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Allgemeine Zeitung. Nr. 17. Augsburg, 17. Januar 1840.

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Der torystische Courier bemerkt, es liege nachgerade zu Tage, daß die Versicherungen ewiger Freundschaft und Anhänglichkeit, mit denen die liberalen Regierungsmänner von England und Frankreich vormals so laut gewesen, das Schicksal anderer leichtsinnigen Liebesschwüre theilen; - "Jupiter ex alto perjuria ridet amantum." "Die französische Presse," sagt der Courier, "fließt über theils von giftigen Invectiven, theils von kühlern und überdachtern Abmahnungen gegen die englische Allianz, nicht etwa die legitimistische, oder die republicanische, oder die Juste-Milieu-Presse allein, sondern mehr oder minder die Presse aller Parteien und Meinungsschattirungen. Und wie die französische Presse, so die französischen Staatsmänner, wenn auch seltener und in einem Tone, der gehaltener, dabei aber auch um so gewichtiger ist. In der orientalischen Frage haben wir Hrn. Guizot mit Hrn. Berryer fraternisiren sehen; beide sympathisiren darin mit Rußland, und einer ist so sehr wie der andere Englands Politik und Ansichten entgegen. Und doch war unter allen Staatsmännern Frankreichs der große doctrinäre Führer, wie am ersten, so auch am längsten der treueste Schutzredner des englischen Bündnisses gegen den wüthigen Haufen von Carlisten, Republicanern und Napoleonisten, von denen dieses Bündniß begeistert und gelästert wird."

Alle Welt wundert sich über die dießjährige beispiellose Verspätung der amerikanischen Präsidentenbotschaft.

Frankreich.

(Sonntag.)

Der Temps gibt folgendes Resume über die auch in unserer unten folgenden Correspondenz näher berührte Sitzung der Deputirtenkammer vom 11 Jan.: "Marschall Soult verlas zuerst auf der Tribune eine kurze Darstellung der Politik des Cabinets. Dieses Manifest ist vag im Ausdruck, dunkel im Gedanken, und in der Angabe der Thatsachen übermäßig lakonisch. Man konnte in der Sprache des Conseilpräsidenten die Verlegenheit nicht verkennen; die Kammer hörte ihn mit einer Neugierde an, der einige Unruhe beigemischt war, und nachdem er gesprochen, war weder die Unruhe zerstreut, noch die Neugierde befriedigt. Hr. Carne, der ihm folgte, spielte in seiner Rede auf die seit zwei Tagen verbreiteten Gerüchte an, die alle Gemüther der Kammer während dieser ganzen Erörterung vorzugsweise beschäftigten: Sind wirklich Rußland und England mit einander einig geworden, um uns auf die Seite zu schieben? Soll sich die orientalische Frage ohne uns auflösen? Soll das Protectorat der Russen mehr als jemals auf der Türkei lasten? Soll der Pascha von Aegypten halb geopfert und für seinen Sieg gestraft werden? Dieß fragte sich Jedermann, während die verschiedenen Redner auf der Tribune erschienen. Gleichwohl hörte die Kammer mit großer Aufmerksamkeit und vielem Beifall eine sehr schöne Rede des Hrn. Mauguin über die Lage Frankreichs inmitten der großen Weltmächte, über die beständige Vergrößerung Englands, Rußlands, Preußens, Oesterreichs, über unsere stationäre Haltung und sonach über unsere relative Schwächung. Eine Rede des Hrn. v. Lamartine war nicht im Stande, den durch die Wahrheiten in der Rede des Hrn. Mauguin hervorgebrachten peinlichen Eindruck zu mildern. Hr. v. Lamartine entwickelte neuerdings sehr glänzend seine Theorie der Theilung des Orients, und beschuldigte das Ministerium, es habe den Ehrgeiz der andern europäischen Mächte nicht dahin zu benützen gewußt, an einer Zurücknahme der Tractate von 1815 und an der Wiedergewinnung unserer Rheingränze zu arbeiten. Zu gutem Glücke traf Hrn. Villemain die Widerlegung dieses Systems, der sich dieser Aufgabe mit Erfolg bemächtigte. Gestern hatte sich der Minister des öffentlichen Unterrichts gewandt und geistvoll gezeigt, heute war er beredt. Es war leicht für ihn, den Satz aufzustellen, daß wenn Frankreich das Zeichen zur Theilung des osmanischen Reichs gäbe, es das Recht und vielleicht die Macht gegen sich haben würde. Uebrigens war der Minister des öffentlichen Unterrichts, der in der That, wenn auch nicht der Chef des Cabinets, doch der Redner desselben ist, nicht offener über die neuern Acte der Diplomatie, als der Marschall Soult. Er schloß seine Rede bloß mit der Aeußerung, daß das Zusammenhalten Englands und Rußlands nicht in der Natur der Dinge liege, und daß die Engländer sich immer des Ausspruchs einer ihrer Staatsmänner erinnern würden: "Wer Konstantinopel und das baltische Meer besitzt, wird Herr der Welt seyn." Die späte Stunde hinderte Hrn. Thiers, das Wort zu nehmen. Ihm bleiben für die nächste Sitzung die wichtigsten und kitzlichsten Punkte zur Verhandlung übrig. Wir wünschen, daß aus seiner Rede für alle Politiker mehr Sicherheit, für Frankreich mehr Vertrauen in seine gegenwärtig sehr erschütterten Allianzen resultire, und hoffen, die Rede dieses Staatsmanns werde diesen glücklichen Erfolg und diesen nützlichen Nachklang haben.

