Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 53. Augsburg, 22. Februar 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

weniger, weil die Mehrheit der Commission den Entwurf seinem ganzen Inhalt nach billigt, als weil er wirkliche Uebertreibungen zu Gunsten des Entwurfs enthält, indem er einer hohen Person beinahe Vorwürfe macht, sich mit einer so geringen Summe zu begnügen; außerdem ist der Styl des Referenten nichts weniger als correct, was der Franzose nie verzeiht. Das von der Minorität der Commission vorgeschlagene Amendement, wornach beim Tode des Königs diese Dotation aufhören soll, ist von der Majorität nicht angenommen worden; die Regierung fürchtet aber sehr, die Kammer möchte es billigen, daher hat sie allen ihren Getreuen anempfohlen, bei der Abstimmung nicht zu fehlen. In solchen Fällen einer zweifelhaften Mehrheit kommt gewöhnlich die Opposition zu kurz, wegen der Trägheit mancher ihrer Mitglieder; einige derselben, z. B. zwei Deputirte des obern Elsasses, Pflieger und Strüch, sind bis jetzt noch nicht hier eingetroffen. Auf jeden Fall werden heftige Debatten nicht ausbleiben; sie beginnen am 20 d.

Italien.

Der Balli Candida, welcher der Stelle als Großmeister des Malteserordens vorsteht, ist von Neapel zurückgekehrt, wo der König bekanntlich durch einen feierlichen Act diesem Orden die vor Jahren eingezogenen Commenden an die noch am Leben befindlichen Ritter zurück erstattete. Den Comthuren und Rittern, zehn oder zwölf, ist eine eigene Kirche übergeben, und zugleich die Erlaubniß ertheilt worden, durch ihre Mittel neue Commenden errichten zu können. Das Beispiel, das Oesterreich in der Lombardie im vorigen Jahr gegeben, scheint in Neapel gute Folgen gehabt zu haben. Der Orden entspricht freilich seinem frühern Zweck nicht mehr; indessen werden die Einkünfte wenigstens als Pensionen für mittellose Adelige angesehen, so daß diese dem Staat nicht zur Last fallen. - Gegen fünfzig französische Legitimisten, die dem Herzog von Bordeaux ihre Aufwartung machen wollten, haben sich nach Florenz gewendet, indem sie hier post festum eintrafen. - Die Brutalität der Engländer hat sich auch in Ancona geoffenbart. Dort haben die Matrosen eines Handelsschiffs einen dortigen Schiffscapitän durch Faustschläge so zugerichtet, daß er Tags darauf seinen Geist aufgab. Die Behörde hat die Besatzung des Schiffes unter Polizeiaufsicht gestellt, bis die Sache gerichtlich untersucht ist. - Ein Blatt der Leipziger Allg. Zeitung, welches sich hierher verloren hat, bringt eine Correspondenz, datirt Rom 10 Jan., worin über die Verbindung des Fürsten Sciarra mit der Gräfin Roussel Rosemberg, so wie über der letztern Leben gesprochen wird auf eine Weise, welche, gelind gesagt, von Anfang bis zu Ende eine Unwahrheit ist. Wollen Correspondenten das Publicum mit Familienangelegenheiten unterhalten, so sollten sie, bevor sie ihre Federn dazu hergeben, sich wenigstens von der Wahrheit solcher Nachrichten überzeugen, und nicht bloß dem Stadtgeklatsche nachgehen.

Deutschland.

