Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 43. Augsburg, 12. Februar 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Umfang erfüllt, für alle Möglichkeitsfälle, für all die verschiedenen Ereignisse, die während dieses Feldzugs eintreten konnten und wirklich eintraten, umsichtigere und angemessenere Vorkehrungen getroffen wurden." (Hört!) - Lord Brougham fragte, ob für den möglichen Fall - Gott wolle ihn verhüten! - daß die Königin mit Hinterlassung eines unmündigen Thronerben stürbe, eine legislative Maaßregel vorbereitet sey oder vorbereitet werden solle. Ministeriellerseits erfolgte keine Antwort. Hierauf brachte der Bischof von Exeter den Socialismus (s. Nro. 41 der Allg. Zeitung) abermals in großer Ausführlichkeit zur Sprache, und schloß mit der Motion, Ihre Maj. sey in einer Adresse um Erlassung eines Befehls zu bitten, daß wegen der beunruhigenden Zunahme gotteslästerlicher und revolutionärer Schriften, die besonders von der Secte der Socialisten ausfließen, strenge Untersuchungen eingeleitet und geeignete Maaßregeln zur Unterdrückung dieses Uebels ergriffen werden. Die Unterdrückung dieser Zeitungen und Flugschriften, meinte der Bischof, könne nicht schwer halten, die Regierung solle nur die zum Theil aus gestempelten Zeitungen bestehenden Schriften und die Pressen selbst mit Beschlag belegen lassen. Der Prälat las ein Schreiben des verstorbenen (sehr christlich gesinnten) Wilberforce, worin derselbe sich über Owens Charakter minder günstig ausspricht, als neulich Lord Brougham behauptete. Man müsse, so schloß der Prälat, das Volk lehren, daß ein Gott sey; außerdem würden die oberen Classen bald zu ihrem Schrecken erfahren, daß es einen Teufel - einen Teufel in der Menschenseele - gebe. Der Erzbischof von Canterbury unterstützte den Antrag mit Wärme. Die Minister Lord Melbourne, Normanby und Lansdowne hätten es zwar lieber gesehen, wenn die Sache ganz der Regierung überlassen worden wäre, die in einigen Fällen gegen die Veröffentlicher religions- und sittenwidriger Schriften der Art bereits gerichtliche Verfolgungen angeordnet habe, Lord Lansdowne erinnerte namentlich an das Schicksal des dem Socialismus verwandten Saint-Simonismus, der in Frankreich - unter einem weit weniger ernsten, weit weniger vom Geiste des Christenthums durchdrungenen Volke - schon nach wenigen Jahren an seiner eigenen Absurdität abgestorben sey; schlüßlich aber wurde die Motion ohne Abstimmung angenommen.

In der Unterhaussitzung am 4 Febr. wurde die Naturalisationsbill für Prinz Albert zum drittenmal gelesen und angenommen. Lord J. Russell zeigte an, daß die Regierung im Laufe dieser Session eine Bill zur Reformirung der geistlichen Gerichtshöfe einbringen werde. Der Sprecher ward ermächtigt, einen Verhaftsbefehl gegen Stockdale's rückfälligen Advocaten, Hrn. Howard, zu erlassen, der bisher allen Vorladungen zum Wiedererscheinen an der Schranke des Hauses keine Folge geleistet. Hr. Slaney nahm nach längeren Debatten eine Motion zurück, welche die Anordnung einer allgemeinen Untersuchung hinsichtlich der Ursachen der unter den arbeitenden Classen herrschenden Unzufriedenheit zum Zweck hatte. Lord J. Russell widersetzte sich dem Antrag als zu weit und unbestimmt. Hr. Sergeant Talfourd ward ermächtigt, seine durch ungünstige Zufälligkeiten durch zwei Sessionen verzögerte Bill zur Verbesserung der Gesetze über litterarisches Eigenthum (copyright) wieder einzubringen. - Im Anfange der Unterhaussitzung vom 5 Febr. machte Lord Morpeth, der Generalsecretär für Irland, die wichtige Anzeige, daß die Regierung die Absicht habe, eine Bill gegen den irischen Absentismus einzubringen (vermuthlich zu einer Extra-Besteuerung der irischen Grundherren, die ihre Einkünfte außer Landes verzehren, zu Gunsten des irischen Armen- und Schulwesens).

