Allgemeine Zeitung. Nr. 45. Augsburg, 14. Februar 1840.Radicalveränderungen der Verfassung nicht geneigt seyen. Daß aber seit 1834 fortwährend solche frühere Freunde des Ministeriums von demselben abgefallen seyen, lasse sich nicht verkennen. Die übrigen Minister seyen indeß in diesem Punkte seiner Ansicht nicht gewesen, wie aus den Beschlüssen wegen Umwandlung und Completirung des Cabinets durch Freunde entschieden demokratischer Ideen sattsam hervorgehe. So wenig er nun auch im Einzelnen gegen die vorgeschlagenen Ernennungen etwas habe einwenden wollen oder können, so sey ihm doch die Umgestaltung des Ministeriums im Ganzen als so wenig den Zeitverhältnissen angemessen erschienen, daß er, wenn auch mit Bedauern, von seinen Collegen sich zu trennen genöthigt worden, um so mehr, da man keine seiner Einwendungen als begründet habe anerkennen wollen. Lord Howick entwickelte nun ausführlich, warum er die Reformbill (gleich seinem Vater) als eine abgeschlossene Maaßregel betrachte und die Nothwendigkeit einer Erweiterung derselben nicht anerkennen könne, erklärte jedoch zugleich, nach wie vor das Ministerium unterstützen zu wollen, weil er die Politik der Tories, besonders ihr Verfahren in den Angelegenheiten Jamaica's und Canada's, durchaus mißbillige. Sir James Graham ging in eine sehr detaillirte Kritik der ganzen Verfahrungsweise des Ministeriums ein, und fand dasselbe jedes Vergehens und Irrthums schuldig, wodurch eine Administration sich der Führung des Staatsruders unwürdig machen könne. Hr. Macaulay, der neue Kriegsminister, vertheidigte seine Collegen gegen diese Vorwürfe, und sich insbesondere gegen die nicht undeutlichen Hindeutungen seines Amtsvorfahrs, Lord Howicks, auf seinen Demokratismus, namentlich in der Ballotfrage, durch eine Rede, die im Wesentlichen mit derjenigen zusammentraf, die er neulich vor seinen Wählern in Edinburg gehalten. (S. Nr. 35 und 36 der Allgem. Ztg.) - Die bedeutendsten Redner der Sitzung vom 30 Jan. waren auf der Oppositionsseite die Lords Powerscourt und Stanley. "Was auch das Resultat dieser Debatte seyn mag", sagte letzterer unter Anderm, "mag sich eine Majorität von 5 oder von 30 Stimmen für das Ministerium erklären, dieß gilt mir gleich; von großer Wichtigkeit bleibt es immer, daß gleich beim Beginn der Session die Parteien unverhüllt vor das Land treten, und daß die Nation erfährt, aus welchen Gründen und durch wessen Beistand das Ministerium eine so dürftige Majorität für sich hat, und mit welchen Erwartungen es am Ruder erhalten wird, ohne doch die zum Regieren erforderliche Macht zu besitzen, welche factisch vielmehr in den Händen der englischen Conservativen liegt, mögen diese nun Minister heißen oder nicht." Vertheidigt wurde die ministerielle Politik am nachdrücklichsten von dem Unterstaatssecretär des Innern, Hrn. Fox Maule, und von dem Dissenter Hrn. Ward. (Beschluß folgt.) Rußland. St. Petersburg, 25 Jan. Zwei, das allgemeine Interesse in Anspruch nehmende Ereignisse, werden im Laufe dieses Jahrs hier statthaben: eine neue geistliche Mission wird ehestens von hier nach Peking abgehen, um die frühere dort abzulösen, welche die ihr zum dortigen Aufenthalt bestimmte zehnjährige Frist beendet hat. - Ein Kriegsschiff wird bei Eröffnung der nächsten Navigation von Kronstadt abgehen, um der Bevölkerung von Kamtschatka und unserer nordamerikanischen Colonien die ihnen nothwendigen Provisionen zu überbringen. Letztere Expedition bezweckt eine doppelte Tendenz: eine praktisch-nautische und eine wissenschaftliche. Wie man vorläufig vernimmt, will sie, das Vorgebirg der guten Hoffnung umsegelnd, Australien, dann die andern Ländergebiete der südlichen Region besuchen und über das Cap Horn zurückkehren. - In unserer nordischen Residenz weilte in den letzten Wochen ein interessanter Fremder, der durch die jüngst nach Spitzbergen vollzogene Expedition, der er als Chef vorstand, bekannte französische Reisende Gaimard. Seit einigen Tagen hat er uns verlassen und sich nach Moskau begeben. Von dort wieder hierher zurückkehrend, wird er später den Norden Rußlands besuchen. Wie man mit einiger