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Allgemeine Zeitung. Nr. 30. Augsburg, 30. Januar 1840.

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Leben der Menschheit in der Regel begleitet ist, hier schon lange fühlbar gewesen sind, ohne daß bisher etwas besonders Ersprießliches daraus hervorgegangen wäre, so fragt es sich sehr natürlich, ob die Geburtshelfer die nöthigen Eigenschaften hatten, um die geburtsschwangere Zeit ihrem Ziele zuzuführen. Diese Frage scheint mir wichtig.

Ich meine hier vor Allem die höheren Beamten, welche berufen sind, das skandinavische Staatsschiff durch die Stürme der Zeit steuern zu helfen. Denn eine feste Hand am Ruder selbst reicht nicht hin, wenn das alte modernde Schiff auf den sturmbewegten Wellen umherschaukelt. Es ist leider eine in Schweden ziemlich allgemein verbreitete Meinung, daß die erhabene Hand, welche hier das Ruder hält, in dieser Beziehung nicht so unterstützt werde, wie es die Zeit und das Wohl des Landes erfordert, und wenn die Opposition jetzt auf die Entlassung des ganzen Regierungspersonals hinarbeitet, so dürfen Sie nicht glauben, daß dieß nur ein Einfall von einigen Zeitungsredactoren sey, wie man von einer Seite her gern glaubhaft machen möchte; dieser Wunsch wird vielfach von kundigen und patriotisch gesinnten Männern unter allen Ständen getheilt. Daß er wirklich erreicht werde, ist dennoch vorerst kaum wahrscheinlich; es läßt sich sogar bezweifeln, ob seine Erfüllung in diesem Augenblick wirklich für Schweden wünschenswerth wäre. Die Frage ließe sich nur in dem Fall unbedingt bejahen, wenn andere tauglichere Männer da wären, um die verwaisten Aemter zu übernehmen und auf eine würdigere Weise zu bekleiden. Allein die Meinungen sind in diesem Punkt bei weitem nicht so einig, wie die Urtheile über das jetzige Personal, und dieß deutet auf ein tieferes Uebel hin, als daß man bloß eine unglückliche Wahl des Monarchen in der Bestellung der höchsten Staatsämter voraussetzen dürfte. Ich werde Ihnen hierüber Einiges mittheilen, was sich mir theils selbst als unmittelbare Erfahrung aufgedrungen hat, theils mir von denkenden Männern eröffnet worden ist, welche tiefere Blicke in die Verhältnisse gethan haben, als einem Fremden in kürzerer Zeit sonst möglich seyn kann.

Es mangelt dem schwedischen Staatsbeamten - ich spreche hier nicht von dem Militär, den Geistlichen, Aerzten und Schullehrern - durchaus an Bildung für sein Fach. Die Studien der Civilisten, Juristen und Cameralisten sind au den Universitäten eben so verwahrlost, wie sie später durch Mangel an Staatsprüfungen und an Bemühungen der Vorgesetzten, die jüngern Praktikanten heranzubilden, auf eine fast unglaubliche Weise vernachlässigt werden.

Was erstens die Universitätsstudien betrifft, so können Sie sich einen Begriff von deren Mangelhaftigkeit in den hieher gehörigen Fächern machen, wenn Sie hören, daß die beiden Juristenfacultäten des Königreichs zusammengenommen nur drei ordentliche Professoren zählen, von denen zwei der Universität zu Upsala gehören, während in Lund die ganze Facultät durch einen einzigen Professor vertreten wird. Es ist leicht einzusehen, daß diese wenigen Professoren mit dem besten Willen unmöglich über alle oder auch nur über die für die Bildung der künftigen Beamten nothwendigsten juristischen Disciplinen lesen können, besonders da die Studienzeit hier fast ganz der Willkür der Studirenden überlassen ist, und daher die Civilisten selten über drei Semester auf der Universität verweilen, nur die Hälfte von der in Deutschland und sonst fast überall vorgeschriebenen Zeit. Wie unzweckmäßig und verderblich diese Einrichtung ist, springt noch mehr in die Augen, wenn man weiß, daß der schwedische Student bei weitem weniger vorbereitet auf die Universität kommt, als der deutsche, und noch einen Theil von seiner kurzen Universitätszeit auf Vorstudien, wie z. B. Mathematik, Geschichte u. s. w. verwenden muß. Ueberdieß sind die Semester bedeutend kürzer als auf den deutschen Universitäten, indem die hiesigen mehr als fünf Monate jährliche Ferien haben. Auf diese Weise geschieht es ganz natürlich, daß römisches Recht, Staatsrecht, Völkerrecht, Rechtsgeschichte, politische Oekonomie (denn auch diese sollte nach hiesiger Einrichtung einem der schon ohnedieß überladenen juristischen Professoren obliegen) gar nicht vorgetragen werden, mit einem Worte: Alles muß vermieden werden, was den Blick der Studirenden über den beschränkten Kreis der jetzt in Schweden gültigen positiven Civil-, Criminal- und Finanzgesetze erheben und erweitern könnte.

