Allgemeine Zeitung. Nr. 22. Augsburg, 22. Januar 1840.Die beiden für den transatlantischen Dienst verwendeten großen Dampfboote Great Western und British Queen bedürfen jetzt Reparaturen, die man bei ersterm (das in dem eben abgelaufenen Jahr gegen 35,000 Seemeilen zurücklegte) auf 6000, bei dem andern auf 13,000 Pf. St. veranschlagt. Nach den letzten Berichten vom Cap der guten Hoffnung, d. d. 6 Nov., war die Lage der ausgewanderten Boers in Port Natal eine günstigere geworden, aber sie fürchteten noch immer Verrath von Seite der Zulas. Das Gerücht, daß das Gouvernement seine Truppen von Port Natal zurückziehen wolle, hatte sich wieder verloren. London, 14 Jan. Williams ist ebenfalls des Hochverraths schuldig befunden, aber so wie Frost zur Gnade empfohlen worden. Man schließt daher ganz richtig, wenn Leute an Ort und Stelle und aus den Classen, gegen welche die Newporter Insurrection noch directer gerichtet war, als gegen die Regierung selbst, so mild über die Rädelsführer urtheilen, so könne und dürfe die Regierung, was auch die Entscheidung der Richter seyn möge, dieselben nicht am Leben strafen. Leider aber wird diese neue Milde nur als Ermunterung zu neuen Gewaltthätigkeiten dienen, da die Chartisten sie der Furcht der höheren Classen zuschreiben werden. Die Tories aber sagen, die Whigs dürften gegen diese Leute nicht streng seyn, weil sie selbst so viele Jahre lang das Volk aufgeregt und namentlich 1832 es zu Gewaltthätigkeiten ermuntert hätten. Besonders urgiren sie den von Lord John Russell bei einem Gastmahle zu Liverpool gebrauchten Ausdruck, er halte es als Minister des Innern am gerathensten, das Volk in seinen Versammlungen nicht zu stören, und demselben die Gelegenheit nicht zu benehmen, sich über seine wirklichen oder vermeinten Beschwerden auszusprechen. Das letzte Stück des Quarterly Review erneuert aufs umständlichste die Beschuldigung, daß diese Erklärung die Quelle aller gegenwärtigen Uebel und Gefahren sey; wir dürfen also erwarten, daß dieser Punkt die Hauptklage der Conservativen gegen ihn bei der Parlamentsversammlung seyn wird, wo nach einigen eine Untersuchung seiner Amtsführung wie die gegen Lord Normanby, vorgeschlagen werden soll. Ein noch bedeutsameres Gerücht ist, daß die Regierung dem Parlament die Verkündigung zu machen habe, der Königin Einkommen sey nicht hinreichend für ihren Hofstaat, und sie habe sich genöthigt gesehen, gegen 350,000 Pf. St. Schulden zu machen! Dieß wäre höchst auffallend, da man ihr sogar mehr bewilligt hatte, als König Wilhelm für sich und seine zehn Kinder erhielt. Es wäre um so beklagenswerther, als die Herabsetzung des Briefporto's nothwendig einen Ausfall herbeiführen muß, welchen gleicherweise die Abnahme in der Ein- und Ausfuhr, wie im Fabrikwesen überhaupt, voraussehen läßt, während die Nation durchaus nicht gelaunt ist, sich neue Steuern auflegen zu lassen. Der Hof würde dann der Verschwendung um so mehr angeklagt, als man von seiner Freigebigkeit bis jetzt nicht viel zu rühmen hatte. Die Minister aber würden einen Sturm erfahren, der sie trotz aller Hofgunst von ihren Posten treiben würde. Die Stellung ihrer Nachfolger würde dadurch nur um so schwieriger werden, sowohl gegenüber der Königin, als in Bezug auf die Nation. Hoffentlich aber ist es nur ein Torygerücht; und wenn dem so ist, so werden die Minister es nicht schwer finden, das Parlament zur Bewilligung eines ansehnlichen Jahrgeldes für Prinz Albert zu bewegen. Die Tories würden es kaum wagen, auf die Gefahr hin, für immer die