Bestimmtheit vernimmt, wird er im nächsten Frühjahr von hier eine zweite wissenschaftliche Reise nach Spitzbergen unternehmen, sie aber dießmal weiter ausdehnen und auch Grönland besuchen. Einige unserer gelehrten jungen Russen dürften sich ihr anschließen. - Die Volksmenge Rußlands in 53 Gouvernements und Provinzen beträgt 25,460,645 männliche Individuen. Rechnet man hiezu das weibliche Geschlecht, das auch hier wie überall in numerischer Hinsicht dem erstern überwiegend ist, so erhält man an 52 Millionen Bewohner. Fügt man zu ihnen gegen 4 1/5 Millionen Bewohner im Königreich Polen, 1 1/3 Millionen im Großfürstenthum Finnland, an 2 Mill. Transkaukasier und Bewohner unserer Colonien im nordwestlichen Amerika, über eine Million reguläres Militär, hievon noch beseitigt das irreguläre nebst den Familien der Krieger, endlich an 1 1/2 Mill. der innerhalb der Gränzen des Reichs wohnenden kaukasischen Bergvölker, so ergibt sich die Bevölkerung Rußlands auf 62 Millionen Individuen. Sie machte bei uns in den letzten Jahren erstaunende Fortschritte: so starben im vorvergangenen Jahr 1837 im Umfange des Kaiserstaats 1 1/2 Millionen Menschen, geboren wurden dagegen an 2,400,000. Die Zahl der letztern übertraf die der erstern um 900,000 Menschen. Für die volkreichsten Gouvernements in Rußland gelten Pultawa und Orenburg, für die am schwächsten besetzten Olonez und Jeniseisk. (Hamb. C.) Radicalveränderungen der Verfassung nicht geneigt seyen. Daß aber seit 1834 fortwährend solche frühere Freunde des Ministeriums von demselben abgefallen seyen, lasse sich nicht verkennen. Die übrigen Minister seyen indeß in diesem Punkte seiner Ansicht nicht gewesen, wie aus den Beschlüssen wegen Umwandlung und Completirung des Cabinets durch Freunde entschieden demokratischer Ideen sattsam hervorgehe. So wenig er nun auch im Einzelnen gegen die vorgeschlagenen Ernennungen etwas habe einwenden wollen oder können, so sey ihm doch die Umgestaltung des Ministeriums im Ganzen als so wenig den Zeitverhältnissen angemessen erschienen, daß er, wenn auch mit Bedauern, von seinen Collegen sich zu trennen genöthigt worden, um so mehr, da man keine seiner Einwendungen als begründet habe anerkennen wollen. Lord Howick entwickelte nun ausführlich, warum er die Reformbill (gleich seinem Vater) als eine abgeschlossene Maaßregel betrachte und die Nothwendigkeit einer Erweiterung derselben nicht anerkennen könne, erklärte jedoch zugleich, nach wie vor das Ministerium unterstützen zu wollen, weil er die Politik der Tories, besonders ihr Verfahren in den Angelegenheiten Jamaica's und Canada's, durchaus mißbillige. Sir James Graham ging in eine sehr detaillirte Kritik der ganzen Verfahrungsweise des Ministeriums ein, und fand dasselbe jedes Vergehens und Irrthums schuldig, wodurch eine Administration sich der Führung des Staatsruders unwürdig machen könne. Hr. Macaulay, der neue Kriegsminister, vertheidigte seine Collegen gegen diese Vorwürfe, und sich insbesondere gegen die nicht undeutlichen Hindeutungen seines Amtsvorfahrs, Lord Howicks, auf seinen Demokratismus, namentlich in der Ballotfrage, durch eine Rede, die im Wesentlichen mit derjenigen zusammentraf, die er neulich vor seinen Wählern in Edinburg gehalten. (S. Nr. 35 und 36 der Allgem. Ztg.) – Die bedeutendsten Redner der Sitzung vom 30 Jan. waren auf der Oppositionsseite die Lords Powerscourt und Stanley. „Was auch das Resultat dieser Debatte seyn mag“, sagte letzterer unter Anderm, „mag sich eine Majorität von 5 oder von 30 Stimmen für das Ministerium erklären, dieß gilt mir gleich; von großer Wichtigkeit bleibt es immer, daß gleich beim Beginn der Session die Parteien unverhüllt vor das Land treten, und daß die Nation erfährt, aus welchen Gründen und durch wessen Beistand das Ministerium eine so dürftige Majorität für sich hat, und mit welchen Erwartungen es am Ruder erhalten wird, ohne doch die zum Regieren erforderliche Macht zu besitzen, welche factisch vielmehr in den Händen der englischen Conservativen liegt, mögen diese nun Minister heißen oder nicht.