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Allgemeine Zeitung. Nr. 87. Augsburg, 27. März 1840.

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Ministern Zeit vergönnen werde, die Angelegenheit in ein befriedigendes Geleise zu bringen. Es passe sich nicht, während einer schwebenden Unterhandlung die rechtliche Seite eines solchen Falls zu discutiren, doch seyen allerdings auch die Minister der Ansicht, daß Hannover zur Beibehaltung seines jetzigen Tarifs nicht befugt sey, und auf der Grundlage dieser Ansicht finde brittischerseits die Unterhandlung statt. Auch mit Dänemark habe sie über denselben Gegenstand Communicationen eröffnet. Nach einigen Aeußerungen von Hrn. Chapman und Sir W. James zu Gunsten des Antrags schloß der Handelsminister, Hr. Labouchere, sich der Bitte Lord Palmerstons an, daß Hr. Hutt seine Motion zurücknehmen möge, um keine Störung in die Negociationen zu bringen. Die Regierung, wiederholte er, sey bereit, auf Ermäßigung der Elbezölle und auf Beseitigung der vexatorischen Erhebungsart zu bestehen, und da Hannover dieses Princip bereits zugestanden habe, so werde die Sache hoffentlich bald ausgeglichen seyn. Hr. Hume meinte, ein Votum des Hauses, weit entfernt die Unterhandlung zu behindern, würde dieselbe vielmehr wirksam fördern. Er wolle dem Hause sagen, wie das Ultimatum Hannovers sich am besten beschleunigen ließe. Nicht durch Krieg, Gott verhüte! er wolle keine Feindseligkeiten, sondern, wie Lord Palmerston gegenüber von China, nur einige freundschaftliche "Communicationen" (Gelächter), diese solle man aber mit einem Linienschiff von 74 Kanonen unterstützen, das werde durchdringen. (Das würde, bemerkt der Sun, eine sehr unnöthige Kraftäußerung seyn, da die ganze Seemacht Sr. hannover'schen Maj. nur aus einer alten englischen Brigg von 10 Kanonen bestehe.) Sir Fr. Trench (Tory) sagte, wenn die Resolution zur Abstimmung gedrängt werde, stimme er für sie; indessen glaube er den König von Hannover bereitwillig alles zu thun, womit er sein Dankgefühl gegen die brittische Nation beweisen könne. Hr. Hutt erklärte dann, er nehme, wiewohl sehr ungern, seinen Vorschlag zurück. "Gleich nach dieser Erklärung Hrn. Hutts," berichtet die Times, "verließen viele Mitglieder, besonders von der conservativen Seite, das Haus. Bei diesem Anblick erhoben die Whig-Radicalen, von deren Eifer für unsere Handelsinteressen ein gut Theil auf Rechnung ihres politischen Hasses gegen den jetzigen König von Hannover kommt, ein ironisches Beifallsgeschrei, indem sie, scheint es, zu verstehen geben wollten, alle die Weggehenden würden aus Parteirücksichten gegen die Motion gestimmt haben." In Bezug auf die, einer jüngst angenommenen Resolution zufolge, ernannte Committee des Hauses zur Untersuchung des Bankwesens in England beantragte der Schatzkanzler, daß die Sitzungen derselben geheim seyn sollten, was mit 33 gegen 23 Stimmen angenommen wurde. Hr. Hume befürchtete, dadurch werde die Untersuchung nutzlos gemacht. Lord Morpeth ward ermächtigt, eine Bill zur Abstellung des Bettels in Irland einzubringen, unter welchem zur Zeit die kleinen Pächter am meisten zu leiden haben. Die Toryblätter machen die boshafte Bemerkung, der Generalsecretär für Irland habe mit dieser Bill gerade einen Zeitpunkt abgepaßt, wo der größte "irische Bettelmann" abwesend sey. (Daniel O'Connell ist nach Irland abgereist.)

In einer Sitzung der Directoren der ostindischen Compagnie am 18 März wurde Generallieutenant Sir S. F. Whittingham als Oberbefehlshaber der Heere der ostindischen Compagnie und zweites Conseilsmitglied in der Präsidentschaft Madras beeidigt.

