Allgemeine Zeitung. Nr. 34. Augsburg, 3. Februar 1840.wurde, nicht die mindeste Lust in sich fühlt, der Freiheiten der gallicanischen Kirche theilhaftig zu werden. Und in den Mißhelligkeiten, die sich zwischen der preußischen Regierung und dem Papste ergeben haben, handelt es sich gerade um die Wesenheit jener Freiheit. Sollten Sie im Ernste glauben können, diese Geistlichkeit würde ihre gegenwärtigen reich dotirten Bischofssitze und Capitel den Wechselfällen eines Finanz-Systems aussetzen wollen, das lediglich von einer Deputirten-Kammer abhängt? Die Geistlichkeit weiß gar wohl, daß mit der französischen Herrschaft nicht allein die Abtheilungen in Departemente, sondern auch die alten Abgränzungen der bischöflichen Sprengel und ihrer Dotationen wieder aufleben würden. Die Bischöfe von Aachen und Trier haben mit ihren Capiteln und Seminarien in den Jahren 1812 und 1813 der Regierung nur 52,800 Francs jährlich gekostet, und die Departemente der Ruhr und der Saar legten aus eigenen Mitteln 19,475 Francs zu, um die armselige Besoldung ihrer Seelsorger zu erhöhen. Der König von Preußen hat die Besoldung der beiden genannten Sitze auf die Summe von 91,810 Thlrn. oder 344,287 1/2 Fr. festgesetzt. Die Geistlichkeit dieser Provinzen versteht gerade so gut zu rechnen, wie irgend jemand, und ihre politischen Sympathien können dem financiellen Interesse ihres Standes unmöglich ganz fremd bleiben.... "Sollte es nach diesem vergleichenden Blicke, den wir auf Rheinpreußen während der zwei letzten Epochen seines politischen Lebens geworfen, wohl noch möglich seyn, daß Sie auch nur an das geringste Ueberbleibsel von Anhänglichkeit seiner Bewohner an Frankreich und an ihren Wunsch, wieder unter dessen Herrschaft zu kommen, im Ernste glauben könnten? Sollte es möglich seyn, daß wir uns über unsere Nationalehre, über unsere geistigen und materiellen Interessen so sehr täuschten, um die Trennung von einer Nation zu wünschen, mit der wir die Erinnerungen so vieler Jahrhunderte gemein haben? Das Deutsche ist unsere Muttersprache, die deutsche Litteratur ist auch Preußens Litteratur, der Geist seiner Regierung und seiner Verwaltung ist ausschließlich deutsch; und wir sollten mit einem Herrscher brechen, unter welchem jeder Zweig der Nationalkraft in einem früher nicht gekannten Verhältnisse gedeihlich fortschritt? Seyen Sie überzeugt, mein Herr, daß alle diese Städte, deren Bevölkerung und Wohlstand durch die Abschaffung Ihres Centralisationssystems seit 1814 um das Doppelte sich erhöht hat, nicht die mindeste Lust bezeigen ihre provincielle Wichtigkeit gegen jenen Zustand untergeordneten Pflanzenlebens umzutauschen, auf welchen bei Ihnen alle Gemeinden eines großen Reiches beschränkt sind, gleich machtlosen Trabanten, die um die Sonne der Hauptstadt sich drehen, um, wenn es kömmt, Glanz und Leben von ihr zu erborgen. Ihre hochtönenden Phrasen, als da sind: "die große Nation, die Nation, welche der Aufklärung des Jahrhunderts voranleuchtet, die Nation, welche von allen übrigen Völkern um ihre Sprache, ihre Litteratur, ihre Gesetze, ihre Freiheit, ihren Reichthum beneidet wird" wissen wir gar wohl zu würdigen. Es ist uns sehr gut bekannt, daß die ungeheure Mehrzahl der Franzosen kaum lesen kann, daß der sittliche Zustand Ihrer Landsleute mit jedem Jahre sich verschlimmert, daß die Verbrechen an Zahl und Abscheulichkeit sich steigern, daß die krasseste Unwissenheit und