Hofgunst zu verscherzen, durch unzeitige Widersetzlichkeit um die Gunst der Chartisten zu buhlen. Ja, ihre Journale, namentlich die Times, sind aufgebracht, daß O'Connell ihnen in Freigebigkeit zuvorgekommen, und sich im Namen der irischen Katholiken bereit erklärt, in jede Summe, die man nur verlangen möge, zu willigen. Die Times ist dabei ungroßmüthig genug, ein Volk, welches einst durch die Habsucht von Protestanten seiner Güter beraubt wurde, ein Bettelpack zu schimpfen. Dieß ist indessen nur eine von den vielen Vergehungen, deren sich die Tories täglich gegen Irland schuldig machen, und ein Beleg der Verachtung, wo nicht des Hasses, womit sie dessen Volk betrachten, besonders seitdem sie durch Irlands Repräsentanten allein von der höchsten Gewalt geschieden bleiben. Wenn die Tories sich auch, wie seit einigen Wochen wieder geschehen, noch so sehr zu bezähmen suchen, so brechen jene Gesinnungen immer wieder durch. Sie erscheinen in einem fast lächerlichen Widerspruch, wenn man sie sich zu gleicher Zeit wundern sieht, daß es Leute gebe, die im Ernste glauben könnten, ihre Partei hege andere als die freundlichsten Gesinnungen gegen Irland, und habe irgend was Anderes im Schilde, als die Emancipationsacte im ausgedehntesten Sinn geltend zu machen! Gewiß haben sie recht, wenn sie nicht von der Masse ihres Anhangs, sondern von ihren Häuptern reden. Die große Versammlung aber, welche so eben in Dublin stattgefunden, und besonders die von dem Herzoge v. Leinster und dem Grafen Charlemont ausgegangene "Adresse an die brittische Nation" (s. oben) zeigt, daß nicht nur die irischen Katholiken, sondern auch die Protestanten der Whigpartei entschlossen sind, jene wilden Ausbrüche mancher Tories und ihrer Journale gegen die Katholiken zu benützen, um Peel die Verwaltung Irlands unmöglich zu machen. Freilich läßt sich zugleich aus den häufigen Klagen der Redner über die Gleichgültigkeit des Volkes bei so großer Aufreizung, und über den Mangel an Geldbeiträgen zu dem Registrationsverein, abnehmen, daß die Massen gegen politische Aufregung gleichgültiger geworden. Dieß ist aber doch nur ein Beweis, daß dieselben zu der jetzigen Verwaltung Vertrauen hegen, indem sie in ihren täglichen Verhältnissen deren Schutz gegen ihre ehemaligen Verfolger empfinden; und keiner weiß besser als Peel, daß dieß unter einer Verwaltung, in welcher Orangisten das Uebergewicht hätten, nicht einen Tag lang so bleiben würde. -- Die Nachrichten aus Jamaica lauten fortwährend sehr erfreulich. Auch in den Canadas bleibt es ruhig. Die Vorschläge der Regierung aber an den Congreß von Ober-Canada wegen der Vereinigung beider Provinzen, auf der Basis einer wahren Volksvertretung und verantwortlichen Verwaltung, hat zu heftigen Debatten Anlaß gegeben, wobei die Regierung die bittersten Gegner an den Beamten gefunden. Doch dürften dieselben seitdem etwas zahmer geworden seyn, da der Generalgouverneur eine Depesche von Lord John Russell bekannt gemacht hat, wodurch das System, nach welchem die einmal verliehenen Stellen in den Colonien unter fast allen Umständen den Inhabern bis an ihrem Tod verblieben, aufgehoben wird. Im Gegentheil sollen solche Aemter, welche genau mit der ministeriellen Verwaltung zusammenhängen, künftig in der Regel mit der Veränderung des Statthalters ebenfalls neu besetzt werden. Bei dem Plane der Vereinigung der beiden Canadas wollen übrigens manche unparteiische und umsichtige Männer eine Gefahr für die Verbindung mit dem Mutterlande erkennen, welche entstehen müßte, wenn die