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Allgemeine Zeitung. Nr. 34. Augsburg, 3. Februar 1840.

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Johann Friedrich Blumenbach.

Johann Friedrich Blumenbach, der Nestor der deutschen Naturforscher, der Zeitgenosse Haller's, Linne's und Buffon's, der Lehrer Alexander v. Humboldt's und so vieler bedeutenden Männer der Gegenwart und jüngsten Vergangenheit, er, der während zweier Menschenalter den Lehrstuhl der Physiologie und Naturgeschichte in Göttingen eingenommen, starb daselbst am 22 Jan. d. J. Welche reiche und merkwürdige Zeit ging an dem Manne vorüber, seit er vor 65 Jahren den Doctorhut auf derselben Hochschule erwarb, deren Freud' und Leid er in dieser langen Periode getheilt hat!

Blumenbach ist geboren zu Gotha am 11 Mai 1752. Er studirte in Jena und Göttingen und zeichnete sich schon während seiner Studienjahre als aufmerksamer Beobachter aus; noch ehe er absolvirt hatte, schrieb er einige Beobachtungen über Anatomie und Lebensweise der Thiere. Die Naturgeschichte des Menschen, in welcher Blumenbach so viel geleistet hat, war frühzeitig sein Lieblingsstudium. Seine Dissertation: de generis humani varietate nativa. Goett. 1775, erregte schon in ihrer ersten Gestalt großes Aufsehen. "Ab hoc Cl. viro - sagt Haller 1777 bei der Anzeige seiner Schrift in der Bibliotheca anatomica - plurima utilia licet exspectare." Diese einfache Inauguralabhandlung erlebte das seltene Schicksal einer dreimaligen Auflage; die letzte erschien 1795 mit zahlreichen Erweiterungen und Zusätzen. Schon im J. 1776 erhielt Blumenbach eine außerordentliche Professur und die Aufsicht über das Naturaliencabinet; 1778 ward er ordentlicher Professor in der medicinischen Facultät. Seit dieser Zeit las er unausgesetzt, bis wenige Jahre vor seinem Tode, über die verschiedensten Fächer, über allgemeine Naturgeschichte, Zoologie, Anthropologie, vergleichende Anatomie, Physiologie, Geschichte der Medicin. Er war viele Jahre eines der thätigsten Mitglieder der Akademie der Wissenschaften und hielt darin anziehende Vorträge, besonders über natürliche Gegenstände, welche ihm Schüler aus allen Theilen der Erde zusendeten. Seiner ersten Neigung treu, suchte er vorzüglich eine große Sammlung von Objecten zusammenzubringen, welche die physische Geschichte des Menschengeschlechts aufklären konnten. Seine Sammlung der Schädel von den verschiedensten Racen und Nationen hat einen europäischen Ruf; sie bildete die Grundlage seiner berühmten Decades collectionis craniorum diversarum gentium Goett. 1790-1820, worin er die merkwürdigsten Formen abbildete. Blumenbach wußte für diese Sammlung seinen Zuhörern das lebhafteste Interesse einzuflößen; unter ihnen war auch König Ludwig von Bayern, dem Blumenbach den schönsten Schädel seiner Sammlung, den eines alten Griechen, von wunderbarem Ebenmaaß der Form, verdankt. Im Besitze dieser Hülfsmittel und unterstützt von den Schätzen der Göttinger Bibliothek an Reisebeschreibungen alter und neuer Zeit, so wie durch die reichen Sammlungen von Banks, dem Begleiter Cook's, den er in London besuchte, stellte Blumenbach seine Lehre von den Hauptracen des Menschengeschlechts auf, welche seinen Namen der Nachwelt für alle Zeiten erhalten wird.

