Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 27. Augsburg, 27. Januar 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

wollte. Zu diesem Zweck hat man drei Vice-Präsidenten ernannt, welche zur Ernennung anderer Behörden schreiten sollten. Vor dem Ausbruche hat jedes Mitglied mit Ladung für 100 Schüffe sich zu versehen, wovon es 40 Patronen bei sich und 60 im Hause bewahren soll. Das erwähnte Heft enthält noch mehrere Bestimmungen, über deren Inhalt ich bestimmtere Nachweisungen abwarten will, ehe ich davon rede. - In den Papieren des Nikitas hat man nichts auf den Bund Bezügliches gefunden, aber die Beauftragten entdeckten drei mit einem Phönix-Siegel versehene Diplome, wovon eines die Adresse des Fregatten-Capitäns Kolandroutzos trug. - Die erwähnte Abfahrt des Staatsprocurators hatte das Resultat, daß man auf den Inseln Poros, Aegina und Spezzia in der Verschwörung Verwickelte überraschte und wichtige Papiere zur Hand bekam. Unsere Blätter klagen den Minister des Innern der Nachlässigkeit an, von der Gendarmerie auf das Bestehen solch eines geheimen Bundes schon früher aufmerksam gemacht worden zu seyn, und, die Sache als Chimäre behandelnd, durchaus keine Gegenmaaßregeln angeordnet zu haben. Man glaubt daher, daß sich der Minister Hr. Glarakis nicht halten werde. Die während dieser Tage erfolgte Absetzung des Gouverneurs von Attica, Axiottis, will man ebenfalls dessen Lässigkeit in Ueberwachung seines Amtes zuschreiben. - Folgende Erklärung wurde durch die Redaction des ministeriellen Couriers auf höhere Weisung veröffentlicht, während früher schon alle Diplomaten und Gouverneure der Provinzen dieselbe Mittheilung schriftlich erhielten: - "Athen, 28 Dec. Dieser Tage wurde die Autorität von der Existenz einer geheimen Gesellschaft unterrichtet, welche sich unter dem Namen "Philorthodoxia" bildete und deren Vorhaben war, die Provinzen Epirus, Thessalien und Macedonien aufzuwiegeln. Die thätigsten Maaßregeln wurden augenblicklich durch die Regierung gegen Ausführung der gefährlichen Ideen dieses strafbaren Bundes ergriffen, und die gerichtlichen Behörden fahren fort die strengsten Untersuchungen zu pflegen. Wir können daher in diesem Augenblick das Publicum vollkommen beruhigen in Betreff der Folgen solch thörichter Machinationen." Ungeachtet das Gerücht das griechische Neujahrsfest als den zum Ausbruch der Revolution bestimmten Tag bezeichnet hatte, werden der König und die Königin (wie noch alle Jahre) morgen am 1 Jan. (a. St.) in feierlichem Zug zur Irenenkirche fahren, um dort dem Te Deum beizuwohnen. Das Vertrauen des Königs ist unwandelbar.

Die Aufmerksamkeit der Regierung und des Publicums ist durch ein Ereigniß in Anspruch genommen, das zwar an und für sich eines ernsten Charakters nicht ermangelt, aber unter den Händen der Fama, die sich am liebsten von einseitigen und vagen Urtheilen nährt, zu einer seiner Natur fremden Bedeutsamkeit gelangt ist. Wir meinen die vor einigen Tagen entdeckte geheime Gesellschaft, die den Namen philorthodokhos trägt, und unter dem Prätexte "Religion und Vaterland" zunächst die Revoltirung der benachbarten türkischen Provinzen Thessalien, Epirus und Macedonien zum Zweck hatte. Die Regierung, deren loyale Gesinnung gegen den Nachbarstaat sich schon öfters in ihrer ganzen Uneigennützigkeit erprobt hat, verfehlte auch dießmal nicht, schleunigst die zweckdienlichsten und kräftigsten Maaßregeln zur Unterdrückung der Conspiration zu ergreifen, und eine Gesellschaft unschädlich zu machen, die, indem sie ernstlichst die Ruhe und den Frieden des Nachbarstaates bedrohte, zugleich mit den bestehenden Gesetzen des Königreichs sich in Conflict setzte. Die Agenten der Staatsgewalt haben sich bereits der Papiere versichert, die sich bei