Was das römische Recht betrifft, so hat zwar dieses bekanntlich in Schweden niemals eine auch nur subsidiarische Gültigkeit erlangt, indem das schwedische Recht sich so ziemlich selbstständig aus dem altskandinavischen entwickelt hat. Das Studium des römischen Rechts hat daher, wenn man will, für den schwedischen Juristen keinen praktischen Werth, und nur die Wenigen, welche den Doctorgrad nehmen wollen, widmen ihm einige Aufmerksamkeit. Wie glücklich, würden wir Deutschen hiebei ausrufen können, muß nicht der schwedische Jurist seyn, der so recht fest auf vaterländischem Boden stehen kann, und keine Mischung, keine Collisionen zwischen fremdem und einheimischem Recht, und noch obendrein zwischen gemeinem Recht und Landrecht kennt! Wie dankbar und belehrend muß es nicht hier seyn, die Entwicklung des einheimischen Rechts durch die Jahrhunderte zu verfolgen, und wie viele Aufschlüsse zum bessern Verstande der Gegenwart müssen nicht auf diesem Weg erlangt werden können! Der schwedische Jurist aber fühlt nur wenig von diesem Glück, denn er hat sich in seinen Studienjahren in der Regel eben so wenig um die Rechtsgeschichte seines Vaterlandes, die auch noch ungeschrieben ist, bekümmert, als um die Institutionen und Pandekten, die er kaum dem Namen nach kennt, und in späteren Jahren ist natürlich noch weniger daran zu denken. Eben so wenig oder noch weniger kommt irgend ein Studium der fremden neueren Gesetzgebungen in Frage. Die ganze Jurisprudenz wird also nur auf ein Inventarium der bestehenden schwedischen Gesetze beschränkt, und auch diese studirt man auf eine höchst oberflächliche Art und ohne System. Wie kurz und beschränkt der Gesichtskreis der hiesigen Juristen demnach seyn muß, ist leicht zu urtheilen. Daß es Ausnahmen gibt, die sich durch eigene Kraft über die Menge emporgearbeitet haben, versteht sich von selbst, aber die sind selten und würden leicht gezählt werden können. Ein Beweis, wie wenig man im Allgemeinen das Bedürfniß einer gründlicheren Bildung in dieser Beziehung begreift, ist unter Anderm, daß ein Professor, der vor einigen Jahren in Upsala zum erstenmal anfing über die altschwedischen Gesetze zu lesen und an die zu Prüfenden einige mäßige Forderungen in dieser Beziehung zu stellen, durch diese Neuerung eine solche Erbitterung unter den Studirenden erregte, daß man es am Ende als ein Glück für die Ruhe der Universität betrachtete, daß der Professor bald wieder entfernt wurde, womit auch dann dieser Lehrgegenstand gleich aufhörte. Dieser Professor war derselbe Dr. Schlyter, der als Herausgeber der altschwedischen Landschaftsgesetzte rühmlichst bekannt ist. Er ward nach Lund versetzt.

Der niedrige Standpunkt der schwedischen Juristen macht sich auch in der Litteratur bemerkbar, indem Schweden in neuester Zeit nicht ein einziges wissenschaftliches Werk aufzuweisen hat, welches auch nur seine eigene Gesetzkunde auf eine umfassende und systematische Weise genügend bearbeitet hätte. Blos einzelne Zweige, und zwar sehr wenige, oder eigentlich bloß das Kirchenrecht und Finanzrecht, sind bearbeitet worden.

