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Allgemeine Zeitung. Nr. 88. Augsburg, 28. März 1840.

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Verbindung zwischen dem Ministerium und jener Partei schließen, als wirklich besteht. Heute Abend, vielleicht auch erst morgen (denn erst übermorgen beginnen die Debatten) findet eine neue Versammlung der 221 statt, wo sie sich über das Votum zu verständigen beabsichtigen. Bis vor einigen Tagen war die Partei Barrot gesonnen, für den Entwurf zu stimmen, in der Hoffnung einer Allianz und um dadurch die Bildung eines neuen Ministeriums Mole-Soult zu hintertreiben (von dem man seit dem 2 März nie aufhörte zu sprechen.) Seit aber das Gerücht ging, die 221 würden für den Entwurf stimmen, entstand bei den Mitgliedern der Opposition die Besorgniß, das Ministerium habe Verbindlichkeiten gegen die 221 eingegangen; so wurden die Barrotisten unschlüssig; erst während der Debatten werden sie sich entscheiden. Uebrigens ist es keineswegs sicher, daß eine hohe Person den Grafen Mole in einem neuen Ministerium wünsche. Denn es ist derselben bekannt geworden, wie letzterer sich gegen die verlangte Dotation des Herzogs von Nemours ausgesprochen und mehrere seiner Freunde unter den Deputirten bewogen habe, gegen den Entwurf zu stimmen. Hr. Thiers hat sich gegen mehrere Personen dahin erklärt, es sey ihm gar nicht unwillkommen, durch ein Votum der 221 gestürzt zu werden, indem er dadurch in der Popularität nur steigen könne, und mächtiger als früher in der öffentlichen Meinung stehen werde. Diese Ansicht über den Einfluß des Hrn. Thiers theilt die Opposition, eben so wie eine andere Ansicht, die demselben Staatsmanne zugeschrieben wird. "Die jetzige Kammer, soll er nämlich gesagt haben, gleicht einer Mördergrube (coupe gorge); kein Ministerium kann mit ihr bestehen, sie muß aufgelöst werden; ich aber will mich zu dieser Maaßregel nicht hergeben, weil, allem Vermuthen nach, die neue Kammer mehr zur linken Seite sich neigen würde, als nach meinen Ansichten gut wäre; Graf Mole kann es auch nicht, weil sein Name an der Spitze eines Ministeriums eine noch radicalere Kammer hervorbringen würde; nur ein gleichsam parteiloses Ministerium kann durch eine Auflösung eine wahre und gute Volksrepräsentation in die Kammer bringen." In diesem chaotischen Zustande liegen heute die Dinge; glücklicherweise hat die Regierung eine augenblickliche Ruhe in den auswärtigen Fragen, und kann sich also gänzlich mit der innern Politik abgeben.

Hr. Thiers hat eingesehen, daß er nicht bis zur äußersten Linken gehen könnte, daß sie ihm zu harte, fast unausführbare Bedingungen auflegen würde. Er kann nur die Partei Odilon Barrot für sich gewinnen; Mauguin, Laffitte, Dupont (de l'Eure) versagen ihm ihren Beistand. Hr. Thiers wollte das linke und das rechte Centrum in eine gemeinschaftliche Verwaltung vereinigen; diese Combination scheiterte aber, mit Ausnahme einiger individuellen Abfälle, vollständig. Dadurch wird die Lage sehr verwickelt. Allem Anschein nach dürfte Hr. Thiers dem Könige unter gegebenen Umständen die Alternative, ihm seine Entlassung zu geben oder die Kammer aufzulösen, vorlegen. Bei dieser Voraussetzung ist es dringend, daß der König ein Ministerium zum Ersatz des Hrn. Thiers bereit habe, und man sprach in dieser Beziehung von einer Annäherung zwischen Hrn. v. Mole, dem Marschall Soult, den HH. Villemain, Passy und Teste. Dadurch ließe sie eine gewisse Majorität in der gegenwärtigen Kammer vereinigen und später eine große Aussöhnung versuchen. Marschall Soult würde die Conseilspräsidentschaft und das Kriegsministerium, Mole wieder die auswärtigen Angelegenheiten übernehmen. Nur dieses Ministerium möchte