den Wohnungen der Verdächtigen vorgenommenen Visitationen vorfanden, und die strengste Untersuchung ist gegen die Theilnehmer der Gesellschaft im Gange. Ihre Chefs befinden sich in den Händen der Gerechtigkeit, von der das Publicum die unparteiliche Constatirung der Schuld der Theilnehmer und die Entscheidung ihres Looses mit völliger Beruhigung erwarten darf. - Wenn das griechische Gouvernement bei diesem unerfreulichen Anlasse strenge Energie und die unparteiischste Gerechtigkeit entwickelte, so werden ihm dafür nicht nur die Regierung Sultans Abdul-Medschid, sondern alle friedliebenden europäischen Cabinette aufrichtigen Dank wissen; denn die geheime Verbindung barg in ihrem Busen einen gefährlichen Funken, den der zur Unzeit geweckte Sturm des Fanatismus zu einer allgemeinen Kriegsflamme anfachen konnte. Es genügt für diese Ansicht die bis zum Volksglauben ausgebildete Meinung von der erfolgreichen Wichtigkeit des Jahres 1840 anzuführen. - Indem aber die griechische Regierung auch bei diesem Ereignisse ihre Stellung richtig auffaßte, und durch ihre Maaßregeln das gesteigerte Vertrauen der Cabinette gewinnen muß, kann sie nicht zugleich die Wünsche exaltirter politischer Parteien befriedigen, welche, das Ereigniß unter einem erweiterten, die Ordnung der Dinge in Griechenland selbst bedrohenden Gesichtspunkte darstellend, es als eine willkommene Erscheinung begrüßen, um es für ihre Interessen auszubeuten, allen ihrer Protection nicht Angehörigen die Makel der Verdächtigung aufzudrücken, und so die Leitung der Geschäfte ausschließend in ihre Hände zu spielen. Die Regierung wird auch dießmal ihrem Systeme getreu bleiben, sich über den Parteien zu halten. Jenen ihr Vertrauen entziehend, welche sich dessen unwürdig zeigen, wird sie bei der Wahl ihrer Diener stets nur deren persönliche Geltung vor Augen haben, ohne sich von den Antecedentien politischer Parteiungen bestimmen zu lassen, welche einer vorzeitlichen, dem griechischen Königthum fremden Epoche angehören. Sie ist bei diesem System des Beifalls der großen Mehrzahl der griechischen Bevölkerung gewiß, welche auch neuerdings wieder ihre Anhänglichkeit an den königlichen Thron und an die bestehende Ordnung durch eine laute Entrüstung über die Machinationen kund gethan hat, welche anfänglich das Gerücht der philorthodoxen Gesellschaft unterlegen wollte.

Türkei.

In den Fürstenthümern Moldau und Wallachei haben schon seit längerer Zeit geheime Verbindungen bestanden, deren Zweck dahin ging, auf Wiederherstellung des alten "Dacien" durch Vereinigung der beiden Fürstenthümer Moldau und Wallachei unter Einem Scepter hinzuarbeiten. So unverhohlen dahin zielende Wünsche vielseitig geäußert wurden, so schien man höhern Orts doch absichtlich keine Notiz davon nehmen zu wollen, wahrscheinlich weil man der Ueberzeugung war, daß der ganze Plan in nichts weiter als frommen Wünschen bestehe, dadurch aber ein gerichtliches Einschreiten nicht motivirt erschien. Allein in neuester Zeit ist man doch andern Sinnes geworden. Die Pforte sandte nämlich vor kurzem ganz unerwartet zwei Fermane an den Hofpodar der Wallachei, Fürsten Ghika, in deren einem dieser Fürst aufgefordert wird, die Unterdrückung der bestehenden geheimen Verbindungen mit aller Strenge zu bewirken. Der zweite Ferman betrifft ausschließlich den wallachischen Obristen Campinion, über welchen darin, wie es scheint, auf eine Denunciation hin, daß er eines der leitenden Mitglieder der Verbindungen sey, ohne vorausgegangene Untersuchung die Strafe der Verbannung ausgesprochen, und Philippopel als der Ort derselben bezeichnet wird. Obrist Campinion befand sich gerade in London, als er von der ihm drohenden Gefahr Kunde erhielt. Er machte sich sogleich auf den Rückweg nach Bucharest.

