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Allgemeine Zeitung. Nr. 100. Augsburg, 9. April 1840.

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werden muß und sich selbst als solche gegen den Schluß durch diese Phrase gibt: "Die neapolitanische Regierung läßt sich nicht zu Apologien herab, die Thatsachen aber sprechen" u. s. w. Diese officielle Darlegung ist jedoch, so sehr sie sich das Ansehen gibt, mit Gründen, Zahlen und Thatsachen zu fechten, nur ein Muster von oberflächlicher und unzureichender Entwickelung des Gegenstandes und kann nichts weiter beweisen, als wie wenig es mit der unverhohlenen Aufdeckung des ganzen Sachverhältnisses Ernst ist, und wie wenig man denen, für welche man geschrieben hat, die Geschicklichkeit oder den Willen, aufmerksam zu folgen, zu folgern und nachzurechnen, zutraut. Ich will mich bemühen, die Sache so klar darzulegen, als meine Hülfsmittel es mir gestatten.

"Der Markt war in den letzten Jahren mit Schwefel überführt worden, und die natürliche Folge davon war das Fallen der Preise. Die Zahl der Schwefelminen in ganz Sicilien belief sich zu Anfang des Jahres 1838 auf 134, davon 69 um Caltanisetta, 56 um Girgenti und nur 9 um Catania liegen. Die Production war im Jahre zuvor auf ungefähr 820,000 Cantar gestiegen, d. h. in gebranntem Schwefel, wozu etwa 8 Millionen und 500,000 Cantar (160 Pfund) des rohen Materials erforderlich sind. Da nun angegeben wird, daß gegen 300,000 Cantar unverkauft blieben, so muß man den Absatz auf nicht ganz 600,000 Cantar anschlagen. Weßhalb die officielle Schrift über den Arbeitslohn einige Notizen gibt, wird nicht recht deutlich, da dieselben nicht ausreichen, um die Kosten der Production zu berechnen. Sie bestimmt den in sämmtlichen Minen ausgezahlten Tagelohn ungefähr auf 1000 Ducati für 2000 Picconieri (Minenarbeiter); 800 Ducati für 4000 junge Bursche zum Fortschaffen des Schwefels an die Orte, wo er gebrannt wird; 120 Ducati für 200 Wächter, Aufseher, Meister, Factoren, und während einer Hälfte des Jahres 120 Ducati für 300 Brenner und Gehülfen (arditori ed assistenti). Rechnet man nun das Jahr nur zu 200 Arbeitstagen und die Zeit des Brennens zu 100, so hat die gesammte Production gekostet: 396,000 Ducati oder 3,960,000 Carlin, und jeder von den producirten 820,000 Cantar nicht mehr als gegen 5 Carlin. Die Transportkosten bis zum Ablager am Meere variiren nach Verhältniß der Entfernung und Beschaffenheit der Wege zwischen 2 und 10 Carlin pro Cantar. Der Cantar kostet dem Eigenthümer daher am Hafen 7 bis 15 Carlin. Die Verkaufspreise schwankten in den letzten Jahren zwischen 12 und 16, und stiegen nur ausnahmsweise auf 20 Carlin pro Cantar. Es wäre nach dieser Berechnung nicht einzusehen, wie die Verluste der Schwefelbesitzer so ungeheuer seyn konnten, als sie angegeben werden; oder wenigstens scheinen sie nur die entferntern Eigenthümer getroffen zu haben, denen es allerdings im ungünstigern Fall unmöglich seyn mußte, ihre Kosten zu decken. Man muß aber noch zweierlei in Anschlag bringen, nämlich den Ueberschuß der Production von 300,000 Cantar jährlich, und ferner die häufigen und beträchtlichen Beschädigungen der Minen durch Wasser und Feuer. Die Wassereinbrüche sind gerade für die beträchtlichsten Minen oder sogenannte Hauptminen, bei welchen alle die verschiedenen Schwefeladern in einen großen Stock zusammenlaufen, am nachtheiligsten, denn sie machen das ganze Werk bis zur Abführung des Wassers durch Leitungen oder Pumpen unbrauchbar. Die Wegschaffung des Wassers ist aber bei der großen Tiefe der Gruben äußerst kostspielig, und da häufig, nachdem