Allgemeine Zeitung. Nr. 105. Augsburg, 14. April 1840.auf Antrag der Polizeibehörde erfolgen soll, wurde durch eine kleine Majorität abgelehnt. Durch Baumgärtner und Schaaff wurde bemerkt, daß in geringeren Fällen die Polizeibehörden das Straferkenntniß müssen geben können, wofür sich auch der Staatsrath von Rüdt erklärte. Es wurde jedoch kein bestimmter Antrag gestellt. Die Frage wird beim Einführungsedict wieder zur Sprache kommen. Der Titel XIV, von der Tödtung im Mutterleib und Abtreibung der Leibesfrucht, wurde ohne Aenderung angenommen. Titel XV, von unbefugter Ausübung der Heilkunde. Nach §. 230 soll derjenige, welcher unbefugterweise ärztliche, wundärztliche oder hebärztliche Verrichtungen vornimmt, mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft werden, wenn es geschieht, nachdem er 1) früher wegen einer fahrlässigen, durch solche Verrichtungen verursachten Tödtung oder Körperverletzung schon einmal gerichtlich, oder 2) ohne diese Voraussetzung wegen solcher Verrichtungen bereits zweimal polizeilich bestraft worden ist. Ein Antrag des Staatsraths Jolly, im letztern Fall die gerichtliche Bestrafung nur auf Antrag der Polizeibehörde eintreten zu lassen, wurde hier, wo es sich um eine reine Polizeisache handle, ohne Discussion angenommen. In der heutigen Sitzung wurden die Titel XVI von der Selbstverstümmlung, XVII von der Aussetzung hülfloser Kinder oder anderer hülfloser Personen, XVIII von Menschenraub und Kinderdiebstahl, und XIX von widerrechtlicher Gefangenhaltung, von Verbrechen der Gewaltthätigkeit, von unerlaubter Selbsthülfe und strafbaren Drohungen berathen. §§. 232 bis 258. Die Selbstverstümmlung wird nur bestraft, wenn sich der Kriegsdienstpflichtige dadurch vorsätzlich zum Kriegsdienst untauglich macht. v. Rotteck fand darin die Idee einer Leibherrlichkeit, indem der Bürger über seinen Leib nicht verfügen könne, weil ein Anderer (der Staat) ein Recht auf denselben habe. Er erklärte sich daher gegen die Bestrafung der Selbstverstümmlung; dem Einwand, daß durch eine solche Selbstverstümmlung der an die Stelle des Untauglichen einberufene Nachmann gefährdet werde, begegnete er damit, daß der Verstümmelte dieses Einrücken des Nachmannes nicht verlange, er es also auch nicht zu verantworten habe. Der Berichterstatter über diesen Titel, Zentner, und der Abgeordnete Schaaff sprachen für den Entwurf, der sofort auch angenommen wurde. Die Aussetzung von Kindern oder andern hülflosen Personen wird, wenn der Ausgesetzte dadurch nicht verletzt wurde, mit Gefängniß bestraft, bei eingetretener Verletzung aber von Kreisgefängniß oder Arbeitshaus, und bei eingetretener Tödtung von denjenigen Strafen getroffen, welche auf eine fahrlässige, durch vorsätzliche Körperverletzung verursachte Tödtung gesetzt sind. §§. 235 bis 239 angenommen. Nach §. 243 soll derjenige, der ein ausgesetztes, hülfloses Kind etc. findet, und es unterläßt, durch Anzeige bei der Obrigkeit oder auf andere Weise für die Rettung desselben zu sorgen, wenn es dadurch ums Leben kommt, mit Gefängniß, und wenn es beschädigt wird, mit Gefängniß oder Geld bis zu 300 Gulden bestraft werden. Die Commission beantragte die Streichung dieses Paragraphen, weil man sonst auch in andern Fällen die Rettung eines in Lebensgefahr Befindlichen mit Strafandrohung vorschreiben müßte. Ein von Rotteck angeregter und vom Geheimrath Duttlinger gestellter und näher begründeter Antrag auf Wiederherstellung des Regierungsentwurfs wurde von Bader, Sander und Christ bekämpft, sofort verworfen. Zu §. 