Am 17 März stand der oftgenannte Chartistenführer Feargus O'Connor, wegen einiger Reden, die er in Chartistenversammlungen gehalten und dann in seinem Blatt "der Nordstern" mitgetheilt, auf ein "seditious libel" angeklagt, zu York, wo er bisher in Haft saß, vor den Assisen. Die Verfolgung leitete der Attorney-General, welcher den Satz ausführte freie Discussion in Rede und Schrift sey zwar ein dem Engländer angebornes Recht, das nur ein böses Gewissen der Regierenden den Regierten verweigern könne, hingegen könne und dürfe keine Regierung es ungestraft hingehen lassen, daß die Presse dazu mißbraucht werde, zur Empörung und zu Verbrechen aufzureizen. O'Connor vertheidigte sich selbst, und suchte aus seinem Journal zu erweisen, daß er immer ein Gegner der Anwendung physischer Gewalt gewesen sey. Die Jury fällte nach einer Berathung von 10 Minuten das Verdict "Schuldig"; die Verhängung des Strafmaßes ward aber noch ausgesetzt, da gegen O'Connor ein ähnlicher Proceß auch in Liverpool anhängig ist. Auch mehrere wegen der Unruhen in Sheffield vor Gericht gestellte Chartisten wurden von der Jury schuldig befunden.

Frankreich.

(Sonntag.)

Am 21 März war das Ministerconseil in den Tuilerien bei dem König versammelt, der von einer Fahrt nach Fontainebleau zurückgekommen war. Der Herzog von Orleans wohnte dem Conseil bei.

(Moniteur.) Das Journal la Presse behauptet heute (21) nach eingezogenen Erkundigungen, denen dieses Journal die strengste Genauigkeit zuschreibt, daß Hr. Thiers seit 20 Tagen die Angelegenheiten seines Departements versäumt, und "nur eine einzige Depesche an Hrn. Cochelet nach Alexandrien expedirt habe." Wir sind ermächtigt, diesen Verleumdungen aufs förmlichste zu widersprechen.

Die peinlich gespannte Lage des Ministeriums, das der Majorität in der Kammer nicht sicher ist, und die Verlegenheit mehrerer Fractionen der Deputirtenkammer selbst, die noch schwanken, ob sie Hrn. Thiers ihre Stimmen geben oder eine neue Coalition mit all' seinen verschiedenfarbigen Gegnern versuchen sollen, gibt dem Journal des Debats zu folgenden Betrachtungen Stoff. "Woher kommt es, daß die gemäßigtsten, die der Staatsgewalt anhänglichsten Männer, welche dieselbe seit zehn Jahren unterstützten und ihrer natürlichen Neigung nach sie noch fernerhin unterstützen würden - woher kommt es, daß diese Männer jetzt unruhig, mißtrauisch und getheilt sind zwischen der Besorgniß, durch eine neue Krise die ganze Existenz unserer Institutionen aufs Spiel zu setzen, und der Furcht, durch ihre Unterstützung dem Ministerium Waffen gegen sich selbst zu geben? Nach so vielen schönen Reden über die parlamentarische Regierung sind wir so weit gekommen, daß ein Minister, ein Präsident des Conseils sagen konnte: regiere nach mir, wer da kann - was offenbar so viel sagen will, als: wenn ich nicht die Majorität habe, wird sie keiner haben! wenn ich nicht zum Regieren stark genug bin, werde ich wenigstens stark genug seyn, zu hindern, daß irgend Jemand regiere! Es ist dieß ein unerhörter Zustand in der Geschichte der constitutionellen Staaten. Die Minorität von gestern kann sogleich zur Majorität werden, sobald sie in Opposition übergeht, während die Majorität, bloß aus dem Grund, weil man sie ans Staatsruder berufen, zur Minorität wird. Demnach wären alle Parteien mit einem Veto bewaffnet, das hinreicht, sich gegenseitig zu lähmen; keine aber hätte die Macht zu leben. Nicht so hatte man bisher bei uns und in England seit hundertundfünfzig Jahren die Repräsentativregierung verstanden. Als Hr. Thiers früher Minister war, sagte er nicht zu Hrn. Odilon-Barrot und der Linken: "Unterstützt mich, obgleich ich wider euern Willen, als euer Gegner und unter einer Fahne, welche nicht die eurige ist, zur Gewalt gekommen, unterstützt