dieselbe kaum gelungen, beim weitern Einschlagen ein neuer Einbruch des Wassers erfolgt, so ist begreiflich, daß ein solcher Unglücksfall den Besitzer ruiniren kann. Die Brände andrerseits sollen sehr häufig vorkommen und außerordentlichen Schaden thun; sie entstehen theils durch Entwicklung von brennbarem Gas in den Schachten selbst, theils durch Unvorsichtigkeit der Arbeiter oder gar durch Frevel. Während Unfälle dieser Art keiner weitern Herleitung bedürfen, entsteht die Frage, woher die Ueberfüllung des Marktes entstanden sey. Wir erfahren, daß die gesteigerte Nachfrage, welche vor einigen Jahren eintrat, der Production einen plötzlichen Aufschwung gab; der einmal gegebene Antrieb wirkte aber fort, während auf der andern Seite der Bedarf nicht im Verhältniß zu der gesteigerten Thätigkeit blieb. Denn im Allgemeinen erleidet der Verbrauch des Schwefels in ganz Europa nur geringe Veränderungen, und das aufgelagerte Gut ist keinem Verderb ausgesetzt, durch welchen unerwartete Ankäufe nöthig gemacht würden. Sobald den größern Besitzern der Schwefel sich aufhäufte, fingen sie an zu schleudern, diejenigen vermuthlich am meisten, welche den Transport am wohlfeilsten hatten; und da mehr als die Hälfte der Minen, nach den obigen Angaben, in der Intendantschaft Caltanisetta, also entfernt von der Küste liegt, so konnten deren Besitzer mit den begünstigtern nicht mehr concurriren. Der Umsatz gerieth alsbald in die Hände einiger Speculanten, vornehmlich gewandter Ausländer, und, wie die officielle Schutzschrift sich ausdrückt: "das Monopol des fremden Geldes lastete auf der sicilischen Armuth." Viele Eigenthümer suchten sich durch Verpachtung zu helfen. Der Contract pflegte dergestalt gestellt zu werden, daß der Pächter die Bearbeitung der Minen durchaus auf seine eigenen Kosten und das ganze Risico übernahm, und je nach Maaßgabe der Ergiebigkeit des Werks, des Wasservolumens in den Stollen, der Entfernung vom Stapelort und des Zustands der Wege ein Pachtquantum von 15 bis 30 Procent des durchschnittlich fixirten Ertrags der Minen zahlte. Wie sich bei den erwähnten ungünstigen Conjuncturen unter solchen Bedingungen Pächter finden konnten, vermag ich nicht einzusehen. Es scheint, als haben sie ihren Vortheil in übereilter Ausbeutung der Minen und sehr vermehrter Production gesucht, indem sie für die Niedrigkeit der Preise sich durch die Menge des Absatzes zu entschädigen dachten. Indeß konnte immer bei einem Artikel, dessen Verbrauch lediglich vom Bedürfniß abhängt, der gedrückte Preis keine stärkere Consumtion zuwege bringen. Wie dem nun sey, so ist doch dieses Thatsache, und ist von Allen, welche ich darüber befragen konnte, mir bestätigt worden, daß die Klagen über den traurigen Verfall eines für Sicilien so wichtigen Industriezweiges schon 1838 immer allgemeiner und dringender wurden. Es lag der Regierung allerdings ob, Veranstaltungen zu treffen, durch welche dem gänzlichen Ruin des Schwefelbetriebs vorgebeugt werden könnte. Ihr Einschreiten wurde noch aus einer andern Rücksicht unerläßlich. Jene zuvor erwähnten Unglücksfälle traten immer häufiger ein, je eilfertiger man die Minen auszubeuten suchte; dadurch, und durch die Fahrlässigkeit und Untüchtigkeit der Aufseher und Meister vermehrten sich die Fälle, in welchen Arbeiter zu Schaden und Siechthum kamen, außerordentlich, und die aus den vielen Brennereien aufsteigenden Schwefeldämpfe blieben nicht ohne Nachtheil für das vegetative und animalische Leben, oft in weitem Bereiche. Die Uebelstände der letztern Art forderten eben so sehr polizeiliche als die der erstern ökonomische Abhülfe.