249 wurde in Bezug auf den Menschenraub und Kinderdiebstahl auf Antrag Sanders und Duttlingers beschlossen, daß die Verjährung der gerichtlichen Verfolgung erst von dem Zeitpunkt an laufe, wo der Geraubte seine Freiheit erlangt und das gestohlene Kind zu seiner Familie wieder zurückgekommen ist. Im Titel über das widerrechtliche Gefangenhalten schlug die Commission einen Satz (§. 252 a) vor, daß auch Eltern, Vormünder, Erzieher und Lehrmeister von der Strafe der widerrechtlichen Gefangenhaltung getroffen werden, wenn und so weit sie durch Einsperren oder Gefangenhalten ihre Gewalt überschreiten. Nach einer Erörterung zwischen Mohr, Bekk, Zentner, Rotteck und Sander wurde der Artikel an die Commission zurückgewiesen, um zur Sicherung der Eltern etc. in ihrem Züchtigungsrecht die Gränzen zu begutachten, bei welchen eine Ueberschreitung strafbar seyn könne. Das vage Verbrechen der Gewaltthätigkeit (§. 253) hielt Sander für überflüssig, da alle bedeutenden Verbrechen, wo eine Gewalt gegen Personen vorkomme, besonders bedroht seyen. Obkircher (Berichterstatter), Duttlinger und Schaaff erzählen aber verschiedene Fälle, wo eine sehr strafbare Gewalt gegen Personen vorkomme, ohne daß sie eines der speciell bezeichneten Verbrechen (wie Raub, Erpressung, Gefangenhaltung, Nothzucht, Entführung etc.) ausmache. Der Artikel wurde angenommen, jedoch das Maximum der Arbeitshausstrafe von drei Jahren auf zwei Jahre herabgesetzt, und neben der Gefängnißstrafe alternativ für geringere Fälle Geldstrafe gedroht. Nach §. 255 sollen Drohungen mit bestimmten schweren Verbrechen und Vorbereitungshandlungen zu solchen, wenn die Ausführung mit Grund zu befürchten ist, die Stellung unter polizeiliche Aufsicht zur Folge haben, sofern der Drohende oder Handelnde nicht selbst und durch zwei unbescholtene Männer mit einer vom Richter zu bestimmenden Summe Sicherheit leistet. Sander wollte Vorbereitungshandlungen mit Strafe bedrohen, wurde aber von Welcker bekämpft und fand keine Unterstützung. Gerbel: es müsse genügen, wenn der Drohende etc. selbst Sicherheit leiste, es bedürfe dazu keiner weitern zwei Männer. Von der Regierungscommission wurde erwiedert: die Einmischung von zwei unbescholtenen Männern gebe zugleich eine moralische Garantie. Diese werden, da gewissermaßen ihre Name eingesetzt sey, um so mehr wachen, den Thäter von Verbrechen abzuhalten, und wenn er solche unbescholtene Männer nicht beibringe, werde der letztere unter polizeiliche Aufsicht gestellt. Auf Trefurts Vorschlag wurde indessen beschlossen, zu setzen: selbst oder durch zwei unbescholtene Männer. Algier. Der Besetzung Scherschels folgte, was längst vorausgesehen worden: die Auswanderung der Hadschuten aus der Metidscha. Es ist dieß ein Resultat von so hoher Wichtigkeit für die europäischen Niederlassungen in der Umgegend von Algier, daß man sich nur wundern muß, warum diese Expedition nicht längst schon unternommen worden, warum man lieber anerkannt nutzlose und lästige Punkte, wie Budschia und Dschischelli besetzte, statt durch die Einnahme von Scherschel die Wohnsitze der Hadschuten von zwei Seiten zu bedrohen, und diesen berüchtigten Räuberstamm, welcher seit zehn Jahren die Metidscha mit Mord und Plünderung verheert, zur Auswanderung oder zur Unterwerfung zu zwingen. Marschall Clauzel hat die Occupation Scherschels wiederholt verlangt, Pellissier hat sie in seinen Annales Algeriennes als dringend nothwendig angerathen, aber der Kriegsminister verweigerte immer seine Einwilligung wegen der Kosten. Scherschel ist der zwölfte Küstenpunkt, den die Franzosen in Nordafrika eingenommen. auf Antrag der Polizeibehörde erfolgen soll, wurde durch eine kleine Majorität abgelehnt. Durch Baumgärtner und Schaaff wurde bemerkt, daß in geringeren Fällen die Polizeibehörden das Straferkenntniß müssen geben können, wofür sich auch der Staatsrath von Rüdt erklärte. Es wurde jedoch kein bestimmter Antrag gestellt. Die Frage wird beim Einführungsedict wieder zur Sprache kommen. Der Titel XIV, von der Tödtung im Mutterleib und Abtreibung der Leibesfrucht, wurde ohne Aenderung angenommen. Titel XV, von unbefugter Ausübung der Heilkunde. Nach §. 