(Durch Zufall verspätet.) Die Kammer der Abgeordneten befaßte sich gestern (wie bereits kurz erwähnt wurde) mit der Berathung und Beschlußfassung über den Gesetzesentwurf, den freiwilligen Eintritt in die Armee und die freie Wahl der Waffengattung betreffend. Dr. Harleß hatte sich als Redner für den Entwurf einschreiben lassen, und eröffnete dießfalls die Discussion, indem er äußerte: der vorliegende Gesetzesentwurf umfasse zwei Seiten, die materielle und die formelle. In ersterer Beziehung dürfte derselbe so durch die Erfahrung und selbst durch die Natur der Sache begründet seyn, daß die Kammer denselben unbedingt annehmen könne. Mehr dürfte es sich hier um die formelle Seite desselben handeln (in Betreff des Streits um den Ausdruck Staatsministerien oder Ministerien). Redner müsse gestehen, die im Referate aufgeführten Motive seyen ihm nicht ganz unbedenklich; namentlich unwillkommen sey es ihm, daß man so besondere Rücksichten auf auswärtige Verhältnisse darin genommen habe. Nicht minder beklagenswerth sey es, daß im Ausschusse wieder eine Provocation auf den Willen dessen stattgefunden, dessen erhabener Name in der Kammer nicht einmal genannt werden dürfe. Solche Provocationen enthalten einen gewissen moralischen Zwang. Eingriffe in die Rechte der Krone nach den Bemerkungen des Ausschusses, seyen gewiß nicht in der Intention der Kammer der Reichsräthe gelegen. Diese möchte etwa Bedenken in der Aenderung der Titel und Namen gegenüber der verfassungsmäßigen Stellung der betreffenden Personen gefunden haben. Gleichgültig dürfte die Bedeutung wohl nicht genommen werden; würde es z. B. vorkommen, daß man einer der christlichen Confessionen den Namen Staatskirche geben würde, so würde ohne Zweifel auf den Grund der Verfassung Beschwerde erhoben. Man halte sich doch in anderer Beziehung an den Buchstaben des Gesetzes; in vielen andern Ländern heiße die protestantische Kirche "evangelisch", in Bayern sey das nicht geduldet, weil nur der Ausdruck "protestantisch" verfassungsmäßig sey. Die Ausdrücke "Staatsminister", "Minister" würden überdieß, wie ihm scheine, nicht promiscue gebraucht, sondern ständen entsprechend da, wohin sie gehören. Obwohl hiernach diese Ausdrücke nicht synonym erscheinen, so glaube er doch dem Gesetzesentwurf unbedingt zustimmen zu können, wenn die im Ausschusse abgegebene ministerielle Erklärung auch in der Kammer wiederholt werde. *)*) - Dr. Albrecht verbreitete sich über den materiellen Theil des Entwurfs, und stellte dar, daß derselbe dem ohnehin schon bestehenden Rechte entspreche. Der Gesetzesentwurf sey aber dessen ungeachtet nicht überflüssig, da der Erfahrung zufolge sich so vielfältige Zweifel erhoben haben. Hr. Bestelmeyer und Frhr. v. Thon - Dittmer stimmten gleichfalls bei. Pfarrer Götz beantragte eine Modification in Betreff der Wahl der Waffengattung, fand aber nicht die geeignete Unterstützung. Baron v. Freyberg, v. Flembach, Gareis, Stöcker und Schäfer erklärten sich für den Entwurf, die letztern drei sprachen jedoch in der Hauptsache nur Wünsche aus über Regulirung des Urlaubs und über die Summenbestimmungen bei Ersatzmannstellungen. In letzterer Rücksicht wünschte auch Hr. Bestelmeyer, daß bei uns wie in mehreren andern Ländern Assecuranzanstalten errichtet werden möchten. Am Schlusse dieser allgemeinen Discussion trug der Referent Frhr. v. Welden im Wesentlichen noch vor: Es scheinen sich einige Zweifel über die Nothwendigkeit dieses Gesetzes erhoben zu haben. Es wäre zu wünschen, daß die HH. Kammermitglieder Gelegenheit hätten, einer Aushebung beizuwohnen. Ein Regierungsbezirk habe dabei 12 bis 1400 Mann zu stellen, wovon ein Fünftel auf die Cavallerie, ein Fünftel auf die Artillerie und drei Fünftel auf die Infanterie gerechnet werden. Wenn man nun da die Noth sähe, welche eintrete, um für die Cavallerie und Artillerie das nöthige Contingent zusammen zu bringen, wenn man sähe, wie Väter, Mütter etc. der Conscribirten Alles aufbieten, um wenigstens diese Waffengattungen zu beseitigen, man würde sich gewiß von der Nothwendigkeit einer gesetzlichen Bestimmung überzeugen, hier, wo bisher beinahe Willkür geherrscht habe. Durch das bisherige Recht, auch nach der Loosung freiwillig in Verbindung mit der

*) Diese Erklärung des k. Ministers des Innern findet sich in der Allg. Ztg. vom 16 Febr.

