Allgemeine Zeitung. Nr. 67. Augsburg, 7. März 1840.in den Gang der Verhandlungen einzumischen, daß die wenigen Moderirten kaum noch wagen durften, den Mund zu öffnen. Dasselbe Mittel, die Freiheit der Debatten zu befördern, wurde auch diesesmal von den Progressisten in Bewegung gesetzt. Bereits vorgestern erscholl, so oft Olozaga oder ein anderes Mitglied der exaltirten Partei das Wort nahm, lauter Beifall von der Galerie, und jeder Vortrag eines Moderirten wurde durch Gemurr und Zischen unterbrochen. Hr. Arguelles selbst sah sich dadurch endlich bewogen, den Präsidenten aufzufordern, die Galerie zur Ruhe zu verweisen; um aber seine Partei von dem Vorwurf, ein Bündniß mit dem Pöbel geschlossen zu haben, zu reinigen, behauptete er, die Ruhestörer seyen Polizeiagenten, welche die Minister aufgestellt hätten, um durch die ungebührliche Darlegung ihres Beifalls die wahren Patrioten zum Gegenstande des Gelächters zu machen. Diese abgeschmackte Beschuldigung wurde durch den anwesenden Justizminister mit Unwillen zurückgewiesen. Gestern drängte man sich schon zu früher Stunde in die Galerien des Congresses. In dem Saale des Congresses befinden sich in einiger Erhöhung an den Seiten mehrere Tribunen; eine ist für die Senatoren, eine andere für das diplomatische Corps, eine dritte für Ex-Deputirte bestimmt, und in einige andere wird Herren und Damen gegen Vorzeigung von Karten der Einlaß gestattet. Im Hintergrunde befindet sich in größerer Erhöhung eine Reihe steinerner Bänke, die sich amphitheatralisch hinter einander erheben, und etwa 3 bis 400 Personen fassen mögen. Dieß ist die Volksgalerie, auf welche Jedermann zugelassen wird. Die Discussion betraf gestern die von den Progressisten heftig angefochtene Gültigkeit der Wahlen von Cordova. Die Moderirten wurden noch öfter und lauter als vorgestern durch Gemurr, Zischen und Pfeifen jener Volksgalerie unterbrochen, obgleich der Präsident, der alte Florez Estrada, wiederholt zur Ordnung rief. Hr. Arguelles beschuldigte die Regierung, durch Zwangsmaaßregeln, Bestechungen, Einschüchterungen u. dgl. auf die Wahlen eingewirkt zu haben, und deutete an, die Moderirten hätten bei den Wahlen nur deßhalb gesiegt, weil sie in ein Bündniß mit den Carlisten getreten wären. Als darauf Hr. Armendariz erklärte, er kenne keine andern Carlisten mehr, als die, welche noch unter den Waffen ständen, nahm der Lärm auf der Galerie so überhand, daß der Präsident den Huissiers zurief, die dort Anwesenden mit Gewalt zu vertreiben. Nun entstand ein Auftritt, der keiner Beschreibung fähig ist. Das Volk gab seine wahren Gesinnungen (in vino veritas) gegen Exaltirte wie Moderirte zu erkennen, indem es unter drohenden Gebärden in den Saal hinabschrie: "Schurken, Landstreicher, ihr seyd insgesammt Lumpengesindel! Narren! ihr wollt euch hier Wichtigkeit geben? packt euch nach Hause! wir kennen euch schon! u. s. w." Diese Aeußerungen wurden von den stärksten Schimpfwörtern begleitet, welche der spanische Sprachschatz aufzuweisen hat, und verfehlten nicht, durch ihr Gewicht Eindruck zu machen. Während der Pöbel die Galerie räumte, sprangen die Deputirten von ihren Sitzen auf, rangen die Hände, und machten sich in sehr unparlamentarischen Ausdrücken Luft. "Eine Handvoll Lumpengesindels", rief Hr. Mon (Finanzminister unter Ofalia) aus, "nennt uns Schufte und Landstreicher! Was wird ganz Europa hierzu sagen? Derselbe Pöbel, welcher uns beschimpft, vertrieb 1814 die Cortes aus ihrem Saal, bedrohte 1822 Toreno und Martinez de la Rosa mit dem Tode, und begleitete 1823 Riego unter Triumphgeschrei auf das Schaffot. Soll alles dieß ungestraft bleiben? soll die Tribune geräumt