Allgemeine Zeitung. Nr. 31. Augsburg, 1. Februar 1840.
Die städtischen Behörden der Londoner City sind entschlossen, sich ihrer beiden in "durance vile" befindlichen Sheriffs mit Ernst gegen das Haus der Gemeinen anzunehmen, indem sie sich und das Ansehen der City als durch die Procedur des Unterhauses mit beleidigt betrachten. Am 23 hielten das Rathsherren-Collegium (Court of Aldermen) und der Gemeinderath (Court of Common Council), ersteres unter dem Vorsitze des Lordmayor, zwei lange und leidenschaftlich erregte Versammlungen, in welchen den beiden Sheriffs eine warme Danksagung für ihr "männliches und edles Benehmen" votirt, die tiefste Sympathie mit ihrem Schicksal ausgesprochen, und zwei Ausschüsse ernannt wurden, welche für die Dauer ihrer Haft tägliche Sitzung halten sollen, um auf deren Befreiung hinzuwirken. Zugleich ward eine energische Petition zu Gunsten derselben an das Unterhaus beschlossen. Nur einige wenige Mitglieder wagten leise Einreden; so bemerkte Hr. Stevens: "Ich fühle für die Sheriffs; doch werden sie für das Mißgeschick, das sie jetzt erleiden, durch die Gewißheit belohnt, daß ihre Namen ehrenvoll auf die Nachwelt übergehen werden. (Gelächter.) Ich sehe in dem Hause der Gemeinen nicht bloß eine Versammlung von Gentlemen, sondern die Repräsentanten des englischen Volks, woraus nothwendig folgt, daß sie Privilegien besitzen, und auf deren Wahrung auch sorgfältig bedacht seyn müssen." Solche Stimmen wurden aber übertäubt, und die gegentheiligen Beschlüsse mit Zuruf angenommen. - Es ist bemerkenswerth, daß, mit Ausnahme der zum Ministerium gehörigen Gesetzesbeamten, wie der Attorney-General, dann O'Connells und einiger andern, fast sämmtliche im Unterhause sitzende Juristen, gleichviel ob Whigs oder Tories, ihr parlamentarisches Selbstgefühl von ihrem Facultätsbewußtseyn überwiegen lassen; so erklärte sich namentlich der nicht minder als Sachwalter, wie als belletristischer Schriftsteller berühmte Sergeant Talfourd in der Sitzung vom 22 entschieden für die Queensbench. "Die Frage, sagte er, ist, sollen die Richtersprüche unserer ehrwürdigen Landestribunale zurücktreten vor den Meinungen einer in ihrer Zusammensetzung unstät ab und zu fluthenden Versammlung wie dieses Haus, auf das politische Parteigesinnungen so mächtigen Einfluß üben, und das eben jetzt zwischen den beiden großen Parteien des Landes sich nahebei die Wage hält. Soll die Majestät des Rechts auch fortan als heilig gelten? oder soll von einer schwankenden Körperschaft von Volksabgeordneten künftighin die Ausübung der Rechtspflege übernommen werden? Wenn die Sentenz der Queensbench eine unrichtige war, warum macht das Haus nicht mit einem writ of error (d. h. einer Weisung wegen eines Verstoßes im gerichtlichen Verfahren) die Sache vor dem Schatzkammergericht (Court of Exchequer) anhängig und holt dessen Bescheid darüber ein?" Sir R. Peel antwortete, er ehre Richter und Gerichtshöfe so sehr wie irgend Einer, aber das Parlament habe seine Gerechtsame zu wahren, wie andere öffentliche Behörden, und mehr geschehe nicht. Die ganze für England hochwichtige Frage - denn Justiz und Legislatur stehen sich nachgerade als Parteien gegenüber - ist übrigens so sehr mit den Mikrologien des verwickelten englischen Gesetzes- und Gerichtswesens umbaut und durch den schwerfälligen englischen Curialstyl so verdunkelt, daß, wie ein Journal bemerkt, die große nicht rechtsgelehrte Mehrzahl des englischen Publicums selbst der Discussion nicht mit klarem Verständniß durch alle ihre Details zu folgen vermag. Mit den Kriegsrüstungen gegen China wird es Ernst. Mehrere Schiffe sind beordert zu Admiral Maitlands Geschwader zu stoßen, und am 23 Jan. ging eine Abtheilung Artillerie von Woolwich ab, um sich an Bord der ebendahin bestimmten Fregatte Blonde