"Da nun der Generalstatthalter Fürst Campofranco die Angelegenheit der Fürsorge der Regierung dringend empfohlen hatte, so glaubte man den Antrag einer Handelscompagnie 1834 auf ein für zehn Jahre ihr zu ertheilendes Monopol nicht ungeprüft abweisen zu dürfen. Der Vorschlag wurde indessen von der aus Schwefelbesitzern und Oekonomieverständigen zusammengesetzten Commission verworfen, und die Regierung ließ damals die Sache fallen. Erst im März 1836 wurde dieselbe

werden muß und sich selbst als solche gegen den Schluß durch diese Phrase gibt: „Die neapolitanische Regierung läßt sich nicht zu Apologien herab, die Thatsachen aber sprechen“ u. s. w. Diese officielle Darlegung ist jedoch, so sehr sie sich das Ansehen gibt, mit Gründen, Zahlen und Thatsachen zu fechten, nur ein Muster von oberflächlicher und unzureichender Entwickelung des Gegenstandes und kann nichts weiter beweisen, als wie wenig es mit der unverhohlenen Aufdeckung des ganzen Sachverhältnisses Ernst ist, und wie wenig man denen, für welche man geschrieben hat, die Geschicklichkeit oder den Willen, aufmerksam zu folgen, zu folgern und nachzurechnen, zutraut. Ich will mich bemühen, die Sache so klar darzulegen, als meine Hülfsmittel es mir gestatten.

„Der Markt war in den letzten Jahren mit Schwefel überführt worden, und die natürliche Folge davon war das Fallen der Preise. Die Zahl der Schwefelminen in ganz Sicilien belief sich zu Anfang des Jahres 1838 auf 134, davon 69 um Caltanisetta, 56 um Girgenti und nur 9 um Catania liegen. Die Production war im Jahre zuvor auf ungefähr 820,000 Cantar gestiegen, d. h. in gebranntem Schwefel, wozu etwa 8 Millionen und 500,000 Cantar (160 Pfund) des rohen Materials erforderlich sind. Da nun angegeben wird, daß gegen 300,000 Cantar unverkauft blieben, so muß man den Absatz auf nicht ganz 600,000 Cantar anschlagen. Weßhalb die officielle Schrift über den Arbeitslohn einige Notizen gibt, wird nicht recht deutlich, da dieselben nicht ausreichen, um die Kosten der Production zu berechnen. Sie bestimmt den in sämmtlichen Minen ausgezahlten Tagelohn ungefähr auf 1000 Ducati für 2000 Picconieri (Minenarbeiter); 800 Ducati für 4000 junge Bursche zum Fortschaffen des Schwefels an die Orte, wo er gebrannt wird; 120 Ducati für 200 Wächter, Aufseher, Meister, Factoren, und während einer Hälfte des Jahres 120 Ducati für 300 Brenner und Gehülfen (arditori ed assistenti). Rechnet man nun das Jahr nur zu 200 Arbeitstagen und die Zeit des Brennens zu 100, so hat die gesammte Production gekostet: 396,000 Ducati oder 3,960,000 Carlin, und jeder von den producirten 820,000 Cantar nicht mehr als gegen 5 Carlin. Die Transportkosten bis zum Ablager am Meere variiren nach Verhältniß der Entfernung und Beschaffenheit der Wege zwischen 2 und 10 Carlin pro Cantar. Der Cantar kostet dem Eigenthümer daher am Hafen 7 bis 15 Carlin. Die Verkaufspreise schwankten in den letzten Jahren zwischen 12 und 16, und stiegen nur ausnahmsweise auf 20 Carlin pro Cantar. Es wäre nach dieser Berechnung nicht einzusehen, wie die Verluste der Schwefelbesitzer so ungeheuer seyn konnten, als sie angegeben werden; oder wenigstens scheinen sie nur die entferntern Eigenthümer getroffen zu haben, denen es allerdings im ungünstigern Fall unmöglich seyn mußte, ihre Kosten zu decken. Man muß aber noch zweierlei in Anschlag bringen, nämlich den Ueberschuß der Production von 300,000 Cantar jährlich, und ferner die häufigen und beträchtlichen Beschädigungen der Minen durch Wasser und Feuer. Die Wassereinbrüche sind gerade für die beträchtlichsten Minen oder sogenannte Hauptminen, bei welchen alle die verschiedenen Schwefeladern in einen großen Stock zusammenlaufen, am nachtheiligsten, denn sie machen das ganze Werk bis zur Abführung des Wassers