Leben der Menschheit in der Regel begleitet ist, hier schon lange fühlbar gewesen sind, ohne daß bisher etwas besonders Ersprießliches daraus hervorgegangen wäre, so fragt es sich sehr natürlich, ob die Geburtshelfer die nöthigen Eigenschaften hatten, um die geburtsschwangere Zeit ihrem Ziele zuzuführen. Diese Frage scheint mir wichtig.

Ich meine hier vor Allem die höheren Beamten, welche berufen sind, das skandinavische Staatsschiff durch die Stürme der Zeit steuern zu helfen. Denn eine feste Hand am Ruder selbst reicht nicht hin, wenn das alte modernde Schiff auf den sturmbewegten Wellen umherschaukelt. Es ist leider eine in Schweden ziemlich allgemein verbreitete Meinung, daß die erhabene Hand, welche hier das Ruder hält, in dieser Beziehung nicht so unterstützt werde, wie es die Zeit und das Wohl des Landes erfordert, und wenn die Opposition jetzt auf die Entlassung des ganzen Regierungspersonals hinarbeitet, so dürfen Sie nicht glauben, daß dieß nur ein Einfall von einigen Zeitungsredactoren sey, wie man von einer Seite her gern glaubhaft machen möchte; dieser Wunsch wird vielfach von kundigen und patriotisch gesinnten Männern unter allen Ständen getheilt. Daß er wirklich erreicht werde, ist dennoch vorerst kaum wahrscheinlich; es läßt sich sogar bezweifeln, ob seine Erfüllung in diesem Augenblick wirklich für Schweden wünschenswerth wäre. Die Frage ließe sich nur in dem Fall unbedingt bejahen, wenn andere tauglichere Männer da wären, um die verwaisten Aemter zu übernehmen und auf eine würdigere Weise zu bekleiden. Allein die Meinungen sind in diesem Punkt bei weitem nicht so einig, wie die Urtheile über das jetzige Personal, und dieß deutet auf ein tieferes Uebel hin, als daß man bloß eine unglückliche Wahl des Monarchen in der Bestellung der höchsten Staatsämter voraussetzen dürfte. Ich werde Ihnen hierüber Einiges mittheilen, was sich mir theils selbst als unmittelbare Erfahrung aufgedrungen hat, theils mir von denkenden Männern eröffnet worden ist, welche tiefere Blicke in die Verhältnisse gethan haben, als einem Fremden in kürzerer Zeit sonst möglich seyn kann.

Es mangelt dem schwedischen Staatsbeamten – ich spreche hier nicht von dem Militär, den Geistlichen, Aerzten und Schullehrern – durchaus an Bildung für sein Fach. Die Studien der Civilisten, Juristen und Cameralisten sind au den Universitäten eben so verwahrlost, wie sie später durch Mangel an Staatsprüfungen und an Bemühungen der Vorgesetzten, die jüngern Praktikanten heranzubilden, auf eine fast unglaubliche Weise vernachlässigt werden.

Was erstens die Universitätsstudien betrifft, so können Sie sich einen Begriff von deren Mangelhaftigkeit in den hieher gehörigen Fächern machen, wenn Sie hören, daß die beiden Juristenfacultäten des Königreichs zusammengenommen nur drei ordentliche Professoren zählen, von denen zwei der Universität zu Upsala gehören, während in Lund die ganze Facultät durch einen einzigen Professor vertreten wird. Es ist leicht einzusehen, daß diese wenigen Professoren mit dem besten Willen unmöglich über alle oder auch nur über die für die Bildung der künftigen Beamten nothwendigsten juristischen Disciplinen lesen können, besonders da die Studienzeit hier fast ganz der Willkür der Studirenden überlassen ist, und daher die Civilisten selten über drei Semester auf der Universität verweilen, nur die Hälfte von der in Deutschland und sonst fast überall vorgeschriebenen Zeit. Wie unzweckmäßig und verderblich diese Einrichtung ist, springt noch mehr in die Augen, wenn man weiß, daß der schwedische Student bei weitem weniger vorbereitet auf die Universität kommt, als der deutsche, und noch einen Theil von seiner kurzen Universitätszeit auf Vorstudien, wie z. B. Mathematik, Geschichte u. s. w. verwenden muß. Ueberdieß sind die Semester bedeutend kürzer als auf den deutschen Universitäten, indem die hiesigen mehr als fünf Monate jährliche Ferien haben. Auf diese Weise geschieht es ganz natürlich, daß römisches Recht, Staatsrecht, Völkerrecht, Rechtsgeschichte, politische Oekonomie (denn auch diese sollte nach hiesiger Einrichtung einem der schon ohnedieß überladenen juristischen Professoren obliegen) gar nicht vorgetragen werden, mit einem Worte: Alles muß vermieden werden, was den Blick der Studirenden über den beschränkten Kreis der jetzt in Schweden gültigen positiven Civil-, Criminal- und Finanzgesetze erheben und erweitern könnte.