einzuschiffen. Frankreich. Paris, 27 Jan. Ein Bericht des Marschalls Valee an den Kriegsminister meldet, daß Abd-El-Kader sich zu Tekedemt befinde, wo er mit Kriegsrüstungen beschäftigt sey. Der Khalifa von Miliana steht mit den Trümmern seines Heeres am Fuße des südlichen Abhangs des Atlasgebirgs. Die Metidscha ist vom Feind gänzlich gesäubert. Die Kabylenstämme scheinen des Krieges satt und warten nur auf eine günstige Gelegenheit, um ihre Handelsverbindungen mit Algier wieder anzuknüpfen. Es regnet fortwährend, und der Marschall sagt, er könne für den Augenblick an keine ernste Operation denken. Die Akademie der moralischen und politischen Wissenschaften hat am 25 Jan. an die Stelle des verewigten Herzogs von Bassano für die Section der Gesetzgebung und des Staatsrechts mit 13 Stimmen unter 25 Votanten Hrn. Berryat St. Prix, Professor der Rechtsfacultät zu Paris, zu ihrem Mitglied gewählt. Der Messager will wissen, daß General Sebastiani, französischer Botschafter in London, von diesem Posten abberufen sey. Die Revue de Paris, die fortwährend für ein Hoforgan gilt, obgleich sie immer feindlicher gegen das Ministerium auftritt, sagt: "Während im Innern die Thätigkeit der Regierung täglich schwächer und unwirksamer wird, verliert sich unsre Macht nach außen, und erhält unsre Allianz mit England einen bedeutenden Stoß. Die Unterhandlungen des Hrn. v. Brunnow in London scheinen sich mit einem Vertrag zwischen Rußland, England und Oesterreich geendigt zu haben. Diese Tripelallianz, die jetzt Frankreich nur ausschließt, wendet sich vielleicht später gegen Frankreich. Diese Nachricht hat nicht ermangelt, einige Aufregung zu machen; man sprach mit Wärme davon in den ministeriellen Salons, im Concer des Kronprinzen und in den Vorzimmern der Kammer. Man spricht von Interpellationen, und sucht in diesem Augenblick nach Männern, die sie auf der Tribune vorbringen sollen. Wer sich aber auch dazu hergeben mag, immer dürften die gegenseitigen Erläuterungen unfruchtbar bleiben. Was kann die Kammer machen, wenn sie einen Cabinetschef vor sich hat, der nicht im Stand ist, eine politische Unterhaltung zu führen? Das Zwiegespräch ist bald zu Ende. Wenn ein Parlament einen Minister am Ruder sieht, der fähig ist, Debatten zu unterhalten und sie zu beleuchten, einen Minister, dessen nothwendiges Stillschweigen über gewisse Punkte durch lichtvolle Erläuterungen über andere unterstützt wird, so fühlt es sich selbst gestärkt durch die Kraft des Cabinets, und aus seinen Discussionen mit dem Ministerium
Die städtischen Behörden der Londoner City sind entschlossen, sich ihrer beiden in „durance vile“ befindlichen Sheriffs mit Ernst gegen das Haus der Gemeinen anzunehmen, indem sie sich und das Ansehen der City als durch die Procedur des Unterhauses mit beleidigt betrachten. Am 23 hielten das Rathsherren-Collegium (Court of Aldermen) und der Gemeinderath (Court of Common Council), ersteres unter dem Vorsitze des Lordmayor, zwei lange und leidenschaftlich erregte Versammlungen, in welchen den beiden Sheriffs eine warme Danksagung für ihr „männliches und edles Benehmen“ votirt, die tiefste Sympathie mit ihrem Schicksal ausgesprochen, und zwei Ausschüsse ernannt wurden, welche für die Dauer ihrer Haft tägliche Sitzung halten sollen, um auf deren Befreiung hinzuwirken. Zugleich ward eine energische Petition zu Gunsten derselben an das Unterhaus beschlossen. Nur einige wenige Mitglieder wagten leise Einreden; so bemerkte Hr. Stevens: „Ich fühle für die Sheriffs; doch werden sie für das Mißgeschick, das sie jetzt erleiden, durch die Gewißheit belohnt, daß ihre Namen ehrenvoll auf die Nachwelt übergehen werden. (Gelächter.) Ich sehe in dem Hause der Gemeinen nicht bloß eine Versammlung von Gentlemen, sondern die Repräsentanten des englischen Volks, woraus nothwendig folgt, daß sie Privilegien besitzen, und auf deren Wahrung auch sorgfältig bedacht seyn müssen.