*

Die Minister haben sich genöthigt gesehen, um nicht die auf nächsten Montag anberaumte Vermählungsfeier aufschieben zu müssen, die Clausel in dem Einbürgerungsgesetz des Prinzen Albert, wodurch ihm sein Rang gleich nach dem der Königin bestimmt werden sollte, zurückzunehmen. Lord Melbourne sagt, man werde ein anderesmal darauf zurückkommen; aber aus der Besorglichkeit, womit Brougham und einige Torycollegen des edlen Lords darauf hinwiesen, wie nöthig es sey, daß ein solcher schwankende Punkt ein- für allemal vom Parlament bestimmt werde, läßt sich abnehmen, daß die Partei inne geworden ist, sich verrechnet zu haben. Die Regierung scheint nämlich die Absicht zu haben, wie bei der Veranstaltung eines Erziehungsraths geschehen, das Parlament zu umgehen, und die Krone aus eigener Machtvollkommenheit (denn der Monarch ist ja selbst der Verfassung nach die Quelle aller Würden und in der Vertheilung derselben unbeschränkt) thun zu lassen, was sie aus Höflichkeit vom Parlament ververlangte, und eine Partei ihr versagte. Die Regierung würde nichts dabei wagen, so sehr auch die Tories über die Ausdehnung der königlichen Macht schreien würden. Denn die Liberalen würden darin nur eine Demüthigung einer Oligarchie erblicken, gegen die sie sich nur zu gern durch die Macht der Krone verstärken. Es ist überhaupt traurig, wie heutzutage die Parteien gegen die edlen Institute des Landes wüthen, und eines um das andere schwächen. Zwar haben die Ultratories und ihre Organe, von der öffentlichen Meinung beschämt, aufgehört, öffentlich gegen die Königin zu schimpfen, wie O'Connell und einige Radicale genöthigt wurden, die vor einigen Jahren angefangenen Umsturzversuche gegen das Oberhaus bald wieder fallen zu lassen. Aber derselbe Geist weht in dem Widerstande, den die Tories eben wieder gegen das unschuldige Verlangen einer jungen Fürstin, dem künftigen Gemahl, dem Mann ihrer Liebe, den ersten Platz an ihrem Throne anzuweisen, gezeigt haben, und würde aus dem Beifall aller Reformer hervorleuchten, den sie einem Gewaltstreich der Krone gegen den Adel zollen würden. So drängen sich nun auch hohe und niedrige Tories von allen Seiten herbei, um den gefangenen Sheriffs den Hof zu machen, und sie in ihrem Widerstand gegen das Unterhaus zu ermuntern; während in derselben Absicht Advocaten und Anwälte sich zu Hunderten herbeigedrängt haben, um Erklärungen zu unterschreiben, welche das innerste Wesen, ja die Existenz dieses allwichtigen Instituts zu zerstören drohen, und Mitglieder des Hauses selbst suchen durch allerlei Vorschläge und selbst Chicanen dasselbe verächtlich zu machen. Was man aber von der Einheit und Einigkeit dieser Partei denken müsse, erhellt offenbar daraus, daß sie als Willkür, Verhöhnung der Gesetze und der Rechtspflege, freche Gewaltthätigkeit brandmarken, was ihre Häupter, Peel, Stanley, Graham, Hardinge, Goulburn (Männer, welche allein Mitglieder eines Ministeriums von ihrer Partei werden könnten), als recht, billig, ja fürs gemeine Wohl nothwendig erklärt haben, und noch immer fort erklären. Noch gestern Abend wurde die Sache wieder vors Haus gebracht, indem es sich zeigte, daß Stockdale's Anwalt, Howard, der Vorladung des Hauses Hohn spricht, und doch von Tories in Schutz genommen ward; aber die meisterhafte Rede des neuen Generalfiscals (Wylde) mußte jeden Unbefangenen überzeugen, daß das Unterhaus im Recht ist, und die Tories aufs widersprechendste zu Werke gehen. So auch helfen viele von ihnen, nebst vielen ihrer Journale, den Chartisten in ihren Bemühungen die Minister zur gänzlichen Freigebung von Frost und Consorten zu nöthigen, sollte ein solches Verfahren auch noch so sehr zu neuen Aufstandsversuchen führen. Hätten sie doch dabei die Freude, sagen zu können,