Republicaner von Ober-Canada mit den unzufriedenen Franzosen der untern Provinz gemeinschaftliche Sache gegen die Loyalisten machten. Frankreich. Paris, 17 Jan. Am 16 Jan. um halb 9 Uhr Abends ward die mit Ueberreichung der Antwortsadresse auf die Thronrede an den König beauftragte große Deputation der Deputirtenkammer von Sr. Die beiden für den transatlantischen Dienst verwendeten großen Dampfboote Great Western und British Queen bedürfen jetzt Reparaturen, die man bei ersterm (das in dem eben abgelaufenen Jahr gegen 35,000 Seemeilen zurücklegte) auf 6000, bei dem andern auf 13,000 Pf. St. veranschlagt. Nach den letzten Berichten vom Cap der guten Hoffnung, d. d. 6 Nov., war die Lage der ausgewanderten Boers in Port Natal eine günstigere geworden, aber sie fürchteten noch immer Verrath von Seite der Zulas. Das Gerücht, daß das Gouvernement seine Truppen von Port Natal zurückziehen wolle, hatte sich wieder verloren. London, 14 Jan. Williams ist ebenfalls des Hochverraths schuldig befunden, aber so wie Frost zur Gnade empfohlen worden. Man schließt daher ganz richtig, wenn Leute an Ort und Stelle und aus den Classen, gegen welche die Newporter Insurrection noch directer gerichtet war, als gegen die Regierung selbst, so mild über die Rädelsführer urtheilen, so könne und dürfe die Regierung, was auch die Entscheidung der Richter seyn möge, dieselben nicht am Leben strafen. Leider aber wird diese neue Milde nur als Ermunterung zu neuen Gewaltthätigkeiten dienen, da die Chartisten sie der Furcht der höheren Classen zuschreiben werden. Die Tories aber sagen, die Whigs dürften gegen diese Leute nicht streng seyn, weil sie selbst so viele Jahre lang das Volk aufgeregt und namentlich 1832 es zu Gewaltthätigkeiten ermuntert hätten. Besonders urgiren sie den von Lord John Russell bei einem Gastmahle zu Liverpool gebrauchten Ausdruck, er halte es als Minister des Innern am gerathensten, das Volk in seinen Versammlungen nicht zu stören, und demselben die Gelegenheit nicht zu benehmen, sich über seine wirklichen oder vermeinten Beschwerden auszusprechen. Das letzte Stück des Quarterly Review erneuert aufs umständlichste die Beschuldigung, daß diese Erklärung die Quelle aller gegenwärtigen Uebel und Gefahren sey; wir dürfen also erwarten, daß dieser Punkt die Hauptklage der Conservativen gegen ihn bei der Parlamentsversammlung seyn wird, wo nach einigen eine Untersuchung seiner Amtsführung wie die gegen Lord Normanby, vorgeschlagen werden soll. Ein noch bedeutsameres Gerücht ist, daß die Regierung dem Parlament die Verkündigung zu machen habe, der Königin Einkommen sey nicht hinreichend für ihren Hofstaat, und sie habe sich genöthigt gesehen, gegen 350,000 Pf. St. Schulden zu machen! Dieß wäre höchst auffallend, da man ihr sogar mehr bewilligt hatte, als König Wilhelm für sich und seine zehn Kinder erhielt. Es wäre um so beklagenswerther, als die Herabsetzung des Briefporto's nothwendig einen Ausfall herbeiführen muß, welchen gleicherweise die Abnahme in der Ein- und Ausfuhr, wie im Fabrikwesen überhaupt, voraussehen läßt, während die Nation durchaus nicht gelaunt ist, sich neue Steuern auflegen zu lassen. Der Hof würde dann der Verschwendung um so mehr angeklagt, als man von seiner Freigebigkeit bis jetzt nicht viel zu rühmen hatte. Die Minister aber würden einen Sturm erfahren, der sie trotz aller Hofgunst von ihren Posten treiben würde. Die Stellung ihrer Nachfolger würde dadurch nur um so schwieriger werden, sowohl gegenüber der Königin, als in Bezug auf die