“ Solche Stimmen wurden aber übertäubt, und die gegentheiligen Beschlüsse mit Zuruf angenommen. – Es ist bemerkenswerth, daß, mit Ausnahme der zum Ministerium gehörigen Gesetzesbeamten, wie der Attorney-General, dann O'Connells und einiger andern, fast sämmtliche im Unterhause sitzende Juristen, gleichviel ob Whigs oder Tories, ihr parlamentarisches Selbstgefühl von ihrem Facultätsbewußtseyn überwiegen lassen; so erklärte sich namentlich der nicht minder als Sachwalter, wie als belletristischer Schriftsteller berühmte Sergeant Talfourd in der Sitzung vom 22 entschieden für die Queensbench. „Die Frage, sagte er, ist, sollen die Richtersprüche unserer ehrwürdigen Landestribunale zurücktreten vor den Meinungen einer in ihrer Zusammensetzung unstät ab und zu fluthenden Versammlung wie dieses Haus, auf das politische Parteigesinnungen so mächtigen Einfluß üben, und das eben jetzt zwischen den beiden großen Parteien des Landes sich nahebei die Wage hält. Soll die Majestät des Rechts auch fortan als heilig gelten? oder soll von einer schwankenden Körperschaft von Volksabgeordneten künftighin die Ausübung der Rechtspflege übernommen werden? Wenn die Sentenz der Queensbench eine unrichtige war, warum macht das Haus nicht mit einem writ of error (d. h. einer Weisung wegen eines Verstoßes im gerichtlichen Verfahren) die Sache vor dem Schatzkammergericht (Court of Exchequer) anhängig und holt dessen Bescheid darüber ein?“ Sir R. Peel antwortete, er ehre Richter und Gerichtshöfe so sehr wie irgend Einer, aber das Parlament habe seine Gerechtsame zu wahren, wie andere öffentliche Behörden, und mehr geschehe nicht. Die ganze für England hochwichtige Frage – denn Justiz und Legislatur stehen sich nachgerade als Parteien gegenüber – ist übrigens so sehr mit den Mikrologien des verwickelten englischen Gesetzes- und Gerichtswesens umbaut und durch den schwerfälligen englischen Curialstyl so verdunkelt, daß, wie ein Journal bemerkt, die große nicht rechtsgelehrte Mehrzahl des englischen Publicums selbst der Discussion nicht mit klarem Verständniß durch alle ihre Details zu folgen vermag. Mit den Kriegsrüstungen gegen China wird es Ernst. Mehrere Schiffe sind beordert zu Admiral Maitlands Geschwader zu stoßen, und am 23 Jan. ging eine Abtheilung Artillerie von Woolwich ab, um sich an Bord der ebendahin bestimmten Fregatte Blonde einzuschiffen. Frankreich. Paris, 27 Jan. Ein Bericht des Marschalls Valée an den Kriegsminister meldet, daß Abd-El-Kader sich zu Tekedemt befinde, wo er mit Kriegsrüstungen beschäftigt sey. Der Khalifa von Miliana steht mit den Trümmern seines Heeres am Fuße des südlichen Abhangs des Atlasgebirgs. Die Metidscha ist vom Feind gänzlich gesäubert. Die Kabylenstämme scheinen des Krieges satt und warten nur auf eine günstige Gelegenheit, um ihre Handelsverbindungen mit Algier wieder anzuknüpfen. Es regnet fortwährend, und der Marschall sagt, er könne für den Augenblick an keine ernste Operation denken. Die Akademie der moralischen und politischen Wissenschaften hat am 25 Jan. an die Stelle des verewigten Herzogs von Bassano für die Section der Gesetzgebung und des Staatsrechts mit 13 Stimmen unter 25 Votanten Hrn. Berryat St. Prix, Professor der Rechtsfacultät zu Paris, zu ihrem Mitglied gewählt. Der Messager will wissen, daß General Sebastiani, französischer Botschafter in London, von diesem Posten abberufen sey. Die Revue de Paris, die fortwährend für ein Hoforgan gilt, obgleich sie immer feindlicher gegen das Ministerium auftritt, sagt: „Während im Innern die Thätigkeit der Regierung täglich schwächer und unwirksamer wird, verliert sich unsre Macht nach außen, und erhält unsre Allianz