Umfang erfüllt, für alle Möglichkeitsfälle, für all die verschiedenen Ereignisse, die während dieses Feldzugs eintreten konnten und wirklich eintraten, umsichtigere und angemessenere Vorkehrungen getroffen wurden.“ (Hört!) – Lord Brougham fragte, ob für den möglichen Fall – Gott wolle ihn verhüten! – daß die Königin mit Hinterlassung eines unmündigen Thronerben stürbe, eine legislative Maaßregel vorbereitet sey oder vorbereitet werden solle. Ministeriellerseits erfolgte keine Antwort. Hierauf brachte der Bischof von Exeter den Socialismus (s. Nro. 41 der Allg. Zeitung) abermals in großer Ausführlichkeit zur Sprache, und schloß mit der Motion, Ihre Maj. sey in einer Adresse um Erlassung eines Befehls zu bitten, daß wegen der beunruhigenden Zunahme gotteslästerlicher und revolutionärer Schriften, die besonders von der Secte der Socialisten ausfließen, strenge Untersuchungen eingeleitet und geeignete Maaßregeln zur Unterdrückung dieses Uebels ergriffen werden. Die Unterdrückung dieser Zeitungen und Flugschriften, meinte der Bischof, könne nicht schwer halten, die Regierung solle nur die zum Theil aus gestempelten Zeitungen bestehenden Schriften und die Pressen selbst mit Beschlag belegen lassen. Der Prälat las ein Schreiben des verstorbenen (sehr christlich gesinnten) Wilberforce, worin derselbe sich über Owens Charakter minder günstig ausspricht, als neulich Lord Brougham behauptete. Man müsse, so schloß der Prälat, das Volk lehren, daß ein Gott sey; außerdem würden die oberen Classen bald zu ihrem Schrecken erfahren, daß es einen Teufel – einen Teufel in der Menschenseele – gebe. Der Erzbischof von Canterbury unterstützte den Antrag mit Wärme. Die Minister Lord Melbourne, Normanby und Lansdowne hätten es zwar lieber gesehen, wenn die Sache ganz der Regierung überlassen worden wäre, die in einigen Fällen gegen die Veröffentlicher religions- und sittenwidriger Schriften der Art bereits gerichtliche Verfolgungen angeordnet habe, Lord Lansdowne erinnerte namentlich an das Schicksal des dem Socialismus verwandten Saint-Simonismus, der in Frankreich – unter einem weit weniger ernsten, weit weniger vom Geiste des Christenthums durchdrungenen Volke – schon nach wenigen Jahren an seiner eigenen Absurdität abgestorben sey; schlüßlich aber wurde die Motion ohne Abstimmung angenommen.

In der Unterhaussitzung am 4 Febr. wurde die Naturalisationsbill für Prinz Albert zum drittenmal gelesen und angenommen. Lord J. Russell zeigte an, daß die Regierung im Laufe dieser Session eine Bill zur Reformirung der geistlichen Gerichtshöfe einbringen werde. Der Sprecher ward ermächtigt, einen Verhaftsbefehl gegen Stockdale's rückfälligen Advocaten, Hrn. Howard, zu erlassen, der bisher allen Vorladungen zum Wiedererscheinen an der Schranke des Hauses keine Folge geleistet. Hr. Slaney nahm nach längeren Debatten eine Motion zurück, welche die Anordnung einer allgemeinen Untersuchung hinsichtlich der Ursachen der unter den arbeitenden Classen herrschenden Unzufriedenheit zum Zweck hatte. Lord J. Russell widersetzte sich dem Antrag als zu weit und unbestimmt. Hr. Sergeant Talfourd ward ermächtigt, seine durch ungünstige Zufälligkeiten durch zwei Sessionen verzögerte Bill zur Verbesserung der Gesetze über litterarisches Eigenthum (copyright) wieder einzubringen. – Im Anfange der Unterhaussitzung vom 5 Febr. machte Lord Morpeth, der Generalsecretär für Irland, die wichtige Anzeige, daß die Regierung die Absicht habe, eine Bill gegen den irischen Absentismus einzubringen (vermuthlich zu einer Extra-Besteuerung der irischen Grundherren, die ihre Einkünfte außer Landes verzehren, zu Gunsten des irischen Armen- und Schulwesens).

