch, der in seinen Erwartungen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0010" n="1010"/>
veranstalten. Die hier zur Central-Verwaltung jener Colonien gehörende nordamerikanische Handelscompagnie hat der Akademie ihre thätigste Beihülfe zur Ausführung ihrer dortigen wissenschaftlichen Zwecke zugesagt.</p><lb/>
          <p>Der bekannten Expedition, die England im September vergangenen Jahres in zwei Schiffen nach der südlichen Halbkugel absandte, um durch die ihr beigegebenen Gelehrten möglichst genaue magnetisch - meteorologische Beobachtungen auf St. Helena, dem Vorgebirge der guten Hoffnung, auf Vandiemens Land und Montreal anstellen zu lassen, haben auch wir uns jetzt in reger Theilnahme angeschlossen. In dieser Absicht fand im vergangenen Herbste die Zusammenkunft Sabine's, Leids und unsers Kupfer bei Hausen in Göttingen statt. Dort besprachen sich jene Gelehrten über eine gleichzeitige Ausführung dieser Beobachtungen in Rußland und den erwähnten englischen Besitzungen. Die Zusammenkunft hatte zur Folge, daß man jetzt magnetische Observatorien in Petersburg, Jekaterinenburg, Barnaul und Nertschinsk aufstellen wird. In der nächsten Folge dürfte die Zahl dieser Observatorien bei uns noch vermehrt, und so durch die vereinten Anstrengungen Englands und Rußlands die ganze Erdoberfläche mit einem weiten Netz magnetischer Beobachtungen umzogen werden.</p><lb/>
          <p>(Beschluß folgt.)</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Die Colonisation von Liberia</hi>.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">New-York,</hi> Ende März.</dateline>
          <p> (Beschluß.) Allen den genannten Gräueln wirkt die Gründung der Colonie von Liberia, wenn auch bis jetzt nur noch schwach, entgegen. Sie ist es, die zuerst europäische Cultur, und zwar durch Schwarze, in Afrika verbreitete, und hiedurch die Bahn zur Verbreitung des Christenthums legte, welches nun auf allen Seiten bis in das Herz jenes Welttheils eindringt. Die hiermit beauftragten Missionäre sind aber bis jetzt noch immer Weiße, von ihnen geht alle geistige Cultur, die religiöse wie die geistliche aus; sie allein schreiben, mit einer einzigen, leider nicht sehr ruhmwürdigen Ausnahme, alle Zeitungen der Colonie (bereits vier oder fünf an der Zahl), und der Gouverneur ist ebenfalls ein von der Colonisationsgesellschaft ernannter und besoldeter Amerikaner. Auch die Bewaffnung der Colonie geht von den Missionären aus, und die eigentlichen Fortificationen sind noch immer die von ihnen mit Kanonen versehenen Bethäuser. Auf diese Art imponiren sie auch am besten den meistens zur mohammedanischen Religion sich bekennenden kriegerischen <hi rendition="#g">Ashantees</hi>, einen Stamm, mit welchem die Amerikaner vielen Verkehr unterhalten, und ohne welchen die liberische Colonie gewiß schon ausgestorben wäre. Diese Ashantees vermiethen sich nämlich als Dienstboten und Feldarbeiter bei den aus Amerika nach Liberia gesandten freigelassenen Sklaven, die nun einmal mit der Freiheit keinen andern Begriff verbinden, als den des Nichtsthuns und angenehmen Lebens, wie etwa ihre ehemaligen Herren in Virginien und Carolina. Alle wollen auf Liberia Pflanzer oder Kaufleute werden, dabei aber nur die oberste Leitung der Geschäfte übernehmen, die eigentliche Arbeit aber den hiezu gemietheten <hi rendition="#g">eingebornen</hi> Afrikanern aufbürden. Wie die in Westindien freigelassenen Sklaven Gentlemen und Ladies genannt seyn wollen, so wollen die nach Liberia gesandten Neger nichts Anderes, als Gentlemen Farmers und Merchants werden, und bis auf einen gewissen Grad geht dieß auch an; aber eben deßwegen kommt die Colonie nicht vorwärts, und muß, wenn die dahin einwandernden eingebornen Afrikaner zum Christenthum sich nicht bekennen, endlich ganz in Barbarei verfallen. Nur durch den Anbau des Bodens gewinnt der nach Afrika gesandte <hi rendition="#g">amerikanische</hi> Neger