“ Vertheidigt wurde die ministerielle Politik am nachdrücklichsten von dem Unterstaatssecretär des Innern, Hrn. Fox Maule, und von dem Dissenter Hrn. Ward. (Beschluß folgt.) Rußland. St. Petersburg, 25 Jan. Zwei, das allgemeine Interesse in Anspruch nehmende Ereignisse, werden im Laufe dieses Jahrs hier statthaben: eine neue geistliche Mission wird ehestens von hier nach Peking abgehen, um die frühere dort abzulösen, welche die ihr zum dortigen Aufenthalt bestimmte zehnjährige Frist beendet hat. – Ein Kriegsschiff wird bei Eröffnung der nächsten Navigation von Kronstadt abgehen, um der Bevölkerung von Kamtschatka und unserer nordamerikanischen Colonien die ihnen nothwendigen Provisionen zu überbringen. Letztere Expedition bezweckt eine doppelte Tendenz: eine praktisch-nautische und eine wissenschaftliche. Wie man vorläufig vernimmt, will sie, das Vorgebirg der guten Hoffnung umsegelnd, Australien, dann die andern Ländergebiete der südlichen Region besuchen und über das Cap Horn zurückkehren. – In unserer nordischen Residenz weilte in den letzten Wochen ein interessanter Fremder, der durch die jüngst nach Spitzbergen vollzogene Expedition, der er als Chef vorstand, bekannte französische Reisende Gaimard. Seit einigen Tagen hat er uns verlassen und sich nach Moskau begeben. Von dort wieder hierher zurückkehrend, wird er später den Norden Rußlands besuchen. Wie man mit einiger Bestimmtheit vernimmt, wird er im nächsten Frühjahr von hier eine zweite wissenschaftliche Reise nach Spitzbergen unternehmen, sie aber dießmal weiter ausdehnen und auch Grönland besuchen. Einige unserer gelehrten jungen Russen dürften sich ihr anschließen. – Die Volksmenge Rußlands in 53 Gouvernements und Provinzen beträgt 25,460,645 männliche Individuen. Rechnet man hiezu das weibliche Geschlecht, das auch hier wie überall in numerischer Hinsicht dem erstern überwiegend ist, so erhält man an 52 Millionen Bewohner. Fügt man zu ihnen gegen 4 1/5 Millionen Bewohner im Königreich Polen, 1 1/3 Millionen im Großfürstenthum Finnland, an 2 Mill. Transkaukasier und Bewohner unserer Colonien im nordwestlichen Amerika, über eine Million reguläres Militär, hievon noch beseitigt das irreguläre nebst den Familien der Krieger, endlich an 1 1/2 Mill. der innerhalb der Gränzen des Reichs wohnenden kaukasischen Bergvölker, so ergibt sich die Bevölkerung Rußlands auf 62 Millionen Individuen. Sie machte bei uns in den letzten Jahren erstaunende Fortschritte: so starben im vorvergangenen Jahr 1837 im Umfange des Kaiserstaats 1 1/2 Millionen Menschen, geboren wurden dagegen an 2,400,000. Die Zahl der letztern übertraf die der erstern um 900,000 Menschen. 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So wenig er nun auch im Einzelnen gegen die vorgeschlagenen Ernennungen etwas habe einwenden wollen oder können, so sey ihm doch die Umgestaltung des Ministeriums im Ganzen als so wenig den Zeitverhältnissen angemessen erschienen, daß er, wenn auch mit Bedauern, von seinen Collegen sich zu trennen genöthigt worden, um so mehr, da man keine seiner Einwendungen als begründet habe anerkennen wollen. Lord Howick entwickelte nun ausführlich, warum er die Reformbill (gleich seinem Vater) als eine abgeschlossene Maaßregel betrachte und die Nothwendigkeit einer Erweiterung derselben nicht anerkennen könne, erklärte jedoch zugleich, nach wie vor das Ministerium unterstützen zu wollen, weil er die Politik der Tories, besonders ihr Verfahren in den Angelegenheiten Jamaica's und Canada's, durchaus mißbillige. 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Wie man vorläufig vernimmt, will sie, das Vorgebirg der guten Hoffnung umsegelnd, Australien, dann die andern Ländergebiete der südlichen Region besuchen und über das Cap Horn zurückkehren. – In unserer nordischen Residenz weilte in den letzten Wochen ein interessanter Fremder, der durch die jüngst nach Spitzbergen vollzogene Expedition, der er als Chef vorstand, bekannte französische Reisende Gaimard. Seit einigen Tagen hat er uns verlassen und sich nach Moskau begeben. Von dort wieder hierher zurückkehrend, wird er später den Norden Rußlands besuchen. Wie man mit einiger Bestimmtheit