der Stimmung der Gemüther in der Kammer entsprechen. Inzwischen ist Thiers eben so gewandt als thätig, so daß er für den Augenblick die Majorität wohl erringen könnte. Seine Lage ist aber darum um nichts weniger delicat, da er durchaus nur entweder mit der Rechten oder mit der Linken sich bewegen kann, und kaum ein Mittelweg übrig ist. Inmitten dieser Schwierigkeiten suchen die Journale der gemäßigten Linken Hrn. Thiers eine gewisse Popularität zu bereiten, indem sie ihn als aus der Revolution hervorgegangen darstellen. Dieß hat für die ganze Regierung ihre Gefahren; denn sucht man Hrn. Thiers allzuschnell zu stürzen, so legt man ihm dadurch eine so große Wichtigkeit bei, daß man einen furchtbaren Gegner aus ihm macht. Man sollte der Linken Zeit lassen eine Verwaltung zu bilden. So würde am besten constatirt werden, daß sie unfähig ist, den Staat anders als die conservative Partei zu regieren. Sonst Gutunterrichtete behaupten, der Hof wolle mit Hrn. Thiers unverzüglich ein Ende machen, was ich, wie gesagt, für einen Fehler halte. Es scheinen aber besondere Beweggründe vorzuliegen. Der König soll die auswärtigen Angelegenheiten nicht unter der Leitung einer Partei lassen wollen, die jederzeit die Propaganda begünstigt hat, und am Ende einen allgemeinen Conflict herbeiführen könnte. Bei den innern Angelegenheiten kann man Hrn. Thiers gewähren lassen, in der auswärtigen Politik könnte er aber allzu bedeutende, für das Land und Europa bedenkliche Fehler begehen. Inzwischen bleibt Alles bis zum Votum der geheimen Fonds suspendirt. Man möchte sagen, dieß sey eine Partie, bei der zwei Spieler unser Vermögen einsetzen. Erhält Hr. Thiers das Votum der geheimen Fonds, so beginnen erst die Schwierigkeiten für ihn. Die Rechte und die Linke stehen ihm fortwährend gegenüber, und er muß sich entscheiden. Hält er sich an die Linke, so werden die Concessionen kein Ende nehmen, und man wird unvermeidlich zum revolutionären System zurückkommen. Hr. Thiers hat zu viel Regierungsverstand, als daß er nicht davor erschrecken sollte; er würde dabei von Hrn. Odilon Barrot, und Hr. Odilon Barrot selbst von der Linken überflügelt werden. Nimmt Thiers aber seine Zuflucht zu der Rechten, so verliert er seine Popularität, und die Presse wird ihn als einen Renegaten ausschreien. Gerade also an diesen Gränzpunkten beginnt die Gefahr, und die Verwickelung der Interessen ist so groß, daß der Sturz des Hrn. Thiers die Krise nicht einmal beendigt, außer, ich wiederhole es, Hr. v. Mole, Marschall Soult und Hr. Guizot verständigen sich ein für allemal zur Zusammensetzung einer Verwaltung, die im Einverständniß mit den HH. Passy und Teste alle conservativen Fractionen der Kammer vereinigen würde.

Das Dampfboot Sphinx berührte auf seiner Ueberfahrt von Algier nach Toulon die Rhede von Mahon auf der Insel Minorca. Der Commandant der dort in Station liegenden französischen Gabarre Lamproie rief dem Capitän der Sphinx mit dem Sprachrohr zu: "Sagen Sie dem Hrn. Marinepräfecten, da ich keine Zeit habe, zu schreiben, daß der Sultan von Marokko uns den Krieg erklärt hat; der Consul der Vereinigten Staaten in Mahon hat diese Nachricht als officiell von seinem Collegen in Tanger erhalten." *) So wären wir also in Krieg mit dem mächtigen Staat Marokko. Wahrscheinlich haben die festen und energischen Erklärungen unsers Consuls in Tanger wegen des Beistandes, den Muley Abderrahman heimlicherweise dem Emir geleistet, diesen Bruch herbeigeführt. Es ist sehr möglich, daß der Kaiser von Marokko, der seit dem Sturze Hussein Dey's sich als den rechtmäßigen

*) Bekanntlich hat schon gestern die Gazette dieses Gerücht erwähnt, das indessen noch mit einigem Mißtrauen aufzunehmen seyn möchte.