mit England einen bedeutenden Stoß. Die Unterhandlungen des Hrn. v. Brunnow in London scheinen sich mit einem Vertrag zwischen Rußland, England und Oesterreich geendigt zu haben. Diese Tripelallianz, die jetzt Frankreich nur ausschließt, wendet sich vielleicht später gegen Frankreich. Diese Nachricht hat nicht ermangelt, einige Aufregung zu machen; man sprach mit Wärme davon in den ministeriellen Salons, im Concer des Kronprinzen und in den Vorzimmern der Kammer. Man spricht von Interpellationen, und sucht in diesem Augenblick nach Männern, die sie auf der Tribune vorbringen sollen. Wer sich aber auch dazu hergeben mag, immer dürften die gegenseitigen Erläuterungen unfruchtbar bleiben. Was kann die Kammer machen, wenn sie einen Cabinetschef vor sich hat, der nicht im Stand ist, eine politische Unterhaltung zu führen? Das Zwiegespräch ist bald zu Ende. Wenn ein Parlament einen Minister am Ruder sieht, der fähig ist, Debatten zu unterhalten und sie zu beleuchten, einen Minister, dessen nothwendiges Stillschweigen über gewisse Punkte durch lichtvolle Erläuterungen über andere unterstützt wird, so fühlt es sich selbst gestärkt durch die Kraft des Cabinets, und aus seinen Discussionen mit dem Ministerium <TEI> <text> <body> <div type="jArticle" n="1"> <p><pb facs="#f0002" n="0250"/><lb/> und der Candidat suchte auf den Hustings besonders seine Abneigung gegen das neue Armengesetz geltend zu machen), speit über diesen Ausgang Feuer und Flammen, und behauptet, derselbe sey nur durch den Whigkniff möglich geworden, daß Hr. Curling, ein zweiter liberaler Bewerber, kurz vor der Stimmenzählung zurücktrat. „Diese Niederlage der Tories in Southwark,“ sagt der <hi rendition="#g">Sun</hi>, „ist ein Glücksherold für die übrigen Einzelwahlen. In Penryn ist der torystische Candidat zurückgetreten; Edinburg wagen sie nicht zu bestreiten; in Birmingham könnte nur Uneinigkeit unter den Dissentern ihnen eine Chance des Erfolgs geben; in Devonport ist Hr. Tuffnel seinem Gegner Dawson an Wahlstimmen voraus, und wenn die Tories in Newark siegen, so werden sie ihren Sieg nur Mitteln zu verdanken haben, deren ehrliche Leute sich schämen müssen.“</p><lb/> <p>Die städtischen Behörden der Londoner City sind entschlossen, sich ihrer beiden in „durance vile“ befindlichen Sheriffs mit Ernst gegen das Haus der Gemeinen anzunehmen, indem sie sich und das Ansehen der City als durch die Procedur des Unterhauses mit beleidigt betrachten. Am 23 hielten das Rathsherren-Collegium (Court of Aldermen) und der Gemeinderath (Court of Common Council), ersteres unter dem Vorsitze des Lordmayor, zwei lange und leidenschaftlich erregte Versammlungen, in welchen den beiden Sheriffs eine warme Danksagung für ihr „männliches und edles Benehmen“ votirt, die tiefste Sympathie mit ihrem Schicksal ausgesprochen, und zwei Ausschüsse ernannt wurden, welche für die Dauer ihrer Haft tägliche Sitzung halten sollen, um auf deren Befreiung hinzuwirken. Zugleich ward eine energische Petition zu Gunsten derselben an das Unterhaus beschlossen. Nur einige wenige Mitglieder wagten leise Einreden; so bemerkte Hr. Stevens: „Ich fühle für die Sheriffs; doch werden sie für das Mißgeschick, das sie jetzt erleiden, durch die Gewißheit belohnt, daß ihre Namen ehrenvoll auf die Nachwelt übergehen werden. (Gelächter.) Ich sehe in dem Hause der Gemeinen nicht bloß eine Versammlung von Gentlemen, sondern die Repräsentanten des englischen Volks, woraus nothwendig folgt, daß sie Privilegien besitzen, und auf deren Wahrung auch sorgfältig bedacht seyn müssen.