*

Die Minister haben sich genöthigt gesehen, um nicht die auf nächsten Montag anberaumte Vermählungsfeier aufschieben zu müssen, die Clausel in dem Einbürgerungsgesetz des Prinzen Albert, wodurch ihm sein Rang gleich nach dem der Königin bestimmt werden sollte, zurückzunehmen. Lord Melbourne sagt, man werde ein anderesmal darauf zurückkommen; aber aus der Besorglichkeit, womit Brougham und einige Torycollegen des edlen Lords darauf hinwiesen, wie nöthig es sey, daß ein solcher schwankende Punkt ein- für allemal vom Parlament bestimmt werde, läßt sich abnehmen, daß die Partei inne geworden ist, sich verrechnet zu haben. Die Regierung scheint nämlich die Absicht zu haben, wie bei der Veranstaltung eines Erziehungsraths geschehen, das Parlament zu umgehen, und die Krone aus eigener Machtvollkommenheit (denn der Monarch ist ja selbst der Verfassung nach die Quelle aller Würden und in der Vertheilung derselben unbeschränkt) thun zu lassen, was sie aus Höflichkeit vom Parlament ververlangte, und eine Partei ihr versagte. Die Regierung würde nichts dabei wagen, so sehr auch die Tories über die Ausdehnung der königlichen Macht schreien würden. Denn die Liberalen würden darin nur eine Demüthigung einer Oligarchie erblicken, gegen die sie sich nur zu gern durch die Macht der Krone verstärken. Es ist überhaupt traurig, wie heutzutage die Parteien gegen die edlen Institute des Landes wüthen, und eines um das andere schwächen. Zwar haben die Ultratories und ihre Organe, von der öffentlichen Meinung beschämt, aufgehört, öffentlich gegen die Königin zu schimpfen, wie O'Connell und einige Radicale genöthigt wurden, die vor einigen Jahren angefangenen Umsturzversuche gegen das Oberhaus bald wieder fallen zu lassen. Aber derselbe Geist weht in dem Widerstande, den die Tories eben wieder gegen das unschuldige Verlangen einer jungen Fürstin, dem künftigen Gemahl, dem Mann ihrer Liebe, den ersten Platz an ihrem Throne anzuweisen, gezeigt haben, und würde aus dem Beifall aller Reformer hervorleuchten, den sie einem Gewaltstreich der Krone gegen den Adel zollen würden. So drängen sich nun auch hohe und niedrige Tories von allen Seiten herbei, um den gefangenen Sheriffs den Hof zu machen, und sie in ihrem Widerstand gegen das Unterhaus zu ermuntern; während in derselben Absicht Advocaten und Anwälte sich zu Hunderten herbeigedrängt haben, um Erklärungen zu unterschreiben, welche das innerste Wesen, ja die Existenz dieses allwichtigen Instituts zu zerstören drohen, und Mitglieder des Hauses selbst suchen durch allerlei Vorschläge und selbst Chicanen dasselbe verächtlich zu machen. Was man aber von der Einheit und Einigkeit dieser Partei denken müsse, erhellt offenbar daraus, daß sie als Willkür, Verhöhnung der Gesetze und der Rechtspflege, freche Gewaltthätigkeit brandmarken, was ihre Häupter, Peel, Stanley, Graham, Hardinge, Goulburn (Männer, welche allein Mitglieder eines Ministeriums von ihrer Partei werden könnten), als recht, billig, ja fürs gemeine Wohl nothwendig erklärt haben, und noch immer fort erklären. Noch gestern Abend wurde die Sache wieder vors Haus gebracht, indem es sich zeigte, daß Stockdale's Anwalt, Howard, der Vorladung des Hauses Hohn spricht, und doch von Tories in Schutz genommen ward; aber die meisterhafte Rede des neuen Generalfiscals (Wylde) mußte jeden Unbefangenen überzeugen, daß das Unterhaus im Recht ist, und die Tories aufs widersprechendste zu Werke gehen. So auch helfen viele von ihnen, nebst vielen ihrer Journale, den Chartisten in ihren Bemühungen die Minister zur gänzlichen Freigebung von Frost und Consorten zu nöthigen, sollte ein solches Verfahren auch noch so sehr zu neuen Aufstandsversuchen führen. Hätten sie doch dabei die Freude, sagen zu können,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0002" n="0338"/>