weniger, weil die Mehrheit der Commission den Entwurf seinem ganzen Inhalt nach billigt, als weil er wirkliche Uebertreibungen zu Gunsten des Entwurfs enthält, indem er einer hohen Person beinahe Vorwürfe macht, sich mit einer so geringen Summe zu begnügen; außerdem ist der Styl des Referenten nichts weniger als correct, was der Franzose nie verzeiht. Das von der Minorität der Commission vorgeschlagene Amendement, wornach beim Tode des Königs diese Dotation aufhören soll, ist von der Majorität nicht angenommen worden; die Regierung fürchtet aber sehr, die Kammer möchte es billigen, daher hat sie allen ihren Getreuen anempfohlen, bei der Abstimmung nicht zu fehlen. In solchen Fällen einer zweifelhaften Mehrheit kommt gewöhnlich die Opposition zu kurz, wegen der Trägheit mancher ihrer Mitglieder; einige derselben, z. B. zwei Deputirte des obern Elsasses, Pflieger und Strüch, sind bis jetzt noch nicht hier eingetroffen. Auf jeden Fall werden heftige Debatten nicht ausbleiben; sie beginnen am 20 d.

Italien.

Der Balli Candida, welcher der Stelle als Großmeister des Malteserordens vorsteht, ist von Neapel zurückgekehrt, wo der König bekanntlich durch einen feierlichen Act diesem Orden die vor Jahren eingezogenen Commenden an die noch am Leben befindlichen Ritter zurück erstattete. Den Comthuren und Rittern, zehn oder zwölf, ist eine eigene Kirche übergeben, und zugleich die Erlaubniß ertheilt worden, durch ihre Mittel neue Commenden errichten zu können. Das Beispiel, das Oesterreich in der Lombardie im vorigen Jahr gegeben, scheint in Neapel gute Folgen gehabt zu haben. Der Orden entspricht freilich seinem frühern Zweck nicht mehr; indessen werden die Einkünfte wenigstens als Pensionen für mittellose Adelige angesehen, so daß diese dem Staat nicht zur Last fallen. – Gegen fünfzig französische Legitimisten, die dem Herzog von Bordeaux ihre Aufwartung machen wollten, haben sich nach Florenz gewendet, indem sie hier post festum eintrafen. – Die Brutalität der Engländer hat sich auch in Ancona geoffenbart. Dort haben die Matrosen eines Handelsschiffs einen dortigen Schiffscapitän durch Faustschläge so zugerichtet, daß er Tags darauf seinen Geist aufgab. Die Behörde hat die Besatzung des Schiffes unter Polizeiaufsicht gestellt, bis die Sache gerichtlich untersucht ist. – Ein Blatt der Leipziger Allg. Zeitung, welches sich hierher verloren hat, bringt eine Correspondenz, datirt Rom 10 Jan., worin über die Verbindung des Fürsten Sciarra mit der Gräfin Roussel Rosemberg, so wie über der letztern Leben gesprochen wird auf eine Weise, welche, gelind gesagt, von Anfang bis zu Ende eine Unwahrheit ist. Wollen Correspondenten das Publicum mit Familienangelegenheiten unterhalten, so sollten sie, bevor sie ihre Federn dazu hergeben, sich wenigstens von der Wahrheit solcher Nachrichten überzeugen, und nicht bloß dem Stadtgeklatsche nachgehen.

Deutschland.