werden, damit wir auf der Straße unter den Dolchen der Mörder fallen? sind dieß die Polizeiagenten, von denen Hr. Arguelles gestern sprach? Wir kennen jene Aufrührer, wir wissen, unter wessen Leitung sie stehen; sollen wir als ihre Schlachtopfer fallen?" Der Minister des Innern: "Die Deputirten mögen sich beruhigen; dieser Vorfall wird nicht unbestraft bleiben, und nicht wiederholt werden, denn wir wissen, wer ihn veranstaltete, und zu welchem Zwecke." (Murren auf den Bänken der Opposition.) Hr. Arguelles: "Ich werde mit Mäßigung sprechen. Hr. Mon ist mir zu verächtlich, um auf seine Anspielungen zu antworten. Die laute Einmischung der Volksgalerie ist unangenehm, aber sie läßt sich bei dem repräsentativen System nicht ganz vermeiden.(!) Jenen Lärmen haben ohne Zweifel die Carlisten veranstaltet. Auf sie falle die Strafe. Die Minorität hat keinen Theil daran." Nun begann Olozaga, der in die Mitte des Saals geeilt war, folgendermaßen: "Der Lärm der Galerie ist ein großes Uebel, aber auch wir haben übel gehandelt. Warum zeigten wir eine solche Kleinmüthigkeit?" Hier wurde der Redner durch die lauten Ausrufungen mehrerer Deputirten, unter denen ich vorzüglich Isturiz bemerkte, unterbrochen: "Welche Verleumdung! wir kleinmüthig? nein, nein!" Erst nach langer Zeit konnte Olozaga mit Mühe seinen Vortrag fortsetzen. Er behauptete, die Deputirten hätten durch ihren Mangel an Ruhe und Würde das schlechte Betragen der Galerie hervorgerufen - eine Aeußerung, die in Olozaga's Munde um so bescheidener erschien, wenn man sich an die Sitzung vom 19 erinnert, welche er, von Zorn getrieben, in stürmischer Eile verließ. Nachdem die gestrige Sitzung aufgehoben war, blieb ein zahlreicher Volkshaufen vor dem Palast des Congresses versammelt; indessen wurde die Ruhe nicht weiter gestört. Jenes Ereigniß wird manchen erhitzten Kopf zum Nachdenken bringen. Der Abgang der Post verhindert mich für heute, meine Bemerkungen hinzuzufügen. Der "Correo Nacional" sagt heute: "Dieß sind die Früchte der ausgestreuten Doctrinen. Man fing mit Ermordung der Mönche an; man fuhr mit der Ermordung von dreizehn Generalen fort; man setzte den Fuß auf den Thron, und schändete die königliche Majestät. Es fehlte nur noch, daß man die Cortes beschimpfte, verächtlich machte und die verbrecherische Hand an sie legte!... Bereits ist es geschehen! Die verborgenen Feinde der spanischen Freiheit können zufrieden seyn." - Der englische Geschäftsträger war gestern zum erstenmal im Congreß anwesend. Er kann seiner Regierung berichten, wie reif das spanische Volk für den Genuß der unbeschränkten Freiheit ist. - Gestern sind die 6 fehlenden Posten von Saragossa eingetroffen. Ein starkes Carlistisches Corps, das sich bei Ateca aufstellte, hatte ihr Ausbleiben verursacht. Die Operationen in Aragonien haben begonnen. Der General Don Antonio Van Halen und sein Bruder Don Juan verließen am 18 Mas de las Matas, um sich über Sastago nach Catalonien zu begeben. Espartero selbst verlegte sein Hauptquartier am 18 nach Andorra, und am 19 nach Muniesa. Die 1ste Division und 2 Batterien begleiteten ihn. In Mas de las Matas blieb der General Puig Samper mit der 2ten Division, die aus 7 Bataillonen und einem Regiment Cavallerie besteht, um jenen Ort, Alcorisa, Andorra, Calada, Alcanniz und Castelferas besetzt zu halten. Segura ist vollkommen eingeschlossen; der Commandant suchte zu capituliren, seine Bedingungen wurden aber zurückgewiesen. Die Armee des Centrums soll Aliaga belagern, eine andere Division Castellote nehmen, dann wird man gegen Cantavieja marschiren, und endlich Morella angreifen. Espartero hat an das Eco de Aragon ein Schreiben