durch Leitungen oder Pumpen unbrauchbar. Die Wegschaffung des Wassers ist aber bei der großen Tiefe der Gruben äußerst kostspielig, und da häufig, nachdem dieselbe kaum gelungen, beim weitern Einschlagen ein neuer Einbruch des Wassers erfolgt, so ist begreiflich, daß ein solcher Unglücksfall den Besitzer ruiniren kann. Die Brände andrerseits sollen sehr häufig vorkommen und außerordentlichen Schaden thun; sie entstehen theils durch Entwicklung von brennbarem Gas in den Schachten selbst, theils durch Unvorsichtigkeit der Arbeiter oder gar durch Frevel. Während Unfälle dieser Art keiner weitern Herleitung bedürfen, entsteht die Frage, woher die Ueberfüllung des Marktes entstanden sey. Wir erfahren, daß die gesteigerte Nachfrage, welche vor einigen Jahren eintrat, der Production einen plötzlichen Aufschwung gab; der einmal gegebene Antrieb wirkte aber fort, während auf der andern Seite der Bedarf nicht im Verhältniß zu der gesteigerten Thätigkeit blieb. Denn im Allgemeinen erleidet der Verbrauch des Schwefels in ganz Europa nur geringe Veränderungen, und das aufgelagerte Gut ist keinem Verderb ausgesetzt, durch welchen unerwartete Ankäufe nöthig gemacht würden. Sobald den größern Besitzern der Schwefel sich aufhäufte, fingen sie an zu schleudern, diejenigen vermuthlich am meisten, welche den Transport am wohlfeilsten hatten; und da mehr als die Hälfte der Minen, nach den obigen Angaben, in der Intendantschaft Caltanisetta, also entfernt von der Küste liegt, so konnten deren Besitzer mit den begünstigtern nicht mehr concurriren. Der Umsatz gerieth alsbald in die Hände einiger Speculanten, vornehmlich gewandter Ausländer, und, wie die officielle Schutzschrift sich ausdrückt: „das Monopol des fremden Geldes lastete auf der sicilischen Armuth.“ Viele Eigenthümer suchten sich durch Verpachtung zu helfen. Der Contract pflegte dergestalt gestellt zu werden, daß der Pächter die Bearbeitung der Minen durchaus auf seine eigenen Kosten und das ganze Risico übernahm, und je nach Maaßgabe der Ergiebigkeit des Werks, des Wasservolumens in den Stollen, der Entfernung vom Stapelort und des Zustands der Wege ein Pachtquantum von 15 bis 30 Procent des durchschnittlich fixirten Ertrags der Minen zahlte. Wie sich bei den erwähnten ungünstigen Conjuncturen unter solchen Bedingungen Pächter finden konnten, vermag ich nicht einzusehen. Es scheint, als haben sie ihren Vortheil in übereilter Ausbeutung der Minen und sehr vermehrter Production gesucht, indem sie für die Niedrigkeit der Preise sich durch die Menge des Absatzes zu entschädigen dachten. Indeß konnte immer bei einem Artikel, dessen Verbrauch lediglich vom Bedürfniß abhängt, der gedrückte Preis keine stärkere Consumtion zuwege bringen. Wie dem nun sey, so ist doch dieses Thatsache, und ist von Allen, welche ich darüber befragen konnte, mir bestätigt worden, daß die Klagen über den traurigen Verfall eines für Sicilien so wichtigen Industriezweiges schon 1838 immer allgemeiner und dringender wurden. Es lag der Regierung allerdings ob, Veranstaltungen zu treffen, durch welche dem gänzlichen Ruin des Schwefelbetriebs vorgebeugt werden könnte. Ihr Einschreiten wurde noch aus einer andern Rücksicht unerläßlich. Jene zuvor erwähnten Unglücksfälle traten immer häufiger ein, je eilfertiger man die Minen auszubeuten suchte; dadurch, und durch die Fahrlässigkeit und Untüchtigkeit der Aufseher und Meister vermehrten sich die Fälle, in welchen Arbeiter zu Schaden und Siechthum kamen, außerordentlich, und die aus den vielen Brennereien aufsteigenden Schwefeldämpfe blieben nicht ohne Nachtheil für das vegetative und animalische Leben, oft in weitem Bereiche. Die Uebelstände der letztern Art forderten eben so sehr polizeiliche als die der erstern ökonomische Abhülfe.