Was das römische Recht betrifft, so hat zwar dieses bekanntlich in Schweden niemals eine auch nur subsidiarische Gültigkeit erlangt, indem das schwedische Recht sich so ziemlich selbstständig aus dem altskandinavischen entwickelt hat. Das Studium des römischen Rechts hat daher, wenn man will, für den schwedischen Juristen keinen praktischen Werth, und nur die Wenigen, welche den Doctorgrad nehmen wollen, widmen ihm einige Aufmerksamkeit. Wie glücklich, würden wir Deutschen hiebei ausrufen können, muß nicht der schwedische Jurist seyn, der so recht fest auf vaterländischem Boden stehen kann, und keine Mischung, keine Collisionen zwischen fremdem und einheimischem Recht, und noch obendrein zwischen gemeinem Recht und Landrecht kennt! Wie dankbar und belehrend muß es nicht hier seyn, die Entwicklung des einheimischen Rechts durch die Jahrhunderte zu verfolgen, und wie viele Aufschlüsse zum bessern Verstande der Gegenwart müssen nicht auf diesem Weg erlangt werden können! Der schwedische Jurist aber fühlt nur wenig von diesem Glück, denn er hat sich in seinen Studienjahren in der Regel eben so wenig um die Rechtsgeschichte seines Vaterlandes, die auch noch ungeschrieben ist, bekümmert, als um die Institutionen und Pandekten, die er kaum dem Namen nach kennt, und in späteren Jahren ist natürlich noch weniger daran zu denken. Eben so wenig oder noch weniger kommt irgend ein Studium der fremden neueren Gesetzgebungen in Frage. Die ganze Jurisprudenz wird also nur auf ein Inventarium der bestehenden schwedischen Gesetze beschränkt, und auch diese studirt man auf eine höchst oberflächliche Art und ohne System. Wie kurz und beschränkt der Gesichtskreis der hiesigen Juristen demnach seyn muß, ist leicht zu urtheilen. Daß es Ausnahmen gibt, die sich durch eigene Kraft über die Menge emporgearbeitet haben, versteht sich von selbst, aber die sind selten und würden leicht gezählt werden können. Ein Beweis, wie wenig man im Allgemeinen das Bedürfniß einer gründlicheren Bildung in dieser Beziehung begreift, ist unter Anderm, daß ein Professor, der vor einigen Jahren in Upsala zum erstenmal anfing über die altschwedischen Gesetze zu lesen und an die zu Prüfenden einige mäßige Forderungen in dieser Beziehung zu stellen, durch diese Neuerung eine solche Erbitterung unter den Studirenden erregte, daß man es am Ende als ein Glück für die Ruhe der Universität betrachtete, daß der Professor bald wieder entfernt wurde, womit auch dann dieser Lehrgegenstand gleich aufhörte. Dieser Professor war derselbe Dr. Schlyter, der als Herausgeber der altschwedischen Landschaftsgesetzte rühmlichst bekannt ist. Er ward nach Lund versetzt.

Der niedrige Standpunkt der schwedischen Juristen macht sich auch in der Litteratur bemerkbar, indem Schweden in neuester Zeit nicht ein einziges wissenschaftliches Werk aufzuweisen hat, welches auch nur seine eigene Gesetzkunde auf eine umfassende und systematische Weise genügend bearbeitet hätte. Blos einzelne Zweige, und zwar sehr wenige, oder eigentlich bloß das Kirchenrecht und Finanzrecht, sind bearbeitet worden.