Blumenbach war der erste, der in Deutschland die Naturgeschichte, welche die Humanisten als ein Kinderspielwerk bisher mit Verachtung betrachtet hatten, zu Ehren brachte und durch viele Gelegenheitsschriften ihren Zusammenhang mit Kunst und Wissenschaft, mit Welt- und Menschengeschichte, nachwies. Sein Handbuch der Naturgeschichte erlebte 12 Auflagen und wurde, wie seine Institutiones physiologicae und sein Handbuch der vergleichenden Anatomie, fast in alle europäischen Sprachen übersetzt. Die vergleichende Anatomie hat er als Lehrfach begründet; noch lange vor Cuvier, seit 1785, trug er dieselbe als eigene Disciplin in einem vollständigen Cursus vor, nachdem er schon seit 1777 über einzelne Theile derselben gelesen hatte. Wie frühe er den Werth dieser Wissenschaft erkannte, wie hoch er sie schätzte, geht aus seinen Aeußerungen in der Vorrede zu seinem Handbuche hervor. "Seit ich aus Neigung und Beruf den größten Theil meiner reiferen Studien und meiner besten Zeit der Grundfeste der Arzneiwissenschaft, wie Zimmermann die Physiologie nennt, und der prima materia philosophiae, wie die Naturgeschichte bei Baco von Verulam heißt, gewidmet habe, bin ich sehr bald und täglich mehr überzeugt worden, wie wahr es ist, wenn Haller sagt: die Physiologie habe von der vergleichenden Anatomie mehr Licht erhalten, als selbst von der Zergliederung menschlicher Leichen, und wenn Leibnitz eben jene anatome comparata für die lebendige Seele der ganzen Naturgeschichte der Thiere erklärt, und wenn ich glauben darf in jenen beiden Feldern nicht ohne Nutzen gearbeitet zu haben, so verdanke ich das größtentheils der Beihülfe, die mir die vergleichende Anatomie dazu gewährt hat." Diese Schriften beurkunden alle das ungemeine Geschick, welches Blumenbach in der Abfassung von Lehrbüchern hatte. Sein eigenthümliches Verdienst bestand hier, wie in seinen Vorlesungen, weniger in der oft mangelhaften systematischen Form, als in der eigenthümlichen Gabe, durch eingestreute interessante Einzelheiten, oft witzige Bemerkungen, den, mit dem ihm eigenen Humor vorgetragen, Leser und Zuhörer in steter Erregung und Aufmerksamkeit zu erhalten.

Einen so großen Kreis von Schülern dürfte kein anderer akademischer Lehrer der letzten Jahrhunderte gehabt haben. Hundert und zwanzig Semester sah Blumenbach seinen Hörsaal gefüllt und seit den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts bis in das dritte Decennium des jetzigen, während des Zeitraums der höchsten Frequenz und Blüthe Göttingens, vollendete nicht leicht ein akademischer Bürger daselbst seine Studien, ohne die eine oder andere Vorlesung Blumenbachs besucht zu haben. Noch spät, als das hereinbrechende Alter und die Fortschritte der Zeit die Vorlesungen des Mannes minder lehrreich machten, bewog manche die Pietät zum Besuch derselben. Als Blumenbach am 19 Sept. 1825 sein 50jähriges Doctorjubelfest feierte, wurde ihm eine Medaille überreicht, und seine Schüler und Verehrer hatten durch Sammlung freiwilliger Beiträge ein Capital gestiftet, aus dessen Zinsen junge Aerzte und Naturforscher Stipendien für wissenschaftliche Reisen erhalten sollen - ein schönes Denkmal, nützlich und fruchtbringend für kommende Geschlechter. Im kräftigsten Mannesalter 1787, feierte Blumenbach das 50jährige Stiftungsfest der Universität. Fünfzig Jahre später, an dem Feste, das noch in frischer Erinnerung ist, sah man den gebückten Greis, gestützt auf den Arm seines Sohnes, sich dem festlichen Zuge anschließen. Mitglied fast aller gelehrten Akademien Europa's, geehrt von den Großen und Gewaltigen der Erde, geschmückt mit Orden und Ehrenstellen, wirkte Blumenbach in Wort und Schrift eine lange Reihe von Jahren, gemeinsam mit den Männern, die seit Göttingens Stiftung den Ruf dieser Hochschule begründeten. Er erlebte die glücklichen Tage, wo keine Nebenbuhlerin ihr den Ruhm als erste universitas litterarum Europa's streitig

Johann Friedrich Blumenbach.