(Durch Zufall verspätet.) Die Kammer der Abgeordneten befaßte sich gestern (wie bereits kurz erwähnt wurde) mit der Berathung und Beschlußfassung über den Gesetzesentwurf, den freiwilligen Eintritt in die Armee und die freie Wahl der Waffengattung betreffend. Dr. Harleß hatte sich als Redner für den Entwurf einschreiben lassen, und eröffnete dießfalls die Discussion, indem er äußerte: der vorliegende Gesetzesentwurf umfasse zwei Seiten, die materielle und die formelle. In ersterer Beziehung dürfte derselbe so durch die Erfahrung und selbst durch die Natur der Sache begründet seyn, daß die Kammer denselben unbedingt annehmen könne. Mehr dürfte es sich hier um die formelle Seite desselben handeln (in Betreff des Streits um den Ausdruck Staatsministerien oder Ministerien). Redner müsse gestehen, die im Referate aufgeführten Motive seyen ihm nicht ganz unbedenklich; namentlich unwillkommen sey es ihm, daß man so besondere Rücksichten auf auswärtige Verhältnisse darin genommen habe. Nicht minder beklagenswerth sey es, daß im Ausschusse wieder eine Provocation auf den Willen dessen stattgefunden, dessen erhabener Name in der Kammer nicht einmal genannt werden dürfe. Solche Provocationen enthalten einen gewissen moralischen Zwang. Eingriffe in die Rechte der Krone nach den Bemerkungen des Ausschusses, seyen gewiß nicht in der Intention der Kammer der Reichsräthe gelegen. Diese möchte etwa Bedenken in der Aenderung der Titel und Namen gegenüber der verfassungsmäßigen Stellung der betreffenden Personen gefunden haben. Gleichgültig dürfte die Bedeutung wohl nicht genommen werden; würde es z. B. vorkommen, daß man einer der christlichen Confessionen den Namen Staatskirche geben würde, so würde ohne Zweifel auf den Grund der Verfassung Beschwerde erhoben. Man halte sich doch in anderer Beziehung an den Buchstaben des Gesetzes; in vielen andern Ländern heiße die protestantische Kirche „evangelisch“, in Bayern sey das nicht geduldet, weil nur der Ausdruck „protestantisch“ verfassungsmäßig sey. Die Ausdrücke „Staatsminister“, „Minister“ würden überdieß, wie ihm scheine, nicht promiscue gebraucht, sondern ständen entsprechend da, wohin sie gehören. Obwohl hiernach diese Ausdrücke nicht synonym erscheinen, so glaube er doch dem Gesetzesentwurf unbedingt zustimmen zu können, wenn die im Ausschusse abgegebene ministerielle Erklärung auch in der Kammer wiederholt werde. *)*) – Dr. Albrecht verbreitete sich über den materiellen Theil des Entwurfs, und stellte dar, daß derselbe dem ohnehin schon bestehenden Rechte entspreche. Der Gesetzesentwurf sey aber dessen ungeachtet nicht überflüssig, da der Erfahrung zufolge sich so vielfältige Zweifel erhoben haben. Hr. Bestelmeyer und Frhr. v. Thon - Dittmer stimmten gleichfalls bei. Pfarrer Götz beantragte eine Modification in Betreff der Wahl der Waffengattung, fand aber nicht die geeignete Unterstützung. Baron v. Freyberg, v. Flembach, Gareis, Stöcker und Schäfer erklärten sich für den Entwurf, die letztern drei sprachen jedoch in der Hauptsache nur Wünsche aus über Regulirung des Urlaubs und über die Summenbestimmungen bei Ersatzmannstellungen. In letzterer Rücksicht wünschte auch Hr. Bestelmeyer, daß bei uns wie in mehreren andern Ländern Assecuranzanstalten errichtet werden möchten. Am Schlusse dieser allgemeinen Discussion trug der Referent Frhr. v. Welden im Wesentlichen noch vor: Es scheinen sich einige Zweifel über die Nothwendigkeit dieses Gesetzes erhoben zu haben. Es wäre zu wünschen, daß die HH. Kammermitglieder Gelegenheit hätten, einer Aushebung beizuwohnen. Ein Regierungsbezirk habe dabei 12 bis 1400 Mann zu stellen, wovon ein Fünftel auf die Cavallerie, ein Fünftel auf die Artillerie und drei Fünftel auf die Infanterie gerechnet werden. Wenn man nun da die Noth sähe, welche eintrete, um für die Cavallerie und Artillerie das nöthige Contingent zusammen zu bringen, wenn man sähe, wie Väter, Mütter etc. der Conscribirten Alles aufbieten, um wenigstens diese Waffengattungen zu beseitigen, man würde sich gewiß von der Nothwendigkeit einer gesetzlichen Bestimmung überzeugen, hier, wo bisher beinahe Willkür geherrscht habe. Durch das bisherige Recht, auch nach der Loosung freiwillig in Verbindung mit der