„Da nun der Generalstatthalter Fürst Campofranco die Angelegenheit der Fürsorge der Regierung dringend empfohlen hatte, so glaubte man den Antrag einer Handelscompagnie 1834 auf ein für zehn Jahre ihr zu ertheilendes Monopol nicht ungeprüft abweisen zu dürfen. Der Vorschlag wurde indessen von der aus Schwefelbesitzern und Oekonomieverständigen zusammengesetzten Commission verworfen, und die Regierung ließ damals die Sache fallen. Erst im März 1836 wurde dieselbe

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Sie bestimmt den in sämmtlichen Minen ausgezahlten Tagelohn ungefähr auf 1000 Ducati für 2000 Picconieri (Minenarbeiter); 800 Ducati für 4000 junge Bursche zum Fortschaffen des Schwefels an die Orte, wo er gebrannt wird; 120 Ducati für 200 Wächter, Aufseher, Meister, Factoren, und während einer Hälfte des Jahres 120 Ducati für 300 Brenner und Gehülfen (arditori ed assistenti). Rechnet man nun das Jahr nur zu 200 Arbeitstagen und die Zeit des Brennens zu 100, so hat die gesammte Production gekostet: 396,000 Ducati oder 3,960,000 Carlin, und jeder von den producirten 820,000 Cantar nicht mehr als gegen 5 Carlin. Die Transportkosten bis zum Ablager am Meere variiren nach Verhältniß der Entfernung und Beschaffenheit der Wege zwischen 2 und 10 Carlin pro Cantar. Der Cantar kostet dem Eigenthümer daher am Hafen 7 bis 15 Carlin. Die Verkaufspreise schwankten in den letzten Jahren zwischen 12 und 16, und stiegen nur ausnahmsweise auf 20 Carlin pro Cantar. Es wäre nach dieser Berechnung nicht einzusehen, wie die Verluste der Schwefelbesitzer so ungeheuer seyn konnten, als sie angegeben werden; oder wenigstens scheinen sie nur die entferntern Eigenthümer getroffen zu haben, denen es allerdings im ungünstigern Fall unmöglich seyn mußte, ihre Kosten zu decken. Man muß aber noch zweierlei in Anschlag bringen, nämlich den Ueberschuß der Production von 300,000 Cantar jährlich, und ferner die häufigen und beträchtlichen Beschädigungen der Minen durch Wasser und Feuer. Die Wassereinbrüche sind gerade für die beträchtlichsten Minen oder sogenannte Hauptminen, bei welchen alle die verschiedenen Schwefeladern in einen großen Stock zusammenlaufen, am nachtheiligsten, denn sie machen das ganze Werk bis zur Abführung des Wassers durch Leitungen oder Pumpen unbrauchbar. Die Wegschaffung des Wassers ist aber bei der großen Tiefe der Gruben äußerst kostspielig, und da häufig, nachdem dieselbe kaum gelungen, beim weitern Einschlagen ein neuer Einbruch des Wassers erfolgt, so ist begreiflich, daß ein solcher Unglücksfall den Besitzer ruiniren kann. Die Brände andrerseits sollen sehr häufig vorkommen und außerordentlichen Schaden thun; sie entstehen theils durch Entwicklung von brennbarem Gas in den Schachten selbst, theils durch Unvorsichtigkeit der Arbeiter oder gar durch Frevel. Während Unfälle dieser Art keiner weitern Herleitung bedürfen, entsteht die Frage, woher die Ueberfüllung des Marktes entstanden sey. Wir erfahren, daß die gesteigerte Nachfrage, welche vor einigen Jahren eintrat, der Production einen plötzlichen Aufschwung gab; der einmal gegebene Antrieb wirkte aber fort, während auf der andern Seite der Bedarf nicht im Verhältniß zu der