230 soll derjenige, welcher unbefugterweise ärztliche, wundärztliche oder hebärztliche Verrichtungen vornimmt, mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft werden, wenn es geschieht, nachdem er 1) früher wegen einer fahrlässigen, durch solche Verrichtungen verursachten Tödtung oder Körperverletzung schon einmal gerichtlich, oder 2) ohne diese Voraussetzung wegen solcher Verrichtungen bereits zweimal polizeilich bestraft worden ist. Ein Antrag des Staatsraths Jolly, im letztern Fall die gerichtliche Bestrafung nur auf Antrag der Polizeibehörde eintreten zu lassen, wurde hier, wo es sich um eine reine Polizeisache handle, ohne Discussion angenommen. In der heutigen Sitzung wurden die Titel XVI von der Selbstverstümmlung, XVII von der Aussetzung hülfloser Kinder oder anderer hülfloser Personen, XVIII von Menschenraub und Kinderdiebstahl, und XIX von widerrechtlicher Gefangenhaltung, von Verbrechen der Gewaltthätigkeit, von unerlaubter Selbsthülfe und strafbaren Drohungen berathen. §§. 232 bis 258. Die Selbstverstümmlung wird nur bestraft, wenn sich der Kriegsdienstpflichtige dadurch vorsätzlich zum Kriegsdienst untauglich macht. v. Rotteck fand darin die Idee einer Leibherrlichkeit, indem der Bürger über seinen Leib nicht verfügen könne, weil ein Anderer (der Staat) ein Recht auf denselben habe. Er erklärte sich daher gegen die Bestrafung der Selbstverstümmlung; dem Einwand, daß durch eine solche Selbstverstümmlung der an die Stelle des Untauglichen einberufene Nachmann gefährdet werde, begegnete er damit, daß der Verstümmelte dieses Einrücken des Nachmannes nicht verlange, er es also auch nicht zu verantworten habe. Der Berichterstatter über diesen Titel, Zentner, und der Abgeordnete Schaaff sprachen für den Entwurf, der sofort auch angenommen wurde. Die Aussetzung von Kindern oder andern hülflosen Personen wird, wenn der Ausgesetzte dadurch nicht verletzt wurde, mit Gefängniß bestraft, bei eingetretener Verletzung aber von Kreisgefängniß oder Arbeitshaus, und bei eingetretener Tödtung von denjenigen Strafen getroffen, welche auf eine fahrlässige, durch vorsätzliche Körperverletzung verursachte Tödtung gesetzt sind. §§. 235 bis 239 angenommen. Nach §. 243 soll derjenige, der ein ausgesetztes, hülfloses Kind etc. findet, und es unterläßt, durch Anzeige bei der Obrigkeit oder auf andere Weise für die Rettung desselben zu sorgen, wenn es dadurch ums Leben kommt, mit Gefängniß, und wenn es beschädigt wird, mit Gefängniß oder Geld bis zu 300 Gulden bestraft werden. Die Commission beantragte die Streichung dieses Paragraphen, weil man sonst auch in andern Fällen die Rettung eines in Lebensgefahr Befindlichen mit Strafandrohung vorschreiben müßte. Ein von Rotteck angeregter und vom Geheimrath Duttlinger gestellter und näher begründeter Antrag auf Wiederherstellung des Regierungsentwurfs wurde von Bader, Sander und Christ bekämpft, sofort verworfen. Zu §. 249 wurde in Bezug auf den Menschenraub und Kinderdiebstahl auf Antrag Sanders und Duttlingers beschlossen, daß die Verjährung der gerichtlichen Verfolgung erst von dem Zeitpunkt an laufe, wo der Geraubte seine Freiheit erlangt und das gestohlene Kind zu seiner Familie wieder zurückgekommen ist. Im Titel über das widerrechtliche Gefangenhalten schlug die Commission einen Satz (§. 