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Allgemeine Zeitung. Nr. 84. Augsburg, 24. März 1840.

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Schießpulver verfertigen die Chiwaer ebenfalls und bewahren es beim Chan in backsteinernen Räumen auf. Die Artillerie besteht aus fünfzehn Geschützen, die sämmtlich im Lande gegossen und mit grün angestrichenen Laffetten versehen sind, welche von russischen Gefangenen verfertigt werden. Nach ihrer Größe wird eine Kanone mit drei oder vier Pferden bespannt, eine von ihnen aber ist so gewaltig, daß sie nur von acht Pferden gezogen werden kann. Auch die Kugeln gießt man in Chiwa. Kartätschen kennt man nicht. Bei dem jetzigen Chan wird die Artillerie von Russen bedient, Mohammed Rahim hatte zu ihnen kein Zutrauen.

"Im Heer gibt es nur zwei Classen von Officieren: die Jubaschi, die das Commando über hundert Mann führen und zum Zeichen ihrer Würde einen Dolch mit schwarzem Griff tragen; die Mechrem, die über zehn bis fünfzehn Jubaschi und deren Abtheilungen befehlen und die Fahne bei sich führen; sie tragen einen Dolch mit elfenbeinernem Griff und bestrafen die Jubaschi nicht selten mit Stockschlägen.

"Ist die Armee gerüstet, so nehmen die Reiter die Kamele in die Mitte und der Zug setzt sich in Bewegung. An der Spitze befindet sich der Chan, ihm zunächst folgt ein leichtes Zelt; ein größeres und prachtvolleres befindet sich im Centrum. Wird das leichte Zelt aufgeschlagen, so macht die ganze Armee Halt, der Chan legt sich in ersterm nieder, reitet aber später in das große Zelt hinüber und überläßt das leichte den Jubaschi. Das Lager in der Nacht mit Wachen zu umstellen, hält man für überflüssig. Die Pferde stehen angebunden, die Kamele aber läßt man den Tag über frei herum gehen, damit sie sich Nahrung suchen. Die Kanonen werden um das Zelt des Chans gestellt, und Morgens mit drei Schüssen aus ihnen das Zeichen zum Aufbruch gegeben. Bei nahender Gefahr werden die schlimmsten Posten mit Turkmenen besetzt. Das Heer kann wegen der großen Hitze und der vielen Sandstrecken im Sommer nur sehr kleine Märsche (etwa 15 Werste, zwei Meilen) täglich machen, und dennoch werden die Argamaks sehr mager und schwach; im Jahr 1825 kamen nur sehr wenige von ihnen aus dem Feldzug gegen die russische Karawane aus Orenburg zurück.

"Die oberste Gewalt im Lande übt unumschränkt der Chan aus. Sein vornehmster Staatsbeamter ist der Kusch-Begi (Premier-Minister). Er nimmt die Bittsteller an und theilt ihre Anliegen dem Chan mit, ist Zolldirector und treibt die Landesabgaben ein. Der jetzige Kusch-Begi ist ein Usbeke von gutmüthigem Charakter; er geht menschlich mit den Gefangenen um, ist von dem Chan und im ganzen Land geachtet."

Ostindien und China.