Ministern Zeit vergönnen werde, die Angelegenheit in ein befriedigendes Geleise zu bringen. Es passe sich nicht, während einer schwebenden Unterhandlung die rechtliche Seite eines solchen Falls zu discutiren, doch seyen allerdings auch die Minister der Ansicht, daß Hannover zur Beibehaltung seines jetzigen Tarifs nicht befugt sey, und auf der Grundlage dieser Ansicht finde brittischerseits die Unterhandlung statt. Auch mit Dänemark habe sie über denselben Gegenstand Communicationen eröffnet. Nach einigen Aeußerungen von Hrn. Chapman und Sir W. James zu Gunsten des Antrags schloß der Handelsminister, Hr. Labouchere, sich der Bitte Lord Palmerstons an, daß Hr. Hutt seine Motion zurücknehmen möge, um keine Störung in die Negociationen zu bringen. Die Regierung, wiederholte er, sey bereit, auf Ermäßigung der Elbezölle und auf Beseitigung der vexatorischen Erhebungsart zu bestehen, und da Hannover dieses Princip bereits zugestanden habe, so werde die Sache hoffentlich bald ausgeglichen seyn. Hr. Hume meinte, ein Votum des Hauses, weit entfernt die Unterhandlung zu behindern, würde dieselbe vielmehr wirksam fördern. Er wolle dem Hause sagen, wie das Ultimatum Hannovers sich am besten beschleunigen ließe. Nicht durch Krieg, Gott verhüte! er wolle keine Feindseligkeiten, sondern, wie Lord Palmerston gegenüber von China, nur einige freundschaftliche „Communicationen“ (Gelächter), diese solle man aber mit einem Linienschiff von 74 Kanonen unterstützen, das werde durchdringen. (Das würde, bemerkt der Sun, eine sehr unnöthige Kraftäußerung seyn, da die ganze Seemacht Sr. hannover'schen Maj. nur aus einer alten englischen Brigg von 10 Kanonen bestehe.) Sir Fr. Trench (Tory) sagte, wenn die Resolution zur Abstimmung gedrängt werde, stimme er für sie; indessen glaube er den König von Hannover bereitwillig alles zu thun, womit er sein Dankgefühl gegen die brittische Nation beweisen könne. Hr. Hutt erklärte dann, er nehme, wiewohl sehr ungern, seinen Vorschlag zurück. „Gleich nach dieser Erklärung Hrn. Hutts,“ berichtet die Times, „verließen viele Mitglieder, besonders von der conservativen Seite, das Haus. Bei diesem Anblick erhoben die Whig-Radicalen, von deren Eifer für unsere Handelsinteressen ein gut Theil auf Rechnung ihres politischen Hasses gegen den jetzigen König von Hannover kommt, ein ironisches Beifallsgeschrei, indem sie, scheint es, zu verstehen geben wollten, alle die Weggehenden würden aus Parteirücksichten gegen die Motion gestimmt haben.“ In Bezug auf die, einer jüngst angenommenen Resolution zufolge, ernannte Committee des Hauses zur Untersuchung des Bankwesens in England beantragte der Schatzkanzler, daß die Sitzungen derselben geheim seyn sollten, was mit 33 gegen 23 Stimmen angenommen wurde. Hr. Hume befürchtete, dadurch werde die Untersuchung nutzlos gemacht. Lord Morpeth ward ermächtigt, eine Bill zur Abstellung des Bettels in Irland einzubringen, unter welchem zur Zeit die kleinen Pächter am meisten zu leiden haben. Die Toryblätter machen die boshafte Bemerkung, der Generalsecretär für Irland habe mit dieser Bill gerade einen Zeitpunkt abgepaßt, wo der größte „irische Bettelmann“ abwesend sey. (Daniel O'Connell ist nach Irland abgereist.)