vernimmt, wird er im nächsten Frühjahr von hier eine zweite wissenschaftliche Reise nach Spitzbergen unternehmen, sie aber dießmal weiter ausdehnen und auch Grönland besuchen. Einige unserer gelehrten jungen Russen dürften sich ihr anschließen. – Die Volksmenge Rußlands in 53 Gouvernements und Provinzen beträgt 25,460,645 männliche Individuen. Rechnet man hiezu das weibliche Geschlecht, das auch hier wie überall in numerischer Hinsicht dem erstern überwiegend ist, so erhält man an 52 Millionen Bewohner. Fügt man zu ihnen gegen 4 1/5 Millionen Bewohner im Königreich Polen, 1 1/3 Millionen im Großfürstenthum Finnland, an 2 Mill. Transkaukasier und Bewohner unserer Colonien im nordwestlichen Amerika, über eine Million reguläres Militär, hievon noch beseitigt das irreguläre nebst den Familien der Krieger, endlich an 1 1/2 Mill. der innerhalb der Gränzen des Reichs wohnenden kaukasischen Bergvölker, so ergibt sich die Bevölkerung Rußlands auf 62 Millionen Individuen. Sie machte bei uns in den letzten Jahren erstaunende Fortschritte: so starben im vorvergangenen Jahr 1837 im Umfange des Kaiserstaats 1 1/2 Millionen Menschen, geboren wurden dagegen an 2,400,000. Die Zahl der letztern übertraf die der erstern um 900,000 Menschen. 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Radicalveränderungen der Verfassung nicht geneigt seyen. Daß aber seit 1834 fortwährend solche frühere Freunde des Ministeriums von demselben abgefallen seyen, lasse sich nicht verkennen. Die übrigen Minister seyen indeß in diesem Punkte seiner Ansicht nicht gewesen, wie aus den Beschlüssen wegen Umwandlung und Completirung des Cabinets durch Freunde entschieden demokratischer Ideen sattsam hervorgehe. So wenig er nun auch im Einzelnen gegen die vorgeschlagenen Ernennungen etwas habe einwenden wollen oder können, so sey ihm doch die Umgestaltung des Ministeriums im Ganzen als so wenig den Zeitverhältnissen angemessen erschienen, daß er, wenn auch mit Bedauern, von seinen Collegen sich zu trennen genöthigt worden, um so mehr, da man keine seiner Einwendungen als begründet habe anerkennen wollen. Lord Howick entwickelte nun ausführlich, warum er die Reformbill (gleich seinem Vater) als eine abgeschlossene Maaßregel betrachte und die Nothwendigkeit einer Erweiterung derselben nicht anerkennen könne, erklärte jedoch zugleich, nach wie vor das Ministerium unterstützen zu wollen, weil er die Politik der Tories, besonders ihr Verfahren in den Angelegenheiten Jamaica's und Canada's, durchaus mißbillige. Sir James Graham ging in eine sehr detaillirte Kritik der ganzen Verfahrungsweise des Ministeriums ein, und fand dasselbe jedes Vergehens und Irrthums schuldig, wodurch eine Administration sich der Führung des Staatsruders unwürdig machen könne. Hr. Macaulay, der neue Kriegsminister, vertheidigte seine Collegen gegen diese Vorwürfe, und sich insbesondere gegen die nicht undeutlichen Hindeutungen seines Amtsvorfahrs, Lord Howicks, auf seinen Demokratismus, namentlich in der Ballotfrage, durch eine Rede, die im Wesentlichen mit derjenigen zusammentraf, die er neulich vor seinen Wählern in Edinburg gehalten. (S. Nr. 35 und 36 der Allgem. Ztg.) – Die bedeutendsten Redner der Sitzung vom 30 Jan. waren auf der Oppositionsseite die Lords Powerscourt und Stanley. „Was auch das Resultat dieser Debatte seyn mag“, sagte letzterer unter Anderm, „mag sich eine Majorität von 5 oder von 30 Stimmen für das Ministerium erklären, dieß gilt mir gleich; von großer Wichtigkeit bleibt es immer, daß gleich beim Beginn der Session die Parteien unverhüllt vor das Land treten, und daß die Nation erfährt, aus welchen Gründen und durch wessen Beistand das Ministerium eine so dürftige Majorität für sich hat, und mit welchen Erwartungen es am Ruder erhalten wird, ohne doch die zum Regieren erforderliche Macht zu besitzen, welche factisch vielmehr in den Händen der englischen Conservativen liegt, mögen diese nun Minister heißen oder nicht.“ Vertheidigt wurde die ministerielle Politik am nachdrücklichsten von dem Unterstaatssecretär des Innern, Hrn. Fox Maule, und von dem Dissenter Hrn. Ward.