Nation. Hoffentlich aber ist es nur ein Torygerücht; und wenn dem so ist, so werden die Minister es nicht schwer finden, das Parlament zur Bewilligung eines ansehnlichen Jahrgeldes für Prinz Albert zu bewegen. Die Tories würden es kaum wagen, auf die Gefahr hin, für immer die Hofgunst zu verscherzen, durch unzeitige Widersetzlichkeit um die Gunst der Chartisten zu buhlen. Ja, ihre Journale, namentlich die Times, sind aufgebracht, daß O'Connell ihnen in Freigebigkeit zuvorgekommen, und sich im Namen der irischen Katholiken bereit erklärt, in jede Summe, die man nur verlangen möge, zu willigen. Die Times ist dabei ungroßmüthig genug, ein Volk, welches einst durch die Habsucht von Protestanten seiner Güter beraubt wurde, ein Bettelpack zu schimpfen. Dieß ist indessen nur eine von den vielen Vergehungen, deren sich die Tories täglich gegen Irland schuldig machen, und ein Beleg der Verachtung, wo nicht des Hasses, womit sie dessen Volk betrachten, besonders seitdem sie durch Irlands Repräsentanten allein von der höchsten Gewalt geschieden bleiben. Wenn die Tories sich auch, wie seit einigen Wochen wieder geschehen, noch so sehr zu bezähmen suchen, so brechen jene Gesinnungen immer wieder durch. Sie erscheinen in einem fast lächerlichen Widerspruch, wenn man sie sich zu gleicher Zeit wundern sieht, daß es Leute gebe, die im Ernste glauben könnten, ihre Partei hege andere als die freundlichsten Gesinnungen gegen Irland, und habe irgend was Anderes im Schilde, als die Emancipationsacte im ausgedehntesten Sinn geltend zu machen! Gewiß haben sie recht, wenn sie nicht von der Masse ihres Anhangs, sondern von ihren Häuptern reden. Die große Versammlung aber, welche so eben in Dublin stattgefunden, und besonders die von dem Herzoge v. Leinster und dem Grafen Charlemont ausgegangene „Adresse an die brittische Nation“ (s. oben) zeigt, daß nicht nur die irischen Katholiken, sondern auch die Protestanten der Whigpartei entschlossen sind, jene wilden Ausbrüche mancher Tories und ihrer Journale gegen die Katholiken zu benützen, um Peel die Verwaltung Irlands unmöglich zu machen. Freilich läßt sich zugleich aus den häufigen Klagen der Redner über die Gleichgültigkeit des Volkes bei so großer Aufreizung, und über den Mangel an Geldbeiträgen zu dem Registrationsverein, abnehmen, daß die Massen gegen politische Aufregung gleichgültiger geworden. Dieß ist aber doch nur ein Beweis, daß dieselben zu der jetzigen Verwaltung Vertrauen hegen, indem sie in ihren täglichen Verhältnissen deren Schutz gegen ihre ehemaligen Verfolger empfinden; und keiner weiß besser als Peel, daß dieß unter einer Verwaltung, in welcher Orangisten das Uebergewicht hätten, nicht einen Tag lang so bleiben würde. — Die Nachrichten aus Jamaica lauten fortwährend sehr erfreulich. Auch in den Canadas bleibt es ruhig. Die Vorschläge der Regierung aber an den Congreß von Ober-Canada wegen der Vereinigung beider Provinzen, auf der Basis einer wahren Volksvertretung und verantwortlichen Verwaltung, hat zu heftigen Debatten Anlaß gegeben, wobei die Regierung die bittersten Gegner an den Beamten gefunden. Doch dürften dieselben seitdem etwas zahmer geworden seyn, da der Generalgouverneur eine Depesche von Lord John Russell bekannt gemacht hat, wodurch das System, nach welchem die einmal verliehenen Stellen in den Colonien unter fast allen Umständen den Inhabern bis an ihrem Tod verblieben, aufgehoben wird. Im Gegentheil sollen solche Aemter, welche genau mit der ministeriellen Verwaltung zusammenhängen, künftig in der Regel mit der Veränderung des Statthalters ebenfalls neu besetzt werden. Bei dem Plane der Vereinigung der beiden Canadas wollen übrigens manche unparteiische und umsichtige Männer eine Gefahr für die Verbindung mit dem Mutterlande erkennen, welche entstehen müßte, wenn die Republicaner von Ober-Canada mit den unzufriedenen Franzosen der untern Provinz gemeinschaftliche Sache gegen die Loyalisten machten. Frankreich. Paris, 17 Jan. 