der größte Aberglaube in den innern Cantonen Ihrer Departemente herrschen, und daß die geistige Erniedrigung der untersten Classen der Bewohner Ihrer großen Städte die niedrigste Stufe erreicht hat. Der Panama-Canal. Das Aftonblad vom 9 Jan. d. J. theilt den Brief eines sich in den Vereinigten Staaten aufhaltenden Schweden mit, der über den Panama-Canal nachstehende interessante Angaben enthält. "Die Regierung von Centralamerika hat ein Comite von Landmessern, mit dem ausgezeichnet geschickten John Bailey an der Spitze, organisirt, um Untersuchungen anzustellen und einen Bericht abzustatten, in wie weit ein Canal über die Landenge von Panama möglich sey. Nachdem sie ihre Arbeiten beendigt und das Land nivellirt hatte, stattete das Comite seinen Bericht ab, wovon Nachstehendes ein gedrängter Auszug ist: unter 11° nördl. Br., im Staate Nicaragua, geht ein Thal quer durch das Land, in welchem der See Nicaragua liegt, 128 Fuß hoch über dem stillen und 120 über dem atlantischen Ocean. Die Länge des Sees beträgt 120, die Breite 40 bis 60 engl. Meilen, seine Tiefe 40 bis 60 Faden. Er ist sonach schiffbar für die größten Fahrzeuge, und bildet durch seine Lage ein Reservoir, um den Canal auf beiden Seiten mit Wasser zu füllen. Der Fluß San Juan, der den Ausfluß des Sees in den mexicanischen Meerbusen bildet, ist 80 Meilen lang, sehr breit und schon jetzt für kleinere Fahrzeuge bis zu fünf Tonnen schiffbar. Er kann durch Dämme und Schleußen ohne viel Schwierigkeit für die größten Ostindienfahrer schiffbar gemacht werden, und hat an seiner Mündung in den mexicanischen Meerbusen einen vortrefflichen Hafen. Vom Nicaragua-See bis zum stillen Meer sind es zwar nur 9 Meilen, aber die Strecke, durch welche der Canal geführt werden muß, ist 28,365 Yards, und der größte Gebirgsrücken, den der Canal zu überschreiten hat, ist 615 Fuß über dem stillen Meer; er ist jedoch sehr schmal und das übrige Land flach. Der Canal kann auf 12 Mill. Piaster und das jährliche Einkommen nach der niedersten Berechnung auf 5 Millionen kommen. Die Vereinigten Staaten haben schon verschiedenemale gesucht, die Landesregierung zu vermögen, diese Unternehmung ihnen zu überlassen, aber vergebens. Obgleich sie dieß große Werk nicht selbst ausführen kann, will sie es doch auch keinen andern unternehmen lassen. Vor kurzem ist indeß ein neues Angebot von Seite der Vereinigten Staaten gemacht worden, das möglicherweise einen bessern Erfolg hat." Griechenland. Während man anfing, auf die Lage von Griechenland mit steigendem Vertrauen und der Ueberzeugung zu blicken, daß sie sich unter der andauernden und gewissenhaften Pflege des jungen Monarchen befestige, daß die schweren Wunden, welche dem Lande durch äußeres Mißgeschick und innere Zwietracht geschlagen waren, allmählich heilen würden, da nach übereinstimmenden Berichten der Wohlstand sich hebt und die Staatseinkünfte bereits zur Deckung der laufenden Bedürfnisse im Wesentlichen hinreichen, werden wir auf Einmal von neuem durch die Nachricht beunruhigt, daß die alte Partei der Uebelthäter an dem öffentlichen Wohle des Landes finstere Plane verfolgt und bis nahe zu einem Ausbruch geführt habe, welcher den Monarchen selbst und Alles, was an ihm hing, in den Sturz seiner Regierung zu reißen bestimmt war. Wie war es möglich, daß mitten unter allen Zeichen des wachsenden Wohlstandes, dem redlichen Bemühen eines verehrten Königs und der Wachsamkeit