ein Vaterland; so lang der Boden nicht von ihm selbst bebaut wird, bleibt er ein Fremdling auf seiner mütterlichen Erde, der im Zustand der Armuth sich hundertmal nach der Knechtschaft zurücksehnt, die es ihm wenigstens an Fleisch und Brod nie gebrechen ließ. Hiezu kommen noch die Beschwerlichkeiten des afrikanischen Feldbaues für die aus Amerika dahin einwandernden Neger. Diese scheinen durch ihre Versetzung in ein gemäßigteres Klima und durch die dort erhaltene Pflege &#x2013; denn welcher Neger wäre in Amerika in Bezug auf seinen Körper nicht besser daran, als ein eingeborner afrikanischer König? &#x2013; für das heiße Klima jenes Landstrichs selbst untauglich geworden zu seyn; denn wirklich ist die Sterblichkeit selbst unter den <hi rendition="#g">weißen</hi> Missionären geringer, als unter den doch weniger exponirten <hi rendition="#g">schwarzen</hi> Kaufleuten und Pflanzern; oder ist die <hi rendition="#g">weiße</hi> Natur überhaupt zum Herrschen geboren, und überwindet auch die Schwierigkeiten des Klima's leichter, als die auf einen engen Kreis beschränkten gefärbten Menschenracen? Dieselben Neger, die sich hier in den Freistaaten schneller vermehren als die Amerikaner, sterben in Afrika kinderlos, oder tragen die aus Amerika mitgebrachten Kinder dort zu Grabe. Ein farbiger Missionär, der mit Weib und Kinder vor wenigen Jahren dahin auswanderte, kam erst vor drei Monaten weib- und kinderlos zurück, um seine Brüder hier vor dem <hi rendition="#g">Leichenhaus der Schwarzen</hi>, wie er Liberia nennt, zu warnen, und Hunderte von Amerikanern und Negern haben dem Klima von Liberia dasselbe Urtheil gesprochen. In Westindien und in den südlichen Staaten der Union existirt zwar alljährlich das gelbe Fieber, das nun freilich die Neger fast nie anfällt, aber davon angefallene Weiße sind, wenn sie dasselbe einmal überstanden, acclimatisirt, und brauchen diese Geißel der Menschheit nicht länger zu fürchten. Nicht so in Afrika. Das Fieber in Liberia ist zwar nicht sogleich tödtlich oder entzündlicher Natur, wie die hier im Süden herrschende Krankheit, kehrt aber zehn- und zwanzigmal wieder, bis es endlich sein Opfer langsam erwürgt. Der mit mir gereiste Capitän wurde von demselben nicht weniger als fünfzehnmal angefallen, und hätte ich ihn schlafend erblickt, so würde mir gewiß die Frage entschlüpft seyn: warum begräbt man diese Leiche nicht? so war sein Auge gebrochen, sein Gesicht eingefallen, seine Lippen erbleicht und sein Haar ausgefallen! Aber was kann ich Ihnen über den zerstörenden Einfluß des Klima's auf die Constitution der Neger Fürchterlicheres mittheilen, als die Statistik der Bevölkerung der Colonie? 13,000 Neger sind seit den letzten 20 Jahren dahin verpflanzt worden (seit der Gründung derselben vielleicht mehr als 20,000), und doch erstreckt sich ihre Zahl jetzt auf nicht mehr als circa 5000; die übrigen 30,000 sind eingewanderte Mittel-Afrikaner, meistens Ashantees und Croomen. Die Bevölkerung hat also um mehr als 61 Procent abgenommen, und dieß bei einer wegen ihrer Fruchtbarkeit so sehr bewunderten Menschenrace. Freilich sagen die Amerikaner, <hi rendition="#g">die Neger verhungern in Liberia</hi>, weil sie nicht arbeiten wollen, aber wenn man überlegt, daß der afrikanische Boden, nach den Berichten der Missionäre, noch ergiebiger ist als der amerikanische, daß ein paar Kornähren hinreichen, einen Neger zu sättigen, und daß 30,000 eingeborne Neger bereit sind, wenigstens bis auf einen gewissen Grad den Colonisten zu dienen, so muß man nothwendigerweise diese ungeheure Sterblichkeit auf Rechnung des Klima's oder der schlechten Verwaltung der Colonie schreiben. Warum sagt man auch den Sklaven, daß man sie nach Liberia führe, um sie dort zu Herren machen? Warum sagt man ihnen nicht die Wahrheit: daß man sie dahin führe, um sie dort für sich selbst arbeiten zu lassen, weil man sie in Amerika nicht