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Die Tories aber sagen, die Whigs dürften gegen diese Leute nicht streng seyn, weil sie selbst so viele Jahre lang das Volk aufgeregt und namentlich 1832 es zu Gewaltthätigkeiten ermuntert hätten. Besonders urgiren sie den von Lord John Russell bei einem Gastmahle zu Liverpool gebrauchten Ausdruck, er halte es als Minister des Innern am gerathensten, das Volk in seinen Versammlungen nicht zu stören, und demselben die Gelegenheit nicht zu benehmen, sich über seine wirklichen oder vermeinten Beschwerden auszusprechen. Das letzte Stück des Quarterly Review erneuert aufs umständlichste die Beschuldigung, daß diese Erklärung die Quelle aller gegenwärtigen Uebel und Gefahren sey; wir dürfen also erwarten, daß dieser Punkt die Hauptklage der Conservativen gegen ihn bei der Parlamentsversammlung seyn wird, wo nach einigen eine Untersuchung seiner Amtsführung wie die gegen Lord Normanby, vorgeschlagen werden soll. Ein noch bedeutsameres Gerücht ist, daß die Regierung dem Parlament die Verkündigung zu machen habe, der Königin Einkommen sey nicht hinreichend für ihren Hofstaat, und sie habe sich genöthigt gesehen, gegen 350,000 Pf. St. Schulden zu machen! Dieß wäre höchst auffallend, da man ihr sogar mehr bewilligt hatte, als König Wilhelm für sich und seine zehn Kinder erhielt. Es wäre um so beklagenswerther, als die Herabsetzung des Briefporto's nothwendig einen Ausfall herbeiführen muß, welchen gleicherweise die Abnahme in der Ein- und Ausfuhr, wie im Fabrikwesen überhaupt, voraussehen läßt, während die Nation durchaus nicht gelaunt ist, sich neue Steuern auflegen zu lassen. Der Hof würde dann der Verschwendung um so mehr angeklagt, als man von seiner Freigebigkeit bis jetzt nicht viel zu rühmen hatte. Die Minister aber würden einen Sturm erfahren, der sie trotz aller Hofgunst von ihren Posten treiben würde. Die Stellung ihrer Nachfolger würde dadurch nur um so schwieriger werden, sowohl gegenüber der Königin, als in Bezug auf die Nation. Hoffentlich aber ist es nur ein Torygerücht; und wenn dem so ist, so werden die Minister es nicht schwer finden, das Parlament zur Bewilligung eines ansehnlichen Jahrgeldes für Prinz Albert zu bewegen. Die Tories würden es kaum wagen, auf die Gefahr hin, für immer die Hofgunst zu verscherzen, durch unzeitige Widersetzlichkeit um die Gunst der Chartisten zu buhlen. Ja, ihre Journale, namentlich die Times, sind aufgebracht, daß O'Connell ihnen in Freigebigkeit zuvorgekommen, und sich im Namen der irischen Katholiken bereit erklärt, in jede Summe, die man nur verlangen möge, zu willigen. Die Times ist dabei ungroßmüthig genug, ein Volk, welches einst durch die Habsucht von Protestanten seiner Güter beraubt wurde, ein Bettelpack zu schimpfen. Dieß ist indessen nur eine von den vielen Vergehungen, deren sich die Tories täglich gegen Irland schuldig machen, und ein Beleg der Verachtung, wo nicht des Hasses, womit sie dessen Volk betrachten, besonders seitdem sie durch Irlands Repräsentanten allein von der höchsten Gewalt geschieden bleiben. Wenn die Tories sich