Verbindung zwischen dem Ministerium und jener Partei schließen, als wirklich besteht. Heute Abend, vielleicht auch erst morgen (denn erst übermorgen beginnen die Debatten) findet eine neue Versammlung der 221 statt, wo sie sich über das Votum zu verständigen beabsichtigen. Bis vor einigen Tagen war die Partei Barrot gesonnen, für den Entwurf zu stimmen, in der Hoffnung einer Allianz und um dadurch die Bildung eines neuen Ministeriums Molé-Soult zu hintertreiben (von dem man seit dem 2 März nie aufhörte zu sprechen.) Seit aber das Gerücht ging, die 221 würden für den Entwurf stimmen, entstand bei den Mitgliedern der Opposition die Besorgniß, das Ministerium habe Verbindlichkeiten gegen die 221 eingegangen; so wurden die Barrotisten unschlüssig; erst während der Debatten werden sie sich entscheiden. Uebrigens ist es keineswegs sicher, daß eine hohe Person den Grafen Molé in einem neuen Ministerium wünsche. Denn es ist derselben bekannt geworden, wie letzterer sich gegen die verlangte Dotation des Herzogs von Nemours ausgesprochen und mehrere seiner Freunde unter den Deputirten bewogen habe, gegen den Entwurf zu stimmen. Hr. Thiers hat sich gegen mehrere Personen dahin erklärt, es sey ihm gar nicht unwillkommen, durch ein Votum der 221 gestürzt zu werden, indem er dadurch in der Popularität nur steigen könne, und mächtiger als früher in der öffentlichen Meinung stehen werde. Diese Ansicht über den Einfluß des Hrn. Thiers theilt die Opposition, eben so wie eine andere Ansicht, die demselben Staatsmanne zugeschrieben wird. „Die jetzige Kammer, soll er nämlich gesagt haben, gleicht einer Mördergrube (coupe gorge); kein Ministerium kann mit ihr bestehen, sie muß aufgelöst werden; ich aber will mich zu dieser Maaßregel nicht hergeben, weil, allem Vermuthen nach, die neue Kammer mehr zur linken Seite sich neigen würde, als nach meinen Ansichten gut wäre; Graf Molé kann es auch nicht, weil sein Name an der Spitze eines Ministeriums eine noch radicalere Kammer hervorbringen würde; nur ein gleichsam parteiloses Ministerium kann durch eine Auflösung eine wahre und gute Volksrepräsentation in die Kammer bringen.“ In diesem chaotischen Zustande liegen heute die Dinge; glücklicherweise hat die Regierung eine augenblickliche Ruhe in den auswärtigen Fragen, und kann sich also gänzlich mit der innern Politik abgeben.