dieser guten und intelligenten Nation die Sache auf Einmal dahin gedeihen konnte? Oder ist, was jetzt geschieht, von langer Hand her vorbereitet, ist es nur wurde, nicht die mindeste Lust in sich fühlt, der Freiheiten der gallicanischen Kirche theilhaftig zu werden. Und in den Mißhelligkeiten, die sich zwischen der preußischen Regierung und dem Papste ergeben haben, handelt es sich gerade um die Wesenheit jener Freiheit. Sollten Sie im Ernste glauben können, diese Geistlichkeit würde ihre gegenwärtigen reich dotirten Bischofssitze und Capitel den Wechselfällen eines Finanz-Systems aussetzen wollen, das lediglich von einer Deputirten-Kammer abhängt? Die Geistlichkeit weiß gar wohl, daß mit der französischen Herrschaft nicht allein die Abtheilungen in Departemente, sondern auch die alten Abgränzungen der bischöflichen Sprengel und ihrer Dotationen wieder aufleben würden. Die Bischöfe von Aachen und Trier haben mit ihren Capiteln und Seminarien in den Jahren 1812 und 1813 der Regierung nur 52,800 Francs jährlich gekostet, und die Departemente der Ruhr und der Saar legten aus eigenen Mitteln 19,475 Francs zu, um die armselige Besoldung ihrer Seelsorger zu erhöhen. Der König von Preußen hat die Besoldung der beiden genannten Sitze auf die Summe von 91,810 Thlrn. oder 344,287 1/2 Fr. festgesetzt. Die Geistlichkeit dieser Provinzen versteht gerade so gut zu rechnen, wie irgend jemand, und ihre politischen Sympathien können dem financiellen Interesse ihres Standes unmöglich ganz fremd bleiben.... „Sollte es nach diesem vergleichenden Blicke, den wir auf Rheinpreußen während der zwei letzten Epochen seines politischen Lebens geworfen, wohl noch möglich seyn, daß Sie auch nur an das geringste Ueberbleibsel von Anhänglichkeit seiner Bewohner an Frankreich und an ihren Wunsch, wieder unter dessen Herrschaft zu kommen, im Ernste glauben könnten? Sollte es möglich seyn, daß wir uns über unsere Nationalehre, über unsere geistigen und materiellen Interessen so sehr täuschten, um die Trennung von einer Nation zu wünschen, mit der wir die Erinnerungen so vieler Jahrhunderte gemein haben? Das Deutsche ist unsere Muttersprache, die deutsche Litteratur ist auch Preußens Litteratur, der Geist seiner Regierung und seiner Verwaltung ist ausschließlich deutsch; und wir sollten mit einem Herrscher brechen, unter welchem jeder Zweig der Nationalkraft in einem früher nicht gekannten Verhältnisse gedeihlich fortschritt? Seyen Sie überzeugt, mein Herr, daß alle diese Städte, deren Bevölkerung und Wohlstand durch die Abschaffung Ihres Centralisationssystems seit 1814 um das Doppelte sich erhöht hat, nicht die mindeste Lust bezeigen ihre provincielle Wichtigkeit gegen jenen Zustand untergeordneten Pflanzenlebens umzutauschen, auf welchen bei Ihnen alle Gemeinden eines großen Reiches beschränkt sind, gleich machtlosen Trabanten, die um die Sonne der Hauptstadt sich drehen, um, wenn es kömmt, Glanz und Leben von ihr zu erborgen. Ihre hochtönenden Phrasen, als da sind: „die große Nation, die Nation, welche der Aufklärung des Jahrhunderts voranleuchtet, die Nation, welche von allen übrigen Völkern um ihre Sprache, ihre Litteratur, ihre Gesetze, ihre Freiheit, ihren Reichthum beneidet wird“ wissen wir gar wohl zu würdigen. Es ist uns sehr gut bekannt, daß die ungeheure Mehrzahl der Franzosen kaum lesen kann, daß der sittliche Zustand Ihrer Landsleute mit jedem Jahre sich