gerichtet, worin er über die geheimen politischen Gesellschaften, die ihn in letzter Zeit zu gewinnen hofften, seine entschiedene Mißbilligung äußert. Ein Brief war ihm von Don Pedro Lazar in den Gang der Verhandlungen einzumischen, daß die wenigen Moderirten kaum noch wagen durften, den Mund zu öffnen. Dasselbe Mittel, die Freiheit der Debatten zu befördern, wurde auch diesesmal von den Progressisten in Bewegung gesetzt. Bereits vorgestern erscholl, so oft Olozaga oder ein anderes Mitglied der exaltirten Partei das Wort nahm, lauter Beifall von der Galerie, und jeder Vortrag eines Moderirten wurde durch Gemurr und Zischen unterbrochen. Hr. Arguelles selbst sah sich dadurch endlich bewogen, den Präsidenten aufzufordern, die Galerie zur Ruhe zu verweisen; um aber seine Partei von dem Vorwurf, ein Bündniß mit dem Pöbel geschlossen zu haben, zu reinigen, behauptete er, die Ruhestörer seyen Polizeiagenten, welche die Minister aufgestellt hätten, um durch die ungebührliche Darlegung ihres Beifalls die wahren Patrioten zum Gegenstande des Gelächters zu machen. Diese abgeschmackte Beschuldigung wurde durch den anwesenden Justizminister mit Unwillen zurückgewiesen. Gestern drängte man sich schon zu früher Stunde in die Galerien des Congresses. In dem Saale des Congresses befinden sich in einiger Erhöhung an den Seiten mehrere Tribunen; eine ist für die Senatoren, eine andere für das diplomatische Corps, eine dritte für Ex-Deputirte bestimmt, und in einige andere wird Herren und Damen gegen Vorzeigung von Karten der Einlaß gestattet. Im Hintergrunde befindet sich in größerer Erhöhung eine Reihe steinerner Bänke, die sich amphitheatralisch hinter einander erheben, und etwa 3 bis 400 Personen fassen mögen. Dieß ist die Volksgalerie, auf welche Jedermann zugelassen wird. Die Discussion betraf gestern die von den Progressisten heftig angefochtene Gültigkeit der Wahlen von Cordova. Die Moderirten wurden noch öfter und lauter als vorgestern durch Gemurr, Zischen und Pfeifen jener Volksgalerie unterbrochen, obgleich der Präsident, der alte Florez Estrada, wiederholt zur Ordnung rief. Hr. Arguelles beschuldigte die Regierung, durch Zwangsmaaßregeln, Bestechungen, Einschüchterungen u. dgl. auf die Wahlen eingewirkt zu haben, und deutete an, die Moderirten hätten bei den Wahlen nur deßhalb gesiegt, weil sie in ein Bündniß mit den Carlisten getreten wären. Als darauf Hr. Armendariz erklärte, er kenne keine andern Carlisten mehr, als die, welche noch unter den Waffen ständen, nahm der Lärm auf der Galerie so überhand, daß der Präsident den Huissiers zurief, die dort Anwesenden mit Gewalt zu vertreiben. Nun entstand ein Auftritt, der keiner Beschreibung fähig ist. Das Volk gab seine wahren Gesinnungen (in vino veritas) gegen Exaltirte wie Moderirte zu erkennen, indem es unter drohenden Gebärden in den Saal hinabschrie: „Schurken, Landstreicher, ihr seyd insgesammt Lumpengesindel! Narren! ihr wollt euch hier Wichtigkeit geben? packt euch nach Hause! wir kennen euch schon! u. s. w.“ Diese Aeußerungen wurden von den stärksten Schimpfwörtern begleitet, welche der spanische Sprachschatz aufzuweisen hat, und verfehlten nicht, durch ihr Gewicht Eindruck zu machen. Während der Pöbel die Galerie räumte, sprangen die Deputirten von ihren Sitzen auf, rangen die Hände, und machten sich in sehr unparlamentarischen Ausdrücken Luft. „Eine Handvoll Lumpengesindels“, rief Hr. Mon (Finanzminister unter Ofalia) aus, „nennt uns Schufte und Landstreicher! Was wird ganz Europa hierzu sagen? Derselbe Pöbel, welcher uns beschimpft, vertrieb 1814 die Cortes aus ihrem Saal, bedrohte 1822 Toreno und Martinez de la Rosa mit dem Tode, und begleitete 1823 Riego unter Triumphgeschrei auf das Schaffot. Soll alles dieß ungestraft bleiben? soll die Tribune geräumt werden, damit wir auf der Straße unter den Dolchen der Mörder fallen? sind dieß die Polizeiagenten, von denen Hr. Arguelles gestern sprach? Wir kennen jene Aufrührer, wir wissen, unter wessen Leitung sie stehen; sollen wir als ihre Schlachtopfer fallen?