Hr. Thiers hat eingesehen, daß er nicht bis zur äußersten Linken gehen könnte, daß sie ihm zu harte, fast unausführbare Bedingungen auflegen würde. Er kann nur die Partei Odilon Barrot für sich gewinnen; Mauguin, Laffitte, Dupont (de l'Eure) versagen ihm ihren Beistand. Hr. Thiers wollte das linke und das rechte Centrum in eine gemeinschaftliche Verwaltung vereinigen; diese Combination scheiterte aber, mit Ausnahme einiger individuellen Abfälle, vollständig. Dadurch wird die Lage sehr verwickelt. Allem Anschein nach dürfte Hr. Thiers dem Könige unter gegebenen Umständen die Alternative, ihm seine Entlassung zu geben oder die Kammer aufzulösen, vorlegen. Bei dieser Voraussetzung ist es dringend, daß der König ein Ministerium zum Ersatz des Hrn. Thiers bereit habe, und man sprach in dieser Beziehung von einer Annäherung zwischen Hrn. v. Molé, dem Marschall Soult, den HH. Villemain, Passy und Teste. Dadurch ließe sie eine gewisse Majorität in der gegenwärtigen Kammer vereinigen und später eine große Aussöhnung versuchen. Marschall Soult würde die Conseilspräsidentschaft und das Kriegsministerium, Molé wieder die auswärtigen Angelegenheiten übernehmen. Nur dieses Ministerium möchte der Stimmung der Gemüther in der Kammer entsprechen. Inzwischen ist Thiers eben so gewandt als thätig, so daß er für den Augenblick die Majorität wohl erringen könnte. Seine Lage ist aber darum um nichts weniger delicat, da er durchaus nur entweder mit der Rechten oder mit der Linken sich bewegen kann, und kaum ein Mittelweg übrig ist. Inmitten dieser Schwierigkeiten suchen die Journale der gemäßigten Linken Hrn. Thiers eine gewisse Popularität zu bereiten, indem sie ihn als aus der Revolution hervorgegangen darstellen. Dieß hat für die ganze Regierung ihre Gefahren; denn sucht man Hrn. Thiers allzuschnell zu stürzen, so legt man ihm dadurch eine so große Wichtigkeit bei, daß man einen furchtbaren Gegner aus ihm macht. Man sollte der Linken Zeit lassen eine Verwaltung zu bilden. So würde am besten constatirt werden, daß sie unfähig ist, den Staat anders als die conservative Partei zu regieren. Sonst Gutunterrichtete behaupten, der Hof wolle mit Hrn. Thiers unverzüglich ein Ende machen, was ich, wie gesagt, für einen Fehler halte. Es scheinen aber besondere Beweggründe vorzuliegen. Der König soll die auswärtigen Angelegenheiten nicht unter der Leitung einer Partei lassen wollen, die jederzeit die Propaganda begünstigt hat, und am Ende einen allgemeinen Conflict herbeiführen könnte. Bei den innern Angelegenheiten kann man Hrn. Thiers gewähren lassen, in der auswärtigen Politik könnte er aber allzu bedeutende, für das Land und Europa bedenkliche Fehler begehen. Inzwischen bleibt Alles bis zum Votum der geheimen Fonds suspendirt. Man möchte sagen, dieß sey eine Partie, bei der zwei Spieler unser Vermögen einsetzen. Erhält Hr. Thiers das Votum der geheimen Fonds, so beginnen erst die Schwierigkeiten für ihn. Die Rechte und die Linke stehen ihm fortwährend gegenüber, und er muß sich entscheiden. Hält er sich an die Linke, so werden die Concessionen kein Ende nehmen, und man wird unvermeidlich zum revolutionären System zurückkommen. Hr. Thiers hat zu viel Regierungsverstand, als daß er nicht davor erschrecken sollte; er würde dabei von Hrn. Odilon Barrot, und Hr. Odilon Barrot selbst von der Linken überflügelt werden. Nimmt Thiers aber seine Zuflucht zu der Rechten, so verliert er seine Popularität, und die Presse wird ihn als einen Renegaten ausschreien. Gerade also an diesen Gränzpunkten beginnt die Gefahr, und die Verwickelung der Interessen ist so groß, daß der Sturz des Hrn. Thiers die Krise nicht einmal beendigt, außer, ich wiederhole es, Hr. v. Molé, Marschall Soult und Hr. Guizot verständigen sich ein für allemal zur Zusammensetzung einer Verwaltung, die im Einverständniß mit den HH. Passy und Teste alle conservativen Fractionen der Kammer vereinigen würde.