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          <p>Ich meine hier vor Allem die höheren Beamten, welche berufen sind, das skandinavische Staatsschiff durch die Stürme der Zeit steuern zu helfen. Denn eine feste Hand am Ruder selbst reicht nicht hin, wenn das alte modernde Schiff auf den sturmbewegten Wellen umherschaukelt. Es ist leider eine in Schweden ziemlich allgemein verbreitete Meinung, daß die erhabene Hand, welche hier das Ruder hält, in dieser Beziehung nicht so unterstützt werde, wie es die Zeit und das Wohl des Landes erfordert, und wenn die Opposition jetzt auf die Entlassung des ganzen Regierungspersonals hinarbeitet, so dürfen Sie nicht glauben, daß dieß nur ein Einfall von einigen Zeitungsredactoren sey, wie man von einer Seite her gern glaubhaft machen möchte; dieser Wunsch wird vielfach von kundigen und patriotisch gesinnten Männern unter allen Ständen getheilt. Daß er wirklich erreicht werde, ist dennoch vorerst kaum wahrscheinlich; es läßt sich sogar bezweifeln, ob seine Erfüllung in diesem Augenblick wirklich für Schweden wünschenswerth wäre. Die Frage ließe sich nur in dem Fall unbedingt bejahen, wenn andere tauglichere Männer da wären, um die verwaisten Aemter zu übernehmen und auf eine würdigere Weise zu bekleiden. Allein die Meinungen sind in diesem Punkt bei weitem nicht so einig, wie die Urtheile über das jetzige Personal, und dieß deutet auf ein tieferes Uebel hin, als daß man bloß eine unglückliche Wahl des Monarchen in der Bestellung der höchsten Staatsämter voraussetzen dürfte. Ich werde Ihnen hierüber Einiges mittheilen, was sich mir theils selbst als unmittelbare Erfahrung aufgedrungen hat, theils mir von denkenden Männern eröffnet worden ist, welche tiefere Blicke in die Verhältnisse gethan haben, als einem Fremden in kürzerer Zeit sonst möglich seyn kann.</p><lb/>
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          <p>Was erstens die Universitätsstudien betrifft, so können Sie sich einen Begriff von deren Mangelhaftigkeit in den hieher gehörigen Fächern machen, wenn Sie hören, daß die beiden Juristenfacultäten des Königreichs zusammengenommen nur drei ordentliche Professoren zählen, von denen zwei der Universität zu Upsala gehören, während in Lund die ganze Facultät durch einen einzigen Professor vertreten wird. Es ist leicht einzusehen, daß diese wenigen Professoren mit dem besten Willen unmöglich über alle oder auch nur über die für die Bildung der künftigen Beamten nothwendigsten juristischen Disciplinen lesen können, besonders da die Studienzeit hier fast ganz der Willkür der Studirenden überlassen ist, und daher die Civilisten selten über drei Semester auf der Universität verweilen, nur die Hälfte von der in Deutschland und sonst fast überall vorgeschriebenen Zeit. Wie unzweckmäßig und verderblich diese Einrichtung ist, springt noch mehr in die Augen, wenn man weiß, daß der schwedische Student bei weitem weniger vorbereitet auf die Universität kommt, als der deutsche, und noch einen Theil von seiner kurzen Universitätszeit auf Vorstudien, wie z. B. Mathematik, Geschichte u. s. w. verwenden muß. Ueberdieß sind die Semester bedeutend kürzer als auf den deutschen Universitäten, indem die hiesigen mehr als fünf Monate jährliche Ferien haben. Auf diese Weise geschieht es ganz natürlich, daß römisches Recht, Staatsrecht, Völkerrecht, Rechtsgeschichte, politische Oekonomie (denn auch diese sollte nach hiesiger Einrichtung einem der schon ohnedieß überladenen juristischen Professoren obliegen) gar nicht vorgetragen werden, mit einem Worte: Alles muß vermieden werden, was den Blick der Studirenden über den beschränkten Kreis der jetzt in Schweden gültigen positiven Civil-, Criminal- und Finanzgesetze erheben und erweitern könnte.</p><lb/>