gesteigerten Thätigkeit blieb. Denn im Allgemeinen erleidet der Verbrauch des Schwefels in ganz Europa nur geringe Veränderungen, und das aufgelagerte Gut ist keinem Verderb ausgesetzt, durch welchen unerwartete Ankäufe nöthig gemacht würden. Sobald den größern Besitzern der Schwefel sich aufhäufte, fingen sie an zu schleudern, diejenigen vermuthlich am meisten, welche den Transport am wohlfeilsten hatten; und da mehr als die Hälfte der Minen, nach den obigen Angaben, in der Intendantschaft Caltanisetta, also entfernt von der Küste liegt, so konnten deren Besitzer mit den begünstigtern nicht mehr concurriren. Der Umsatz gerieth alsbald in die Hände einiger Speculanten, vornehmlich gewandter Ausländer, und, wie die officielle Schutzschrift sich ausdrückt: &#x201E;das Monopol des fremden Geldes lastete auf der sicilischen Armuth.&#x201C; Viele Eigenthümer suchten sich durch Verpachtung zu helfen. Der Contract pflegte dergestalt gestellt zu werden, daß der Pächter die Bearbeitung der Minen durchaus auf seine eigenen Kosten und das ganze Risico übernahm, und je nach Maaßgabe der Ergiebigkeit des Werks, des Wasservolumens in den Stollen, der Entfernung vom Stapelort und des Zustands der Wege ein Pachtquantum von 15 bis 30 Procent des durchschnittlich fixirten Ertrags der Minen zahlte. Wie sich bei den erwähnten ungünstigen Conjuncturen unter solchen Bedingungen Pächter finden konnten, vermag ich nicht einzusehen. Es scheint, als haben sie ihren Vortheil in übereilter Ausbeutung der Minen und sehr vermehrter Production gesucht, indem sie für die Niedrigkeit der Preise sich durch die Menge des Absatzes zu entschädigen dachten. Indeß konnte immer bei einem Artikel, dessen Verbrauch lediglich vom Bedürfniß abhängt, der gedrückte Preis keine stärkere Consumtion zuwege bringen. Wie dem nun sey, so ist doch dieses Thatsache, und ist von Allen, welche ich darüber befragen konnte, mir bestätigt worden, daß die Klagen über den traurigen Verfall eines für Sicilien so wichtigen Industriezweiges schon 1838 immer allgemeiner und dringender wurden. Es lag der Regierung allerdings ob, Veranstaltungen zu treffen, durch welche dem gänzlichen Ruin des Schwefelbetriebs vorgebeugt werden könnte. Ihr Einschreiten wurde noch aus einer andern Rücksicht unerläßlich. Jene zuvor erwähnten Unglücksfälle traten immer häufiger ein, je eilfertiger man die Minen auszubeuten suchte; dadurch, und durch die Fahrlässigkeit und Untüchtigkeit der Aufseher und Meister vermehrten sich die Fälle, in welchen Arbeiter zu Schaden und Siechthum kamen, außerordentlich, und die aus den vielen Brennereien aufsteigenden Schwefeldämpfe blieben nicht ohne Nachtheil für das vegetative und animalische Leben, oft in weitem Bereiche. 