Das Dampfboot Sphinx berührte auf seiner Ueberfahrt von Algier nach Toulon die Rhede von Mahon auf der Insel Minorca. Der Commandant der dort in Station liegenden französischen Gabarre Lamproie rief dem Capitän der Sphinx mit dem Sprachrohr zu: „Sagen Sie dem Hrn. Marinepräfecten, da ich keine Zeit habe, zu schreiben, daß der Sultan von Marokko uns den Krieg erklärt hat; der Consul der Vereinigten Staaten in Mahon hat diese Nachricht als officiell von seinem Collegen in Tanger erhalten.“ *) So wären wir also in Krieg mit dem mächtigen Staat Marokko. Wahrscheinlich haben die festen und energischen Erklärungen unsers Consuls in Tanger wegen des Beistandes, den Muley Abderrahman heimlicherweise dem Emir geleistet, diesen Bruch herbeigeführt. Es ist sehr möglich, daß der Kaiser von Marokko, der seit dem Sturze Hussein Dey's sich als den rechtmäßigen

*) Bekanntlich hat schon gestern die Gazette dieses Gerücht erwähnt, das indessen noch mit einigem Mißtrauen aufzunehmen seyn möchte.
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Verbindung zwischen dem Ministerium und jener Partei schließen, als wirklich besteht. Heute Abend, vielleicht auch erst morgen (denn erst übermorgen beginnen die Debatten) findet eine neue Versammlung der 221 statt, wo sie sich über das Votum zu verständigen beabsichtigen. Bis vor einigen Tagen war die Partei Barrot gesonnen, für den Entwurf zu stimmen, in der Hoffnung einer Allianz und um dadurch die Bildung eines neuen Ministeriums Molé-Soult zu hintertreiben (von dem man seit dem 2 März nie aufhörte zu sprechen.) Seit aber das Gerücht ging, die 221 würden für den Entwurf stimmen, entstand bei den Mitgliedern der Opposition die Besorgniß, das Ministerium habe Verbindlichkeiten gegen die 221 eingegangen; so wurden die Barrotisten unschlüssig; erst während der Debatten werden sie sich entscheiden. Uebrigens ist es keineswegs sicher, daß eine hohe Person den Grafen Molé in einem neuen Ministerium wünsche. Denn es ist derselben bekannt geworden, wie letzterer sich gegen die verlangte Dotation des Herzogs von Nemours ausgesprochen und mehrere seiner Freunde unter den Deputirten bewogen habe, gegen den Entwurf zu stimmen. Hr. Thiers hat sich gegen mehrere Personen dahin erklärt, es sey ihm gar nicht unwillkommen, durch ein Votum der 221 gestürzt zu werden, indem er dadurch in der Popularität nur steigen könne, und mächtiger als früher in der öffentlichen Meinung stehen werde. Diese Ansicht über den Einfluß des Hrn. Thiers theilt die Opposition, eben so wie eine andere Ansicht, die demselben Staatsmanne zugeschrieben wird. &#x201E;Die jetzige Kammer, soll er nämlich gesagt haben, gleicht einer Mördergrube (coupe gorge); kein Ministerium kann mit ihr bestehen, sie muß aufgelöst werden; ich aber will mich zu dieser Maaßregel nicht hergeben, weil, allem Vermuthen nach, die neue Kammer mehr zur linken Seite sich neigen würde, als nach meinen Ansichten gut wäre; Graf Molé kann es auch nicht, weil sein Name an der Spitze eines Ministeriums eine noch radicalere Kammer hervorbringen würde; nur ein gleichsam parteiloses Ministerium kann durch eine Auflösung eine wahre und gute Volksrepräsentation in die Kammer bringen.&#x201C; In diesem chaotischen Zustande liegen heute die Dinge; glücklicherweise hat die Regierung eine augenblickliche Ruhe in den auswärtigen Fragen, und kann sich also gänzlich mit der innern Politik abgeben.</p>