252 a) vor, daß auch Eltern, Vormünder, Erzieher und Lehrmeister von der Strafe der widerrechtlichen Gefangenhaltung getroffen werden, wenn und so weit sie durch Einsperren oder Gefangenhalten ihre Gewalt überschreiten. Nach einer Erörterung zwischen Mohr, Bekk, Zentner, Rotteck und Sander wurde der Artikel an die Commission zurückgewiesen, um zur Sicherung der Eltern etc. in ihrem Züchtigungsrecht die Gränzen zu begutachten, bei welchen eine Ueberschreitung strafbar seyn könne. Das vage Verbrechen der Gewaltthätigkeit (§. 253) hielt Sander für überflüssig, da alle bedeutenden Verbrechen, wo eine Gewalt gegen Personen vorkomme, besonders bedroht seyen. Obkircher (Berichterstatter), Duttlinger und Schaaff erzählen aber verschiedene Fälle, wo eine sehr strafbare Gewalt gegen Personen vorkomme, ohne daß sie eines der speciell bezeichneten Verbrechen (wie Raub, Erpressung, Gefangenhaltung, Nothzucht, Entführung etc.) ausmache. Der Artikel wurde angenommen, jedoch das Maximum der Arbeitshausstrafe von drei Jahren auf zwei Jahre herabgesetzt, und neben der Gefängnißstrafe alternativ für geringere Fälle Geldstrafe gedroht. Nach §. 255 sollen Drohungen mit bestimmten schweren Verbrechen und Vorbereitungshandlungen zu solchen, wenn die Ausführung mit Grund zu befürchten ist, die Stellung unter polizeiliche Aufsicht zur Folge haben, sofern der Drohende oder Handelnde nicht selbst und durch zwei unbescholtene Männer mit einer vom Richter zu bestimmenden Summe Sicherheit leistet. Sander wollte Vorbereitungshandlungen mit Strafe bedrohen, wurde aber von Welcker bekämpft und fand keine Unterstützung. Gerbel: es müsse genügen, wenn der Drohende etc. selbst Sicherheit leiste, es bedürfe dazu keiner weitern zwei Männer. Von der Regierungscommission wurde erwiedert: die Einmischung von zwei unbescholtenen Männern gebe zugleich eine moralische Garantie. Diese werden, da gewissermaßen ihre Name eingesetzt sey, um so mehr wachen, den Thäter von Verbrechen abzuhalten, und wenn er solche unbescholtene Männer nicht beibringe, werde der letztere unter polizeiliche Aufsicht gestellt. Auf Trefurts Vorschlag wurde indessen beschlossen, zu setzen: selbst oder durch zwei unbescholtene Männer. Algier. Der Besetzung Scherschels folgte, was längst vorausgesehen worden: die Auswanderung der Hadschuten aus der Metidscha. Es ist dieß ein Resultat von so hoher Wichtigkeit für die europäischen Niederlassungen in der Umgegend von Algier, daß man sich nur wundern muß, warum diese Expedition nicht längst schon unternommen worden, warum man lieber anerkannt nutzlose und lästige Punkte, wie Budschia und Dschischelli besetzte, statt durch die Einnahme von Scherschel die Wohnsitze der Hadschuten von zwei Seiten zu bedrohen, und diesen berüchtigten Räuberstamm, welcher seit zehn Jahren die Metidscha mit Mord und Plünderung verheert, zur Auswanderung oder zur Unterwerfung zu zwingen. Marschall Clauzel hat die Occupation Scherschels wiederholt verlangt, Pellissier hat sie in seinen Annales Algériennes als dringend nothwendig angerathen, aber der Kriegsminister verweigerte immer seine Einwilligung wegen der Kosten. Scherschel ist der zwölfte Küstenpunkt, den die Franzosen in Nordafrika eingenommen. <TEI> <text> <body> <div type="jArticle" n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0010" n="0834"/> auf Antrag der Polizeibehörde erfolgen soll, wurde durch eine kleine Majorität abgelehnt. Durch <hi rendition="#g">Baumgärtner</hi> und <hi rendition="#g">Schaaff</hi> wurde bemerkt, daß in geringeren Fällen die Polizeibehörden das Straferkenntniß müssen geben können, wofür sich auch der Staatsrath von <hi rendition="#g">Rüdt</hi> erklärte. Es wurde jedoch kein bestimmter Antrag gestellt. 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Der Titel XIV, von der Tödtung im Mutterleib und Abtreibung der Leibesfrucht, wurde ohne Aenderung angenommen.