Umfang erfüllt, für alle Möglichkeitsfälle, für all die verschiedenen Ereignisse, die während dieses Feldzugs eintreten konnten und wirklich eintraten, umsichtigere und angemessenere Vorkehrungen getroffen wurden.&#x201C; (Hört!) &#x2013; Lord <hi rendition="#g">Brougham</hi> fragte, ob für den möglichen Fall &#x2013; Gott wolle ihn verhüten! &#x2013; daß die Königin mit Hinterlassung eines unmündigen Thronerben stürbe, eine legislative Maaßregel vorbereitet sey oder vorbereitet werden solle. Ministeriellerseits erfolgte keine Antwort. Hierauf brachte der Bischof von <hi rendition="#g">Exeter</hi> den Socialismus (s. Nro. 41 der Allg. Zeitung) abermals in großer Ausführlichkeit zur Sprache, und schloß mit der Motion, Ihre Maj. sey in einer Adresse um Erlassung eines Befehls zu bitten, daß wegen der beunruhigenden Zunahme gotteslästerlicher und revolutionärer Schriften, die besonders von der Secte der Socialisten ausfließen, strenge Untersuchungen eingeleitet und geeignete Maaßregeln zur Unterdrückung dieses Uebels ergriffen werden. Die Unterdrückung dieser Zeitungen und Flugschriften, meinte der Bischof, könne nicht schwer halten, die Regierung solle nur die zum Theil aus gestempelten Zeitungen bestehenden Schriften und die Pressen selbst mit Beschlag belegen lassen. Der Prälat las ein Schreiben des verstorbenen (sehr christlich gesinnten) Wilberforce, worin derselbe sich über Owens Charakter minder günstig ausspricht, als neulich Lord Brougham behauptete. Man müsse, so schloß der Prälat, das Volk lehren, daß ein Gott sey; außerdem würden die oberen Classen bald zu ihrem Schrecken erfahren, daß es einen Teufel &#x2013; einen Teufel in der Menschenseele &#x2013; gebe. Der Erzbischof von <hi rendition="#g">Canterbury</hi> unterstützte den Antrag mit Wärme. Die Minister Lord <hi rendition="#g">Melbourne</hi>, <hi rendition="#g">Normanby</hi> und <hi rendition="#g">Lansdowne</hi> hätten es zwar lieber gesehen, wenn die Sache ganz der Regierung überlassen worden wäre, die in einigen Fällen gegen die Veröffentlicher religions- und sittenwidriger Schriften der Art bereits gerichtliche Verfolgungen angeordnet habe, Lord <hi rendition="#g">Lansdowne</hi> erinnerte namentlich an das Schicksal des dem Socialismus verwandten Saint-Simonismus, der in Frankreich &#x2013; unter einem weit weniger ernsten, weit weniger vom Geiste des Christenthums durchdrungenen Volke &#x2013; schon nach wenigen Jahren an seiner eigenen Absurdität abgestorben sey; schlüßlich aber wurde die Motion ohne Abstimmung angenommen.</p><lb/>
          <p>In der <hi rendition="#g">Unterhaussitzung</hi> am 4 Febr. wurde die Naturalisationsbill für Prinz Albert zum drittenmal gelesen und angenommen. Lord J. <hi rendition="#g">Russell</hi> zeigte an, daß die Regierung im Laufe dieser Session eine Bill zur Reformirung der geistlichen Gerichtshöfe einbringen werde. Der <hi rendition="#g">Sprecher</hi> ward ermächtigt, einen Verhaftsbefehl gegen Stockdale's rückfälligen Advocaten, Hrn. Howard, zu erlassen, der bisher allen Vorladungen zum Wiedererscheinen an der Schranke des Hauses keine Folge geleistet. Hr. <hi rendition="#g">Slaney</hi> nahm nach längeren Debatten eine Motion zurück, welche die Anordnung einer allgemeinen Untersuchung hinsichtlich der Ursachen der unter den arbeitenden Classen herrschenden Unzufriedenheit zum Zweck hatte. Lord J. <hi rendition="#g">Russell</hi> widersetzte sich dem Antrag als zu weit und unbestimmt. Hr. Sergeant <hi rendition="#g">Talfourd</hi> ward ermächtigt, seine durch ungünstige Zufälligkeiten durch zwei Sessionen verzögerte Bill zur Verbesserung der Gesetze über litterarisches Eigenthum (copyright) wieder einzubringen. &#x2013; Im Anfange der <hi rendition="#g">Unterhaussitzung</hi> vom 5 Febr. machte Lord <hi rendition="#g">Morpeth</hi>, der Generalsecretär für Irland, die wichtige Anzeige, daß die Regierung die Absicht habe, eine Bill gegen den irischen Absentismus einzubringen (vermuthlich zu einer Extra-Besteuerung der irischen Grundherren, die ihre Einkünfte außer Landes verzehren, zu Gunsten des irischen Armen- und Schulwesens).</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>*</head>