*) Diese Erklärung des k. Ministers des Innern findet sich in der Allg. Ztg. vom 16 Febr.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0004" n="0420"/>
weniger, weil die Mehrheit der Commission den Entwurf seinem ganzen Inhalt nach billigt, als weil er wirkliche Uebertreibungen zu Gunsten des Entwurfs enthält, indem er einer hohen Person beinahe Vorwürfe macht, sich mit einer so geringen Summe zu begnügen; außerdem ist der Styl des Referenten nichts weniger als correct, was der Franzose nie verzeiht. Das von der Minorität der Commission vorgeschlagene Amendement, wornach beim Tode des Königs diese Dotation aufhören soll, ist von der Majorität nicht angenommen worden; die Regierung fürchtet aber sehr, die Kammer möchte es billigen, daher hat sie allen ihren Getreuen anempfohlen, bei der Abstimmung nicht zu fehlen. In solchen Fällen einer zweifelhaften Mehrheit kommt gewöhnlich die Opposition zu kurz, wegen der Trägheit mancher ihrer Mitglieder; einige derselben, z. B. zwei Deputirte des obern Elsasses, Pflieger und Strüch, sind bis jetzt noch nicht hier eingetroffen. Auf jeden Fall werden heftige Debatten nicht ausbleiben; sie beginnen am 20 d.</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Italien.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Rom,</hi> 13 Febr.</dateline>
          <p> Der Balli Candida, welcher der Stelle als Großmeister des Malteserordens vorsteht, ist von Neapel zurückgekehrt, wo der König bekanntlich durch einen feierlichen Act diesem Orden die vor Jahren eingezogenen Commenden an die noch am Leben befindlichen Ritter zurück erstattete. Den Comthuren und Rittern, zehn oder zwölf, ist eine eigene Kirche übergeben, und zugleich die Erlaubniß ertheilt worden, durch ihre Mittel neue Commenden errichten zu können. Das Beispiel, das Oesterreich in der Lombardie im vorigen Jahr gegeben, scheint in Neapel gute Folgen gehabt zu haben. Der Orden entspricht freilich seinem frühern Zweck nicht mehr; indessen werden die Einkünfte wenigstens als Pensionen für mittellose Adelige angesehen, so daß diese dem Staat nicht zur Last fallen. &#x2013; Gegen fünfzig französische Legitimisten, die dem Herzog von Bordeaux ihre Aufwartung machen wollten, haben sich nach Florenz gewendet, indem sie hier post festum eintrafen. &#x2013; Die Brutalität der Engländer hat sich auch in Ancona geoffenbart. Dort haben die Matrosen eines Handelsschiffs einen dortigen Schiffscapitän durch Faustschläge so zugerichtet, daß er Tags darauf seinen Geist aufgab. Die Behörde hat die Besatzung des Schiffes unter Polizeiaufsicht gestellt, bis die Sache gerichtlich untersucht ist. &#x2013; Ein Blatt der Leipziger Allg. Zeitung, welches sich hierher verloren hat, bringt eine Correspondenz, datirt Rom 10 Jan., worin über die Verbindung des Fürsten Sciarra mit der Gräfin Roussel Rosemberg, so wie über der letztern Leben gesprochen wird auf eine Weise, welche, gelind gesagt, von Anfang bis zu Ende eine Unwahrheit ist. Wollen Correspondenten das Publicum mit Familienangelegenheiten unterhalten, so sollten sie, bevor sie ihre Federn dazu hergeben, sich wenigstens von der Wahrheit solcher Nachrichten überzeugen, und nicht bloß dem Stadtgeklatsche nachgehen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Deutschland.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">München,</hi> 16 Febr.</dateline>