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[0700/0004] Verbindung zwischen dem Ministerium und jener Partei schließen, als wirklich besteht. Heute Abend, vielleicht auch erst morgen (denn erst übermorgen beginnen die Debatten) findet eine neue Versammlung der 221 statt, wo sie sich über das Votum zu verständigen beabsichtigen. Bis vor einigen Tagen war die Partei Barrot gesonnen, für den Entwurf zu stimmen, in der Hoffnung einer Allianz und um dadurch die Bildung eines neuen Ministeriums Molé-Soult zu hintertreiben (von dem man seit dem 2 März nie aufhörte zu sprechen.) Seit aber das Gerücht ging, die 221 würden für den Entwurf stimmen, entstand bei den Mitgliedern der Opposition die Besorgniß, das Ministerium habe Verbindlichkeiten gegen die 221 eingegangen; so wurden die Barrotisten unschlüssig; erst während der Debatten werden sie sich entscheiden. Uebrigens ist es keineswegs sicher, daß eine hohe Person den Grafen Molé in einem neuen Ministerium wünsche. Denn es ist derselben bekannt geworden, wie letzterer sich gegen die verlangte Dotation des Herzogs von Nemours ausgesprochen und mehrere seiner Freunde unter den Deputirten bewogen habe, gegen den Entwurf zu stimmen. Hr. Thiers hat sich gegen mehrere Personen dahin erklärt, es sey ihm gar nicht unwillkommen, durch ein Votum der 221 gestürzt zu werden, indem er dadurch in der Popularität nur steigen könne, und mächtiger als früher in der öffentlichen Meinung stehen werde. Diese Ansicht über den Einfluß des Hrn. Thiers theilt die Opposition, eben so wie eine andere Ansicht, die demselben Staatsmanne zugeschrieben wird. „Die jetzige Kammer, soll er nämlich gesagt haben, gleicht einer Mördergrube (coupe gorge); kein Ministerium kann mit ihr bestehen, sie muß aufgelöst werden; ich aber will mich zu dieser Maaßregel nicht hergeben, weil, allem Vermuthen nach, die neue Kammer mehr zur linken Seite sich neigen würde, als nach meinen Ansichten gut wäre; Graf Molé kann es auch nicht, weil sein Name an der Spitze eines Ministeriums eine noch radicalere Kammer hervorbringen würde; nur ein gleichsam parteiloses Ministerium kann durch eine Auflösung eine wahre und gute Volksrepräsentation in die Kammer bringen.“ In diesem chaotischen Zustande liegen heute die Dinge; glücklicherweise hat die Regierung eine augenblickliche Ruhe in den auswärtigen Fragen, und kann sich also gänzlich mit der innern Politik abgeben. _ Paris, 22 März. Hr. Thiers hat eingesehen, daß er nicht bis zur äußersten Linken gehen könnte, daß sie ihm zu harte, fast unausführbare Bedingungen auflegen würde. Er kann nur die Partei Odilon Barrot für sich gewinnen; Mauguin, Laffitte, Dupont (de l'Eure) versagen ihm ihren Beistand. Hr. Thiers wollte das linke und das rechte Centrum in eine gemeinschaftliche Verwaltung vereinigen; diese Combination scheiterte aber, mit Ausnahme einiger individuellen Abfälle, vollständig. Dadurch wird die Lage sehr verwickelt. Allem Anschein nach dürfte Hr. Thiers dem Könige unter gegebenen Umständen die Alternative, ihm seine Entlassung zu geben oder die Kammer aufzulösen, vorlegen. Bei dieser Voraussetzung ist es dringend, daß der König ein Ministerium zum Ersatz des Hrn. Thiers bereit habe, und man sprach in dieser Beziehung von einer Annäherung zwischen Hrn. v. Molé, dem Marschall Soult, den HH. Villemain, Passy und Teste. Dadurch ließe sie eine gewisse Majorität in der gegenwärtigen Kammer vereinigen und später eine große Aussöhnung versuchen. Marschall Soult würde die Conseilspräsidentschaft und das Kriegsministerium, Molé wieder die auswärtigen Angelegenheiten übernehmen. Nur dieses Ministerium möchte der Stimmung der Gemüther in der Kammer entsprechen. Inzwischen ist Thiers eben so gewandt als thätig, so daß er für den Augenblick die Majorität wohl erringen könnte. Seine Lage ist aber darum um nichts weniger delicat, da er durchaus nur entweder mit der