“ Der Minister des Innern: „Die Deputirten mögen sich beruhigen; dieser Vorfall wird nicht unbestraft bleiben, und nicht wiederholt werden, denn wir wissen, wer ihn veranstaltete, und zu welchem Zwecke.“ (Murren auf den Bänken der Opposition.) Hr. Arguelles: „Ich werde mit Mäßigung sprechen. Hr. Mon ist mir zu verächtlich, um auf seine Anspielungen zu antworten. Die laute Einmischung der Volksgalerie ist unangenehm, aber sie läßt sich bei dem repräsentativen System nicht ganz vermeiden.(!) Jenen Lärmen haben ohne Zweifel die Carlisten veranstaltet. Auf sie falle die Strafe. Die Minorität hat keinen Theil daran.“ Nun begann Olozaga, der in die Mitte des Saals geeilt war, folgendermaßen: „Der Lärm der Galerie ist ein großes Uebel, aber auch wir haben übel gehandelt. Warum zeigten wir eine solche Kleinmüthigkeit?“ Hier wurde der Redner durch die lauten Ausrufungen mehrerer Deputirten, unter denen ich vorzüglich Isturiz bemerkte, unterbrochen: „Welche Verleumdung! wir kleinmüthig? nein, nein!“ Erst nach langer Zeit konnte Olozaga mit Mühe seinen Vortrag fortsetzen. Er behauptete, die Deputirten hätten durch ihren Mangel an Ruhe und Würde das schlechte Betragen der Galerie hervorgerufen – eine Aeußerung, die in Olozaga's Munde um so bescheidener erschien, wenn man sich an die Sitzung vom 19 erinnert, welche er, von Zorn getrieben, in stürmischer Eile verließ. Nachdem die gestrige Sitzung aufgehoben war, blieb ein zahlreicher Volkshaufen vor dem Palast des Congresses versammelt; indessen wurde die Ruhe nicht weiter gestört. Jenes Ereigniß wird manchen erhitzten Kopf zum Nachdenken bringen. Der Abgang der Post verhindert mich für heute, meine Bemerkungen hinzuzufügen. Der „Correo Nacional“ sagt heute: „Dieß sind die Früchte der ausgestreuten Doctrinen. Man fing mit Ermordung der Mönche an; man fuhr mit der Ermordung von dreizehn Generalen fort; man setzte den Fuß auf den Thron, und schändete die königliche Majestät. Es fehlte nur noch, daß man die Cortes beschimpfte, verächtlich machte und die verbrecherische Hand an sie legte!... Bereits ist es geschehen! Die verborgenen Feinde der spanischen Freiheit können zufrieden seyn.“ – Der englische Geschäftsträger war gestern zum erstenmal im Congreß anwesend. Er kann seiner Regierung berichten, wie reif das spanische Volk für den Genuß der unbeschränkten Freiheit ist. – Gestern sind die 6 fehlenden Posten von Saragossa eingetroffen. Ein starkes Carlistisches Corps, das sich bei Ateca aufstellte, hatte ihr Ausbleiben verursacht. Die Operationen in Aragonien haben begonnen. Der General Don Antonio Van Halen und sein Bruder Don Juan verließen am 18 Mas de las Matas, um sich über Sastago nach Catalonien zu begeben. Espartero selbst verlegte sein Hauptquartier am 18 nach Andorra, und am 19 nach Muniesa. Die 1ste Division und 2 Batterien begleiteten ihn. In Mas de las Matas blieb der General Puig Samper mit der 2ten Division, die aus 7 Bataillonen und einem Regiment Cavallerie besteht, um jenen Ort, Alcorisa, Andorra, Calada, Alcañiz und Castelferas besetzt zu halten. Segura ist vollkommen eingeschlossen; der Commandant suchte zu capituliren, seine Bedingungen wurden aber zurückgewiesen. Die Armee des Centrums soll Aliaga belagern, eine andere Division Castellote nehmen, dann wird man gegen Cantavieja marschiren, und endlich Morella angreifen. Espartero hat an das Eco de Aragon ein Schreiben gerichtet, worin er über die geheimen politischen Gesellschaften, die ihn in letzter Zeit zu gewinnen hofften, seine entschiedene Mißbilligung äußert. 