Johann Friedrich Blumenbach, der Nestor der deutschen Naturforscher, der Zeitgenosse Haller's, Linné's und Buffon's, der Lehrer Alexander v. Humboldt's und so vieler bedeutenden Männer der Gegenwart und jüngsten Vergangenheit, er, der während zweier Menschenalter den Lehrstuhl der Physiologie und Naturgeschichte in Göttingen eingenommen, starb daselbst am 22 Jan. d. J. Welche reiche und merkwürdige Zeit ging an dem Manne vorüber, seit er vor 65 Jahren den Doctorhut auf derselben Hochschule erwarb, deren Freud' und Leid er in dieser langen Periode getheilt hat!

Blumenbach ist geboren zu Gotha am 11 Mai 1752. Er studirte in Jena und Göttingen und zeichnete sich schon während seiner Studienjahre als aufmerksamer Beobachter aus; noch ehe er absolvirt hatte, schrieb er einige Beobachtungen über Anatomie und Lebensweise der Thiere. Die Naturgeschichte des Menschen, in welcher Blumenbach so viel geleistet hat, war frühzeitig sein Lieblingsstudium. Seine Dissertation: de generis humani varietate nativa. Goett. 1775, erregte schon in ihrer ersten Gestalt großes Aufsehen. „Ab hoc Cl. viro – sagt Haller 1777 bei der Anzeige seiner Schrift in der Bibliotheca anatomica – plurima utilia licet exspectare.“ Diese einfache Inauguralabhandlung erlebte das seltene Schicksal einer dreimaligen Auflage; die letzte erschien 1795 mit zahlreichen Erweiterungen und Zusätzen. Schon im J. 1776 erhielt Blumenbach eine außerordentliche Professur und die Aufsicht über das Naturaliencabinet; 1778 ward er ordentlicher Professor in der medicinischen Facultät. Seit dieser Zeit las er unausgesetzt, bis wenige Jahre vor seinem Tode, über die verschiedensten Fächer, über allgemeine Naturgeschichte, Zoologie, Anthropologie, vergleichende Anatomie, Physiologie, Geschichte der Medicin. Er war viele Jahre eines der thätigsten Mitglieder der Akademie der Wissenschaften und hielt darin anziehende Vorträge, besonders über natürliche Gegenstände, welche ihm Schüler aus allen Theilen der Erde zusendeten. Seiner ersten Neigung treu, suchte er vorzüglich eine große Sammlung von Objecten zusammenzubringen, welche die physische Geschichte des Menschengeschlechts aufklären konnten. Seine Sammlung der Schädel von den verschiedensten Racen und Nationen hat einen europäischen Ruf; sie bildete die Grundlage seiner berühmten Decades collectionis craniorum diversarum gentium Goett. 1790-1820, worin er die merkwürdigsten Formen abbildete. Blumenbach wußte für diese Sammlung seinen Zuhörern das lebhafteste Interesse einzuflößen; unter ihnen war auch König Ludwig von Bayern, dem Blumenbach den schönsten Schädel seiner Sammlung, den eines alten Griechen, von wunderbarem Ebenmaaß der Form, verdankt. Im Besitze dieser Hülfsmittel und unterstützt von den Schätzen der Göttinger Bibliothek an Reisebeschreibungen alter und neuer Zeit, so wie durch die reichen Sammlungen von Banks, dem Begleiter Cook's, den er in London besuchte, stellte Blumenbach seine Lehre von den Hauptracen des Menschengeschlechts auf, welche seinen Namen der Nachwelt für alle Zeiten erhalten wird.