In einer Sitzung der Directoren der ostindischen Compagnie am 18 März wurde Generallieutenant Sir S. F. Whittingham als Oberbefehlshaber der Heere der ostindischen Compagnie und zweites Conseilsmitglied in der Präsidentschaft Madras beeidigt.

Am 17 März stand der oftgenannte Chartistenführer Feargus O'Connor, wegen einiger Reden, die er in Chartistenversammlungen gehalten und dann in seinem Blatt „der Nordstern“ mitgetheilt, auf ein „seditious libel“ angeklagt, zu York, wo er bisher in Haft saß, vor den Assisen. Die Verfolgung leitete der Attorney-General, welcher den Satz ausführte freie Discussion in Rede und Schrift sey zwar ein dem Engländer angebornes Recht, das nur ein böses Gewissen der Regierenden den Regierten verweigern könne, hingegen könne und dürfe keine Regierung es ungestraft hingehen lassen, daß die Presse dazu mißbraucht werde, zur Empörung und zu Verbrechen aufzureizen. O'Connor vertheidigte sich selbst, und suchte aus seinem Journal zu erweisen, daß er immer ein Gegner der Anwendung physischer Gewalt gewesen sey. Die Jury fällte nach einer Berathung von 10 Minuten das Verdict „Schuldig“; die Verhängung des Strafmaßes ward aber noch ausgesetzt, da gegen O'Connor ein ähnlicher Proceß auch in Liverpool anhängig ist. Auch mehrere wegen der Unruhen in Sheffield vor Gericht gestellte Chartisten wurden von der Jury schuldig befunden.

Frankreich.

(Sonntag.)

Am 21 März war das Ministerconseil in den Tuilerien bei dem König versammelt, der von einer Fahrt nach Fontainebleau zurückgekommen war. Der Herzog von Orleans wohnte dem Conseil bei.

(Moniteur.) Das Journal la Presse behauptet heute (21) nach eingezogenen Erkundigungen, denen dieses Journal die strengste Genauigkeit zuschreibt, daß Hr. Thiers seit 20 Tagen die Angelegenheiten seines Departements versäumt, und „nur eine einzige Depesche an Hrn. Cochelet nach Alexandrien expedirt habe.“ Wir sind ermächtigt, diesen Verleumdungen aufs förmlichste zu widersprechen.

Die peinlich gespannte Lage des Ministeriums, das der Majorität in der Kammer nicht sicher ist, und die Verlegenheit mehrerer Fractionen der Deputirtenkammer selbst, die noch schwanken, ob sie Hrn. Thiers ihre Stimmen geben oder eine neue Coalition mit all' seinen verschiedenfarbigen Gegnern versuchen sollen, gibt dem Journal des Débats zu folgenden Betrachtungen Stoff. „Woher kommt es, daß die gemäßigtsten, die der Staatsgewalt anhänglichsten Männer, welche dieselbe seit zehn Jahren unterstützten und ihrer natürlichen Neigung nach sie noch fernerhin unterstützen würden – woher kommt es, daß diese Männer jetzt unruhig, mißtrauisch und getheilt sind zwischen der Besorgniß, durch eine neue Krise die ganze Existenz unserer Institutionen aufs Spiel zu setzen, und der Furcht, durch ihre Unterstützung dem Ministerium Waffen gegen sich selbst zu geben? Nach so vielen schönen Reden über die parlamentarische Regierung sind wir so weit gekommen, daß ein Minister, ein Präsident des Conseils sagen konnte: regiere nach mir, wer da kann – was offenbar so viel sagen will, als: wenn ich nicht die Majorität habe, wird sie keiner haben! wenn ich nicht zum Regieren stark genug bin, werde ich wenigstens stark genug seyn, zu hindern, daß irgend Jemand regiere! Es ist dieß ein unerhörter Zustand in der Geschichte der constitutionellen Staaten. Die Minorität von gestern kann sogleich zur Majorität werden, sobald sie in Opposition übergeht, während die Majorität, bloß aus dem Grund, weil man sie ans Staatsruder berufen, zur Minorität wird. Demnach wären alle Parteien mit einem Veto bewaffnet, das hinreicht, sich gegenseitig zu lähmen; keine aber hätte die Macht zu leben. Nicht so hatte man bisher bei uns und in England seit hundertundfünfzig Jahren die Repräsentativregierung verstanden. Als Hr. Thiers früher Minister war, sagte er nicht zu Hrn. Odilon-Barrot und der Linken: „Unterstützt mich, obgleich ich wider euern Willen, als euer Gegner und unter einer Fahne, welche nicht die eurige ist, zur Gewalt gekommen, unterstützt