verschlimmert, daß die Verbrechen an Zahl und Abscheulichkeit sich steigern, daß die krasseste Unwissenheit und der größte Aberglaube in den innern Cantonen Ihrer Departemente herrschen, und daß die geistige Erniedrigung der untersten Classen der Bewohner Ihrer großen Städte die niedrigste Stufe erreicht hat. Der Panama-Canal. Das Aftonblad vom 9 Jan. d. J. theilt den Brief eines sich in den Vereinigten Staaten aufhaltenden Schweden mit, der über den Panama-Canal nachstehende interessante Angaben enthält. „Die Regierung von Centralamerika hat ein Comité von Landmessern, mit dem ausgezeichnet geschickten John Bailey an der Spitze, organisirt, um Untersuchungen anzustellen und einen Bericht abzustatten, in wie weit ein Canal über die Landenge von Panama möglich sey. Nachdem sie ihre Arbeiten beendigt und das Land nivellirt hatte, stattete das Comité seinen Bericht ab, wovon Nachstehendes ein gedrängter Auszug ist: unter 11° nördl. Br., im Staate Nicaragua, geht ein Thal quer durch das Land, in welchem der See Nicaragua liegt, 128 Fuß hoch über dem stillen und 120 über dem atlantischen Ocean. Die Länge des Sees beträgt 120, die Breite 40 bis 60 engl. Meilen, seine Tiefe 40 bis 60 Faden. Er ist sonach schiffbar für die größten Fahrzeuge, und bildet durch seine Lage ein Reservoir, um den Canal auf beiden Seiten mit Wasser zu füllen. Der Fluß San Juan, der den Ausfluß des Sees in den mexicanischen Meerbusen bildet, ist 80 Meilen lang, sehr breit und schon jetzt für kleinere Fahrzeuge bis zu fünf Tonnen schiffbar. Er kann durch Dämme und Schleußen ohne viel Schwierigkeit für die größten Ostindienfahrer schiffbar gemacht werden, und hat an seiner Mündung in den mexicanischen Meerbusen einen vortrefflichen Hafen. Vom Nicaragua-See bis zum stillen Meer sind es zwar nur 9 Meilen, aber die Strecke, durch welche der Canal geführt werden muß, ist 28,365 Yards, und der größte Gebirgsrücken, den der Canal zu überschreiten hat, ist 615 Fuß über dem stillen Meer; er ist jedoch sehr schmal und das übrige Land flach. Der Canal kann auf 12 Mill. Piaster und das jährliche Einkommen nach der niedersten Berechnung auf 5 Millionen kommen. Die Vereinigten Staaten haben schon verschiedenemale gesucht, die Landesregierung zu vermögen, diese Unternehmung ihnen zu überlassen, aber vergebens. Obgleich sie dieß große Werk nicht selbst ausführen kann, will sie es doch auch keinen andern unternehmen lassen. Vor kurzem ist indeß ein neues Angebot von Seite der Vereinigten Staaten gemacht worden, das möglicherweise einen bessern Erfolg hat.“ Griechenland. Während man anfing, auf die Lage von Griechenland mit steigendem Vertrauen und der Ueberzeugung zu blicken, daß sie sich unter der andauernden und gewissenhaften Pflege des jungen Monarchen befestige, daß die schweren Wunden, welche dem Lande durch äußeres Mißgeschick und innere Zwietracht geschlagen waren, allmählich heilen würden, da nach übereinstimmenden Berichten der Wohlstand sich hebt und die Staatseinkünfte bereits zur Deckung der laufenden Bedürfnisse im Wesentlichen hinreichen, werden wir auf Einmal von neuem durch die Nachricht beunruhigt, daß die alte Partei der Uebelthäter an dem öffentlichen Wohle des Landes finstere Plane verfolgt und bis nahe zu einem Ausbruch geführt habe, welcher den Monarchen selbst und Alles, was an ihm hing, in den Sturz seiner Regierung zu reißen bestimmt war. 