Blumenbach war der erste, der in Deutschland die Naturgeschichte, welche die Humanisten als ein Kinderspielwerk bisher mit Verachtung betrachtet hatten, zu Ehren brachte und durch viele Gelegenheitsschriften ihren Zusammenhang mit Kunst und Wissenschaft, mit Welt- und Menschengeschichte, nachwies. Sein Handbuch der Naturgeschichte erlebte 12 Auflagen und wurde, wie seine Institutiones physiologicae und sein Handbuch der vergleichenden Anatomie, fast in alle europäischen Sprachen übersetzt. Die vergleichende Anatomie hat er als Lehrfach begründet; noch lange vor Cuvier, seit 1785, trug er dieselbe als eigene Disciplin in einem vollständigen Cursus vor, nachdem er schon seit 1777 über einzelne Theile derselben gelesen hatte. Wie frühe er den Werth dieser Wissenschaft erkannte, wie hoch er sie schätzte, geht aus seinen Aeußerungen in der Vorrede zu seinem Handbuche hervor. „Seit ich aus Neigung und Beruf den größten Theil meiner reiferen Studien und meiner besten Zeit der Grundfeste der Arzneiwissenschaft, wie Zimmermann die Physiologie nennt, und der prima materia philosophiae, wie die Naturgeschichte bei Baco von Verulam heißt, gewidmet habe, bin ich sehr bald und täglich mehr überzeugt worden, wie wahr es ist, wenn Haller sagt: die Physiologie habe von der vergleichenden Anatomie mehr Licht erhalten, als selbst von der Zergliederung menschlicher Leichen, und wenn Leibnitz eben jene anatome comparata für die lebendige Seele der ganzen Naturgeschichte der Thiere erklärt, und wenn ich glauben darf in jenen beiden Feldern nicht ohne Nutzen gearbeitet zu haben, so verdanke ich das größtentheils der Beihülfe, die mir die vergleichende Anatomie dazu gewährt hat.“ Diese Schriften beurkunden alle das ungemeine Geschick, welches Blumenbach in der Abfassung von Lehrbüchern hatte. Sein eigenthümliches Verdienst bestand hier, wie in seinen Vorlesungen, weniger in der oft mangelhaften systematischen Form, als in der eigenthümlichen Gabe, durch eingestreute interessante Einzelheiten, oft witzige Bemerkungen, den, mit dem ihm eigenen Humor vorgetragen, Leser und Zuhörer in steter Erregung und Aufmerksamkeit zu erhalten.

Einen so großen Kreis von Schülern dürfte kein anderer akademischer Lehrer der letzten Jahrhunderte gehabt haben. Hundert und zwanzig Semester sah Blumenbach seinen Hörsaal gefüllt und seit den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts bis in das dritte Decennium des jetzigen, während des Zeitraums der höchsten Frequenz und Blüthe Göttingens, vollendete nicht leicht ein akademischer Bürger daselbst seine Studien, ohne die eine oder andere Vorlesung Blumenbachs besucht zu haben. Noch spät, als das hereinbrechende Alter und die Fortschritte der Zeit die Vorlesungen des Mannes minder lehrreich machten, bewog manche die Pietät zum Besuch derselben. Als Blumenbach am 19 Sept. 1825 sein 50jähriges Doctorjubelfest feierte, wurde ihm eine Medaille überreicht, und seine Schüler und Verehrer hatten durch Sammlung freiwilliger Beiträge ein Capital gestiftet, aus dessen Zinsen junge Aerzte und Naturforscher Stipendien für wissenschaftliche Reisen erhalten sollen – ein schönes Denkmal, nützlich und fruchtbringend für kommende Geschlechter. Im kräftigsten Mannesalter 1787, feierte Blumenbach das 50jährige Stiftungsfest der Universität. Fünfzig Jahre später, an dem Feste, das noch in frischer Erinnerung ist, sah man den gebückten Greis, gestützt auf den Arm seines Sohnes, sich dem festlichen Zuge anschließen. Mitglied fast aller gelehrten Akademien Europa's, geehrt von den Großen und Gewaltigen der Erde, geschmückt mit Orden und Ehrenstellen, wirkte Blumenbach in Wort und Schrift eine lange Reihe von Jahren, gemeinsam mit den Männern, die seit Göttingens Stiftung den Ruf dieser Hochschule begründeten. Er erlebte die glücklichen Tage, wo keine Nebenbuhlerin ihr den Ruhm als erste universitas litterarum Europa's streitig