(Commerce.) Hr. v. Chasseloup-Laubat, einer der 221, hat in der Kammer ein Amendement zu dem letzten § der Adresse vertheilen lassen, dessen Sinn ist, daß Frankreich seit zehn Jahren eine Nationaldynastie und eine parlamentarische Regierung errungen habe, während die Ausdrücke des Adreßentwurfs zu verstehen geben, daß dieser doppelte Zweck noch nicht erreicht sey. Man erwartet eine lebhafte und wichtige Debatte über dieses Amendement, das in der That die wahre, zwischen der Opposition und dem unveränderlichen System aufzulösende Frage herausstellt.

(Commerce.) Hr. Passy hat auf der Tribune förmlich erklärt, daß die Presse keine Geldunterstützungen erhalte. Wir antworten darauf: die Presse erhält zwar amtlich, wie in den Zeiten der früheren Ministerien geschehen ist, keine Unterstützungen mehr, aber sie erhält eine Art von Beisteuer, die wenigstens eben so viel ausmacht. So besoldet z. B. das Ministerium bei den Departementaljournalen die Hauptredactoren. Wir könnten die Namen der zu diesem Geschäfte von Paris abgegangenen Individuen nennen. Auch genießen diese Agentschaften mehrere Postvergünstigungen.

In der Sitzung der Pairskammer am 11 Januar brachte der Seeminister mehrere Gesetzesentwürfe ein. In Abwesenheit des Finanzministers verlas auch Admiral Duperre einen Gesetzesentwurf über die Entschädigung von St. Domingo, und im Namen des Ministers der öffentlichen Arbeiten einen Gesetzesentwurf über die Classificirung mehrerer königlichen und Departementalstraßen. Der Handelsminister verlas einen Gesetzesentwurf in Betreff der in den Fabriken arbeitenden Kinder und im Namen des Ministers des Innern 18 Gesetzesentwürfe, Modificationen in der Wahlcircumscription für die Wahl der Mitglieder der Generalconseils betreffend, endlich im Namen des Siegelbewahrers einen Gesetzesentwurf über gerichtliche Verkäufe.

Tal-at-Effendi, von dem es einmal hieß, er würde als Gesandter der Pforte nach London gehen, ist von Paris nach Konstantinopel abgereist. Pariser Blätter wollen wissen, daß er dort seine frühere ministerielle Stellung wieder einnehmen werde.