          <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 4 Febr.</dateline>
          <p> Die Minister haben sich genöthigt gesehen, um nicht die auf nächsten Montag anberaumte Vermählungsfeier aufschieben zu müssen, die Clausel in dem Einbürgerungsgesetz des Prinzen Albert, wodurch ihm sein Rang gleich nach dem der Königin bestimmt werden sollte, zurückzunehmen. Lord Melbourne sagt, man werde ein anderesmal darauf zurückkommen; aber aus der Besorglichkeit, womit Brougham und einige Torycollegen des edlen Lords darauf hinwiesen, wie nöthig es sey, daß ein solcher schwankende Punkt ein- für allemal vom <hi rendition="#g">Parlament</hi> bestimmt werde, läßt sich abnehmen, daß die Partei inne geworden ist, sich verrechnet zu haben. Die Regierung scheint nämlich die Absicht zu haben, wie bei der Veranstaltung eines Erziehungsraths geschehen, das Parlament zu umgehen, und die Krone aus eigener Machtvollkommenheit (denn der Monarch ist ja selbst der Verfassung nach die Quelle aller Würden und in der Vertheilung derselben unbeschränkt) thun zu lassen, was sie aus Höflichkeit vom Parlament ververlangte, und eine Partei ihr versagte. Die Regierung würde nichts dabei wagen, so sehr auch die Tories über die Ausdehnung der königlichen Macht schreien würden. Denn die Liberalen würden darin nur eine Demüthigung einer Oligarchie erblicken, gegen die sie sich nur zu gern durch die Macht der Krone verstärken. Es ist überhaupt traurig, wie heutzutage die Parteien gegen die edlen Institute des Landes wüthen, und eines um das andere schwächen. Zwar haben die Ultratories und ihre Organe, von der öffentlichen Meinung beschämt, aufgehört, öffentlich gegen die Königin zu schimpfen, wie O'Connell und einige Radicale genöthigt wurden, die vor einigen Jahren angefangenen Umsturzversuche gegen das Oberhaus bald wieder fallen zu lassen. Aber derselbe Geist weht in dem Widerstande, den die Tories eben wieder gegen das unschuldige Verlangen einer jungen Fürstin, dem künftigen Gemahl, dem Mann ihrer Liebe, den ersten Platz an ihrem Throne anzuweisen, gezeigt haben, und würde aus dem Beifall aller Reformer hervorleuchten, den sie einem Gewaltstreich der Krone gegen den Adel zollen würden. So drängen sich nun auch hohe und niedrige Tories von allen Seiten herbei, um den gefangenen Sheriffs den Hof zu machen, und sie in ihrem Widerstand gegen das Unterhaus zu ermuntern; während in derselben Absicht Advocaten und Anwälte sich zu Hunderten herbeigedrängt haben, um Erklärungen zu unterschreiben, welche das innerste Wesen, ja die Existenz dieses allwichtigen Instituts zu zerstören drohen, und Mitglieder des Hauses selbst suchen durch allerlei Vorschläge und selbst Chicanen dasselbe verächtlich zu machen. Was man aber von der Einheit und Einigkeit dieser Partei denken müsse, erhellt offenbar daraus, daß sie als Willkür, Verhöhnung der Gesetze und der Rechtspflege, freche Gewaltthätigkeit brandmarken, was ihre Häupter, Peel, Stanley, Graham, Hardinge, Goulburn (Männer, welche allein Mitglieder eines Ministeriums von ihrer Partei werden könnten), als recht, billig, ja fürs gemeine Wohl nothwendig erklärt haben, und noch immer fort erklären. Noch gestern Abend wurde die Sache wieder vors Haus gebracht, indem es sich zeigte, daß Stockdale's Anwalt, Howard, der Vorladung des Hauses Hohn spricht, und doch von Tories in Schutz genommen ward; aber die meisterhafte Rede des neuen Generalfiscals (Wylde) mußte jeden Unbefangenen überzeugen, daß das Unterhaus im Recht ist, und die Tories aufs widersprechendste zu Werke gehen. So auch helfen viele von ihnen, nebst vielen ihrer Journale, den Chartisten in ihren Bemühungen die Minister zur <hi rendition="#g">gänzlichen</hi> Freigebung von Frost und Consorten zu nöthigen, sollte ein solches Verfahren auch noch so sehr zu neuen Aufstandsversuchen führen. Hätten sie doch dabei die Freude, sagen zu können,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0338/0002] Umfang erfüllt, für alle Möglichkeitsfälle, für all die verschiedenen Ereignisse, die während dieses Feldzugs eintreten konnten und wirklich eintraten, umsichtigere und angemessenere Vorkehrungen getroffen wurden.