wollte. Zu diesem Zweck hat man drei Vice-Präsidenten ernannt, welche zur Ernennung anderer Behörden schreiten sollten. Vor dem Ausbruche hat jedes Mitglied mit Ladung für 100 Schüffe sich zu versehen, wovon es 40 Patronen bei sich und 60 im Hause bewahren soll. Das erwähnte Heft enthält noch mehrere Bestimmungen, über deren Inhalt ich bestimmtere Nachweisungen abwarten will, ehe ich davon rede. – In den Papieren des Nikitas hat man nichts auf den Bund Bezügliches gefunden, aber die Beauftragten entdeckten drei mit einem Phönix-Siegel versehene Diplome, wovon eines die Adresse des Fregatten-Capitäns Kolandroutzos trug. – Die erwähnte Abfahrt des Staatsprocurators hatte das Resultat, daß man auf den Inseln Poros, Aegina und Spezzia in der Verschwörung Verwickelte überraschte und wichtige Papiere zur Hand bekam. Unsere Blätter klagen den Minister des Innern der Nachlässigkeit an, von der Gendarmerie auf das Bestehen solch eines geheimen Bundes schon früher aufmerksam gemacht worden zu seyn, und, die Sache als Chimäre behandelnd, durchaus keine Gegenmaaßregeln angeordnet zu haben. Man glaubt daher, daß sich der Minister Hr. Glarakis nicht halten werde. Die während dieser Tage erfolgte Absetzung des Gouverneurs von Attica, Axiottis, will man ebenfalls dessen Lässigkeit in Ueberwachung seines Amtes zuschreiben. – Folgende Erklärung wurde durch die Redaction des ministeriellen Couriers auf höhere Weisung veröffentlicht, während früher schon alle Diplomaten und Gouverneure der Provinzen dieselbe Mittheilung schriftlich erhielten: – „Athen, 28 Dec. Dieser Tage wurde die Autorität von der Existenz einer geheimen Gesellschaft unterrichtet, welche sich unter dem Namen „Philorthodoxia“ bildete und deren Vorhaben war, die Provinzen Epirus, Thessalien und Macedonien aufzuwiegeln. Die thätigsten Maaßregeln wurden augenblicklich durch die Regierung gegen Ausführung der gefährlichen Ideen dieses strafbaren Bundes ergriffen, und die gerichtlichen Behörden fahren fort die strengsten Untersuchungen zu pflegen. Wir können daher in diesem Augenblick das Publicum vollkommen beruhigen in Betreff der Folgen solch thörichter Machinationen.“ Ungeachtet das Gerücht das griechische Neujahrsfest als den zum Ausbruch der Revolution bestimmten Tag bezeichnet hatte, werden der König und die Königin (wie noch alle Jahre) morgen am 1 Jan. (a. St.) in feierlichem Zug zur Irenenkirche fahren, um dort dem Te Deum beizuwohnen. Das Vertrauen des Königs ist unwandelbar.

Die Aufmerksamkeit der Regierung und des Publicums ist durch ein Ereigniß in Anspruch genommen, das zwar an und für sich eines ernsten Charakters nicht ermangelt, aber unter den Händen der Fama, die sich am liebsten von einseitigen und vagen Urtheilen nährt, zu einer seiner Natur fremden Bedeutsamkeit gelangt ist. Wir meinen die vor einigen Tagen entdeckte geheime Gesellschaft, die den Namen φιλορϑοδοχος trägt, und unter dem Prätexte „Religion und Vaterland“ zunächst die Revoltirung der benachbarten türkischen Provinzen Thessalien, Epirus und Macedonien zum Zweck hatte. Die Regierung, deren loyale Gesinnung gegen den Nachbarstaat sich schon öfters in ihrer ganzen Uneigennützigkeit erprobt hat, verfehlte auch dießmal nicht, schleunigst die zweckdienlichsten und kräftigsten Maaßregeln zur Unterdrückung der Conspiration zu ergreifen, und eine Gesellschaft unschädlich zu machen, die, indem sie ernstlichst die Ruhe und den Frieden des Nachbarstaates bedrohte, zugleich mit den bestehenden Gesetzen des Königreichs sich in Conflict setzte. Die Agenten der Staatsgewalt haben sich bereits der Papiere versichert, die sich bei den Wohnungen der Verdächtigen vorgenommenen Visitationen vorfanden, und die strengste Untersuchung ist gegen die Theilnehmer der Gesellschaft im Gange. Ihre Chefs befinden sich in den Händen der Gerechtigkeit, von der das Publicum die