Die Gazette de Tribunaux meldet von einem Conflict, der in Algier zwischen der gerichtlichen und der militärischen Behörde ausgebrochen, in dessen Folge Hr. Chais, Generalprocurator

Der torystische Courier bemerkt, es liege nachgerade zu Tage, daß die Versicherungen ewiger Freundschaft und Anhänglichkeit, mit denen die liberalen Regierungsmänner von England und Frankreich vormals so laut gewesen, das Schicksal anderer leichtsinnigen Liebesschwüre theilen; – „Jupiter ex alto perjuria ridet amantum.“ „Die französische Presse,“ sagt der Courier, „fließt über theils von giftigen Invectiven, theils von kühlern und überdachtern Abmahnungen gegen die englische Allianz, nicht etwa die legitimistische, oder die republicanische, oder die Juste-Milieu-Presse allein, sondern mehr oder minder die Presse aller Parteien und Meinungsschattirungen. Und wie die französische Presse, so die französischen Staatsmänner, wenn auch seltener und in einem Tone, der gehaltener, dabei aber auch um so gewichtiger ist. In der orientalischen Frage haben wir Hrn. Guizot mit Hrn. Berryer fraternisiren sehen; beide sympathisiren darin mit Rußland, und einer ist so sehr wie der andere Englands Politik und Ansichten entgegen. Und doch war unter allen Staatsmännern Frankreichs der große doctrinäre Führer, wie am ersten, so auch am längsten der treueste Schutzredner des englischen Bündnisses gegen den wüthigen Haufen von Carlisten, Republicanern und Napoleonisten, von denen dieses Bündniß begeistert und gelästert wird.“

Alle Welt wundert sich über die dießjährige beispiellose Verspätung der amerikanischen Präsidentenbotschaft.

Frankreich.

(Sonntag.)

Der Temps gibt folgendes Resumé über die auch in unserer unten folgenden Correspondenz näher berührte Sitzung der Deputirtenkammer vom 11 Jan.: „Marschall Soult verlas zuerst auf der Tribune eine kurze Darstellung der Politik des Cabinets. Dieses Manifest ist vag im Ausdruck, dunkel im Gedanken, und in der Angabe der Thatsachen übermäßig lakonisch. Man konnte in der Sprache des Conseilpräsidenten die Verlegenheit nicht verkennen; die Kammer hörte ihn mit einer Neugierde an, der einige Unruhe beigemischt war, und nachdem er gesprochen, war weder die Unruhe zerstreut, noch die Neugierde befriedigt. Hr. Carné, der ihm folgte, spielte in seiner Rede auf die seit zwei Tagen verbreiteten Gerüchte an, die alle Gemüther der Kammer während dieser ganzen Erörterung vorzugsweise beschäftigten: Sind wirklich Rußland und England mit einander einig geworden, um uns auf die Seite zu schieben? Soll sich die orientalische Frage ohne uns auflösen? Soll das Protectorat der Russen mehr als jemals auf der Türkei lasten? Soll der Pascha von Aegypten halb geopfert und für seinen Sieg gestraft werden? Dieß fragte sich Jedermann, während die verschiedenen Redner auf der Tribune erschienen. Gleichwohl hörte die Kammer mit großer Aufmerksamkeit und vielem Beifall eine sehr schöne Rede des Hrn. Mauguin über die Lage Frankreichs inmitten der großen Weltmächte, über die beständige Vergrößerung Englands, Rußlands, Preußens, Oesterreichs, über unsere stationäre Haltung und sonach über unsere relative Schwächung. Eine Rede des Hrn. v. Lamartine war nicht im Stande, den durch die Wahrheiten in der Rede des Hrn. Mauguin hervorgebrachten peinlichen Eindruck zu mildern. Hr. v. Lamartine entwickelte neuerdings sehr glänzend seine Theorie der Theilung des Orients, und beschuldigte das Ministerium, es habe den Ehrgeiz der andern europäischen Mächte nicht dahin zu benützen gewußt, an einer Zurücknahme der Tractate von 1815 und an der Wiedergewinnung unserer Rheingränze zu arbeiten. Zu gutem Glücke traf Hrn. Villemain die Widerlegung dieses Systems, der sich dieser Aufgabe mit Erfolg bemächtigte. Gestern hatte sich der Minister des öffentlichen Unterrichts gewandt und geistvoll gezeigt, heute war er beredt. Es war leicht für ihn, den Satz aufzustellen, daß wenn Frankreich das Zeichen zur Theilung des osmanischen Reichs gäbe, es das Recht und vielleicht die Macht gegen sich haben würde. Uebrigens war der Minister des öffentlichen Unterrichts, der in der That, wenn auch nicht der Chef des Cabinets, doch der Redner desselben ist, nicht offener über die neuern Acte der Diplomatie, als der Marschall Soult. Er schloß seine Rede bloß mit der Aeußerung, daß das Zusammenhalten Englands und Rußlands nicht in der Natur der Dinge liege, und daß die Engländer sich immer des Ausspruchs einer ihrer Staatsmänner erinnern würden: „Wer Konstantinopel und das baltische Meer besitzt, wird Herr der Welt seyn.“ Die späte Stunde hinderte Hrn. Thiers, das Wort zu nehmen. Ihm bleiben für die nächste Sitzung die wichtigsten und kitzlichsten Punkte zur Verhandlung übrig. Wir wünschen, daß aus seiner Rede für alle Politiker mehr Sicherheit, für Frankreich mehr Vertrauen in seine gegenwärtig sehr erschütterten Allianzen resultire, und hoffen, die Rede dieses Staatsmanns werde diesen glücklichen Erfolg und diesen nützlichen Nachklang haben.