          <p> (Durch Zufall verspätet.) Die Kammer der Abgeordneten befaßte sich gestern (wie bereits kurz erwähnt wurde) mit der Berathung und Beschlußfassung über den Gesetzesentwurf, den freiwilligen Eintritt in die Armee und die freie Wahl der Waffengattung betreffend. Dr. <hi rendition="#g">Harleß</hi> hatte sich als Redner für den Entwurf einschreiben lassen, und eröffnete dießfalls die Discussion, indem er äußerte: der vorliegende Gesetzesentwurf umfasse zwei Seiten, die materielle und die formelle. In ersterer Beziehung dürfte derselbe so durch die Erfahrung und selbst durch die Natur der Sache <choice><sic>beündet</sic><corr>begründet</corr></choice> seyn, daß die Kammer denselben unbedingt annehmen könne. Mehr dürfte es sich hier um die formelle Seite desselben handeln (in Betreff des Streits um den Ausdruck Staatsministerien oder Ministerien). Redner müsse gestehen, die im Referate aufgeführten Motive seyen ihm nicht ganz unbedenklich; namentlich unwillkommen sey es ihm, daß man so besondere Rücksichten auf auswärtige Verhältnisse darin genommen habe. Nicht minder beklagenswerth sey es, daß im Ausschusse wieder eine Provocation auf den Willen dessen stattgefunden, dessen erhabener Name in der Kammer nicht einmal genannt werden dürfe. Solche Provocationen enthalten einen gewissen moralischen Zwang. Eingriffe in die Rechte der Krone nach den Bemerkungen des Ausschusses, seyen gewiß nicht in der Intention der Kammer der Reichsräthe gelegen. Diese möchte etwa Bedenken in der Aenderung der Titel und Namen gegenüber der verfassungsmäßigen Stellung der betreffenden Personen gefunden haben. Gleichgültig dürfte die Bedeutung wohl nicht genommen werden; würde es z. B. vorkommen, daß man einer der christlichen Confessionen den Namen Staatskirche geben würde, so würde ohne Zweifel auf den Grund der Verfassung Beschwerde erhoben. Man halte sich doch in anderer Beziehung an den Buchstaben des Gesetzes; in vielen andern Ländern heiße die protestantische Kirche &#x201E;<hi rendition="#g">evangelisch</hi>&#x201C;, in Bayern sey das nicht geduldet, weil nur der Ausdruck &#x201E;<hi rendition="#g">protestantisch</hi>&#x201C; verfassungsmäßig sey. Die Ausdrücke &#x201E;Staatsminister&#x201C;, &#x201E;Minister&#x201C; würden überdieß, wie ihm scheine, nicht promiscue gebraucht, sondern ständen entsprechend da, wohin sie gehören. Obwohl hiernach diese Ausdrücke nicht synonym erscheinen, so glaube er doch dem Gesetzesentwurf unbedingt zustimmen zu können, wenn die im Ausschusse abgegebene ministerielle Erklärung auch in der Kammer wiederholt werde. <hi rendition="#sup">*)</hi><note place="foot" n="*)"> Diese Erklärung des k. Ministers des Innern findet sich in der Allg. Ztg. vom 16 Febr.</note> &#x2013; Dr. <hi rendition="#g">Albrecht</hi> verbreitete sich über den materiellen Theil des Entwurfs, und stellte dar, daß derselbe dem ohnehin schon bestehenden Rechte entspreche. Der Gesetzesentwurf sey aber dessen ungeachtet nicht überflüssig, da der Erfahrung zufolge sich so vielfältige Zweifel erhoben haben. Hr. <hi rendition="#g">Bestelmeyer</hi> und Frhr. v. <hi rendition="#g">Thon</hi> - <hi rendition="#g">Dittmer</hi> stimmten gleichfalls bei. Pfarrer <hi rendition="#g">Götz</hi> beantragte eine Modification in Betreff der Wahl der Waffengattung, fand aber nicht die geeignete Unterstützung. Baron v. Freyberg, v. Flembach, Gareis, Stöcker und Schäfer erklärten sich für den Entwurf, die letztern drei sprachen jedoch in der Hauptsache nur Wünsche aus über Regulirung des Urlaubs und über die Summenbestimmungen bei Ersatzmannstellungen. In letzterer Rücksicht wünschte auch Hr. Bestelmeyer, daß bei uns wie in mehreren andern Ländern Assecuranzanstalten errichtet werden möchten. Am Schlusse dieser allgemeinen Discussion trug der Referent Frhr. v. <hi rendition="#g">Welden</hi> im Wesentlichen noch vor: Es scheinen sich einige Zweifel über die Nothwendigkeit dieses Gesetzes erhoben zu haben. Es wäre zu wünschen, daß die HH. Kammermitglieder Gelegenheit hätten, einer Aushebung beizuwohnen. Ein Regierungsbezirk habe dabei 12 bis 1400 Mann zu stellen, wovon ein Fünftel auf die Cavallerie, ein Fünftel auf die Artillerie und drei Fünftel auf die Infanterie gerechnet werden. Wenn man nun da die Noth sähe, welche eintrete, um für die Cavallerie und Artillerie das nöthige Contingent zusammen zu bringen, wenn man sähe, wie Väter, Mütter