unparteiliche Constatirung der Schuld der Theilnehmer und die Entscheidung ihres Looses mit völliger Beruhigung erwarten darf. – Wenn das griechische Gouvernement bei diesem unerfreulichen Anlasse strenge Energie und die unparteiischste Gerechtigkeit entwickelte, so werden ihm dafür nicht nur die Regierung Sultans Abdul-Medschid, sondern alle friedliebenden europäischen Cabinette aufrichtigen Dank wissen; denn die geheime Verbindung barg in ihrem Busen einen gefährlichen Funken, den der zur Unzeit geweckte Sturm des Fanatismus zu einer allgemeinen Kriegsflamme anfachen konnte. Es genügt für diese Ansicht die bis zum Volksglauben ausgebildete Meinung von der erfolgreichen Wichtigkeit des Jahres 1840 anzuführen. – Indem aber die griechische Regierung auch bei diesem Ereignisse ihre Stellung richtig auffaßte, und durch ihre Maaßregeln das gesteigerte Vertrauen der Cabinette gewinnen muß, kann sie nicht zugleich die Wünsche exaltirter politischer Parteien befriedigen, welche, das Ereigniß unter einem erweiterten, die Ordnung der Dinge in Griechenland selbst bedrohenden Gesichtspunkte darstellend, es als eine willkommene Erscheinung begrüßen, um es für ihre Interessen auszubeuten, allen ihrer Protection nicht Angehörigen die Makel der Verdächtigung aufzudrücken, und so die Leitung der Geschäfte ausschließend in ihre Hände zu spielen. Die Regierung wird auch dießmal ihrem Systeme getreu bleiben, sich über den Parteien zu halten. Jenen ihr Vertrauen entziehend, welche sich dessen unwürdig zeigen, wird sie bei der Wahl ihrer Diener stets nur deren persönliche Geltung vor Augen haben, ohne sich von den Antecedentien politischer Parteiungen bestimmen zu lassen, welche einer vorzeitlichen, dem griechischen Königthum fremden Epoche angehören. Sie ist bei diesem System des Beifalls der großen Mehrzahl der griechischen Bevölkerung gewiß, welche auch neuerdings wieder ihre Anhänglichkeit an den königlichen Thron und an die bestehende Ordnung durch eine laute Entrüstung über die Machinationen kund gethan hat, welche anfänglich das Gerücht der philorthodoxen Gesellschaft unterlegen wollte.

Türkei.

In den Fürstenthümern Moldau und Wallachei haben schon seit längerer Zeit geheime Verbindungen bestanden, deren Zweck dahin ging, auf Wiederherstellung des alten „Dacien“ durch Vereinigung der beiden Fürstenthümer Moldau und Wallachei unter Einem Scepter hinzuarbeiten. So unverhohlen dahin zielende Wünsche vielseitig geäußert wurden, so schien man höhern Orts doch absichtlich keine Notiz davon nehmen zu wollen, wahrscheinlich weil man der Ueberzeugung war, daß der ganze Plan in nichts weiter als frommen Wünschen bestehe, dadurch aber ein gerichtliches Einschreiten nicht motivirt erschien. Allein in neuester Zeit ist man doch andern Sinnes geworden. Die Pforte sandte nämlich vor kurzem ganz unerwartet zwei Fermane an den Hofpodar der Wallachei, Fürsten Ghika, in deren einem dieser Fürst aufgefordert wird, die Unterdrückung der bestehenden geheimen Verbindungen mit aller Strenge zu bewirken. Der zweite Ferman betrifft ausschließlich den wallachischen Obristen Campinion, über welchen darin, wie es scheint, auf eine Denunciation hin, daß er eines der leitenden Mitglieder der Verbindungen sey, ohne vorausgegangene Untersuchung die Strafe der Verbannung ausgesprochen, und Philippopel als der Ort derselben bezeichnet wird. Obrist Campinion befand sich gerade in London, als er von der ihm drohenden Gefahr Kunde erhielt. Er machte sich sogleich auf den Rückweg nach Bucharest.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0006" n="0214"/>