(Commerce.) Hr. v. Chasseloup-Laubat, einer der 221, hat in der Kammer ein Amendement zu dem letzten § der Adresse vertheilen lassen, dessen Sinn ist, daß Frankreich seit zehn Jahren eine Nationaldynastie und eine parlamentarische Regierung errungen habe, während die Ausdrücke des Adreßentwurfs zu verstehen geben, daß dieser doppelte Zweck noch nicht erreicht sey. Man erwartet eine lebhafte und wichtige Debatte über dieses Amendement, das in der That die wahre, zwischen der Opposition und dem unveränderlichen System aufzulösende Frage herausstellt.

(Commerce.) Hr. Passy hat auf der Tribune förmlich erklärt, daß die Presse keine Geldunterstützungen erhalte. Wir antworten darauf: die Presse erhält zwar amtlich, wie in den Zeiten der früheren Ministerien geschehen ist, keine Unterstützungen mehr, aber sie erhält eine Art von Beisteuer, die wenigstens eben so viel ausmacht. So besoldet z. B. das Ministerium bei den Departementaljournalen die Hauptredactoren. Wir könnten die Namen der zu diesem Geschäfte von Paris abgegangenen Individuen nennen. Auch genießen diese Agentschaften mehrere Postvergünstigungen.

In der Sitzung der Pairskammer am 11 Januar brachte der Seeminister mehrere Gesetzesentwürfe ein. In Abwesenheit des Finanzministers verlas auch Admiral Duperré einen Gesetzesentwurf über die Entschädigung von St. Domingo, und im Namen des Ministers der öffentlichen Arbeiten einen Gesetzesentwurf über die Classificirung mehrerer königlichen und Departementalstraßen. Der Handelsminister verlas einen Gesetzesentwurf in Betreff der in den Fabriken arbeitenden Kinder und im Namen des Ministers des Innern 18 Gesetzesentwürfe, Modificationen in der Wahlcircumscription für die Wahl der Mitglieder der Generalconseils betreffend, endlich im Namen des Siegelbewahrers einen Gesetzesentwurf über gerichtliche Verkäufe.