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Arguelles selbst sah sich dadurch endlich bewogen, den Präsidenten aufzufordern, die Galerie zur Ruhe zu verweisen; um aber seine Partei von dem Vorwurf, ein Bündniß mit dem Pöbel geschlossen zu haben, zu reinigen, behauptete er, die Ruhestörer seyen Polizeiagenten, welche die Minister aufgestellt hätten, um durch die ungebührliche Darlegung ihres Beifalls die wahren Patrioten zum Gegenstande des Gelächters zu machen. Diese abgeschmackte Beschuldigung wurde durch den anwesenden Justizminister mit Unwillen zurückgewiesen. Gestern drängte man sich schon zu früher Stunde in die Galerien des Congresses. In dem Saale des Congresses befinden sich in einiger Erhöhung an den Seiten mehrere Tribunen; eine ist für die Senatoren, eine andere für das diplomatische Corps, eine dritte für Ex-Deputirte bestimmt, und in einige andere wird Herren und Damen gegen Vorzeigung von Karten der Einlaß gestattet. Im Hintergrunde befindet sich in größerer Erhöhung eine Reihe steinerner Bänke, die sich amphitheatralisch hinter einander erheben, und etwa 3 bis 400 Personen fassen mögen. Dieß ist die Volksgalerie, auf welche Jedermann zugelassen wird. Die Discussion betraf gestern die von den Progressisten heftig angefochtene Gültigkeit der Wahlen von Cordova. Die Moderirten wurden noch öfter und lauter als vorgestern durch Gemurr, Zischen und Pfeifen jener Volksgalerie unterbrochen, obgleich der Präsident, der alte Florez Estrada, wiederholt zur Ordnung rief. Hr. Arguelles beschuldigte die Regierung, durch Zwangsmaaßregeln, Bestechungen, Einschüchterungen u. dgl. auf die Wahlen eingewirkt zu haben, und deutete an, die Moderirten hätten bei den Wahlen nur deßhalb gesiegt, weil sie in ein Bündniß mit den Carlisten getreten wären. Als darauf Hr. Armendariz erklärte, er kenne keine andern Carlisten mehr, als die, welche noch unter den Waffen ständen, nahm der Lärm auf der Galerie so überhand, daß der Präsident den Huissiers zurief, die dort Anwesenden mit Gewalt zu vertreiben. Nun entstand ein Auftritt, der keiner Beschreibung fähig ist. Das Volk gab seine wahren Gesinnungen (in vino veritas) gegen Exaltirte wie Moderirte zu erkennen, indem es unter drohenden Gebärden in den Saal hinabschrie: „Schurken, Landstreicher, ihr seyd insgesammt Lumpengesindel! Narren! ihr wollt euch hier Wichtigkeit geben? packt euch nach Hause! wir kennen euch schon! u. s. w.“ Diese Aeußerungen wurden von den stärksten Schimpfwörtern begleitet, welche der spanische Sprachschatz aufzuweisen hat, und verfehlten nicht, durch ihr Gewicht Eindruck zu machen. Während der Pöbel die Galerie räumte, sprangen die Deputirten von ihren Sitzen auf, rangen die Hände, und machten sich in sehr unparlamentarischen Ausdrücken Luft. „Eine Handvoll Lumpengesindels“, rief Hr. <hi rendition="#g">Mon</hi> (Finanzminister unter Ofalia) aus, „nennt uns Schufte und Landstreicher! Was wird ganz Europa hierzu sagen? Derselbe Pöbel, welcher uns beschimpft, vertrieb 1814 die Cortes aus ihrem Saal, bedrohte 1822 Toreno und Martinez de la Rosa mit dem Tode, und begleitete 1823 Riego unter Triumphgeschrei auf das Schaffot. Soll alles dieß ungestraft bleiben? soll die Tribune geräumt werden, damit wir auf der Straße unter den Dolchen der Mörder fallen? sind dieß die Polizeiagenten, von denen Hr. Arguelles gestern sprach? Wir kennen jene Aufrührer, wir wissen, unter wessen Leitung sie stehen; sollen wir als ihre Schlachtopfer fallen?