“ (Hört!) – Lord Brougham fragte, ob für den möglichen Fall – Gott wolle ihn verhüten! – daß die Königin mit Hinterlassung eines unmündigen Thronerben stürbe, eine legislative Maaßregel vorbereitet sey oder vorbereitet werden solle. Ministeriellerseits erfolgte keine Antwort. Hierauf brachte der Bischof von Exeter den Socialismus (s. Nro. 41 der Allg. Zeitung) abermals in großer Ausführlichkeit zur Sprache, und schloß mit der Motion, Ihre Maj. sey in einer Adresse um Erlassung eines Befehls zu bitten, daß wegen der beunruhigenden Zunahme gotteslästerlicher und revolutionärer Schriften, die besonders von der Secte der Socialisten ausfließen, strenge Untersuchungen eingeleitet und geeignete Maaßregeln zur Unterdrückung dieses Uebels ergriffen werden. Die Unterdrückung dieser Zeitungen und Flugschriften, meinte der Bischof, könne nicht schwer halten, die Regierung solle nur die zum Theil aus gestempelten Zeitungen bestehenden Schriften und die Pressen selbst mit Beschlag belegen lassen. Der Prälat las ein Schreiben des verstorbenen (sehr christlich gesinnten) Wilberforce, worin derselbe sich über Owens Charakter minder günstig ausspricht, als neulich Lord Brougham behauptete. Man müsse, so schloß der Prälat, das Volk lehren, daß ein Gott sey; außerdem würden die oberen Classen bald zu ihrem Schrecken erfahren, daß es einen Teufel – einen Teufel in der Menschenseele – gebe. Der Erzbischof von Canterbury unterstützte den Antrag mit Wärme. Die Minister Lord Melbourne, Normanby und Lansdowne hätten es zwar lieber gesehen, wenn die Sache ganz der Regierung überlassen worden wäre, die in einigen Fällen gegen die Veröffentlicher religions- und sittenwidriger Schriften der Art bereits gerichtliche Verfolgungen angeordnet habe, Lord Lansdowne erinnerte namentlich an das Schicksal des dem Socialismus verwandten Saint-Simonismus, der in Frankreich – unter einem weit weniger ernsten, weit weniger vom Geiste des Christenthums durchdrungenen Volke – schon nach wenigen Jahren an seiner eigenen Absurdität abgestorben sey; schlüßlich aber wurde die Motion ohne Abstimmung angenommen. In der Unterhaussitzung am 4 Febr. wurde die Naturalisationsbill für Prinz Albert zum drittenmal gelesen und angenommen. Lord J. Russell zeigte an, daß die Regierung im Laufe dieser Session eine Bill zur Reformirung der geistlichen Gerichtshöfe einbringen werde. Der Sprecher ward ermächtigt, einen Verhaftsbefehl gegen Stockdale's rückfälligen Advocaten, Hrn. Howard, zu erlassen, der bisher allen Vorladungen zum Wiedererscheinen an der Schranke des Hauses keine Folge geleistet. Hr. Slaney nahm nach längeren Debatten eine Motion zurück, welche die Anordnung einer allgemeinen Untersuchung hinsichtlich der Ursachen der unter den arbeitenden Classen herrschenden Unzufriedenheit zum Zweck hatte. Lord J. Russell widersetzte sich dem Antrag als zu weit und unbestimmt. Hr. Sergeant Talfourd ward ermächtigt, seine durch ungünstige Zufälligkeiten durch zwei Sessionen verzögerte Bill zur Verbesserung der Gesetze über litterarisches Eigenthum (copyright) wieder einzubringen. – Im Anfange der Unterhaussitzung vom 5 Febr. machte Lord Morpeth, der Generalsecretär für Irland, die wichtige Anzeige, daß die Regierung die Absicht habe, eine Bill gegen den irischen Absentismus einzubringen (vermuthlich zu einer Extra-Besteuerung der irischen Grundherren, die ihre Einkünfte außer Landes verzehren, zu Gunsten des irischen Armen- und Schulwesens). * London, 4 Febr. Die Minister haben sich genöthigt gesehen, um nicht die auf nächsten Montag anberaumte Vermählungsfeier aufschieben zu müssen, die