Rechten oder mit der Linken sich bewegen kann, und kaum ein Mittelweg übrig ist. Inmitten dieser Schwierigkeiten suchen die Journale der gemäßigten Linken Hrn. Thiers eine gewisse Popularität zu bereiten, indem sie ihn als aus der Revolution hervorgegangen darstellen. Dieß hat für die ganze Regierung ihre Gefahren; denn sucht man Hrn. Thiers allzuschnell zu stürzen, so legt man ihm dadurch eine so große Wichtigkeit bei, daß man einen furchtbaren Gegner aus ihm macht. Man sollte der Linken Zeit lassen eine Verwaltung zu bilden. So würde am besten constatirt werden, daß sie unfähig ist, den Staat anders als die conservative Partei zu regieren. Sonst Gutunterrichtete behaupten, der Hof wolle mit Hrn. Thiers unverzüglich ein Ende machen, was ich, wie gesagt, für einen Fehler halte. Es scheinen aber besondere Beweggründe vorzuliegen. Der König soll die auswärtigen Angelegenheiten nicht unter der Leitung einer Partei lassen wollen, die jederzeit die Propaganda begünstigt hat, und am Ende einen allgemeinen Conflict herbeiführen könnte. Bei den innern Angelegenheiten kann man Hrn. Thiers gewähren lassen, in der auswärtigen Politik könnte er aber allzu bedeutende, für das Land und Europa bedenkliche Fehler begehen. Inzwischen bleibt Alles bis zum Votum der geheimen Fonds suspendirt. Man möchte sagen, dieß sey eine Partie, bei der zwei Spieler unser Vermögen einsetzen. Erhält Hr. Thiers das Votum der geheimen Fonds, so beginnen erst die Schwierigkeiten für ihn. Die Rechte und die Linke stehen ihm fortwährend gegenüber, und er muß sich entscheiden. Hält er sich an die Linke, so werden die Concessionen kein Ende nehmen, und man wird unvermeidlich zum revolutionären System zurückkommen. Hr. Thiers hat zu viel Regierungsverstand, als daß er nicht davor erschrecken sollte; er würde dabei von Hrn. Odilon Barrot, und Hr. Odilon Barrot selbst von der Linken überflügelt werden. Nimmt Thiers aber seine Zuflucht zu der Rechten, so verliert er seine Popularität, und die Presse wird ihn als einen Renegaten ausschreien. Gerade also an diesen Gränzpunkten beginnt die Gefahr, und die Verwickelung der Interessen ist so groß, daß der Sturz des Hrn. Thiers die Krise nicht einmal beendigt, außer, ich wiederhole es, Hr. v. Molé, Marschall Soult und Hr. Guizot verständigen sich ein für allemal zur Zusammensetzung einer Verwaltung, die im Einverständniß mit den HH. Passy und Teste alle conservativen Fractionen der Kammer vereinigen würde. _ Toulon, 21 März. Das Dampfboot Sphinx berührte auf seiner Ueberfahrt von Algier nach Toulon die Rhede von Mahon auf der Insel Minorca. Der Commandant der dort in Station liegenden französischen Gabarre Lamproie rief dem Capitän der Sphinx mit dem Sprachrohr zu: „Sagen Sie dem Hrn. Marinepräfecten, da ich keine Zeit habe, zu schreiben, daß der Sultan von Marokko uns den Krieg erklärt hat; der Consul der Vereinigten Staaten in Mahon hat diese Nachricht als officiell von seinem Collegen in Tanger erhalten.“ *) So wären wir also in Krieg mit dem mächtigen Staat Marokko. Wahrscheinlich haben die festen und energischen Erklärungen unsers Consuls in Tanger wegen des Beistandes, den Muley Abderrahman heimlicherweise dem Emir geleistet, diesen Bruch herbeigeführt. Es ist sehr möglich, daß der Kaiser von Marokko, der seit dem Sturze Hussein Dey's sich als den rechtmäßigen *) Bekanntlich hat schon gestern die Gazette dieses Gerücht erwähnt, das indessen noch mit einigem Mißtrauen aufzunehmen seyn möchte.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 88. Augsburg, 28. März 1840, S. 0700. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_088_18400328/4>, abgerufen am 24.11.2024.