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[0265/0009] Johann Friedrich Blumenbach. Johann Friedrich Blumenbach, der Nestor der deutschen Naturforscher, der Zeitgenosse Haller's, Linné's und Buffon's, der Lehrer Alexander v. Humboldt's und so vieler bedeutenden Männer der Gegenwart und jüngsten Vergangenheit, er, der während zweier Menschenalter den Lehrstuhl der Physiologie und Naturgeschichte in Göttingen eingenommen, starb daselbst am 22 Jan. d. J. Welche reiche und merkwürdige Zeit ging an dem Manne vorüber, seit er vor 65 Jahren den Doctorhut auf derselben Hochschule erwarb, deren Freud' und Leid er in dieser langen Periode getheilt hat! Blumenbach ist geboren zu Gotha am 11 Mai 1752. Er studirte in Jena und Göttingen und zeichnete sich schon während seiner Studienjahre als aufmerksamer Beobachter aus; noch ehe er absolvirt hatte, schrieb er einige Beobachtungen über Anatomie und Lebensweise der Thiere. Die Naturgeschichte des Menschen, in welcher Blumenbach so viel geleistet hat, war frühzeitig sein Lieblingsstudium. Seine Dissertation: de generis humani varietate nativa. Goett. 1775, erregte schon in ihrer ersten Gestalt großes Aufsehen. „Ab hoc Cl. viro – sagt Haller 1777 bei der Anzeige seiner Schrift in der Bibliotheca anatomica – plurima utilia licet exspectare.“ Diese einfache Inauguralabhandlung erlebte das seltene Schicksal einer dreimaligen Auflage; die letzte erschien 1795 mit zahlreichen Erweiterungen und Zusätzen. Schon im J. 1776 erhielt Blumenbach eine außerordentliche Professur und die Aufsicht über das Naturaliencabinet; 1778 ward er ordentlicher Professor in der medicinischen Facultät. Seit dieser Zeit las er unausgesetzt, bis wenige Jahre vor seinem Tode, über die verschiedensten Fächer, über allgemeine Naturgeschichte, Zoologie, Anthropologie, vergleichende Anatomie, Physiologie, Geschichte der Medicin. Er war viele Jahre eines der thätigsten Mitglieder der Akademie der Wissenschaften und hielt darin anziehende Vorträge, besonders über natürliche Gegenstände, welche ihm Schüler aus allen Theilen der Erde zusendeten. Seiner ersten Neigung treu, suchte er vorzüglich eine große Sammlung von Objecten zusammenzubringen, welche die physische Geschichte des Menschengeschlechts aufklären konnten. Seine Sammlung der Schädel von den verschiedensten Racen und Nationen hat einen europäischen Ruf; sie bildete die Grundlage seiner berühmten Decades collectionis craniorum diversarum gentium Goett. 1790-1820, worin er die merkwürdigsten Formen abbildete. Blumenbach wußte für diese Sammlung seinen Zuhörern das lebhafteste Interesse einzuflößen; unter ihnen war auch König Ludwig von Bayern, dem Blumenbach den schönsten Schädel seiner Sammlung, den eines alten Griechen, von wunderbarem Ebenmaaß der Form, verdankt. Im Besitze dieser Hülfsmittel und unterstützt von den Schätzen der Göttinger Bibliothek an Reisebeschreibungen alter und neuer Zeit, so wie durch die reichen Sammlungen von Banks, dem Begleiter Cook's, den er in London besuchte, stellte Blumenbach seine Lehre von den Hauptracen des Menschengeschlechts auf, welche seinen Namen der Nachwelt für alle Zeiten erhalten wird. Blumenbach war der erste, der in Deutschland die Naturgeschichte, welche die Humanisten als ein Kinderspielwerk bisher mit Verachtung betrachtet hatten, zu Ehren brachte und durch viele Gelegenheitsschriften ihren Zusammenhang mit Kunst und Wissenschaft, mit Welt- und Menschengeschichte, nachwies. Sein Handbuch der Naturgeschichte erlebte 12 Auflagen und wurde, wie seine Institutiones physiologicae und sein Handbuch der vergleichenden Anatomie, fast in alle