Tal-at-Effendi, von dem es einmal hieß, er würde als Gesandter der Pforte nach London gehen, ist von Paris nach Konstantinopel abgereist. Pariser Blätter wollen wissen, daß er dort seine frühere ministerielle Stellung wieder einnehmen werde.

Die Gazette de Tribunaux meldet von einem Conflict, der in Algier zwischen der gerichtlichen und der militärischen Behörde ausgebrochen, in dessen Folge Hr. Chais, Generalprocurator

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[0130/0002] Der torystische Courier bemerkt, es liege nachgerade zu Tage, daß die Versicherungen ewiger Freundschaft und Anhänglichkeit, mit denen die liberalen Regierungsmänner von England und Frankreich vormals so laut gewesen, das Schicksal anderer leichtsinnigen Liebesschwüre theilen; – „Jupiter ex alto perjuria ridet amantum.“ „Die französische Presse,“ sagt der Courier, „fließt über theils von giftigen Invectiven, theils von kühlern und überdachtern Abmahnungen gegen die englische Allianz, nicht etwa die legitimistische, oder die republicanische, oder die Juste-Milieu-Presse allein, sondern mehr oder minder die Presse aller Parteien und Meinungsschattirungen. Und wie die französische Presse, so die französischen Staatsmänner, wenn auch seltener und in einem Tone, der gehaltener, dabei aber auch um so gewichtiger ist. In der orientalischen Frage haben wir Hrn. Guizot mit Hrn. Berryer fraternisiren sehen; beide sympathisiren darin mit Rußland, und einer ist so sehr wie der andere Englands Politik und Ansichten entgegen. Und doch war unter allen Staatsmännern Frankreichs der große doctrinäre Führer, wie am ersten, so auch am längsten der treueste Schutzredner des englischen Bündnisses gegen den wüthigen Haufen von Carlisten, Republicanern und Napoleonisten, von denen dieses Bündniß begeistert und gelästert wird.“ Alle Welt wundert sich über die dießjährige beispiellose Verspätung der amerikanischen Präsidentenbotschaft. Frankreich. Paris, 12 Jan. (Sonntag.) Der Temps gibt folgendes Resumé über die auch in unserer unten folgenden Correspondenz näher berührte Sitzung der Deputirtenkammer vom 11 Jan.: „Marschall Soult verlas zuerst auf der Tribune eine kurze Darstellung der Politik des Cabinets. Dieses Manifest ist vag im Ausdruck, dunkel im Gedanken, und in der Angabe der Thatsachen übermäßig lakonisch. Man konnte in der Sprache des Conseilpräsidenten die Verlegenheit nicht verkennen; die Kammer hörte ihn mit einer Neugierde an, der einige Unruhe beigemischt war, und nachdem er gesprochen, war weder die Unruhe zerstreut, noch die Neugierde befriedigt. Hr. Carné, der ihm folgte, spielte in seiner Rede auf die seit zwei Tagen verbreiteten Gerüchte an, die alle Gemüther der Kammer während dieser ganzen Erörterung vorzugsweise beschäftigten: Sind wirklich Rußland und England mit einander einig geworden, um uns auf die Seite zu schieben? Soll sich die orientalische Frage ohne uns auflösen? Soll das Protectorat der Russen mehr als jemals auf der Türkei lasten? Soll der Pascha von Aegypten halb geopfert und für seinen Sieg gestraft werden? Dieß fragte sich Jedermann, während die verschiedenen Redner auf der Tribune erschienen. Gleichwohl hörte die Kammer mit großer Aufmerksamkeit und vielem Beifall eine sehr schöne Rede des Hrn. Mauguin über die Lage Frankreichs inmitten der großen Weltmächte, über die beständige Vergrößerung Englands, Rußlands, Preußens, Oesterreichs, über