“ Der <hi rendition="#g">Minister des Innern</hi>: „Die Deputirten mögen sich beruhigen; dieser Vorfall wird nicht unbestraft bleiben, und nicht wiederholt werden, denn wir wissen, wer ihn veranstaltete, und zu welchem Zwecke.“ (Murren auf den Bänken der Opposition.) Hr. <hi rendition="#g">Arguelles</hi>: „Ich werde mit Mäßigung sprechen. Hr. Mon ist mir zu verächtlich, um auf seine Anspielungen zu antworten. Die laute Einmischung der Volksgalerie ist unangenehm, aber sie läßt sich bei dem repräsentativen System nicht ganz vermeiden.(!) Jenen Lärmen haben ohne Zweifel die Carlisten veranstaltet. Auf sie falle die Strafe. Die Minorität hat keinen Theil daran.“ Nun begann <hi rendition="#g">Olozaga</hi>, der in die Mitte des Saals geeilt war, folgendermaßen: „Der Lärm der Galerie ist ein großes Uebel, aber auch wir haben übel gehandelt. Warum zeigten wir eine solche Kleinmüthigkeit?“ Hier wurde der Redner durch die lauten Ausrufungen mehrerer Deputirten, unter denen ich vorzüglich Isturiz bemerkte, unterbrochen: „Welche Verleumdung! wir kleinmüthig? nein, nein!“ Erst nach langer Zeit konnte Olozaga mit Mühe seinen Vortrag fortsetzen. Er behauptete, die Deputirten hätten durch ihren Mangel an Ruhe und Würde das schlechte Betragen der Galerie hervorgerufen – eine Aeußerung, die in Olozaga's Munde um so bescheidener erschien, wenn man sich an die Sitzung vom 19 erinnert, welche er, von Zorn getrieben, in stürmischer Eile verließ. Nachdem die gestrige Sitzung aufgehoben war, blieb ein zahlreicher Volkshaufen vor dem Palast des Congresses versammelt; indessen wurde die Ruhe nicht weiter gestört. Jenes Ereigniß wird manchen erhitzten Kopf zum Nachdenken bringen. Der Abgang der Post verhindert mich für heute, meine Bemerkungen hinzuzufügen. Der „Correo Nacional“ sagt heute: „Dieß sind die Früchte der ausgestreuten Doctrinen. Man fing mit Ermordung der Mönche an; man fuhr mit der Ermordung von dreizehn Generalen fort; man setzte den Fuß auf den Thron, und schändete die königliche Majestät. Es fehlte nur noch, daß man die Cortes beschimpfte, verächtlich machte und die verbrecherische Hand an sie legte!... Bereits ist es geschehen! Die verborgenen Feinde der spanischen Freiheit können zufrieden seyn.“ – Der englische Geschäftsträger war gestern zum erstenmal im Congreß anwesend. Er kann seiner Regierung berichten, wie reif das spanische Volk für den Genuß der unbeschränkten Freiheit ist. – Gestern sind die 6 fehlenden Posten von Saragossa eingetroffen. Ein starkes Carlistisches Corps, das sich bei Ateca aufstellte, hatte ihr Ausbleiben verursacht. Die Operationen in Aragonien haben begonnen. Der General Don Antonio Van Halen und sein Bruder Don Juan verließen am 18 Mas de las Matas, um sich über Sastago nach Catalonien zu begeben. Espartero selbst verlegte sein Hauptquartier am 18 nach Andorra, und am 19 nach Muniesa. Die 1ste Division und 2 Batterien begleiteten ihn. In Mas de las Matas blieb der General Puig Samper mit der 2ten Division, die aus 7 Bataillonen und einem Regiment Cavallerie besteht, um jenen Ort, Alcorisa, Andorra, Calada, Alcañiz und Castelferas besetzt zu halten. Segura ist vollkommen eingeschlossen; der Commandant suchte zu capituliren, seine Bedingungen wurden aber zurückgewiesen. 