mehr nöthig hat? Ein Mensch, der in seinen Erwartungen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1010/0010] veranstalten. Die hier zur Central-Verwaltung jener Colonien gehörende nordamerikanische Handelscompagnie hat der Akademie ihre thätigste Beihülfe zur Ausführung ihrer dortigen wissenschaftlichen Zwecke zugesagt. Der bekannten Expedition, die England im September vergangenen Jahres in zwei Schiffen nach der südlichen Halbkugel absandte, um durch die ihr beigegebenen Gelehrten möglichst genaue magnetisch - meteorologische Beobachtungen auf St. Helena, dem Vorgebirge der guten Hoffnung, auf Vandiemens Land und Montreal anstellen zu lassen, haben auch wir uns jetzt in reger Theilnahme angeschlossen. In dieser Absicht fand im vergangenen Herbste die Zusammenkunft Sabine's, Leids und unsers Kupfer bei Hausen in Göttingen statt. Dort besprachen sich jene Gelehrten über eine gleichzeitige Ausführung dieser Beobachtungen in Rußland und den erwähnten englischen Besitzungen. Die Zusammenkunft hatte zur Folge, daß man jetzt magnetische Observatorien in Petersburg, Jekaterinenburg, Barnaul und Nertschinsk aufstellen wird. In der nächsten Folge dürfte die Zahl dieser Observatorien bei uns noch vermehrt, und so durch die vereinten Anstrengungen Englands und Rußlands die ganze Erdoberfläche mit einem weiten Netz magnetischer Beobachtungen umzogen werden. (Beschluß folgt.) Die Colonisation von Liberia. _ New-York, Ende März. (Beschluß.) Allen den genannten Gräueln wirkt die Gründung der Colonie von Liberia, wenn auch bis jetzt nur noch schwach, entgegen. Sie ist es, die zuerst europäische Cultur, und zwar durch Schwarze, in Afrika verbreitete, und hiedurch die Bahn zur Verbreitung des Christenthums legte, welches nun auf allen Seiten bis in das Herz jenes Welttheils eindringt. Die hiermit beauftragten Missionäre sind aber bis jetzt noch immer Weiße, von ihnen geht alle geistige Cultur, die religiöse wie die geistliche aus; sie allein schreiben, mit einer einzigen, leider nicht sehr ruhmwürdigen Ausnahme, alle Zeitungen der Colonie (bereits vier oder fünf an der Zahl), und der Gouverneur ist ebenfalls ein von der Colonisationsgesellschaft ernannter und besoldeter Amerikaner. Auch die Bewaffnung der Colonie geht von den Missionären aus, und die eigentlichen Fortificationen sind noch immer die von ihnen mit Kanonen versehenen Bethäuser. Auf diese Art imponiren sie auch am besten den meistens zur mohammedanischen Religion sich bekennenden kriegerischen Ashantees, einen Stamm, mit welchem die Amerikaner vielen Verkehr unterhalten, und ohne welchen die liberische Colonie gewiß schon ausgestorben wäre. Diese Ashantees vermiethen sich nämlich als Dienstboten und Feldarbeiter bei den aus Amerika nach Liberia gesandten freigelassenen Sklaven, die nun einmal mit der Freiheit keinen andern Begriff verbinden, als den des Nichtsthuns und angenehmen Lebens, wie etwa ihre ehemaligen Herren in Virginien und Carolina. Alle wollen auf Liberia Pflanzer oder Kaufleute werden, dabei aber nur die oberste Leitung der Geschäfte übernehmen, die eigentliche Arbeit aber den hiezu gemietheten eingebornen Afrikanern aufbürden. Wie die in Westindien freigelassenen Sklaven Gentlemen und Ladies genannt seyn wollen, so wollen die nach Liberia gesandten Neger nichts Anderes, als Gentlemen Farmers und Merchants werden, und bis auf einen gewissen Grad geht dieß auch an; aber eben deßwegen kommt die Colonie nicht vorwärts, und muß, wenn die dahin einwandernden eingebornen Afrikaner zum Christenthum sich nicht bekennen, endlich ganz in Barbarei verfallen. Nur durch den Anbau des Bodens gewinnt der nach Afrika gesandte amerikanische Neger ein Vaterland; so lang der Boden nicht von ihm selbst bebaut wird, bleibt er ein Fremdling auf seiner mütterlichen Erde, der im Zustand der Armuth sich hundertmal nach der Knechtschaft zurücksehnt, die es ihm wenigstens an Fleisch