auch, wie seit einigen Wochen wieder geschehen, noch so sehr zu bezähmen suchen, so brechen jene Gesinnungen immer wieder durch. Sie erscheinen in einem fast lächerlichen Widerspruch, wenn man sie sich zu gleicher Zeit wundern sieht, daß es Leute gebe, die im Ernste glauben könnten, ihre Partei hege andere als die freundlichsten Gesinnungen gegen Irland, und habe irgend was Anderes im Schilde, als die Emancipationsacte im ausgedehntesten Sinn geltend zu machen! Gewiß haben sie recht, wenn sie nicht von der Masse ihres Anhangs, sondern von ihren Häuptern reden. Die große Versammlung aber, welche so eben in Dublin stattgefunden, und besonders die von dem Herzoge v. Leinster und dem Grafen Charlemont ausgegangene „Adresse an die brittische Nation“ (s. oben) zeigt, daß nicht nur die irischen Katholiken, sondern auch die Protestanten der Whigpartei entschlossen sind, jene wilden Ausbrüche mancher Tories und ihrer Journale gegen die Katholiken zu benützen, um Peel die Verwaltung Irlands unmöglich zu machen. Freilich läßt sich zugleich aus den häufigen Klagen der Redner über die Gleichgültigkeit des Volkes bei so großer Aufreizung, und über den Mangel an Geldbeiträgen zu dem Registrationsverein, abnehmen, daß die Massen gegen politische Aufregung gleichgültiger geworden. Dieß ist aber doch nur ein Beweis, daß dieselben zu der jetzigen Verwaltung Vertrauen hegen, indem sie in ihren täglichen Verhältnissen deren Schutz gegen ihre ehemaligen Verfolger empfinden; und keiner weiß besser als Peel, daß dieß unter einer Verwaltung, in welcher Orangisten das Uebergewicht hätten, nicht einen Tag lang so bleiben würde. — Die Nachrichten aus Jamaica lauten fortwährend sehr erfreulich. Auch in den Canadas bleibt es ruhig. Die Vorschläge der Regierung aber an den Congreß von Ober-Canada wegen der Vereinigung beider Provinzen, auf der Basis einer wahren Volksvertretung und verantwortlichen Verwaltung, hat zu heftigen Debatten Anlaß gegeben, wobei die Regierung die bittersten Gegner an den Beamten gefunden. Doch dürften dieselben seitdem etwas zahmer geworden seyn, da der Generalgouverneur eine Depesche von Lord John Russell bekannt gemacht hat, wodurch das System, nach welchem die einmal verliehenen Stellen in den Colonien unter fast allen Umständen den Inhabern bis an ihrem Tod verblieben, aufgehoben wird. Im Gegentheil sollen solche Aemter, welche genau mit der ministeriellen Verwaltung zusammenhängen, künftig in der Regel mit der Veränderung des Statthalters ebenfalls neu besetzt werden. Bei dem Plane der Vereinigung der beiden Canadas wollen übrigens manche unparteiische und umsichtige Männer eine Gefahr für die Verbindung mit dem Mutterlande erkennen, welche entstehen müßte, wenn die Republicaner von Ober-Canada mit den unzufriedenen Franzosen der untern Provinz gemeinschaftliche Sache gegen die Loyalisten machten.</p> </div> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Frankreich.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 17 Jan.</dateline><lb/> <p>Am 16 Jan. um halb 9 Uhr Abends ward die mit Ueberreichung der Antwortsadresse auf die Thronrede an den König beauftragte große Deputation der Deputirtenkammer von Sr.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0171/0003]
Die beiden für den transatlantischen Dienst verwendeten großen Dampfboote Great Western und British Queen bedürfen jetzt Reparaturen, die man bei ersterm (das in dem eben abgelaufenen Jahr gegen 35,000 Seemeilen zurücklegte) auf 6000, bei dem andern auf 13,000 Pf. St. veranschlagt.