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Die Zahl der Schwefelminen in ganz Sicilien belief sich zu Anfang des Jahres 1838 auf 134, davon 69 um Caltanisetta, 56 um Girgenti und nur 9 um Catania liegen. Die Production war im Jahre zuvor auf ungefähr 820,000 Cantar gestiegen, d. h. in gebranntem Schwefel, wozu etwa 8 Millionen und 500,000 Cantar (160 Pfund) des rohen Materials erforderlich sind. Da nun angegeben wird, daß gegen 300,000 Cantar unverkauft blieben, so muß man den Absatz auf nicht ganz 600,000 Cantar anschlagen. Weßhalb die officielle Schrift über den Arbeitslohn einige Notizen gibt, wird nicht recht deutlich, da dieselben nicht ausreichen, um die Kosten der Production zu berechnen. Sie bestimmt den in sämmtlichen Minen ausgezahlten Tagelohn ungefähr auf 1000 Ducati für 2000 Picconieri (Minenarbeiter); 800 Ducati für 4000 junge Bursche zum Fortschaffen des Schwefels an die Orte, wo er gebrannt wird; 120 Ducati für 200 Wächter, Aufseher, Meister, Factoren, und während einer Hälfte des Jahres 120 Ducati für 300 Brenner und Gehülfen (arditori ed assistenti). Rechnet man nun das Jahr nur zu 200 Arbeitstagen und die Zeit des Brennens zu 100, so hat die gesammte Production gekostet: 396,000 Ducati oder 3,960,000 Carlin, und jeder von den producirten 820,000 Cantar nicht mehr als gegen 5 Carlin. Die Transportkosten bis zum Ablager am Meere variiren nach Verhältniß der Entfernung und Beschaffenheit der Wege zwischen 2 und 10 Carlin pro Cantar. Der Cantar kostet dem Eigenthümer daher am Hafen 7 bis 15 Carlin. Die Verkaufspreise schwankten in den letzten Jahren zwischen 12 und 16, und stiegen nur ausnahmsweise auf 20 Carlin pro Cantar. Es wäre nach dieser Berechnung nicht einzusehen, wie die Verluste der Schwefelbesitzer so ungeheuer seyn konnten, als sie angegeben werden; oder wenigstens scheinen sie nur die entferntern Eigenthümer getroffen zu haben, denen es allerdings im ungünstigern Fall unmöglich seyn mußte, ihre Kosten zu decken. Man muß aber noch zweierlei in Anschlag bringen, nämlich den Ueberschuß der Production von 300,000 Cantar jährlich, und ferner die häufigen und beträchtlichen Beschädigungen der Minen durch Wasser und Feuer. Die Wassereinbrüche sind gerade für die beträchtlichsten Minen oder sogenannte Hauptminen, bei welchen alle die verschiedenen Schwefeladern in einen großen Stock zusammenlaufen, am nachtheiligsten, denn sie machen das ganze Werk bis zur Abführung des Wassers durch Leitungen oder Pumpen unbrauchbar. Die Wegschaffung des Wassers ist aber bei der großen Tiefe der Gruben äußerst kostspielig, und da häufig, nachdem dieselbe kaum gelungen, beim weitern Einschlagen ein neuer Einbruch des Wassers erfolgt, so ist begreiflich, daß ein solcher Unglücksfall den Besitzer ruiniren kann. Die Brände andrerseits sollen sehr häufig vorkommen und außerordentlichen Schaden thun; sie entstehen theils durch Entwicklung von brennbarem Gas in den Schachten selbst, theils durch Unvorsichtigkeit der Arbeiter oder gar durch Frevel. Während Unfälle dieser Art keiner weitern Herleitung bedürfen, entsteht die Frage, woher die Ueberfüllung des Marktes entstanden sey. Wir erfahren, daß die gesteigerte Nachfrage, welche vor einigen Jahren eintrat, der Production einen plötzlichen Aufschwung gab; der einmal gegebene Antrieb wirkte aber fort, während auf der andern Seite der Bedarf nicht im Verhältniß zu der gesteigerten Thätigkeit blieb. Denn im Allgemeinen erleidet der Verbrauch des Schwefels in ganz Europa nur geringe Veränderungen, und das aufgelagerte Gut ist keinem Verderb ausgesetzt, durch welchen unerwartete Ankäufe nöthig gemacht würden. Sobald den größern Besitzern der Schwefel