“ Solche Stimmen wurden aber übertäubt, und die gegentheiligen Beschlüsse mit Zuruf angenommen. – Es ist bemerkenswerth, daß, mit Ausnahme der zum Ministerium gehörigen Gesetzesbeamten, wie der Attorney-General, dann O'Connells und einiger andern, fast sämmtliche im Unterhause sitzende Juristen, gleichviel ob Whigs oder Tories, ihr parlamentarisches Selbstgefühl von ihrem Facultätsbewußtseyn überwiegen lassen; so erklärte sich namentlich der nicht minder als Sachwalter, wie als belletristischer Schriftsteller berühmte Sergeant <hi rendition="#g">Talfourd</hi> in der Sitzung vom 22 entschieden für die Queensbench. „Die Frage, sagte er, ist, sollen die Richtersprüche unserer ehrwürdigen Landestribunale zurücktreten vor den Meinungen einer in ihrer Zusammensetzung unstät ab und zu fluthenden Versammlung wie dieses Haus, auf das politische Parteigesinnungen so mächtigen Einfluß üben, und das eben jetzt zwischen den beiden großen Parteien des Landes sich nahebei die Wage hält. Soll die Majestät des Rechts auch fortan als heilig gelten? oder soll von einer schwankenden Körperschaft von Volksabgeordneten künftighin die Ausübung der Rechtspflege übernommen werden? Wenn die Sentenz der Queensbench eine unrichtige war, warum macht das Haus nicht mit einem writ of error (d. h. einer Weisung wegen eines Verstoßes im gerichtlichen Verfahren) die Sache vor dem Schatzkammergericht (Court of Exchequer) anhängig und holt dessen Bescheid darüber ein?“ Sir R. <hi rendition="#g">Peel</hi> antwortete, er ehre Richter und Gerichtshöfe so sehr wie irgend Einer, aber das Parlament habe seine Gerechtsame zu wahren, wie andere öffentliche Behörden, und mehr geschehe nicht. Die ganze für England hochwichtige Frage – denn Justiz und Legislatur stehen sich nachgerade als Parteien gegenüber – ist übrigens so sehr mit den Mikrologien des verwickelten englischen Gesetzes- und Gerichtswesens umbaut und durch den schwerfälligen englischen Curialstyl so verdunkelt, daß, wie ein Journal bemerkt, die große nicht rechtsgelehrte Mehrzahl des englischen Publicums selbst der Discussion nicht mit klarem Verständniß durch alle ihre Details zu folgen vermag.</p><lb/> <p>Mit den Kriegsrüstungen gegen China wird es Ernst. 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Brunnow in London scheinen sich mit einem Vertrag zwischen Rußland, England und Oesterreich geendigt zu haben. Diese Tripelallianz, die jetzt Frankreich nur ausschließt, wendet sich vielleicht später gegen Frankreich. Diese Nachricht hat nicht ermangelt, einige Aufregung zu machen; man sprach mit Wärme davon in den ministeriellen Salons, im Concer des Kronprinzen und in den Vorzimmern der Kammer. Man spricht von Interpellationen, und sucht in diesem Augenblick nach Männern, die sie auf der Tribune vorbringen sollen. Wer sich aber auch dazu hergeben mag, immer dürften die gegenseitigen Erläuterungen unfruchtbar bleiben. Was kann die Kammer machen, wenn sie einen Cabinetschef vor sich hat, der nicht im Stand ist, eine politische Unterhaltung zu führen? Das Zwiegespräch ist bald zu Ende. Wenn ein Parlament einen Minister am Ruder sieht, der fähig ist, Debatten zu unterhalten und sie zu beleuchten, einen Minister, dessen nothwendiges Stillschweigen über gewisse Punkte durch lichtvolle Erläuterungen über andere unterstützt wird, so fühlt es sich selbst gestärkt durch die Kraft des Cabinets, und aus seinen Discussionen mit dem Ministerium<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0250/0002]
und der Candidat suchte auf den Hustings besonders seine Abneigung gegen das neue Armengesetz geltend zu machen), speit über diesen Ausgang Feuer und Flammen, und behauptet, derselbe sey nur durch den Whigkniff möglich geworden, daß Hr. Curling, ein zweiter liberaler Bewerber, kurz vor der Stimmenzählung zurücktrat. „Diese Niederlage der Tories in Southwark,“ sagt der Sun, „ist ein Glücksherold für die übrigen Einzelwahlen. In Penryn ist der torystische Candidat zurückgetreten; Edinburg wagen sie nicht zu bestreiten; in Birmingham könnte nur Uneinigkeit unter den Dissentern ihnen eine Chance des Erfolgs geben; in Devonport ist Hr. Tuffnel seinem Gegner Dawson an Wahlstimmen voraus, und wenn die Tories in Newark siegen, so werden sie ihren Sieg nur Mitteln zu verdanken haben, deren ehrliche Leute sich schämen müssen.“