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in den Gang der Verhandlungen einzumischen, daß die wenigen Moderirten kaum noch wagen durften, den Mund zu öffnen. Dasselbe Mittel, die Freiheit der Debatten zu befördern, wurde auch diesesmal von den Progressisten in Bewegung gesetzt. Bereits vorgestern erscholl, so oft Olozaga oder ein anderes Mitglied der exaltirten Partei das Wort nahm, lauter Beifall von der Galerie, und jeder Vortrag eines Moderirten wurde durch Gemurr und Zischen unterbrochen. Hr. Arguelles selbst sah sich dadurch endlich bewogen, den Präsidenten aufzufordern, die Galerie zur Ruhe zu verweisen; um aber seine Partei von dem Vorwurf, ein Bündniß mit dem Pöbel geschlossen zu haben, zu reinigen, behauptete er, die Ruhestörer seyen Polizeiagenten, welche die Minister aufgestellt hätten, um durch die ungebührliche Darlegung ihres Beifalls die wahren Patrioten zum Gegenstande des Gelächters zu machen. Diese abgeschmackte Beschuldigung wurde durch den anwesenden Justizminister mit Unwillen zurückgewiesen. Gestern drängte man sich schon zu früher Stunde in die Galerien des Congresses. In dem Saale des Congresses befinden sich in einiger Erhöhung an den Seiten mehrere Tribunen; eine ist für die Senatoren, eine andere für das diplomatische Corps, eine dritte für Ex-Deputirte bestimmt, und in einige andere wird Herren und Damen gegen Vorzeigung von Karten der Einlaß gestattet. Im Hintergrunde befindet sich in größerer Erhöhung eine Reihe steinerner Bänke, die sich amphitheatralisch hinter einander erheben, und etwa 3 bis 400 Personen fassen mögen. Dieß ist die Volksgalerie, auf welche Jedermann zugelassen wird. Die Discussion betraf gestern die von den Progressisten heftig angefochtene Gültigkeit der Wahlen von Cordova. Die Moderirten wurden noch öfter und lauter als vorgestern durch Gemurr, Zischen und Pfeifen jener Volksgalerie unterbrochen, obgleich der Präsident, der alte Florez Estrada, wiederholt zur Ordnung rief. Hr. Arguelles beschuldigte die Regierung, durch Zwangsmaaßregeln, Bestechungen, Einschüchterungen u. dgl. auf die Wahlen eingewirkt zu haben, und deutete an, die Moderirten hätten bei den Wahlen nur deßhalb gesiegt, weil sie in ein Bündniß mit den Carlisten getreten wären. Als darauf Hr. Armendariz erklärte, er kenne keine andern Carlisten mehr, als die, welche noch unter den Waffen ständen, nahm der Lärm auf der Galerie so überhand, daß der Präsident den Huissiers zurief, die dort Anwesenden mit Gewalt zu vertreiben. Nun entstand ein Auftritt, der keiner Beschreibung fähig ist. Das Volk gab seine wahren Gesinnungen (in vino veritas) gegen Exaltirte wie Moderirte zu erkennen, indem es unter drohenden Gebärden in den Saal hinabschrie: „Schurken, Landstreicher, ihr seyd insgesammt Lumpengesindel! Narren! ihr wollt euch hier Wichtigkeit geben? packt euch nach Hause! wir kennen euch schon! u. s. w.“ Diese Aeußerungen wurden von den stärksten Schimpfwörtern begleitet, welche der spanische Sprachschatz aufzuweisen hat, und verfehlten nicht, durch ihr Gewicht Eindruck zu machen. Während der Pöbel die Galerie räumte, sprangen die Deputirten von ihren Sitzen auf, rangen die Hände, und machten sich in sehr unparlamentarischen Ausdrücken Luft. „Eine Handvoll Lumpengesindels“, rief Hr. Mon (Finanzminister unter Ofalia) aus, „nennt uns Schufte und Landstreicher! Was wird ganz Europa hierzu sagen? Derselbe Pöbel, welcher uns beschimpft, vertrieb 1814 die Cortes aus ihrem Saal, bedrohte 1822 Toreno und Martinez de la Rosa mit dem Tode, und begleitete 1823 Riego unter Triumphgeschrei auf das Schaffot. Soll alles dieß ungestraft bleiben? soll die Tribune geräumt werden, damit wir auf der Straße unter den Dolchen der Mörder fallen? sind dieß die Polizeiagenten, von denen Hr. Arguelles gestern sprach? Wir kennen jene Aufrührer, wir wissen, unter wessen Leitung sie stehen; sollen wir als ihre Schlachtopfer fallen?