(Ueber Marseille.) Der politische Horizont des ferneren, nicht weniger als des näheren Osten scheint sich täglich mehr zu trüben; es ist, als ob sturm- und verderbendrohende Gewitterwolken in beständigem Kampf mit einander begriffen wären, und nur noch ungewiß, welche sich zuerst entladen soll. Der aufmerksame Beobachter der Natur fühlt der niedern Creatur ab, und fühlt nicht selten mit ihr die herannahende Krise wechselnder und streitender Kräfte der atmosphärischen Welt; - der Zeitgeist, wenn er Aufregungen und Umwälzungen brütet, wird von ganzen Nationen, wenn nicht verstanden, doch gefühlt; die bange Erwartung der Dinge, die da kommen sollen, theilt sich Allen mit, wie wenig sie auch sonst Bestimmteres wissen mögen. So ist's gegenwärtig mit uns in Indien. Keiner wagt's, mit heiterem Blick auch nur in die nächste Zukunft zu schauen; man erwartet oder fürchtet mit jedem Morgen die erschütternde Kunde von einem ausgebrochenen Vulkan, und schaut nach der Gegend hin (ich wünsche ziemlich buchstäblich verstanden zu werden), in welcher das Feuer des Aufstandes emporschlagen werde. Das sind nicht die Reflectionen der Nachtlampe, oder dessen, der die Welt um sich her unbemerkt ihr Spiel treiben läßt - es ist das Wesentliche des Bazargesprächs; unbeschäftigte Schiffscapitäne, wie der emsige Kaufmann, Matrosen und Soldaten, wie alle Andern machen es zu ihrem Tagesgespräch. - - Es ist den Lesern der Allg. Zeitung bekannt, wie im verflossenen Jahr im Innern von Indien geheime und sehr ausgedehnte Umtriebe entdeckt wurden, welche die ganze europäische Welt hier in Erstaunen setzten. Der bis dahin als der Compagnie ergeben betrachtete Radscha von Sattara im Westen hatte den Mantel des Geheimnisses abgeworfen und öffentlich, weit und breit und überall, den Aufruf zum gänzlichen Umsturz brittischer Herrschaft in Indien verbreitet; er ist gefallen; ob aber damit der Brennstoff aller vernichtet ist? Kaum, denn von seinem Daseyn sind noch gegenwärtig zu deutliche Spuren vorhanden. Kurnul, klein und unbedeutend an sich selber, hatte über seine Kräfte - und erwiesenermaßen nicht für eigene Zwecke - einen solchen ungeheuern Vorrath von Kriegsmaterialien, Proviant und baarem Geld aufgehäuft, daß selbst die brittisch-indische Regierung nicht im Stande wäre, nur die Hälfte auf einem Punkt zu concentriren. Es ist allgemein geglaubt, nur nicht gerichtlich erwiesen (der einzige Beweis ist ein Schreiben, das in der ausgehöhlten Armspange einer Hindufrau gefunden wurde - es war eine Communication der Verwandten), daß der mediatisirte, sogenannte Nawab von Karnatik, der in Madras unter den Augen des dortigen Gouverneurs residirt, und der starke, früher so gefürchtete Nizam von Hyderabad, der das Herz von Indien beherrscht, mit noch vielen andern unbedeutenderen und ungenannten Fürsten mit jenem Radscha von Kurnul im engsten Verbündniß standen, und ihm wohl die Mittel in die Hände gaben, jene Vorräthe zu sammeln. Die Verschwörung ist entdeckt und die Empörung für's erste gehindert; der Geist aber, der diese Umtriebe hervorrief, herrscht noch.

Nepal im Norden scheint sich ganz ruhig zu halten, und hat beinahe alle seine Truppen von der Gränze zurückgerufen, übt sie aber um so regelmäßiger im Innern des Landes. - Birma will jetzt keinen Krieg mehr, seit ein Theil der brittischen Truppen von Kandahar zurückgekehrt ist; aber es gewährt weiter nichts, als daß der jetzige brittische Resident an seinem Hofe (Obrist Benson, der so schmählich behandelt wurde, kehrt nach England zurück) mit weniger Mühe Lebensmittel für sich und seine Begleiter erhält. Niemand wird sich wundern, wenn unter jetzigen Umständen der Ausbruch des Kriegs aufs neue und an vielen Orten zumal gefürchtet wird. Vor einigen Tagen kam eine Nachricht hier an, die bald in vollem Umlauf war und von Manchen geglaubt, von Allen gefürchtet wurde. Die Nachricht lautete: "50 Regimenter oder Bataillone Russen sind in Chiwa angelangt, von der kaspischen See her; sie sind in vollem Marsch nach Bochara begriffen, angeblich um russische Unterthanen, die in Sklaverei geführt worden sind, zu befreien, in Wahrheit aber, um in Verbindung mit Persien sich Herats zu bemeistern, und wenn dort, in gerader Richtung auf Kabul zu, und dann an den Indus, und dann! und dann!!" - Man kann sich denken, wie Nachrichten dieser Art in Indien aufgenommen werden. In Folge dieses, heißt es, hat Lord Auckland, der Generalgouverneur, der im Begriff war nach Calcutta zurückzukehren, definitiv seine Sommerresidenz nach Agra verlegt; um dem erwarteten Schauspiel näher zu seyn; die auf dem Rückmarsch begriffenen Truppen wurden