Nach den letzten Berichten vom Cap der guten Hoffnung, d. d. 6 Nov., war die Lage der ausgewanderten Boers in Port Natal eine günstigere geworden, aber sie fürchteten noch immer Verrath von Seite der Zulas. Das Gerücht, daß das Gouvernement seine Truppen von Port Natal zurückziehen wolle, hatte sich wieder verloren.
_ London, 14 Jan. Williams ist ebenfalls des Hochverraths schuldig befunden, aber so wie Frost zur Gnade empfohlen worden. Man schließt daher ganz richtig, wenn Leute an Ort und Stelle und aus den Classen, gegen welche die Newporter Insurrection noch directer gerichtet war, als gegen die Regierung selbst, so mild über die Rädelsführer urtheilen, so könne und dürfe die Regierung, was auch die Entscheidung der Richter seyn möge, dieselben nicht am Leben strafen. Leider aber wird diese neue Milde nur als Ermunterung zu neuen Gewaltthätigkeiten dienen, da die Chartisten sie der Furcht der höheren Classen zuschreiben werden. Die Tories aber sagen, die Whigs dürften gegen diese Leute nicht streng seyn, weil sie selbst so viele Jahre lang das Volk aufgeregt und namentlich 1832 es zu Gewaltthätigkeiten ermuntert hätten. Besonders urgiren sie den von Lord John Russell bei einem Gastmahle zu Liverpool gebrauchten Ausdruck, er halte es als Minister des Innern am gerathensten, das Volk in seinen Versammlungen nicht zu stören, und demselben die Gelegenheit nicht zu benehmen, sich über seine wirklichen oder vermeinten Beschwerden auszusprechen. Das letzte Stück des Quarterly Review erneuert aufs umständlichste die Beschuldigung, daß diese Erklärung die Quelle aller gegenwärtigen Uebel und Gefahren sey; wir dürfen also erwarten, daß dieser Punkt die Hauptklage der Conservativen gegen ihn bei der Parlamentsversammlung seyn wird, wo nach einigen eine Untersuchung seiner Amtsführung wie die gegen Lord Normanby, vorgeschlagen werden soll. Ein noch bedeutsameres Gerücht ist, daß die Regierung dem Parlament die Verkündigung zu machen habe, der Königin Einkommen sey nicht hinreichend für ihren Hofstaat, und sie habe sich genöthigt gesehen, gegen 350,000 Pf. St. Schulden zu machen! Dieß wäre höchst auffallend, da man ihr sogar mehr bewilligt hatte, als König Wilhelm für sich und seine zehn Kinder erhielt. Es wäre um so beklagenswerther, als die Herabsetzung des Briefporto's nothwendig einen Ausfall herbeiführen muß, welchen gleicherweise die Abnahme in der Ein- und Ausfuhr, wie im Fabrikwesen überhaupt, voraussehen läßt, während die Nation durchaus nicht gelaunt ist, sich neue Steuern auflegen zu lassen. Der Hof würde dann der Verschwendung um so mehr angeklagt, als man von seiner Freigebigkeit bis jetzt nicht viel zu rühmen hatte. Die Minister aber würden einen Sturm erfahren, der sie trotz aller Hofgunst von ihren Posten treiben würde. Die Stellung ihrer Nachfolger würde dadurch nur um so schwieriger werden, sowohl gegenüber der Königin, als in Bezug auf die Nation. Hoffentlich aber ist es nur ein Torygerücht; und wenn dem so ist, so werden die Minister es nicht schwer finden, das Parlament zur Bewilligung eines ansehnlichen Jahrgeldes für Prinz Albert zu bewegen. Die Tories würden es kaum wagen, auf die Gefahr hin, für immer die Hofgunst zu verscherzen, durch unzeitige Widersetzlichkeit um die Gunst der Chartisten zu buhlen. Ja, ihre Journale, namentlich die Times, sind aufgebracht, daß O'Connell ihnen in Freigebigkeit zuvorgekommen, und sich im Namen der irischen Katholiken bereit erklärt, in jede Summe, die man nur verlangen möge, zu willigen. Die Times ist dabei ungroßmüthig genug, ein Volk, welches einst durch die Habsucht von