wollte. Zu diesem Zweck hat man drei Vice-Präsidenten ernannt, welche zur Ernennung anderer Behörden schreiten sollten. Vor dem Ausbruche hat jedes Mitglied mit Ladung für 100 Schüffe sich zu versehen, wovon es 40 Patronen bei sich und 60 im Hause bewahren soll. Das erwähnte Heft enthält noch mehrere Bestimmungen, über deren Inhalt ich bestimmtere Nachweisungen abwarten will, ehe ich davon rede. &#x2013; In den Papieren des Nikitas hat man nichts auf den Bund Bezügliches gefunden, aber die Beauftragten entdeckten drei mit einem Phönix-Siegel versehene Diplome, wovon eines die Adresse des Fregatten-Capitäns Kolandroutzos trug. &#x2013; Die erwähnte Abfahrt des Staatsprocurators hatte das Resultat, daß man auf den Inseln Poros, Aegina und Spezzia in der Verschwörung Verwickelte überraschte und wichtige Papiere zur Hand bekam. Unsere Blätter klagen den Minister des Innern der Nachlässigkeit an, von der Gendarmerie auf das Bestehen solch eines geheimen Bundes schon früher aufmerksam gemacht worden zu seyn, und, die Sache als Chimäre behandelnd, durchaus keine Gegenmaaßregeln angeordnet zu haben. Man glaubt daher, daß sich der Minister Hr. Glarakis nicht halten werde. Die während dieser Tage erfolgte Absetzung des Gouverneurs von Attica, Axiottis, will man ebenfalls dessen Lässigkeit in Ueberwachung seines Amtes zuschreiben. &#x2013; Folgende Erklärung wurde durch die Redaction des ministeriellen Couriers auf höhere Weisung veröffentlicht, während früher schon alle Diplomaten und Gouverneure der Provinzen dieselbe Mittheilung schriftlich erhielten: &#x2013; &#x201E;<hi rendition="#b">Athen,</hi> 28 Dec. Dieser Tage wurde die Autorität von der Existenz einer geheimen Gesellschaft unterrichtet, welche sich unter dem Namen &#x201E;Philorthodoxia&#x201C; bildete und deren Vorhaben war, die Provinzen Epirus, Thessalien und Macedonien aufzuwiegeln. Die thätigsten Maaßregeln wurden augenblicklich durch die Regierung gegen Ausführung der gefährlichen Ideen dieses strafbaren Bundes ergriffen, und die gerichtlichen Behörden fahren fort die strengsten Untersuchungen zu pflegen. Wir können daher in diesem Augenblick das Publicum vollkommen beruhigen in Betreff der Folgen solch thörichter Machinationen.&#x201C; Ungeachtet das Gerücht das griechische Neujahrsfest als den zum Ausbruch der Revolution bestimmten Tag bezeichnet hatte, werden der König und die Königin (wie noch alle Jahre) morgen am 1 Jan. (a. St.) in feierlichem Zug zur Irenenkirche fahren, um dort dem Te Deum beizuwohnen. Das Vertrauen des Königs ist unwandelbar.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Athen,</hi> 12 Jan.</dateline>
          <p> Die Aufmerksamkeit der Regierung und des Publicums ist durch ein Ereigniß in Anspruch genommen, das zwar an und für sich eines ernsten Charakters nicht ermangelt, aber unter den Händen der Fama, die sich am liebsten von einseitigen und vagen Urtheilen nährt, zu einer seiner Natur fremden Bedeutsamkeit gelangt ist. Wir meinen die vor einigen Tagen entdeckte <hi rendition="#g">geheime Gesellschaft</hi>, die den Namen &#x03C6;&#x03B9;&#x03BB;&#x03BF;&#x03C1;&#x03D1;&#x03BF;&#x03B4;&#x03BF;&#x03C7;&#x03BF;&#x03C2; trägt, und unter dem Prätexte &#x201E;Religion und Vaterland&#x201C; zunächst die Revoltirung der benachbarten türkischen Provinzen Thessalien, Epirus und Macedonien zum Zweck hatte. Die Regierung, deren loyale Gesinnung gegen den Nachbarstaat sich schon öfters in ihrer ganzen Uneigennützigkeit erprobt hat, verfehlte auch dießmal nicht, schleunigst die zweckdienlichsten und kräftigsten Maaßregeln zur Unterdrückung der Conspiration zu ergreifen, und eine Gesellschaft unschädlich zu machen, die, indem sie ernstlichst die Ruhe und den Frieden des Nachbarstaates bedrohte, zugleich mit den bestehenden Gesetzen des Königreichs sich in Conflict setzte. Die Agenten der Staatsgewalt haben sich bereits der Papiere versichert, die sich bei den Wohnungen der Verdächtigen vorgenommenen Visitationen vorfanden, und die strengste Untersuchung ist gegen die Theilnehmer der Gesellschaft im Gange. Ihre Chefs befinden sich in den Händen der Gerechtigkeit, von der das