Titel XV, von unbefugter Ausübung der Heilkunde. Nach §. 230 soll derjenige, welcher unbefugterweise ärztliche, wundärztliche oder hebärztliche Verrichtungen vornimmt, mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft werden, wenn es geschieht, nachdem er 1) früher wegen einer fahrlässigen, durch solche Verrichtungen verursachten Tödtung oder Körperverletzung schon einmal gerichtlich, oder 2) ohne diese Voraussetzung wegen solcher Verrichtungen bereits zweimal polizeilich bestraft worden ist. Ein Antrag des Staatsraths Jolly, im letztern Fall die gerichtliche Bestrafung nur auf Antrag der Polizeibehörde eintreten zu lassen, wurde hier, wo es sich um eine reine Polizeisache handle, ohne Discussion angenommen.
In der heutigen Sitzung wurden die Titel XVI von der Selbstverstümmlung, XVII von der Aussetzung hülfloser Kinder oder anderer hülfloser Personen, XVIII von Menschenraub und Kinderdiebstahl, und XIX von widerrechtlicher Gefangenhaltung, von Verbrechen der Gewaltthätigkeit, von unerlaubter Selbsthülfe und strafbaren Drohungen berathen. §§. 232 bis 258. Die Selbstverstümmlung wird nur bestraft, wenn sich der Kriegsdienstpflichtige dadurch vorsätzlich zum Kriegsdienst untauglich macht. v. Rotteck fand darin die Idee einer Leibherrlichkeit, indem der Bürger über seinen Leib nicht verfügen könne, weil ein Anderer (der Staat) ein Recht auf denselben habe. Er erklärte sich daher gegen die Bestrafung der Selbstverstümmlung; dem Einwand, daß durch eine solche Selbstverstümmlung der an die Stelle des Untauglichen einberufene Nachmann gefährdet werde, begegnete er damit, daß der Verstümmelte dieses Einrücken des Nachmannes nicht verlange, er es also auch nicht zu verantworten habe. Der Berichterstatter über diesen Titel, Zentner, und der Abgeordnete Schaaff sprachen für den Entwurf, der sofort auch angenommen wurde.
Die Aussetzung von Kindern oder andern hülflosen Personen wird, wenn der Ausgesetzte dadurch nicht verletzt wurde, mit Gefängniß bestraft, bei eingetretener Verletzung aber von Kreisgefängniß oder Arbeitshaus, und bei eingetretener Tödtung von denjenigen Strafen getroffen, welche auf eine fahrlässige, durch vorsätzliche Körperverletzung verursachte Tödtung gesetzt sind. §§. 235 bis 239 angenommen. Nach §. 243 soll derjenige, der ein ausgesetztes, hülfloses Kind etc. findet, und es unterläßt, durch Anzeige bei der Obrigkeit oder auf andere Weise für die Rettung desselben zu sorgen, wenn es dadurch ums Leben kommt, mit Gefängniß, und wenn es beschädigt wird, mit Gefängniß oder Geld bis zu 300 Gulden bestraft werden. Die Commission beantragte die Streichung dieses Paragraphen, weil man sonst auch in andern Fällen die Rettung eines in Lebensgefahr Befindlichen mit Strafandrohung vorschreiben müßte. Ein von Rotteck angeregter und vom Geheimrath Duttlinger gestellter und näher begründeter Antrag auf Wiederherstellung des Regierungsentwurfs wurde von Bader, Sander und Christ bekämpft, sofort verworfen. Zu §. 249 wurde in Bezug auf den Menschenraub und Kinderdiebstahl auf Antrag Sanders und Duttlingers beschlossen, daß die Verjährung der gerichtlichen Verfolgung erst von dem Zeitpunkt an laufe, wo der Geraubte seine Freiheit erlangt und das gestohlene Kind zu seiner Familie wieder zurückgekommen ist.