und Brod nie gebrechen ließ. Hiezu kommen noch die Beschwerlichkeiten des afrikanischen Feldbaues für die aus Amerika dahin einwandernden Neger. Diese scheinen durch ihre Versetzung in ein gemäßigteres Klima und durch die dort erhaltene Pflege – denn welcher Neger wäre in Amerika in Bezug auf seinen Körper nicht besser daran, als ein eingeborner afrikanischer König? – für das heiße Klima jenes Landstrichs selbst untauglich geworden zu seyn; denn wirklich ist die Sterblichkeit selbst unter den weißen Missionären geringer, als unter den doch weniger exponirten schwarzen Kaufleuten und Pflanzern; oder ist die weiße Natur überhaupt zum Herrschen geboren, und überwindet auch die Schwierigkeiten des Klima's leichter, als die auf einen engen Kreis beschränkten gefärbten Menschenracen? Dieselben Neger, die sich hier in den Freistaaten schneller vermehren als die Amerikaner, sterben in Afrika kinderlos, oder tragen die aus Amerika mitgebrachten Kinder dort zu Grabe. Ein farbiger Missionär, der mit Weib und Kinder vor wenigen Jahren dahin auswanderte, kam erst vor drei Monaten weib- und kinderlos zurück, um seine Brüder hier vor dem Leichenhaus der Schwarzen, wie er Liberia nennt, zu warnen, und Hunderte von Amerikanern und Negern haben dem Klima von Liberia dasselbe Urtheil gesprochen. In Westindien und in den südlichen Staaten der Union existirt zwar alljährlich das gelbe Fieber, das nun freilich die Neger fast nie anfällt, aber davon angefallene Weiße sind, wenn sie dasselbe einmal überstanden, acclimatisirt, und brauchen diese Geißel der Menschheit nicht länger zu fürchten. Nicht so in Afrika. Das Fieber in Liberia ist zwar nicht sogleich tödtlich oder entzündlicher Natur, wie die hier im Süden herrschende Krankheit, kehrt aber zehn- und zwanzigmal wieder, bis es endlich sein Opfer langsam erwürgt. Der mit mir gereiste Capitän wurde von demselben nicht weniger als fünfzehnmal angefallen, und hätte ich ihn schlafend erblickt, so würde mir gewiß die Frage entschlüpft seyn: warum begräbt man diese Leiche nicht? so war sein Auge gebrochen, sein Gesicht eingefallen, seine Lippen erbleicht und sein Haar ausgefallen! Aber was kann ich Ihnen über den zerstörenden Einfluß des Klima's auf die Constitution der Neger Fürchterlicheres mittheilen, als die Statistik der Bevölkerung der Colonie? 13,000 Neger sind seit den letzten 20 Jahren dahin verpflanzt worden (seit der Gründung derselben vielleicht mehr als 20,000), und doch erstreckt sich ihre Zahl jetzt auf nicht mehr als circa 5000; die übrigen 30,000 sind eingewanderte Mittel-Afrikaner, meistens Ashantees und Croomen. Die Bevölkerung hat also um mehr als 61 Procent abgenommen, und dieß bei einer wegen ihrer Fruchtbarkeit so sehr bewunderten Menschenrace. Freilich sagen die Amerikaner, die Neger verhungern in Liberia, weil sie nicht arbeiten wollen, aber wenn man überlegt, daß der afrikanische Boden, nach den Berichten der Missionäre, noch ergiebiger ist als der amerikanische, daß ein paar Kornähren hinreichen, einen Neger zu sättigen, und daß 30,000 eingeborne Neger bereit sind, wenigstens bis auf einen gewissen Grad den Colonisten zu dienen, so muß man nothwendigerweise diese ungeheure Sterblichkeit auf Rechnung des Klima's oder der schlechten Verwaltung der Colonie schreiben. Warum sagt man auch den Sklaven, daß man sie nach Liberia führe, um sie dort zu Herren machen? Warum sagt man ihnen nicht die Wahrheit: daß man sie dahin führe, um sie dort für sich selbst arbeiten zu lassen, weil man sie in Amerika nicht mehr nöthig hat? Ein Mensch, der in seinen Erwartungen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_127_18400506
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_127_18400506/10
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 127. Augsburg, 6. Mai 1840, S. 1010. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_127_18400506/10>, abgerufen am 24.11.2024.