Publicum die unparteiliche Constatirung der Schuld der Theilnehmer und die Entscheidung ihres Looses mit völliger Beruhigung erwarten darf. &#x2013; Wenn das griechische Gouvernement bei diesem unerfreulichen Anlasse strenge Energie und die unparteiischste Gerechtigkeit entwickelte, so werden ihm dafür nicht nur die Regierung Sultans Abdul-Medschid, sondern alle friedliebenden europäischen Cabinette aufrichtigen Dank wissen; denn die geheime Verbindung barg in ihrem Busen einen gefährlichen Funken, den der zur Unzeit geweckte Sturm des Fanatismus zu einer allgemeinen Kriegsflamme anfachen konnte. Es genügt für diese Ansicht die bis zum Volksglauben ausgebildete Meinung von der erfolgreichen Wichtigkeit des Jahres 1840 anzuführen. &#x2013; Indem aber die griechische Regierung auch bei diesem Ereignisse ihre Stellung richtig auffaßte, und durch ihre Maaßregeln das gesteigerte Vertrauen der Cabinette gewinnen muß, kann sie nicht zugleich die Wünsche exaltirter politischer Parteien befriedigen, welche, das Ereigniß unter einem erweiterten, die Ordnung der Dinge in Griechenland selbst bedrohenden Gesichtspunkte darstellend, es als eine willkommene Erscheinung begrüßen, um es für ihre Interessen auszubeuten, allen ihrer Protection nicht Angehörigen die Makel der Verdächtigung aufzudrücken, und so die Leitung der Geschäfte ausschließend in ihre Hände zu spielen. Die Regierung wird auch dießmal ihrem Systeme getreu bleiben, <hi rendition="#g">sich über den Parteien zu halten</hi>. Jenen ihr Vertrauen entziehend, welche sich dessen unwürdig zeigen, wird sie bei der Wahl ihrer Diener stets nur deren <hi rendition="#g">persönliche Geltung</hi> vor Augen haben, ohne sich von den Antecedentien politischer Parteiungen bestimmen zu lassen, welche einer vorzeitlichen, dem griechischen Königthum fremden Epoche angehören. Sie ist bei diesem System des Beifalls der großen Mehrzahl der griechischen Bevölkerung gewiß, welche auch neuerdings wieder ihre Anhänglichkeit an den königlichen Thron und an die bestehende Ordnung durch eine laute Entrüstung über die Machinationen kund gethan hat, welche anfänglich das Gerücht der philorthodoxen Gesellschaft unterlegen wollte.</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Türkei.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Von der türkischen Gränze,</hi> 12 Jan.</dateline>
          <p> In den Fürstenthümern Moldau und Wallachei haben schon seit längerer Zeit geheime Verbindungen bestanden, deren Zweck dahin ging, auf Wiederherstellung des alten &#x201E;Dacien&#x201C; durch Vereinigung der beiden Fürstenthümer Moldau und Wallachei unter Einem Scepter hinzuarbeiten. So unverhohlen dahin zielende Wünsche vielseitig geäußert wurden, so schien man höhern Orts doch absichtlich keine Notiz davon nehmen zu wollen, wahrscheinlich weil man der Ueberzeugung war, daß der ganze Plan in nichts weiter als frommen Wünschen bestehe, dadurch aber ein gerichtliches Einschreiten nicht motivirt erschien. Allein in neuester Zeit ist man doch andern Sinnes geworden. Die Pforte sandte nämlich vor kurzem ganz unerwartet zwei Fermane an den Hofpodar der Wallachei, Fürsten Ghika, in deren einem dieser Fürst aufgefordert wird, die Unterdrückung der bestehenden geheimen Verbindungen mit aller Strenge zu bewirken. Der zweite Ferman betrifft ausschließlich den wallachischen Obristen Campinion, über welchen darin, wie es scheint, auf eine Denunciation hin, daß er eines der leitenden Mitglieder der Verbindungen sey, ohne vorausgegangene Untersuchung die Strafe der Verbannung ausgesprochen, und Philippopel als der Ort derselben bezeichnet wird. Obrist Campinion befand sich gerade in London, als er von der ihm drohenden Gefahr Kunde erhielt. Er machte sich sogleich auf den Rückweg nach Bucharest.