Im Titel über das widerrechtliche Gefangenhalten schlug die Commission einen Satz (§. 252 a) vor, daß auch Eltern, Vormünder, Erzieher und Lehrmeister von der Strafe der widerrechtlichen Gefangenhaltung getroffen werden, wenn und so weit sie durch Einsperren oder Gefangenhalten ihre Gewalt überschreiten. Nach einer Erörterung zwischen Mohr, Bekk, Zentner, Rotteck und Sander wurde der Artikel an die Commission zurückgewiesen, um zur Sicherung der Eltern etc. in ihrem Züchtigungsrecht die Gränzen zu begutachten, bei welchen eine Ueberschreitung strafbar seyn könne.
Das vage Verbrechen der Gewaltthätigkeit (§. 253) hielt Sander für überflüssig, da alle bedeutenden Verbrechen, wo eine Gewalt gegen Personen vorkomme, besonders bedroht seyen. Obkircher (Berichterstatter), Duttlinger und Schaaff erzählen aber verschiedene Fälle, wo eine sehr strafbare Gewalt gegen Personen vorkomme, ohne daß sie eines der speciell bezeichneten Verbrechen (wie Raub, Erpressung, Gefangenhaltung, Nothzucht, Entführung etc.) ausmache. Der Artikel wurde angenommen, jedoch das Maximum der Arbeitshausstrafe von drei Jahren auf zwei Jahre herabgesetzt, und neben der Gefängnißstrafe alternativ für geringere Fälle Geldstrafe gedroht.
Nach §. 255 sollen Drohungen mit bestimmten schweren Verbrechen und Vorbereitungshandlungen zu solchen, wenn die Ausführung mit Grund zu befürchten ist, die Stellung unter polizeiliche Aufsicht zur Folge haben, sofern der Drohende oder Handelnde nicht selbst und durch zwei unbescholtene Männer mit einer vom Richter zu bestimmenden Summe Sicherheit leistet.
Sander wollte Vorbereitungshandlungen mit Strafe bedrohen, wurde aber von Welcker bekämpft und fand keine Unterstützung. Gerbel: es müsse genügen, wenn der Drohende etc. selbst Sicherheit leiste, es bedürfe dazu keiner weitern zwei Männer. Von der Regierungscommission wurde erwiedert: die Einmischung von zwei unbescholtenen Männern gebe zugleich eine moralische Garantie. Diese werden, da gewissermaßen ihre Name eingesetzt sey, um so mehr wachen, den Thäter von Verbrechen abzuhalten, und wenn er solche unbescholtene Männer nicht beibringe, werde der letztere unter polizeiliche Aufsicht gestellt. Auf Trefurts Vorschlag wurde indessen beschlossen, zu setzen: selbst oder durch zwei unbescholtene Männer.
Algier.
Der Besetzung Scherschels folgte, was längst vorausgesehen worden: die Auswanderung der Hadschuten aus der Metidscha. Es ist dieß ein Resultat von so hoher Wichtigkeit für die europäischen Niederlassungen in der Umgegend von Algier, daß man sich nur wundern muß, warum diese Expedition nicht längst schon unternommen worden, warum man lieber anerkannt nutzlose und lästige Punkte, wie Budschia und Dschischelli besetzte, statt durch die Einnahme von Scherschel die Wohnsitze der Hadschuten von zwei Seiten zu bedrohen, und diesen berüchtigten Räuberstamm, welcher seit zehn Jahren die Metidscha mit Mord und Plünderung verheert, zur Auswanderung oder zur Unterwerfung zu zwingen. Marschall Clauzel hat die Occupation Scherschels wiederholt verlangt, Pellissier hat sie in seinen Annales Algériennes als dringend nothwendig angerathen, aber der Kriegsminister verweigerte immer seine Einwilligung wegen der Kosten. Scherschel ist der zwölfte Küstenpunkt, den die Franzosen in Nordafrika eingenommen.
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