etc. der Conscribirten Alles aufbieten, um wenigstens diese Waffengattungen zu beseitigen, man würde sich gewiß von der Nothwendigkeit einer gesetzlichen Bestimmung überzeugen, hier, wo bisher beinahe Willkür geherrscht habe. Durch das bisherige Recht, auch nach der Loosung freiwillig in Verbindung mit <choice><sic>de</sic><corr>der</corr></choice><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0420/0004] weniger, weil die Mehrheit der Commission den Entwurf seinem ganzen Inhalt nach billigt, als weil er wirkliche Uebertreibungen zu Gunsten des Entwurfs enthält, indem er einer hohen Person beinahe Vorwürfe macht, sich mit einer so geringen Summe zu begnügen; außerdem ist der Styl des Referenten nichts weniger als correct, was der Franzose nie verzeiht. Das von der Minorität der Commission vorgeschlagene Amendement, wornach beim Tode des Königs diese Dotation aufhören soll, ist von der Majorität nicht angenommen worden; die Regierung fürchtet aber sehr, die Kammer möchte es billigen, daher hat sie allen ihren Getreuen anempfohlen, bei der Abstimmung nicht zu fehlen. In solchen Fällen einer zweifelhaften Mehrheit kommt gewöhnlich die Opposition zu kurz, wegen der Trägheit mancher ihrer Mitglieder; einige derselben, z. B. zwei Deputirte des obern Elsasses, Pflieger und Strüch, sind bis jetzt noch nicht hier eingetroffen. Auf jeden Fall werden heftige Debatten nicht ausbleiben; sie beginnen am 20 d. Italien. _ Rom, 13 Febr. Der Balli Candida, welcher der Stelle als Großmeister des Malteserordens vorsteht, ist von Neapel zurückgekehrt, wo der König bekanntlich durch einen feierlichen Act diesem Orden die vor Jahren eingezogenen Commenden an die noch am Leben befindlichen Ritter zurück erstattete. Den Comthuren und Rittern, zehn oder zwölf, ist eine eigene Kirche übergeben, und zugleich die Erlaubniß ertheilt worden, durch ihre Mittel neue Commenden errichten zu können. Das Beispiel, das Oesterreich in der Lombardie im vorigen Jahr gegeben, scheint in Neapel gute Folgen gehabt zu haben. Der Orden entspricht freilich seinem frühern Zweck nicht mehr; indessen werden die Einkünfte wenigstens als Pensionen für mittellose Adelige angesehen, so daß diese dem Staat nicht zur Last fallen. – Gegen fünfzig französische Legitimisten, die dem Herzog von Bordeaux ihre Aufwartung machen wollten, haben sich nach Florenz gewendet, indem sie hier post festum eintrafen. – Die Brutalität der Engländer hat sich auch in Ancona geoffenbart. Dort haben die Matrosen eines Handelsschiffs einen dortigen Schiffscapitän durch Faustschläge so zugerichtet, daß er Tags darauf seinen Geist aufgab. Die Behörde hat die Besatzung des Schiffes unter Polizeiaufsicht gestellt, bis die Sache gerichtlich untersucht ist. – Ein Blatt der Leipziger Allg. Zeitung, welches sich hierher verloren hat, bringt eine Correspondenz, datirt Rom 10 Jan., worin über die Verbindung des Fürsten Sciarra mit der Gräfin Roussel Rosemberg, so wie über der letztern Leben gesprochen wird auf eine Weise, welche, gelind gesagt, von Anfang bis zu Ende eine Unwahrheit ist. Wollen Correspondenten das Publicum mit Familienangelegenheiten unterhalten, so sollten sie, bevor sie ihre Federn dazu hergeben, sich wenigstens von der Wahrheit solcher Nachrichten überzeugen, und nicht bloß dem Stadtgeklatsche nachgehen. Deutschland. _ München, 16 Febr. (Durch Zufall verspätet.) Die Kammer der Abgeordneten befaßte sich gestern (wie bereits kurz erwähnt wurde) mit der Berathung und Beschlußfassung über den Gesetzesentwurf, den freiwilligen Eintritt in die Armee und die freie Wahl der Waffengattung betreffend. Dr. Harleß hatte sich als Redner für den Entwurf einschreiben lassen, und eröffnete dießfalls die Discussion, indem er äußerte: der vorliegende Gesetzesentwurf umfasse zwei Seiten, die materielle und die formelle. In ersterer Beziehung dürfte derselbe so durch die Erfahrung und selbst durch die Natur der Sache begründet seyn, daß die Kammer denselben unbedingt annehmen könne. Mehr