“ Der Minister des Innern: „Die Deputirten mögen sich beruhigen; dieser Vorfall wird nicht unbestraft bleiben, und nicht wiederholt werden, denn wir wissen, wer ihn veranstaltete, und zu welchem Zwecke.“ (Murren auf den Bänken der Opposition.) Hr. Arguelles: „Ich werde mit Mäßigung sprechen. Hr. Mon ist mir zu verächtlich, um auf seine Anspielungen zu antworten. Die laute Einmischung der Volksgalerie ist unangenehm, aber sie läßt sich bei dem repräsentativen System nicht ganz vermeiden.(!) Jenen Lärmen haben ohne Zweifel die Carlisten veranstaltet. Auf sie falle die Strafe. Die Minorität hat keinen Theil daran.“ Nun begann Olozaga, der in die Mitte des Saals geeilt war, folgendermaßen: „Der Lärm der Galerie ist ein großes Uebel, aber auch wir haben übel gehandelt. Warum zeigten wir eine solche Kleinmüthigkeit?“ Hier wurde der Redner durch die lauten Ausrufungen mehrerer Deputirten, unter denen ich vorzüglich Isturiz bemerkte, unterbrochen: „Welche Verleumdung! wir kleinmüthig? nein, nein!“ Erst nach langer Zeit konnte Olozaga mit Mühe seinen Vortrag fortsetzen. Er behauptete, die Deputirten hätten durch ihren Mangel an Ruhe und Würde das schlechte Betragen der Galerie hervorgerufen – eine Aeußerung, die in Olozaga's Munde um so bescheidener erschien, wenn man sich an die Sitzung vom 19 erinnert, welche er, von Zorn getrieben, in stürmischer Eile verließ. Nachdem die gestrige Sitzung aufgehoben war, blieb ein zahlreicher Volkshaufen vor dem Palast des Congresses versammelt; indessen wurde die Ruhe nicht weiter gestört. Jenes Ereigniß wird manchen erhitzten Kopf zum Nachdenken bringen. Der Abgang der Post verhindert mich für heute, meine Bemerkungen hinzuzufügen. Der „Correo Nacional“ sagt heute: „Dieß sind die Früchte der ausgestreuten Doctrinen. Man fing mit Ermordung der Mönche an; man fuhr mit der Ermordung von dreizehn Generalen fort; man setzte den Fuß auf den Thron, und schändete die königliche Majestät. Es fehlte nur noch, daß man die Cortes beschimpfte, verächtlich machte und die verbrecherische Hand an sie legte!... Bereits ist es geschehen! Die verborgenen Feinde der spanischen Freiheit können zufrieden seyn.“ – Der englische Geschäftsträger war gestern zum erstenmal im Congreß anwesend. Er kann seiner Regierung berichten, wie reif das spanische Volk für den Genuß der unbeschränkten Freiheit ist. – Gestern sind die 6 fehlenden Posten von Saragossa eingetroffen. Ein starkes Carlistisches Corps, das sich bei Ateca aufstellte, hatte ihr Ausbleiben verursacht. Die Operationen in Aragonien haben begonnen. Der General Don Antonio Van Halen und sein Bruder Don Juan verließen am 18 Mas de las Matas, um sich über Sastago nach Catalonien zu begeben. Espartero selbst verlegte sein Hauptquartier am 18 nach Andorra, und am 19 nach Muniesa. Die 1ste Division und 2 Batterien begleiteten ihn. In Mas de las Matas blieb der General Puig Samper mit der 2ten Division, die aus 7 Bataillonen und einem Regiment Cavallerie besteht, um jenen Ort, Alcorisa, Andorra, Calada, Alcañiz und Castelferas besetzt zu halten. Segura ist vollkommen eingeschlossen; der Commandant suchte zu capituliren, seine Bedingungen wurden aber zurückgewiesen. Die Armee des Centrums soll Aliaga belagern, eine andere Division Castellote nehmen, dann wird man gegen Cantavieja marschiren, und endlich Morella angreifen.
Espartero hat an das Eco de Aragon ein Schreiben gerichtet, worin er über die geheimen politischen Gesellschaften, die ihn in letzter Zeit zu gewinnen hofften, seine entschiedene Mißbilligung äußert. Ein Brief war ihm von Don Pedro Lazar
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
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