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Die Geistlichkeit weiß gar wohl, daß mit der französischen Herrschaft nicht allein die Abtheilungen in Departemente, sondern auch die alten Abgränzungen der bischöflichen Sprengel und ihrer Dotationen wieder aufleben würden. Die Bischöfe von Aachen und Trier haben mit ihren Capiteln und Seminarien in den Jahren 1812 und 1813 der Regierung nur 52,800 Francs jährlich gekostet, und die Departemente der Ruhr und der Saar legten aus eigenen Mitteln 19,475 Francs zu, um die armselige Besoldung ihrer Seelsorger zu erhöhen. Der König von Preußen hat die Besoldung der beiden genannten Sitze auf die Summe von 91,810 Thlrn. oder 344,287 1/2 Fr. festgesetzt. 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Das Deutsche ist unsere Muttersprache, die deutsche Litteratur ist auch Preußens Litteratur, der Geist seiner Regierung und seiner Verwaltung ist ausschließlich deutsch; und wir sollten mit einem Herrscher brechen, unter welchem jeder Zweig der Nationalkraft in einem früher nicht gekannten Verhältnisse gedeihlich fortschritt? Seyen Sie überzeugt, mein Herr, daß alle diese Städte, deren Bevölkerung und Wohlstand durch die Abschaffung Ihres Centralisationssystems seit 1814 um das Doppelte sich erhöht hat, nicht die mindeste Lust bezeigen ihre provincielle Wichtigkeit gegen jenen Zustand untergeordneten Pflanzenlebens umzutauschen, auf welchen bei Ihnen alle Gemeinden eines großen Reiches beschränkt sind, gleich machtlosen Trabanten, die um die Sonne der Hauptstadt sich drehen, um, wenn es kömmt, Glanz und Leben von ihr zu erborgen. 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Er ist sonach schiffbar für die größten Fahrzeuge, und bildet durch seine Lage ein Reservoir, um den Canal auf beiden Seiten mit Wasser zu füllen. Der Fluß San Juan, der den Ausfluß des Sees in den mexicanischen Meerbusen bildet, ist 80 Meilen lang, sehr breit und schon jetzt für kleinere Fahrzeuge bis zu fünf Tonnen schiffbar. Er kann durch Dämme und Schleußen ohne viel Schwierigkeit für die größten Ostindienfahrer schiffbar gemacht werden, und hat an seiner Mündung in den mexicanischen Meerbusen einen vortrefflichen Hafen. Vom Nicaragua-See bis zum stillen Meer sind es zwar nur 9 Meilen, aber die Strecke, durch welche der Canal geführt werden muß, ist 28,365 Yards, und der größte Gebirgsrücken, den der Canal zu überschreiten hat, ist 615 Fuß über dem stillen Meer; er ist jedoch sehr schmal und das übrige Land flach. Der Canal kann auf 12 Mill. Piaster und das jährliche Einkommen nach der niedersten Berechnung auf 5 Millionen kommen. Die Vereinigten Staaten haben schon verschiedenemale gesucht, die Landesregierung zu vermögen, diese Unternehmung ihnen zu überlassen, aber vergebens. Obgleich sie dieß große Werk nicht selbst ausführen kann, will sie es doch auch keinen andern unternehmen lassen. 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Wie war es möglich, daß mitten unter allen Zeichen des wachsenden Wohlstandes, dem redlichen Bemühen eines verehrten Königs und der Wachsamkeit dieser guten und intelligenten Nation die Sache auf Einmal dahin gedeihen konnte? Oder ist, was jetzt geschieht, von langer Hand her vorbereitet, ist es nur<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0267/0011]