(Beschluß folgt.)
Rußland.
_ St. Petersburg, 25 Jan. Zwei, das allgemeine Interesse in Anspruch nehmende Ereignisse, werden im Laufe dieses Jahrs hier statthaben: eine neue geistliche Mission wird ehestens von hier nach Peking abgehen, um die frühere dort abzulösen, welche die ihr zum dortigen Aufenthalt bestimmte zehnjährige Frist beendet hat. – Ein Kriegsschiff wird bei Eröffnung der nächsten Navigation von Kronstadt abgehen, um der Bevölkerung von Kamtschatka und unserer nordamerikanischen Colonien die ihnen nothwendigen Provisionen zu überbringen. Letztere Expedition bezweckt eine doppelte Tendenz: eine praktisch-nautische und eine wissenschaftliche. Wie man vorläufig vernimmt, will sie, das Vorgebirg der guten Hoffnung umsegelnd, Australien, dann die andern Ländergebiete der südlichen Region besuchen und über das Cap Horn zurückkehren. – In unserer nordischen Residenz weilte in den letzten Wochen ein interessanter Fremder, der durch die jüngst nach Spitzbergen vollzogene Expedition, der er als Chef vorstand, bekannte französische Reisende Gaimard. Seit einigen Tagen hat er uns verlassen und sich nach Moskau begeben. Von dort wieder hierher zurückkehrend, wird er später den Norden Rußlands besuchen. Wie man mit einiger Bestimmtheit vernimmt, wird er im nächsten Frühjahr von hier eine zweite wissenschaftliche Reise nach Spitzbergen unternehmen, sie aber dießmal weiter ausdehnen und auch Grönland besuchen. Einige unserer gelehrten jungen Russen dürften sich ihr anschließen. – Die Volksmenge Rußlands in 53 Gouvernements und Provinzen beträgt 25,460,645 männliche Individuen. Rechnet man hiezu das weibliche Geschlecht, das auch hier wie überall in numerischer Hinsicht dem erstern überwiegend ist, so erhält man an 52 Millionen Bewohner. Fügt man zu ihnen gegen 4 1/5 Millionen Bewohner im Königreich Polen, 1 1/3 Millionen im Großfürstenthum Finnland, an 2 Mill. Transkaukasier und Bewohner unserer Colonien im nordwestlichen Amerika, über eine Million reguläres Militär, hievon noch beseitigt das irreguläre nebst den Familien der Krieger, endlich an 1 1/2 Mill. der innerhalb der Gränzen des Reichs wohnenden kaukasischen Bergvölker, so ergibt sich die Bevölkerung Rußlands auf 62 Millionen Individuen. Sie machte bei uns in den letzten Jahren erstaunende Fortschritte: so starben im vorvergangenen Jahr 1837 im Umfange des Kaiserstaats 1 1/2 Millionen Menschen, geboren wurden dagegen an 2,400,000. Die Zahl der letztern übertraf die der erstern um 900,000 Menschen. Für die volkreichsten Gouvernements in Rußland gelten Pultawa und Orenburg, für die am schwächsten besetzten Olonez und Jeniseisk. (Hamb. C.)
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