sich aufhäufte, fingen sie an zu schleudern, diejenigen vermuthlich am meisten, welche den Transport am wohlfeilsten hatten; und da mehr als die Hälfte der Minen, nach den obigen Angaben, in der Intendantschaft Caltanisetta, also entfernt von der Küste liegt, so konnten deren Besitzer mit den begünstigtern nicht mehr concurriren. Der Umsatz gerieth alsbald in die Hände einiger Speculanten, vornehmlich gewandter Ausländer, und, wie die officielle Schutzschrift sich ausdrückt: „das Monopol des fremden Geldes lastete auf der sicilischen Armuth.“ Viele Eigenthümer suchten sich durch Verpachtung zu helfen. Der Contract pflegte dergestalt gestellt zu werden, daß der Pächter die Bearbeitung der Minen durchaus auf seine eigenen Kosten und das ganze Risico übernahm, und je nach Maaßgabe der Ergiebigkeit des Werks, des Wasservolumens in den Stollen, der Entfernung vom Stapelort und des Zustands der Wege ein Pachtquantum von 15 bis 30 Procent des durchschnittlich fixirten Ertrags der Minen zahlte. Wie sich bei den erwähnten ungünstigen Conjuncturen unter solchen Bedingungen Pächter finden konnten, vermag ich nicht einzusehen. Es scheint, als haben sie ihren Vortheil in übereilter Ausbeutung der Minen und sehr vermehrter Production gesucht, indem sie für die Niedrigkeit der Preise sich durch die Menge des Absatzes zu entschädigen dachten. Indeß konnte immer bei einem Artikel, dessen Verbrauch lediglich vom Bedürfniß abhängt, der gedrückte Preis keine stärkere Consumtion zuwege bringen. Wie dem nun sey, so ist doch dieses Thatsache, und ist von Allen, welche ich darüber befragen konnte, mir bestätigt worden, daß die Klagen über den traurigen Verfall eines für Sicilien so wichtigen Industriezweiges schon 1838 immer allgemeiner und dringender wurden. Es lag der Regierung allerdings ob, Veranstaltungen zu treffen, durch welche dem gänzlichen Ruin des Schwefelbetriebs vorgebeugt werden könnte. Ihr Einschreiten wurde noch aus einer andern Rücksicht unerläßlich. Jene zuvor erwähnten Unglücksfälle traten immer häufiger ein, je eilfertiger man die Minen auszubeuten suchte; dadurch, und durch die Fahrlässigkeit und Untüchtigkeit der Aufseher und Meister vermehrten sich die Fälle, in welchen Arbeiter zu Schaden und Siechthum kamen, außerordentlich, und die aus den vielen Brennereien aufsteigenden Schwefeldämpfe blieben nicht ohne Nachtheil für das vegetative und animalische Leben, oft in weitem Bereiche. Die Uebelstände der letztern Art forderten eben so sehr polizeiliche als die der erstern ökonomische Abhülfe. „Da nun der Generalstatthalter Fürst Campofranco die Angelegenheit der Fürsorge der Regierung dringend empfohlen hatte, so glaubte man den Antrag einer Handelscompagnie 1834 auf ein für zehn Jahre ihr zu ertheilendes Monopol nicht ungeprüft abweisen zu dürfen. Der Vorschlag wurde indessen von der aus Schwefelbesitzern und Oekonomieverständigen zusammengesetzten Commission verworfen, und die Regierung ließ damals die Sache fallen. Erst im März 1836 wurde dieselbe

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 100. Augsburg, 9. April 1840, S. 0796. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_100_18400409/12>, abgerufen am 24.11.2024.