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Ministern Zeit vergönnen werde, die Angelegenheit in ein befriedigendes Geleise zu bringen. Es passe sich nicht, während einer schwebenden Unterhandlung die rechtliche Seite eines solchen Falls zu discutiren, doch seyen allerdings auch die Minister der Ansicht, daß Hannover zur Beibehaltung seines jetzigen Tarifs nicht befugt sey, und auf der Grundlage dieser Ansicht finde brittischerseits die Unterhandlung statt. Auch mit Dänemark habe sie über denselben Gegenstand Communicationen eröffnet. Nach einigen Aeußerungen von Hrn. <hi rendition="#g">Chapman</hi> und Sir W. <hi rendition="#g">James</hi> zu Gunsten des Antrags schloß der Handelsminister, Hr. <hi rendition="#g">Labouchere</hi>, sich der Bitte Lord Palmerstons an, daß Hr. Hutt seine Motion zurücknehmen möge, um keine Störung in die Negociationen zu bringen. Die Regierung, wiederholte er, sey bereit, auf Ermäßigung der Elbezölle und auf Beseitigung der vexatorischen Erhebungsart zu bestehen, und da Hannover dieses Princip bereits zugestanden habe, so werde die Sache hoffentlich bald ausgeglichen seyn. Hr. <hi rendition="#g">Hume</hi> meinte, ein Votum des Hauses, weit entfernt die Unterhandlung zu behindern, würde dieselbe vielmehr wirksam fördern. Er wolle dem Hause sagen, wie das Ultimatum Hannovers sich am besten beschleunigen ließe. Nicht durch Krieg, Gott verhüte! er wolle keine Feindseligkeiten, sondern, wie Lord Palmerston gegenüber von China, nur einige freundschaftliche &#x201E;Communicationen&#x201C; (Gelächter), diese solle man aber mit einem Linienschiff von 74 Kanonen unterstützen, das werde durchdringen. (Das würde, bemerkt der <hi rendition="#g">Sun</hi>, eine sehr unnöthige Kraftäußerung seyn, da die ganze Seemacht Sr. hannover'schen Maj. nur aus einer alten englischen Brigg von 10 Kanonen bestehe.) Sir Fr. <hi rendition="#g">Trench</hi> (Tory) sagte, wenn die Resolution zur Abstimmung gedrängt werde, stimme er für sie; indessen glaube er den König von Hannover bereitwillig alles zu thun, womit er sein Dankgefühl gegen die brittische Nation beweisen könne. Hr. <hi rendition="#g">Hutt</hi> erklärte dann, er nehme, wiewohl sehr ungern, seinen Vorschlag zurück. &#x201E;Gleich nach dieser Erklärung Hrn. Hutts,&#x201C; berichtet die <hi rendition="#g">Times</hi>, &#x201E;verließen viele Mitglieder, besonders von der conservativen Seite, das Haus. Bei diesem Anblick erhoben die Whig-Radicalen, von deren Eifer für unsere Handelsinteressen ein gut Theil auf Rechnung ihres politischen Hasses gegen den jetzigen König von Hannover kommt, ein ironisches Beifallsgeschrei, indem sie, scheint es, zu verstehen geben wollten, alle die Weggehenden würden aus Parteirücksichten gegen die Motion gestimmt haben.&#x201C; In Bezug auf die, einer jüngst angenommenen Resolution zufolge, ernannte Committee des Hauses zur Untersuchung des Bankwesens in England beantragte der <hi rendition="#g">Schatzkanzler</hi>, daß die Sitzungen derselben geheim seyn sollten, was mit 33 gegen 23 Stimmen angenommen wurde. Hr. <hi rendition="#g">Hume</hi> befürchtete, dadurch werde die Untersuchung nutzlos gemacht. Lord <hi rendition="#g">Morpeth</hi> ward ermächtigt, eine Bill zur Abstellung des Bettels in Irland einzubringen, unter welchem zur Zeit die kleinen Pächter am meisten zu leiden haben. Die Toryblätter machen die boshafte Bemerkung, der Generalsecretär für Irland habe mit dieser Bill gerade einen Zeitpunkt abgepaßt, wo der größte &#x201E;irische Bettelmann&#x201C; abwesend sey. (Daniel O'Connell ist nach Irland abgereist.)</p><lb/>