Schießpulver verfertigen die Chiwaer ebenfalls und bewahren es beim Chan in backsteinernen Räumen auf. Die Artillerie besteht aus fünfzehn Geschützen, die sämmtlich im Lande gegossen und mit grün angestrichenen Laffetten versehen sind, welche von russischen Gefangenen verfertigt werden. Nach ihrer Größe wird eine Kanone mit drei oder vier Pferden bespannt, eine von ihnen aber ist so gewaltig, daß sie nur von acht Pferden gezogen werden kann. Auch die Kugeln gießt man in Chiwa. Kartätschen kennt man nicht. Bei dem jetzigen Chan wird die Artillerie von Russen bedient, Mohammed Rahim hatte zu ihnen kein Zutrauen.

„Im Heer gibt es nur zwei Classen von Officieren: die Jubaschi, die das Commando über hundert Mann führen und zum Zeichen ihrer Würde einen Dolch mit schwarzem Griff tragen; die Mechrem, die über zehn bis fünfzehn Jubaschi und deren Abtheilungen befehlen und die Fahne bei sich führen; sie tragen einen Dolch mit elfenbeinernem Griff und bestrafen die Jubaschi nicht selten mit Stockschlägen.

„Ist die Armee gerüstet, so nehmen die Reiter die Kamele in die Mitte und der Zug setzt sich in Bewegung. An der Spitze befindet sich der Chan, ihm zunächst folgt ein leichtes Zelt; ein größeres und prachtvolleres befindet sich im Centrum. Wird das leichte Zelt aufgeschlagen, so macht die ganze Armee Halt, der Chan legt sich in ersterm nieder, reitet aber später in das große Zelt hinüber und überläßt das leichte den Jubaschi. Das Lager in der Nacht mit Wachen zu umstellen, hält man für überflüssig. Die Pferde stehen angebunden, die Kamele aber läßt man den Tag über frei herum gehen, damit sie sich Nahrung suchen. Die Kanonen werden um das Zelt des Chans gestellt, und Morgens mit drei Schüssen aus ihnen das Zeichen zum Aufbruch gegeben. Bei nahender Gefahr werden die schlimmsten Posten mit Turkmenen besetzt. Das Heer kann wegen der großen Hitze und der vielen Sandstrecken im Sommer nur sehr kleine Märsche (etwa 15 Werste, zwei Meilen) täglich machen, und dennoch werden die Argamaks sehr mager und schwach; im Jahr 1825 kamen nur sehr wenige von ihnen aus dem Feldzug gegen die russische Karawane aus Orenburg zurück.

„Die oberste Gewalt im Lande übt unumschränkt der Chan aus. Sein vornehmster Staatsbeamter ist der Kusch-Begi (Premier-Minister). Er nimmt die Bittsteller an und theilt ihre Anliegen dem Chan mit, ist Zolldirector und treibt die Landesabgaben ein. Der jetzige Kusch-Begi ist ein Usbeke von gutmüthigem Charakter; er geht menschlich mit den Gefangenen um, ist von dem Chan und im ganzen Land geachtet.“

Ostindien und China.