europäischen Sprachen übersetzt. Die vergleichende Anatomie hat er als Lehrfach begründet; noch lange vor Cuvier, seit 1785, trug er dieselbe als eigene Disciplin in einem vollständigen Cursus vor, nachdem er schon seit 1777 über einzelne Theile derselben gelesen hatte. Wie frühe er den Werth dieser Wissenschaft erkannte, wie hoch er sie schätzte, geht aus seinen Aeußerungen in der Vorrede zu seinem Handbuche hervor. „Seit ich aus Neigung und Beruf den größten Theil meiner reiferen Studien und meiner besten Zeit der Grundfeste der Arzneiwissenschaft, wie Zimmermann die Physiologie nennt, und der prima materia philosophiae, wie die Naturgeschichte bei Baco von Verulam heißt, gewidmet habe, bin ich sehr bald und täglich mehr überzeugt worden, wie wahr es ist, wenn Haller sagt: die Physiologie habe von der vergleichenden Anatomie mehr Licht erhalten, als selbst von der Zergliederung menschlicher Leichen, und wenn Leibnitz eben jene anatome comparata für die lebendige Seele der ganzen Naturgeschichte der Thiere erklärt, und wenn ich glauben darf in jenen beiden Feldern nicht ohne Nutzen gearbeitet zu haben, so verdanke ich das größtentheils der Beihülfe, die mir die vergleichende Anatomie dazu gewährt hat.“ Diese Schriften beurkunden alle das ungemeine Geschick, welches Blumenbach in der Abfassung von Lehrbüchern hatte. Sein eigenthümliches Verdienst bestand hier, wie in seinen Vorlesungen, weniger in der oft mangelhaften systematischen Form, als in der eigenthümlichen Gabe, durch eingestreute interessante Einzelheiten, oft witzige Bemerkungen, den, mit dem ihm eigenen Humor vorgetragen, Leser und Zuhörer in steter Erregung und Aufmerksamkeit zu erhalten. Einen so großen Kreis von Schülern dürfte kein anderer akademischer Lehrer der letzten Jahrhunderte gehabt haben. Hundert und zwanzig Semester sah Blumenbach seinen Hörsaal gefüllt und seit den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts bis in das dritte Decennium des jetzigen, während des Zeitraums der höchsten Frequenz und Blüthe Göttingens, vollendete nicht leicht ein akademischer Bürger daselbst seine Studien, ohne die eine oder andere Vorlesung Blumenbachs besucht zu haben. Noch spät, als das hereinbrechende Alter und die Fortschritte der Zeit die Vorlesungen des Mannes minder lehrreich machten, bewog manche die Pietät zum Besuch derselben. Als Blumenbach am 19 Sept. 1825 sein 50jähriges Doctorjubelfest feierte, wurde ihm eine Medaille überreicht, und seine Schüler und Verehrer hatten durch Sammlung freiwilliger Beiträge ein Capital gestiftet, aus dessen Zinsen junge Aerzte und Naturforscher Stipendien für wissenschaftliche Reisen erhalten sollen – ein schönes Denkmal, nützlich und fruchtbringend für kommende Geschlechter. Im kräftigsten Mannesalter 1787, feierte Blumenbach das 50jährige Stiftungsfest der Universität. Fünfzig Jahre später, an dem Feste, das noch in frischer Erinnerung ist, sah man den gebückten Greis, gestützt auf den Arm seines Sohnes, sich dem festlichen Zuge anschließen. Mitglied fast aller gelehrten Akademien Europa's, geehrt von den Großen und Gewaltigen der Erde, geschmückt mit Orden und Ehrenstellen, wirkte Blumenbach in Wort und Schrift eine lange Reihe von Jahren, gemeinsam mit den Männern, die seit Göttingens Stiftung den Ruf dieser Hochschule begründeten. Er erlebte die glücklichen Tage, wo keine Nebenbuhlerin ihr den Ruhm als erste universitas litterarum Europa's streitig

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 34. Augsburg, 3. Februar 1840, S. 0265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_034_18400203/9>, abgerufen am 23.11.2024.