wurde, nicht die mindeste Lust in sich fühlt, der Freiheiten der gallicanischen Kirche theilhaftig zu werden. Und in den Mißhelligkeiten, die sich zwischen der preußischen Regierung und dem Papste ergeben haben, handelt es sich gerade um die Wesenheit jener Freiheit. Sollten Sie im Ernste glauben können, diese Geistlichkeit würde ihre gegenwärtigen reich dotirten Bischofssitze und Capitel den Wechselfällen eines Finanz-Systems aussetzen wollen, das lediglich von einer Deputirten-Kammer abhängt? Die Geistlichkeit weiß gar wohl, daß mit der französischen Herrschaft nicht allein die Abtheilungen in Departemente, sondern auch die alten Abgränzungen der bischöflichen Sprengel und ihrer Dotationen wieder aufleben würden. Die Bischöfe von Aachen und Trier haben mit ihren Capiteln und Seminarien in den Jahren 1812 und 1813 der Regierung nur 52,800 Francs jährlich gekostet, und die Departemente der Ruhr und der Saar legten aus eigenen Mitteln 19,475 Francs zu, um die armselige Besoldung ihrer Seelsorger zu erhöhen. Der König von Preußen hat die Besoldung der beiden genannten Sitze auf die Summe von 91,810 Thlrn. oder 344,287 1/2 Fr. festgesetzt. Die Geistlichkeit dieser Provinzen versteht gerade so gut zu rechnen, wie irgend jemand, und ihre politischen Sympathien können dem financiellen Interesse ihres Standes unmöglich ganz fremd bleiben....
„Sollte es nach diesem vergleichenden Blicke, den wir auf Rheinpreußen während der zwei letzten Epochen seines politischen Lebens geworfen, wohl noch möglich seyn, daß Sie auch nur an das geringste Ueberbleibsel von Anhänglichkeit seiner Bewohner an Frankreich und an ihren Wunsch, wieder unter dessen Herrschaft zu kommen, im Ernste glauben könnten? Sollte es möglich seyn, daß wir uns über unsere Nationalehre, über unsere geistigen und materiellen Interessen so sehr täuschten, um die Trennung von einer Nation zu wünschen, mit der wir die Erinnerungen so vieler Jahrhunderte gemein haben? Das Deutsche ist unsere Muttersprache, die deutsche Litteratur ist auch Preußens Litteratur, der Geist seiner Regierung und seiner Verwaltung ist ausschließlich deutsch; und wir sollten mit einem Herrscher brechen, unter welchem jeder Zweig der Nationalkraft in einem früher nicht gekannten Verhältnisse gedeihlich fortschritt? Seyen Sie überzeugt, mein Herr, daß alle diese Städte, deren Bevölkerung und Wohlstand durch die Abschaffung Ihres Centralisationssystems seit 1814 um das Doppelte sich erhöht hat, nicht die mindeste Lust bezeigen ihre provincielle Wichtigkeit gegen jenen Zustand untergeordneten Pflanzenlebens umzutauschen, auf welchen bei Ihnen alle Gemeinden eines großen Reiches beschränkt sind, gleich machtlosen Trabanten, die um die Sonne der Hauptstadt sich drehen, um, wenn es kömmt, Glanz und Leben von ihr zu erborgen. Ihre hochtönenden Phrasen, als da sind: „die große Nation, die Nation, welche der Aufklärung des Jahrhunderts voranleuchtet, die Nation, welche von allen übrigen Völkern um ihre Sprache, ihre Litteratur, ihre Gesetze, ihre Freiheit, ihren Reichthum beneidet wird“ wissen wir gar wohl zu würdigen. Es ist uns sehr gut bekannt, daß die ungeheure Mehrzahl der Franzosen kaum lesen kann, daß der sittliche Zustand Ihrer Landsleute mit jedem Jahre sich verschlimmert, daß die Verbrechen an Zahl und Abscheulichkeit sich steigern, daß die krasseste Unwissenheit und der größte Aberglaube in den innern Cantonen Ihrer Departemente herrschen, und daß die geistige Erniedrigung der untersten Classen der Bewohner Ihrer großen Städte die niedrigste Stufe erreicht hat.