(Ueber Marseille.) Der politische Horizont des ferneren, nicht weniger als des näheren Osten scheint sich täglich mehr zu trüben; es ist, als ob sturm- und verderbendrohende Gewitterwolken in beständigem Kampf mit einander begriffen wären, und nur noch ungewiß, welche sich zuerst entladen soll. Der aufmerksame Beobachter der Natur fühlt der niedern Creatur ab, und fühlt nicht selten mit ihr die herannahende Krise wechselnder und streitender Kräfte der atmosphärischen Welt; – der Zeitgeist, wenn er Aufregungen und Umwälzungen brütet, wird von ganzen Nationen, wenn nicht verstanden, doch gefühlt; die bange Erwartung der Dinge, die da kommen sollen, theilt sich Allen mit, wie wenig sie auch sonst Bestimmteres wissen mögen. So ist's gegenwärtig mit uns in Indien. Keiner wagt's, mit heiterem Blick auch nur in die nächste Zukunft zu schauen; man erwartet oder fürchtet mit jedem Morgen die erschütternde Kunde von einem ausgebrochenen Vulkan, und schaut nach der Gegend hin (ich wünsche ziemlich buchstäblich verstanden zu werden), in welcher das Feuer des Aufstandes emporschlagen werde. Das sind nicht die Reflectionen der Nachtlampe, oder dessen, der die Welt um sich her unbemerkt ihr Spiel treiben läßt – es ist das Wesentliche des Bazargesprächs; unbeschäftigte Schiffscapitäne, wie der emsige Kaufmann, Matrosen und Soldaten, wie alle Andern machen es zu ihrem Tagesgespräch. – – Es ist den Lesern der Allg. Zeitung bekannt, wie im verflossenen Jahr im Innern von Indien geheime und sehr ausgedehnte Umtriebe entdeckt wurden, welche die ganze europäische Welt hier in Erstaunen setzten. Der bis dahin als der Compagnie ergeben betrachtete Radscha von Sattara im Westen hatte den Mantel des Geheimnisses abgeworfen und öffentlich, weit und breit und überall, den Aufruf zum gänzlichen Umsturz brittischer Herrschaft in Indien verbreitet; er ist gefallen; ob aber damit der Brennstoff aller vernichtet ist? Kaum, denn von seinem Daseyn sind noch gegenwärtig zu deutliche Spuren vorhanden. Kurnul, klein und unbedeutend an sich selber, hatte über seine Kräfte – und erwiesenermaßen nicht für eigene Zwecke – einen solchen ungeheuern Vorrath von Kriegsmaterialien, Proviant und baarem Geld aufgehäuft, daß selbst die brittisch-indische Regierung nicht im Stande wäre, nur die Hälfte auf einem Punkt zu concentriren. Es ist allgemein geglaubt, nur nicht gerichtlich erwiesen (der einzige Beweis ist ein Schreiben, das in der ausgehöhlten Armspange einer Hindufrau gefunden wurde – es war eine Communication der Verwandten), daß der mediatisirte, sogenannte Nawab von Karnatik, der in Madras unter den Augen des dortigen Gouverneurs residirt, und der starke, früher so gefürchtete Nizam von Hyderabad, der das Herz von Indien beherrscht, mit noch vielen andern unbedeutenderen und ungenannten Fürsten mit jenem Radscha von Kurnul im engsten Verbündniß standen, und ihm wohl die Mittel in die Hände gaben, jene Vorräthe zu sammeln. Die Verschwörung ist entdeckt und die Empörung für's erste gehindert; der Geist aber, der diese Umtriebe hervorrief, herrscht noch.

Nepal im Norden scheint sich ganz ruhig zu halten, und hat beinahe alle seine Truppen von der Gränze zurückgerufen, übt sie aber um so regelmäßiger im Innern des Landes. – Birma will jetzt keinen Krieg mehr, seit ein Theil der brittischen Truppen von Kandahar zurückgekehrt ist; aber es gewährt weiter nichts, als daß der jetzige brittische Resident an seinem Hofe (Obrist Benson, der so schmählich behandelt wurde, kehrt nach England zurück) mit weniger Mühe Lebensmittel für sich und seine Begleiter erhält. Niemand wird sich wundern, wenn unter jetzigen Umständen der Ausbruch des Kriegs aufs neue und an vielen Orten zumal gefürchtet wird. Vor einigen Tagen kam eine Nachricht hier an, die bald in vollem Umlauf war und von Manchen geglaubt, von Allen gefürchtet wurde. Die Nachricht lautete: „50 Regimenter oder Bataillone Russen sind in Chiwa angelangt, von der kaspischen See her; sie sind in vollem Marsch nach Bochara begriffen, angeblich um russische Unterthanen, die in Sklaverei geführt worden sind, zu befreien, in Wahrheit aber, um in Verbindung mit Persien sich Herats zu bemeistern, und wenn dort, in gerader Richtung auf Kabul zu, und dann an den Indus, und dann! und dann!!“ – Man kann sich denken, wie Nachrichten dieser Art in Indien aufgenommen werden. In Folge dieses, heißt es, hat Lord Auckland, der Generalgouverneur, der im Begriff war nach Calcutta zurückzukehren, definitiv seine Sommerresidenz nach Agra verlegt; um dem erwarteten Schauspiel näher zu seyn; die auf dem Rückmarsch begriffenen Truppen wurden