Protestanten seiner Güter beraubt wurde, ein Bettelpack zu schimpfen. Dieß ist indessen nur eine von den vielen Vergehungen, deren sich die Tories täglich gegen Irland schuldig machen, und ein Beleg der Verachtung, wo nicht des Hasses, womit sie dessen Volk betrachten, besonders seitdem sie durch Irlands Repräsentanten allein von der höchsten Gewalt geschieden bleiben. Wenn die Tories sich auch, wie seit einigen Wochen wieder geschehen, noch so sehr zu bezähmen suchen, so brechen jene Gesinnungen immer wieder durch. Sie erscheinen in einem fast lächerlichen Widerspruch, wenn man sie sich zu gleicher Zeit wundern sieht, daß es Leute gebe, die im Ernste glauben könnten, ihre Partei hege andere als die freundlichsten Gesinnungen gegen Irland, und habe irgend was Anderes im Schilde, als die Emancipationsacte im ausgedehntesten Sinn geltend zu machen! Gewiß haben sie recht, wenn sie nicht von der Masse ihres Anhangs, sondern von ihren Häuptern reden. Die große Versammlung aber, welche so eben in Dublin stattgefunden, und besonders die von dem Herzoge v. Leinster und dem Grafen Charlemont ausgegangene „Adresse an die brittische Nation“ (s. oben) zeigt, daß nicht nur die irischen Katholiken, sondern auch die Protestanten der Whigpartei entschlossen sind, jene wilden Ausbrüche mancher Tories und ihrer Journale gegen die Katholiken zu benützen, um Peel die Verwaltung Irlands unmöglich zu machen. Freilich läßt sich zugleich aus den häufigen Klagen der Redner über die Gleichgültigkeit des Volkes bei so großer Aufreizung, und über den Mangel an Geldbeiträgen zu dem Registrationsverein, abnehmen, daß die Massen gegen politische Aufregung gleichgültiger geworden. Dieß ist aber doch nur ein Beweis, daß dieselben zu der jetzigen Verwaltung Vertrauen hegen, indem sie in ihren täglichen Verhältnissen deren Schutz gegen ihre ehemaligen Verfolger empfinden; und keiner weiß besser als Peel, daß dieß unter einer Verwaltung, in welcher Orangisten das Uebergewicht hätten, nicht einen Tag lang so bleiben würde. — Die Nachrichten aus Jamaica lauten fortwährend sehr erfreulich. Auch in den Canadas bleibt es ruhig. Die Vorschläge der Regierung aber an den Congreß von Ober-Canada wegen der Vereinigung beider Provinzen, auf der Basis einer wahren Volksvertretung und verantwortlichen Verwaltung, hat zu heftigen Debatten Anlaß gegeben, wobei die Regierung die bittersten Gegner an den Beamten gefunden. Doch dürften dieselben seitdem etwas zahmer geworden seyn, da der Generalgouverneur eine Depesche von Lord John Russell bekannt gemacht hat, wodurch das System, nach welchem die einmal verliehenen Stellen in den Colonien unter fast allen Umständen den Inhabern bis an ihrem Tod verblieben, aufgehoben wird. Im Gegentheil sollen solche Aemter, welche genau mit der ministeriellen Verwaltung zusammenhängen, künftig in der Regel mit der Veränderung des Statthalters ebenfalls neu besetzt werden. Bei dem Plane der Vereinigung der beiden Canadas wollen übrigens manche unparteiische und umsichtige Männer eine Gefahr für die Verbindung mit dem Mutterlande erkennen, welche entstehen müßte, wenn die Republicaner von Ober-Canada mit den unzufriedenen Franzosen der untern Provinz gemeinschaftliche Sache gegen die Loyalisten machten.
Frankreich.
_ Paris, 17 Jan.
Am 16 Jan. um halb 9 Uhr Abends ward die mit Ueberreichung der Antwortsadresse auf die Thronrede an den König beauftragte große Deputation der Deputirtenkammer von Sr.
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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
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