Die städtischen Behörden der Londoner City sind entschlossen, sich ihrer beiden in „durance vile“ befindlichen Sheriffs mit Ernst gegen das Haus der Gemeinen anzunehmen, indem sie sich und das Ansehen der City als durch die Procedur des Unterhauses mit beleidigt betrachten. Am 23 hielten das Rathsherren-Collegium (Court of Aldermen) und der Gemeinderath (Court of Common Council), ersteres unter dem Vorsitze des Lordmayor, zwei lange und leidenschaftlich erregte Versammlungen, in welchen den beiden Sheriffs eine warme Danksagung für ihr „männliches und edles Benehmen“ votirt, die tiefste Sympathie mit ihrem Schicksal ausgesprochen, und zwei Ausschüsse ernannt wurden, welche für die Dauer ihrer Haft tägliche Sitzung halten sollen, um auf deren Befreiung hinzuwirken. Zugleich ward eine energische Petition zu Gunsten derselben an das Unterhaus beschlossen. Nur einige wenige Mitglieder wagten leise Einreden; so bemerkte Hr. Stevens: „Ich fühle für die Sheriffs; doch werden sie für das Mißgeschick, das sie jetzt erleiden, durch die Gewißheit belohnt, daß ihre Namen ehrenvoll auf die Nachwelt übergehen werden. (Gelächter.) Ich sehe in dem Hause der Gemeinen nicht bloß eine Versammlung von Gentlemen, sondern die Repräsentanten des englischen Volks, woraus nothwendig folgt, daß sie Privilegien besitzen, und auf deren Wahrung auch sorgfältig bedacht seyn müssen.“ Solche Stimmen wurden aber übertäubt, und die gegentheiligen Beschlüsse mit Zuruf angenommen. – Es ist bemerkenswerth, daß, mit Ausnahme der zum Ministerium gehörigen Gesetzesbeamten, wie der Attorney-General, dann O'Connells und einiger andern, fast sämmtliche im Unterhause sitzende Juristen, gleichviel ob Whigs oder Tories, ihr parlamentarisches Selbstgefühl von ihrem Facultätsbewußtseyn überwiegen lassen; so erklärte sich namentlich der nicht minder als Sachwalter, wie als belletristischer Schriftsteller berühmte Sergeant Talfourd in der Sitzung vom 22 entschieden für die Queensbench. „Die Frage, sagte er, ist, sollen die Richtersprüche unserer ehrwürdigen Landestribunale zurücktreten vor den Meinungen einer in ihrer Zusammensetzung unstät ab und zu fluthenden Versammlung wie dieses Haus, auf das politische Parteigesinnungen so mächtigen Einfluß üben, und das eben jetzt zwischen den beiden großen Parteien des Landes sich nahebei die Wage hält. Soll die Majestät des Rechts auch fortan als heilig gelten? oder soll von einer schwankenden Körperschaft von Volksabgeordneten künftighin die Ausübung der Rechtspflege übernommen werden? Wenn die Sentenz der Queensbench eine unrichtige war, warum macht das Haus nicht mit einem writ of error (d. h. einer Weisung wegen eines Verstoßes im gerichtlichen Verfahren) die Sache vor dem Schatzkammergericht (Court of Exchequer) anhängig und holt dessen Bescheid darüber ein?“ Sir R. Peel antwortete, er ehre Richter und Gerichtshöfe so sehr wie irgend Einer, aber das Parlament habe seine Gerechtsame zu wahren, wie andere öffentliche Behörden, und mehr geschehe nicht. Die ganze für England hochwichtige Frage – denn Justiz und Legislatur stehen sich nachgerade als Parteien gegenüber – ist übrigens so sehr mit den Mikrologien des verwickelten englischen Gesetzes- und Gerichtswesens umbaut und durch den schwerfälligen englischen Curialstyl so verdunkelt, daß, wie ein Journal bemerkt, die große nicht rechtsgelehrte Mehrzahl des englischen Publicums selbst der Discussion nicht mit klarem Verständniß durch alle ihre Details zu folgen vermag.