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0214/0006] wollte. Zu diesem Zweck hat man drei Vice-Präsidenten ernannt, welche zur Ernennung anderer Behörden schreiten sollten. Vor dem Ausbruche hat jedes Mitglied mit Ladung für 100 Schüffe sich zu versehen, wovon es 40 Patronen bei sich und 60 im Hause bewahren soll. Das erwähnte Heft enthält noch mehrere Bestimmungen, über deren Inhalt ich bestimmtere Nachweisungen abwarten will, ehe ich davon rede. – In den Papieren des Nikitas hat man nichts auf den Bund Bezügliches gefunden, aber die Beauftragten entdeckten drei mit einem Phönix-Siegel versehene Diplome, wovon eines die Adresse des Fregatten-Capitäns Kolandroutzos trug. – Die erwähnte Abfahrt des Staatsprocurators hatte das Resultat, daß man auf den Inseln Poros, Aegina und Spezzia in der Verschwörung Verwickelte überraschte und wichtige Papiere zur Hand bekam. Unsere Blätter klagen den Minister des Innern der Nachlässigkeit an, von der Gendarmerie auf das Bestehen solch eines geheimen Bundes schon früher aufmerksam gemacht worden zu seyn, und, die Sache als Chimäre behandelnd, durchaus keine Gegenmaaßregeln angeordnet zu haben. Man glaubt daher, daß sich der Minister Hr. Glarakis nicht halten werde. Die während dieser Tage erfolgte Absetzung des Gouverneurs von Attica, Axiottis, will man ebenfalls dessen Lässigkeit in Ueberwachung seines Amtes zuschreiben. – Folgende Erklärung wurde durch die Redaction des ministeriellen Couriers auf höhere Weisung veröffentlicht, während früher schon alle Diplomaten und Gouverneure der Provinzen dieselbe Mittheilung schriftlich erhielten: – „Athen, 28 Dec. Dieser Tage wurde die Autorität von der Existenz einer geheimen Gesellschaft unterrichtet, welche sich unter dem Namen „Philorthodoxia“ bildete und deren Vorhaben war, die Provinzen Epirus, Thessalien und Macedonien aufzuwiegeln. Die thätigsten Maaßregeln wurden augenblicklich durch die Regierung gegen Ausführung der gefährlichen Ideen dieses strafbaren Bundes ergriffen, und die gerichtlichen Behörden fahren fort die strengsten Untersuchungen zu pflegen. Wir können daher in diesem Augenblick das Publicum vollkommen beruhigen in Betreff der Folgen solch thörichter Machinationen.“ Ungeachtet das Gerücht das griechische Neujahrsfest als den zum Ausbruch der Revolution bestimmten Tag bezeichnet hatte, werden der König und die Königin (wie noch alle Jahre) morgen am 1 Jan. (a. St.) in feierlichem Zug zur Irenenkirche fahren, um dort dem Te Deum beizuwohnen. Das Vertrauen des Königs ist unwandelbar. _ Athen, 12 Jan. Die Aufmerksamkeit der Regierung und des Publicums ist durch ein Ereigniß in Anspruch genommen, das zwar an und für sich eines ernsten Charakters nicht ermangelt, aber unter den Händen der Fama, die sich am liebsten von einseitigen und vagen Urtheilen nährt, zu einer seiner Natur fremden Bedeutsamkeit gelangt ist. Wir meinen die vor einigen Tagen entdeckte geheime Gesellschaft, die den Namen φιλορϑοδοχος trägt, und unter dem Prätexte „Religion und Vaterland“ zunächst die Revoltirung der benachbarten türkischen Provinzen Thessalien, Epirus und Macedonien zum Zweck hatte. Die Regierung, deren loyale Gesinnung gegen den Nachbarstaat sich schon öfters in ihrer ganzen Uneigennützigkeit erprobt hat, verfehlte auch dießmal nicht, schleunigst die zweckdienlichsten und kräftigsten Maaßregeln zur Unterdrückung der Conspiration zu ergreifen, und eine Gesellschaft unschädlich zu machen, die, indem sie ernstlichst die Ruhe und den Frieden des Nachbarstaates bedrohte, zugleich mit den bestehenden Gesetzen des Königreichs sich in Conflict setzte. Die Agenten der Staatsgewalt haben sich bereits der Papiere versichert, die sich bei den Wohnungen der Verdächtigen vorgenommenen Visitationen vorfanden, und die strengste Untersuchung ist gegen die Theilnehmer der Gesellschaft im Gange. Ihre Chefs befinden sich in den Händen der Gerechtigkeit, von der das Publicum die unparteiliche