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[0235/0011] Leben der Menschheit in der Regel begleitet ist, hier schon lange fühlbar gewesen sind, ohne daß bisher etwas besonders Ersprießliches daraus hervorgegangen wäre, so fragt es sich sehr natürlich, ob die Geburtshelfer die nöthigen Eigenschaften hatten, um die geburtsschwangere Zeit ihrem Ziele zuzuführen. Diese Frage scheint mir wichtig. Ich meine hier vor Allem die höheren Beamten, welche berufen sind, das skandinavische Staatsschiff durch die Stürme der Zeit steuern zu helfen. Denn eine feste Hand am Ruder selbst reicht nicht hin, wenn das alte modernde Schiff auf den sturmbewegten Wellen umherschaukelt. Es ist leider eine in Schweden ziemlich allgemein verbreitete Meinung, daß die erhabene Hand, welche hier das Ruder hält, in dieser Beziehung nicht so unterstützt werde, wie es die Zeit und das Wohl des Landes erfordert, und wenn die Opposition jetzt auf die Entlassung des ganzen Regierungspersonals hinarbeitet, so dürfen Sie nicht glauben, daß dieß nur ein Einfall von einigen Zeitungsredactoren sey, wie man von einer Seite her gern glaubhaft machen möchte; dieser Wunsch wird vielfach von kundigen und patriotisch gesinnten Männern unter allen Ständen getheilt. Daß er wirklich erreicht werde, ist dennoch vorerst kaum wahrscheinlich; es läßt sich sogar bezweifeln, ob seine Erfüllung in diesem Augenblick wirklich für Schweden wünschenswerth wäre. Die Frage ließe sich nur in dem Fall unbedingt bejahen, wenn andere tauglichere Männer da wären, um die verwaisten Aemter zu übernehmen und auf eine würdigere Weise zu bekleiden. Allein die Meinungen sind in diesem Punkt bei weitem nicht so einig, wie die Urtheile über das jetzige Personal, und dieß deutet auf ein tieferes Uebel hin, als daß man bloß eine unglückliche Wahl des Monarchen in der Bestellung der höchsten Staatsämter voraussetzen dürfte. Ich werde Ihnen hierüber Einiges mittheilen, was sich mir theils selbst als unmittelbare Erfahrung aufgedrungen hat, theils mir von denkenden Männern eröffnet worden ist, welche tiefere Blicke in die Verhältnisse gethan haben, als einem Fremden in kürzerer Zeit sonst möglich seyn kann. Es mangelt dem schwedischen Staatsbeamten – ich spreche hier nicht von dem Militär, den Geistlichen, Aerzten und Schullehrern – durchaus an Bildung für sein Fach. Die Studien der Civilisten, Juristen und Cameralisten sind au den Universitäten eben so verwahrlost, wie sie später durch Mangel an Staatsprüfungen und an Bemühungen der Vorgesetzten, die jüngern Praktikanten heranzubilden, auf eine fast unglaubliche Weise vernachlässigt werden. Was erstens die Universitätsstudien betrifft, so können Sie sich einen Begriff von deren Mangelhaftigkeit in den hieher gehörigen Fächern machen, wenn Sie hören, daß die beiden Juristenfacultäten des Königreichs zusammengenommen nur drei ordentliche Professoren zählen, von denen zwei der Universität zu Upsala gehören, während in Lund die ganze Facultät durch einen einzigen Professor vertreten wird. Es ist leicht einzusehen, daß diese wenigen Professoren mit dem besten Willen unmöglich über alle oder auch nur über die für die Bildung der künftigen Beamten nothwendigsten juristischen Disciplinen lesen können, besonders da die Studienzeit hier fast ganz der Willkür der Studirenden überlassen ist, und daher die Civilisten selten über drei Semester auf der Universität verweilen, nur die Hälfte von der in Deutschland und sonst fast überall vorgeschriebenen Zeit. Wie unzweckmäßig und verderblich diese Einrichtung ist, springt noch mehr in die Augen, wenn man weiß, daß der schwedische Student bei weitem weniger vorbereitet auf die Universität kommt, als der deutsche, und noch einen Theil von seiner kurzen Universitätszeit auf Vorstudien, wie z. B. Mathematik, Geschichte u. s. w. verwenden muß. Ueberdieß sind die Semester bedeutend kürzer als auf den deutschen