Der Panama-Canal.
Das Aftonblad vom 9 Jan. d. J. theilt den Brief eines sich in den Vereinigten Staaten aufhaltenden Schweden mit, der über den Panama-Canal nachstehende interessante Angaben enthält.
„Die Regierung von Centralamerika hat ein Comité von Landmessern, mit dem ausgezeichnet geschickten John Bailey an der Spitze, organisirt, um Untersuchungen anzustellen und einen Bericht abzustatten, in wie weit ein Canal über die Landenge von Panama möglich sey. Nachdem sie ihre Arbeiten beendigt und das Land nivellirt hatte, stattete das Comité seinen Bericht ab, wovon Nachstehendes ein gedrängter Auszug ist: unter 11° nördl. Br., im Staate Nicaragua, geht ein Thal quer durch das Land, in welchem der See Nicaragua liegt, 128 Fuß hoch über dem stillen und 120 über dem atlantischen Ocean. Die Länge des Sees beträgt 120, die Breite 40 bis 60 engl. Meilen, seine Tiefe 40 bis 60 Faden. Er ist sonach schiffbar für die größten Fahrzeuge, und bildet durch seine Lage ein Reservoir, um den Canal auf beiden Seiten mit Wasser zu füllen. Der Fluß San Juan, der den Ausfluß des Sees in den mexicanischen Meerbusen bildet, ist 80 Meilen lang, sehr breit und schon jetzt für kleinere Fahrzeuge bis zu fünf Tonnen schiffbar. Er kann durch Dämme und Schleußen ohne viel Schwierigkeit für die größten Ostindienfahrer schiffbar gemacht werden, und hat an seiner Mündung in den mexicanischen Meerbusen einen vortrefflichen Hafen. Vom Nicaragua-See bis zum stillen Meer sind es zwar nur 9 Meilen, aber die Strecke, durch welche der Canal geführt werden muß, ist 28,365 Yards, und der größte Gebirgsrücken, den der Canal zu überschreiten hat, ist 615 Fuß über dem stillen Meer; er ist jedoch sehr schmal und das übrige Land flach. Der Canal kann auf 12 Mill. Piaster und das jährliche Einkommen nach der niedersten Berechnung auf 5 Millionen kommen. Die Vereinigten Staaten haben schon verschiedenemale gesucht, die Landesregierung zu vermögen, diese Unternehmung ihnen zu überlassen, aber vergebens. Obgleich sie dieß große Werk nicht selbst ausführen kann, will sie es doch auch keinen andern unternehmen lassen. Vor kurzem ist indeß ein neues Angebot von Seite der Vereinigten Staaten gemacht worden, das möglicherweise einen bessern Erfolg hat.“
Griechenland.
Während man anfing, auf die Lage von Griechenland mit steigendem Vertrauen und der Ueberzeugung zu blicken, daß sie sich unter der andauernden und gewissenhaften Pflege des jungen Monarchen befestige, daß die schweren Wunden, welche dem Lande durch äußeres Mißgeschick und innere Zwietracht geschlagen waren, allmählich heilen würden, da nach übereinstimmenden Berichten der Wohlstand sich hebt und die Staatseinkünfte bereits zur Deckung der laufenden Bedürfnisse im Wesentlichen hinreichen, werden wir auf Einmal von neuem durch die Nachricht beunruhigt, daß die alte Partei der Uebelthäter an dem öffentlichen Wohle des Landes finstere Plane verfolgt und bis nahe zu einem Ausbruch geführt habe, welcher den Monarchen selbst und Alles, was an ihm hing, in den Sturz seiner Regierung zu reißen bestimmt war. Wie war es möglich, daß mitten unter allen Zeichen des wachsenden Wohlstandes, dem redlichen Bemühen eines verehrten Königs und der Wachsamkeit dieser guten und intelligenten Nation die Sache auf Einmal dahin gedeihen konnte? Oder ist, was jetzt geschieht, von langer Hand her vorbereitet, ist es nur
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