Clausel in dem Einbürgerungsgesetz des Prinzen Albert, wodurch ihm sein Rang gleich nach dem der Königin bestimmt werden sollte, zurückzunehmen. Lord Melbourne sagt, man werde ein anderesmal darauf zurückkommen; aber aus der Besorglichkeit, womit Brougham und einige Torycollegen des edlen Lords darauf hinwiesen, wie nöthig es sey, daß ein solcher schwankende Punkt ein- für allemal vom Parlament bestimmt werde, läßt sich abnehmen, daß die Partei inne geworden ist, sich verrechnet zu haben. Die Regierung scheint nämlich die Absicht zu haben, wie bei der Veranstaltung eines Erziehungsraths geschehen, das Parlament zu umgehen, und die Krone aus eigener Machtvollkommenheit (denn der Monarch ist ja selbst der Verfassung nach die Quelle aller Würden und in der Vertheilung derselben unbeschränkt) thun zu lassen, was sie aus Höflichkeit vom Parlament ververlangte, und eine Partei ihr versagte. Die Regierung würde nichts dabei wagen, so sehr auch die Tories über die Ausdehnung der königlichen Macht schreien würden. Denn die Liberalen würden darin nur eine Demüthigung einer Oligarchie erblicken, gegen die sie sich nur zu gern durch die Macht der Krone verstärken. Es ist überhaupt traurig, wie heutzutage die Parteien gegen die edlen Institute des Landes wüthen, und eines um das andere schwächen. Zwar haben die Ultratories und ihre Organe, von der öffentlichen Meinung beschämt, aufgehört, öffentlich gegen die Königin zu schimpfen, wie O'Connell und einige Radicale genöthigt wurden, die vor einigen Jahren angefangenen Umsturzversuche gegen das Oberhaus bald wieder fallen zu lassen. Aber derselbe Geist weht in dem Widerstande, den die Tories eben wieder gegen das unschuldige Verlangen einer jungen Fürstin, dem künftigen Gemahl, dem Mann ihrer Liebe, den ersten Platz an ihrem Throne anzuweisen, gezeigt haben, und würde aus dem Beifall aller Reformer hervorleuchten, den sie einem Gewaltstreich der Krone gegen den Adel zollen würden. So drängen sich nun auch hohe und niedrige Tories von allen Seiten herbei, um den gefangenen Sheriffs den Hof zu machen, und sie in ihrem Widerstand gegen das Unterhaus zu ermuntern; während in derselben Absicht Advocaten und Anwälte sich zu Hunderten herbeigedrängt haben, um Erklärungen zu unterschreiben, welche das innerste Wesen, ja die Existenz dieses allwichtigen Instituts zu zerstören drohen, und Mitglieder des Hauses selbst suchen durch allerlei Vorschläge und selbst Chicanen dasselbe verächtlich zu machen. Was man aber von der Einheit und Einigkeit dieser Partei denken müsse, erhellt offenbar daraus, daß sie als Willkür, Verhöhnung der Gesetze und der Rechtspflege, freche Gewaltthätigkeit brandmarken, was ihre Häupter, Peel, Stanley, Graham, Hardinge, Goulburn (Männer, welche allein Mitglieder eines Ministeriums von ihrer Partei werden könnten), als recht, billig, ja fürs gemeine Wohl nothwendig erklärt haben, und noch immer fort erklären. Noch gestern Abend wurde die Sache wieder vors Haus gebracht, indem es sich zeigte, daß Stockdale's Anwalt, Howard, der Vorladung des Hauses Hohn spricht, und doch von Tories in Schutz genommen ward; aber die meisterhafte Rede des neuen Generalfiscals (Wylde) mußte jeden Unbefangenen überzeugen, daß das Unterhaus im Recht ist, und die Tories aufs widersprechendste zu Werke gehen. So auch helfen viele von ihnen, nebst vielen ihrer Journale, den Chartisten in ihren Bemühungen die Minister zur gänzlichen Freigebung von Frost und Consorten zu nöthigen, sollte ein solches Verfahren auch noch so sehr zu neuen Aufstandsversuchen führen. Hätten sie doch dabei die Freude, sagen zu können,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_043_18400212
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_043_18400212/2
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 43. Augsburg, 12. Februar 1840, S. 0338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_043_18400212/2>, abgerufen am 23.11.2024.