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[0690/0002] Ministern Zeit vergönnen werde, die Angelegenheit in ein befriedigendes Geleise zu bringen. Es passe sich nicht, während einer schwebenden Unterhandlung die rechtliche Seite eines solchen Falls zu discutiren, doch seyen allerdings auch die Minister der Ansicht, daß Hannover zur Beibehaltung seines jetzigen Tarifs nicht befugt sey, und auf der Grundlage dieser Ansicht finde brittischerseits die Unterhandlung statt. Auch mit Dänemark habe sie über denselben Gegenstand Communicationen eröffnet. Nach einigen Aeußerungen von Hrn. Chapman und Sir W. James zu Gunsten des Antrags schloß der Handelsminister, Hr. Labouchere, sich der Bitte Lord Palmerstons an, daß Hr. Hutt seine Motion zurücknehmen möge, um keine Störung in die Negociationen zu bringen. 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Trench (Tory) sagte, wenn die Resolution zur Abstimmung gedrängt werde, stimme er für sie; indessen glaube er den König von Hannover bereitwillig alles zu thun, womit er sein Dankgefühl gegen die brittische Nation beweisen könne. Hr. Hutt erklärte dann, er nehme, wiewohl sehr ungern, seinen Vorschlag zurück. „Gleich nach dieser Erklärung Hrn. Hutts,“ berichtet die Times, „verließen viele Mitglieder, besonders von der conservativen Seite, das Haus. Bei diesem Anblick erhoben die Whig-Radicalen, von deren Eifer für unsere Handelsinteressen ein gut Theil auf Rechnung ihres politischen Hasses gegen den jetzigen König von Hannover kommt, ein ironisches Beifallsgeschrei, indem sie, scheint es, zu verstehen geben wollten, alle die Weggehenden würden aus Parteirücksichten gegen die Motion gestimmt haben.“ In Bezug auf die, einer jüngst angenommenen Resolution zufolge, ernannte Committee des Hauses zur Untersuchung des Bankwesens in England beantragte der Schatzkanzler, daß die Sitzungen derselben geheim seyn sollten, was mit 33 gegen 23 Stimmen angenommen wurde. Hr. Hume befürchtete, dadurch werde die Untersuchung nutzlos gemacht. Lord Morpeth ward ermächtigt, eine Bill zur Abstellung des Bettels in Irland einzubringen, unter welchem zur Zeit die kleinen Pächter am meisten zu leiden haben. Die Toryblätter machen die boshafte Bemerkung, der Generalsecretär für Irland habe mit dieser Bill gerade einen Zeitpunkt abgepaßt, wo der größte „irische Bettelmann“ abwesend sey. (Daniel O'Connell ist nach Irland abgereist.) In einer Sitzung der Directoren der ostindischen Compagnie am 18 März wurde Generallieutenant Sir S. F. Whittingham als Oberbefehlshaber der Heere der ostindischen Compagnie und zweites Conseilsmitglied in der Präsidentschaft Madras beeidigt. Am 17 März stand der oftgenannte Chartistenführer Feargus O'Connor, wegen einiger Reden, die er in Chartistenversammlungen gehalten und dann in seinem Blatt „der Nordstern“ mitgetheilt, auf ein „seditious libel“ angeklagt, zu York, wo er bisher in Haft saß, vor den Assisen. Die Verfolgung leitete der Attorney-General, welcher den Satz ausführte freie Discussion in Rede und Schrift sey zwar ein dem Engländer angebornes Recht, das nur ein böses Gewissen der Regierenden den Regierten verweigern könne, hingegen könne und dürfe keine Regierung es ungestraft