Universitäten, indem die hiesigen mehr als fünf Monate jährliche Ferien haben. Auf diese Weise geschieht es ganz natürlich, daß römisches Recht, Staatsrecht, Völkerrecht, Rechtsgeschichte, politische Oekonomie (denn auch diese sollte nach hiesiger Einrichtung einem der schon ohnedieß überladenen juristischen Professoren obliegen) gar nicht vorgetragen werden, mit einem Worte: Alles muß vermieden werden, was den Blick der Studirenden über den beschränkten Kreis der jetzt in Schweden gültigen positiven Civil-, Criminal- und Finanzgesetze erheben und erweitern könnte. Was das römische Recht betrifft, so hat zwar dieses bekanntlich in Schweden niemals eine auch nur subsidiarische Gültigkeit erlangt, indem das schwedische Recht sich so ziemlich selbstständig aus dem altskandinavischen entwickelt hat. Das Studium des römischen Rechts hat daher, wenn man will, für den schwedischen Juristen keinen praktischen Werth, und nur die Wenigen, welche den Doctorgrad nehmen wollen, widmen ihm einige Aufmerksamkeit. Wie glücklich, würden wir Deutschen hiebei ausrufen können, muß nicht der schwedische Jurist seyn, der so recht fest auf vaterländischem Boden stehen kann, und keine Mischung, keine Collisionen zwischen fremdem und einheimischem Recht, und noch obendrein zwischen gemeinem Recht und Landrecht kennt! Wie dankbar und belehrend muß es nicht hier seyn, die Entwicklung des einheimischen Rechts durch die Jahrhunderte zu verfolgen, und wie viele Aufschlüsse zum bessern Verstande der Gegenwart müssen nicht auf diesem Weg erlangt werden können! Der schwedische Jurist aber fühlt nur wenig von diesem Glück, denn er hat sich in seinen Studienjahren in der Regel eben so wenig um die Rechtsgeschichte seines Vaterlandes, die auch noch ungeschrieben ist, bekümmert, als um die Institutionen und Pandekten, die er kaum dem Namen nach kennt, und in späteren Jahren ist natürlich noch weniger daran zu denken. Eben so wenig oder noch weniger kommt irgend ein Studium der fremden neueren Gesetzgebungen in Frage. Die ganze Jurisprudenz wird also nur auf ein Inventarium der bestehenden schwedischen Gesetze beschränkt, und auch diese studirt man auf eine höchst oberflächliche Art und ohne System. Wie kurz und beschränkt der Gesichtskreis der hiesigen Juristen demnach seyn muß, ist leicht zu urtheilen. Daß es Ausnahmen gibt, die sich durch eigene Kraft über die Menge emporgearbeitet haben, versteht sich von selbst, aber die sind selten und würden leicht gezählt werden können. Ein Beweis, wie wenig man im Allgemeinen das Bedürfniß einer gründlicheren Bildung in dieser Beziehung begreift, ist unter Anderm, daß ein Professor, der vor einigen Jahren in Upsala zum erstenmal anfing über die altschwedischen Gesetze zu lesen und an die zu Prüfenden einige mäßige Forderungen in dieser Beziehung zu stellen, durch diese Neuerung eine solche Erbitterung unter den Studirenden erregte, daß man es am Ende als ein Glück für die Ruhe der Universität betrachtete, daß der Professor bald wieder entfernt wurde, womit auch dann dieser Lehrgegenstand gleich aufhörte. Dieser Professor war derselbe Dr. Schlyter, der als Herausgeber der altschwedischen Landschaftsgesetzte rühmlichst bekannt ist. Er ward nach Lund versetzt. Der niedrige Standpunkt der schwedischen Juristen macht sich auch in der Litteratur bemerkbar, indem Schweden in neuester Zeit nicht ein einziges wissenschaftliches Werk aufzuweisen hat, welches auch nur seine eigene Gesetzkunde auf eine umfassende und systematische Weise genügend bearbeitet hätte. Blos einzelne Zweige, und zwar sehr wenige, oder eigentlich bloß das Kirchenrecht und Finanzrecht, sind bearbeitet worden.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 30. Augsburg, 30. Januar 1840, S. 0235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_030_18400130/11>, abgerufen am 24.11.2024.