Mit den Kriegsrüstungen gegen China wird es Ernst. Mehrere Schiffe sind beordert zu Admiral Maitlands Geschwader zu stoßen, und am 23 Jan. ging eine Abtheilung Artillerie von Woolwich ab, um sich an Bord der ebendahin bestimmten Fregatte Blonde einzuschiffen.
Frankreich.
Paris, 27 Jan.
Ein Bericht des Marschalls Valée an den Kriegsminister meldet, daß Abd-El-Kader sich zu Tekedemt befinde, wo er mit Kriegsrüstungen beschäftigt sey. Der Khalifa von Miliana steht mit den Trümmern seines Heeres am Fuße des südlichen Abhangs des Atlasgebirgs. Die Metidscha ist vom Feind gänzlich gesäubert. Die Kabylenstämme scheinen des Krieges satt und warten nur auf eine günstige Gelegenheit, um ihre Handelsverbindungen mit Algier wieder anzuknüpfen. Es regnet fortwährend, und der Marschall sagt, er könne für den Augenblick an keine ernste Operation denken.
Die Akademie der moralischen und politischen Wissenschaften hat am 25 Jan. an die Stelle des verewigten Herzogs von Bassano für die Section der Gesetzgebung und des Staatsrechts mit 13 Stimmen unter 25 Votanten Hrn. Berryat St. Prix, Professor der Rechtsfacultät zu Paris, zu ihrem Mitglied gewählt.
Der Messager will wissen, daß General Sebastiani, französischer Botschafter in London, von diesem Posten abberufen sey.
Die Revue de Paris, die fortwährend für ein Hoforgan gilt, obgleich sie immer feindlicher gegen das Ministerium auftritt, sagt: „Während im Innern die Thätigkeit der Regierung täglich schwächer und unwirksamer wird, verliert sich unsre Macht nach außen, und erhält unsre Allianz mit England einen bedeutenden Stoß. Die Unterhandlungen des Hrn. v. Brunnow in London scheinen sich mit einem Vertrag zwischen Rußland, England und Oesterreich geendigt zu haben. Diese Tripelallianz, die jetzt Frankreich nur ausschließt, wendet sich vielleicht später gegen Frankreich. Diese Nachricht hat nicht ermangelt, einige Aufregung zu machen; man sprach mit Wärme davon in den ministeriellen Salons, im Concer des Kronprinzen und in den Vorzimmern der Kammer. Man spricht von Interpellationen, und sucht in diesem Augenblick nach Männern, die sie auf der Tribune vorbringen sollen. Wer sich aber auch dazu hergeben mag, immer dürften die gegenseitigen Erläuterungen unfruchtbar bleiben. Was kann die Kammer machen, wenn sie einen Cabinetschef vor sich hat, der nicht im Stand ist, eine politische Unterhaltung zu führen? Das Zwiegespräch ist bald zu Ende. Wenn ein Parlament einen Minister am Ruder sieht, der fähig ist, Debatten zu unterhalten und sie zu beleuchten, einen Minister, dessen nothwendiges Stillschweigen über gewisse Punkte durch lichtvolle Erläuterungen über andere unterstützt wird, so fühlt es sich selbst gestärkt durch die Kraft des Cabinets, und aus seinen Discussionen mit dem Ministerium
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