dürfte es sich hier um die formelle Seite desselben handeln (in Betreff des Streits um den Ausdruck Staatsministerien oder Ministerien). Redner müsse gestehen, die im Referate aufgeführten Motive seyen ihm nicht ganz unbedenklich; namentlich unwillkommen sey es ihm, daß man so besondere Rücksichten auf auswärtige Verhältnisse darin genommen habe. Nicht minder beklagenswerth sey es, daß im Ausschusse wieder eine Provocation auf den Willen dessen stattgefunden, dessen erhabener Name in der Kammer nicht einmal genannt werden dürfe. Solche Provocationen enthalten einen gewissen moralischen Zwang. Eingriffe in die Rechte der Krone nach den Bemerkungen des Ausschusses, seyen gewiß nicht in der Intention der Kammer der Reichsräthe gelegen. Diese möchte etwa Bedenken in der Aenderung der Titel und Namen gegenüber der verfassungsmäßigen Stellung der betreffenden Personen gefunden haben. Gleichgültig dürfte die Bedeutung wohl nicht genommen werden; würde es z. B. vorkommen, daß man einer der christlichen Confessionen den Namen Staatskirche geben würde, so würde ohne Zweifel auf den Grund der Verfassung Beschwerde erhoben. Man halte sich doch in anderer Beziehung an den Buchstaben des Gesetzes; in vielen andern Ländern heiße die protestantische Kirche „evangelisch“, in Bayern sey das nicht geduldet, weil nur der Ausdruck „protestantisch“ verfassungsmäßig sey. Die Ausdrücke „Staatsminister“, „Minister“ würden überdieß, wie ihm scheine, nicht promiscue gebraucht, sondern ständen entsprechend da, wohin sie gehören. Obwohl hiernach diese Ausdrücke nicht synonym erscheinen, so glaube er doch dem Gesetzesentwurf unbedingt zustimmen zu können, wenn die im Ausschusse abgegebene ministerielle Erklärung auch in der Kammer wiederholt werde. *) *) – Dr. Albrecht verbreitete sich über den materiellen Theil des Entwurfs, und stellte dar, daß derselbe dem ohnehin schon bestehenden Rechte entspreche. Der Gesetzesentwurf sey aber dessen ungeachtet nicht überflüssig, da der Erfahrung zufolge sich so vielfältige Zweifel erhoben haben. Hr. Bestelmeyer und Frhr. v. Thon - Dittmer stimmten gleichfalls bei. Pfarrer Götz beantragte eine Modification in Betreff der Wahl der Waffengattung, fand aber nicht die geeignete Unterstützung. Baron v. Freyberg, v. Flembach, Gareis, Stöcker und Schäfer erklärten sich für den Entwurf, die letztern drei sprachen jedoch in der Hauptsache nur Wünsche aus über Regulirung des Urlaubs und über die Summenbestimmungen bei Ersatzmannstellungen. In letzterer Rücksicht wünschte auch Hr. Bestelmeyer, daß bei uns wie in mehreren andern Ländern Assecuranzanstalten errichtet werden möchten. Am Schlusse dieser allgemeinen Discussion trug der Referent Frhr. v. Welden im Wesentlichen noch vor: Es scheinen sich einige Zweifel über die Nothwendigkeit dieses Gesetzes erhoben zu haben. Es wäre zu wünschen, daß die HH. Kammermitglieder Gelegenheit hätten, einer Aushebung beizuwohnen. Ein Regierungsbezirk habe dabei 12 bis 1400 Mann zu stellen, wovon ein Fünftel auf die Cavallerie, ein Fünftel auf die Artillerie und drei Fünftel auf die Infanterie gerechnet werden. Wenn man nun da die Noth sähe, welche eintrete, um für die Cavallerie und Artillerie das nöthige Contingent zusammen zu bringen, wenn man sähe, wie Väter, Mütter etc. der Conscribirten Alles aufbieten, um wenigstens diese Waffengattungen zu beseitigen, man würde sich gewiß von der Nothwendigkeit einer gesetzlichen Bestimmung überzeugen, hier, wo bisher beinahe Willkür geherrscht habe. Durch das bisherige Recht, auch nach der Loosung freiwillig in Verbindung mit der *) Diese Erklärung des k. Ministers des Innern findet sich in der Allg. Ztg. vom 16 Febr.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_053_18400222
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_053_18400222/4
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 53. Augsburg, 22. Februar 1840, S. 0420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_053_18400222/4>, abgerufen am 24.11.2024.