hingehen lassen, daß die Presse dazu mißbraucht werde, zur Empörung und zu Verbrechen aufzureizen. O'Connor vertheidigte sich selbst, und suchte aus seinem Journal zu erweisen, daß er immer ein Gegner der Anwendung physischer Gewalt gewesen sey. Die Jury fällte nach einer Berathung von 10 Minuten das Verdict „Schuldig“; die Verhängung des Strafmaßes ward aber noch ausgesetzt, da gegen O'Connor ein ähnlicher Proceß auch in Liverpool anhängig ist. Auch mehrere wegen der Unruhen in Sheffield vor Gericht gestellte Chartisten wurden von der Jury schuldig befunden. Frankreich. _ Paris, 22 März. (Sonntag.) Am 21 März war das Ministerconseil in den Tuilerien bei dem König versammelt, der von einer Fahrt nach Fontainebleau zurückgekommen war. Der Herzog von Orleans wohnte dem Conseil bei. (Moniteur.) Das Journal la Presse behauptet heute (21) nach eingezogenen Erkundigungen, denen dieses Journal die strengste Genauigkeit zuschreibt, daß Hr. Thiers seit 20 Tagen die Angelegenheiten seines Departements versäumt, und „nur eine einzige Depesche an Hrn. Cochelet nach Alexandrien expedirt habe.“ Wir sind ermächtigt, diesen Verleumdungen aufs förmlichste zu widersprechen. Die peinlich gespannte Lage des Ministeriums, das der Majorität in der Kammer nicht sicher ist, und die Verlegenheit mehrerer Fractionen der Deputirtenkammer selbst, die noch schwanken, ob sie Hrn. Thiers ihre Stimmen geben oder eine neue Coalition mit all' seinen verschiedenfarbigen Gegnern versuchen sollen, gibt dem Journal des Débats zu folgenden Betrachtungen Stoff. „Woher kommt es, daß die gemäßigtsten, die der Staatsgewalt anhänglichsten Männer, welche dieselbe seit zehn Jahren unterstützten und ihrer natürlichen Neigung nach sie noch fernerhin unterstützen würden – woher kommt es, daß diese Männer jetzt unruhig, mißtrauisch und getheilt sind zwischen der Besorgniß, durch eine neue Krise die ganze Existenz unserer Institutionen aufs Spiel zu setzen, und der Furcht, durch ihre Unterstützung dem Ministerium Waffen gegen sich selbst zu geben? Nach so vielen schönen Reden über die parlamentarische Regierung sind wir so weit gekommen, daß ein Minister, ein Präsident des Conseils sagen konnte: regiere nach mir, wer da kann – was offenbar so viel sagen will, als: wenn ich nicht die Majorität habe, wird sie keiner haben! wenn ich nicht zum Regieren stark genug bin, werde ich wenigstens stark genug seyn, zu hindern, daß irgend Jemand regiere! Es ist dieß ein unerhörter Zustand in der Geschichte der constitutionellen Staaten. Die Minorität von gestern kann sogleich zur Majorität werden, sobald sie in Opposition übergeht, während die Majorität, bloß aus dem Grund, weil man sie ans Staatsruder berufen, zur Minorität wird. Demnach wären alle Parteien mit einem Veto bewaffnet, das hinreicht, sich gegenseitig zu lähmen; keine aber hätte die Macht zu leben. Nicht so hatte man bisher bei uns und in England seit hundertundfünfzig Jahren die Repräsentativregierung verstanden. Als Hr. Thiers früher Minister war, sagte er nicht zu Hrn. Odilon-Barrot und der Linken: „Unterstützt mich, obgleich ich wider euern Willen, als euer Gegner und unter einer Fahne, welche nicht die eurige ist, zur Gewalt gekommen, unterstützt

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 87. Augsburg, 27. März 1840, S. 0690. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_087_18400327/2>, abgerufen am 22.12.2024.