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[0668/0012] Schießpulver verfertigen die Chiwaer ebenfalls und bewahren es beim Chan in backsteinernen Räumen auf. Die Artillerie besteht aus fünfzehn Geschützen, die sämmtlich im Lande gegossen und mit grün angestrichenen Laffetten versehen sind, welche von russischen Gefangenen verfertigt werden. Nach ihrer Größe wird eine Kanone mit drei oder vier Pferden bespannt, eine von ihnen aber ist so gewaltig, daß sie nur von acht Pferden gezogen werden kann. Auch die Kugeln gießt man in Chiwa. Kartätschen kennt man nicht. 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Das Lager in der Nacht mit Wachen zu umstellen, hält man für überflüssig. Die Pferde stehen angebunden, die Kamele aber läßt man den Tag über frei herum gehen, damit sie sich Nahrung suchen. Die Kanonen werden um das Zelt des Chans gestellt, und Morgens mit drei Schüssen aus ihnen das Zeichen zum Aufbruch gegeben. Bei nahender Gefahr werden die schlimmsten Posten mit Turkmenen besetzt. Das Heer kann wegen der großen Hitze und der vielen Sandstrecken im Sommer nur sehr kleine Märsche (etwa 15 Werste, zwei Meilen) täglich machen, und dennoch werden die Argamaks sehr mager und schwach; im Jahr 1825 kamen nur sehr wenige von ihnen aus dem Feldzug gegen die russische Karawane aus Orenburg zurück. „Die oberste Gewalt im Lande übt unumschränkt der Chan aus. Sein vornehmster Staatsbeamter ist der Kusch-Begi (Premier-Minister). Er nimmt die Bittsteller an und theilt ihre Anliegen dem Chan mit, ist Zolldirector und treibt die Landesabgaben ein. Der jetzige Kusch-Begi ist ein Usbeke von gutmüthigem Charakter; er geht menschlich mit den Gefangenen um, ist von dem Chan und im ganzen Land geachtet.“ Ostindien und China. _ Calcutta, 10 Jan. (Ueber Marseille.) Der politische Horizont des ferneren, nicht weniger als des näheren Osten scheint sich täglich mehr zu trüben; es ist, als ob sturm- und verderbendrohende Gewitterwolken in beständigem Kampf mit einander begriffen wären, und nur noch ungewiß, welche sich zuerst entladen soll. Der aufmerksame Beobachter der Natur fühlt der niedern Creatur ab, und fühlt nicht selten mit ihr die herannahende Krise wechselnder und streitender Kräfte der atmosphärischen Welt; – der Zeitgeist, wenn er Aufregungen und Umwälzungen brütet, wird von ganzen Nationen, wenn nicht verstanden, doch gefühlt; die bange Erwartung der Dinge, die da kommen sollen, theilt sich Allen mit, wie wenig sie auch sonst Bestimmteres wissen mögen. So ist's gegenwärtig mit uns in Indien. Keiner wagt's, mit heiterem Blick auch nur in die nächste Zukunft zu schauen; man erwartet oder fürchtet mit jedem Morgen die erschütternde Kunde von einem ausgebrochenen Vulkan, und schaut nach der Gegend hin (ich wünsche ziemlich buchstäblich verstanden zu werden), in welcher das Feuer des Aufstandes emporschlagen werde. Das sind nicht die Reflectionen der Nachtlampe, oder dessen, der die Welt um sich her unbemerkt ihr Spiel treiben läßt – es ist das Wesentliche des Bazargesprächs; unbeschäftigte Schiffscapitäne, wie der emsige Kaufmann, Matrosen und Soldaten, wie alle Andern machen es zu ihrem Tagesgespräch. – – Es ist den Lesern der Allg. Zeitung bekannt, wie im verflossenen Jahr im Innern von Indien geheime und sehr ausgedehnte