Constatirung der Schuld der Theilnehmer und die Entscheidung ihres Looses mit völliger Beruhigung erwarten darf. – Wenn das griechische Gouvernement bei diesem unerfreulichen Anlasse strenge Energie und die unparteiischste Gerechtigkeit entwickelte, so werden ihm dafür nicht nur die Regierung Sultans Abdul-Medschid, sondern alle friedliebenden europäischen Cabinette aufrichtigen Dank wissen; denn die geheime Verbindung barg in ihrem Busen einen gefährlichen Funken, den der zur Unzeit geweckte Sturm des Fanatismus zu einer allgemeinen Kriegsflamme anfachen konnte. Es genügt für diese Ansicht die bis zum Volksglauben ausgebildete Meinung von der erfolgreichen Wichtigkeit des Jahres 1840 anzuführen. – Indem aber die griechische Regierung auch bei diesem Ereignisse ihre Stellung richtig auffaßte, und durch ihre Maaßregeln das gesteigerte Vertrauen der Cabinette gewinnen muß, kann sie nicht zugleich die Wünsche exaltirter politischer Parteien befriedigen, welche, das Ereigniß unter einem erweiterten, die Ordnung der Dinge in Griechenland selbst bedrohenden Gesichtspunkte darstellend, es als eine willkommene Erscheinung begrüßen, um es für ihre Interessen auszubeuten, allen ihrer Protection nicht Angehörigen die Makel der Verdächtigung aufzudrücken, und so die Leitung der Geschäfte ausschließend in ihre Hände zu spielen. Die Regierung wird auch dießmal ihrem Systeme getreu bleiben, sich über den Parteien zu halten. Jenen ihr Vertrauen entziehend, welche sich dessen unwürdig zeigen, wird sie bei der Wahl ihrer Diener stets nur deren persönliche Geltung vor Augen haben, ohne sich von den Antecedentien politischer Parteiungen bestimmen zu lassen, welche einer vorzeitlichen, dem griechischen Königthum fremden Epoche angehören. Sie ist bei diesem System des Beifalls der großen Mehrzahl der griechischen Bevölkerung gewiß, welche auch neuerdings wieder ihre Anhänglichkeit an den königlichen Thron und an die bestehende Ordnung durch eine laute Entrüstung über die Machinationen kund gethan hat, welche anfänglich das Gerücht der philorthodoxen Gesellschaft unterlegen wollte. Türkei. _ Von der türkischen Gränze, 12 Jan. In den Fürstenthümern Moldau und Wallachei haben schon seit längerer Zeit geheime Verbindungen bestanden, deren Zweck dahin ging, auf Wiederherstellung des alten „Dacien“ durch Vereinigung der beiden Fürstenthümer Moldau und Wallachei unter Einem Scepter hinzuarbeiten. So unverhohlen dahin zielende Wünsche vielseitig geäußert wurden, so schien man höhern Orts doch absichtlich keine Notiz davon nehmen zu wollen, wahrscheinlich weil man der Ueberzeugung war, daß der ganze Plan in nichts weiter als frommen Wünschen bestehe, dadurch aber ein gerichtliches Einschreiten nicht motivirt erschien. Allein in neuester Zeit ist man doch andern Sinnes geworden. Die Pforte sandte nämlich vor kurzem ganz unerwartet zwei Fermane an den Hofpodar der Wallachei, Fürsten Ghika, in deren einem dieser Fürst aufgefordert wird, die Unterdrückung der bestehenden geheimen Verbindungen mit aller Strenge zu bewirken. Der zweite Ferman betrifft ausschließlich den wallachischen Obristen Campinion, über welchen darin, wie es scheint, auf eine Denunciation hin, daß er eines der leitenden Mitglieder der Verbindungen sey, ohne vorausgegangene Untersuchung die Strafe der Verbannung ausgesprochen, und Philippopel als der Ort derselben bezeichnet wird. Obrist Campinion befand sich gerade in London, als er von der ihm drohenden Gefahr Kunde erhielt. Er machte sich sogleich auf den Rückweg nach Bucharest.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_027_18400127
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_027_18400127/6
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 27. Augsburg, 27. Januar 1840, S. 0214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_027_18400127/6>, abgerufen am 21.12.2024.