Umtriebe entdeckt wurden, welche die ganze europäische Welt hier in Erstaunen setzten. Der bis dahin als der Compagnie ergeben betrachtete Radscha von Sattara im Westen hatte den Mantel des Geheimnisses abgeworfen und öffentlich, weit und breit und überall, den Aufruf zum gänzlichen Umsturz brittischer Herrschaft in Indien verbreitet; er ist gefallen; ob aber damit der Brennstoff aller vernichtet ist? Kaum, denn von seinem Daseyn sind noch gegenwärtig zu deutliche Spuren vorhanden. Kurnul, klein und unbedeutend an sich selber, hatte über seine Kräfte – und erwiesenermaßen nicht für eigene Zwecke – einen solchen ungeheuern Vorrath von Kriegsmaterialien, Proviant und baarem Geld aufgehäuft, daß selbst die brittisch-indische Regierung nicht im Stande wäre, nur die Hälfte auf einem Punkt zu concentriren. Es ist allgemein geglaubt, nur nicht gerichtlich erwiesen (der einzige Beweis ist ein Schreiben, das in der ausgehöhlten Armspange einer Hindufrau gefunden wurde – es war eine Communication der Verwandten), daß der mediatisirte, sogenannte Nawab von Karnatik, der in Madras unter den Augen des dortigen Gouverneurs residirt, und der starke, früher so gefürchtete Nizam von Hyderabad, der das Herz von Indien beherrscht, mit noch vielen andern unbedeutenderen und ungenannten Fürsten mit jenem Radscha von Kurnul im engsten Verbündniß standen, und ihm wohl die Mittel in die Hände gaben, jene Vorräthe zu sammeln. Die Verschwörung ist entdeckt und die Empörung für's erste gehindert; der Geist aber, der diese Umtriebe hervorrief, herrscht noch. Nepal im Norden scheint sich ganz ruhig zu halten, und hat beinahe alle seine Truppen von der Gränze zurückgerufen, übt sie aber um so regelmäßiger im Innern des Landes. – Birma will jetzt keinen Krieg mehr, seit ein Theil der brittischen Truppen von Kandahar zurückgekehrt ist; aber es gewährt weiter nichts, als daß der jetzige brittische Resident an seinem Hofe (Obrist Benson, der so schmählich behandelt wurde, kehrt nach England zurück) mit weniger Mühe Lebensmittel für sich und seine Begleiter erhält. Niemand wird sich wundern, wenn unter jetzigen Umständen der Ausbruch des Kriegs aufs neue und an vielen Orten zumal gefürchtet wird. Vor einigen Tagen kam eine Nachricht hier an, die bald in vollem Umlauf war und von Manchen geglaubt, von Allen gefürchtet wurde. Die Nachricht lautete: „50 Regimenter oder Bataillone Russen sind in Chiwa angelangt, von der kaspischen See her; sie sind in vollem Marsch nach Bochara begriffen, angeblich um russische Unterthanen, die in Sklaverei geführt worden sind, zu befreien, in Wahrheit aber, um in Verbindung mit Persien sich Herats zu bemeistern, und wenn dort, in gerader Richtung auf Kabul zu, und dann an den Indus, und dann! und dann!!“ – Man kann sich denken, wie Nachrichten dieser Art in Indien aufgenommen werden. In Folge dieses, heißt es, hat Lord Auckland, der Generalgouverneur, der im Begriff war nach Calcutta zurückzukehren, definitiv seine Sommerresidenz nach Agra verlegt; um dem erwarteten Schauspiel näher zu seyn; die auf dem Rückmarsch begriffenen Truppen wurden

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 84. Augsburg, 24. März 1840, S. 0668. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_084_18400324/12>, abgerufen am 27.11.2024.