unsere stationäre Haltung und sonach über unsere relative Schwächung. Eine Rede des Hrn. v. Lamartine war nicht im Stande, den durch die Wahrheiten in der Rede des Hrn. Mauguin hervorgebrachten peinlichen Eindruck zu mildern. Hr. v. Lamartine entwickelte neuerdings sehr glänzend seine Theorie der Theilung des Orients, und beschuldigte das Ministerium, es habe den Ehrgeiz der andern europäischen Mächte nicht dahin zu benützen gewußt, an einer Zurücknahme der Tractate von 1815 und an der Wiedergewinnung unserer Rheingränze zu arbeiten. Zu gutem Glücke traf Hrn. Villemain die Widerlegung dieses Systems, der sich dieser Aufgabe mit Erfolg bemächtigte. Gestern hatte sich der Minister des öffentlichen Unterrichts gewandt und geistvoll gezeigt, heute war er beredt. Es war leicht für ihn, den Satz aufzustellen, daß wenn Frankreich das Zeichen zur Theilung des osmanischen Reichs gäbe, es das Recht und vielleicht die Macht gegen sich haben würde. Uebrigens war der Minister des öffentlichen Unterrichts, der in der That, wenn auch nicht der Chef des Cabinets, doch der Redner desselben ist, nicht offener über die neuern Acte der Diplomatie, als der Marschall Soult. Er schloß seine Rede bloß mit der Aeußerung, daß das Zusammenhalten Englands und Rußlands nicht in der Natur der Dinge liege, und daß die Engländer sich immer des Ausspruchs einer ihrer Staatsmänner erinnern würden: „Wer Konstantinopel und das baltische Meer besitzt, wird Herr der Welt seyn.“ Die späte Stunde hinderte Hrn. Thiers, das Wort zu nehmen. Ihm bleiben für die nächste Sitzung die wichtigsten und kitzlichsten Punkte zur Verhandlung übrig. Wir wünschen, daß aus seiner Rede für alle Politiker mehr Sicherheit, für Frankreich mehr Vertrauen in seine gegenwärtig sehr erschütterten Allianzen resultire, und hoffen, die Rede dieses Staatsmanns werde diesen glücklichen Erfolg und diesen nützlichen Nachklang haben. (Commerce.) Hr. v. Chasseloup-Laubat, einer der 221, hat in der Kammer ein Amendement zu dem letzten § der Adresse vertheilen lassen, dessen Sinn ist, daß Frankreich seit zehn Jahren eine Nationaldynastie und eine parlamentarische Regierung errungen habe, während die Ausdrücke des Adreßentwurfs zu verstehen geben, daß dieser doppelte Zweck noch nicht erreicht sey. Man erwartet eine lebhafte und wichtige Debatte über dieses Amendement, das in der That die wahre, zwischen der Opposition und dem unveränderlichen System aufzulösende Frage herausstellt. (Commerce.) Hr. Passy hat auf der Tribune förmlich erklärt, daß die Presse keine Geldunterstützungen erhalte. Wir antworten darauf: die Presse erhält zwar amtlich, wie in den Zeiten der früheren Ministerien geschehen ist, keine Unterstützungen mehr, aber sie erhält eine Art von Beisteuer, die wenigstens eben so viel ausmacht. So besoldet z. B. das Ministerium bei den Departementaljournalen die Hauptredactoren. Wir könnten die Namen der zu diesem Geschäfte von Paris abgegangenen Individuen nennen. Auch genießen diese Agentschaften mehrere Postvergünstigungen. In der Sitzung der Pairskammer am 11 Januar brachte der Seeminister mehrere Gesetzesentwürfe ein. In Abwesenheit des Finanzministers verlas auch Admiral Duperré einen Gesetzesentwurf über die Entschädigung von St. Domingo, und im Namen des Ministers der öffentlichen Arbeiten einen Gesetzesentwurf über die Classificirung mehrerer königlichen und Departementalstraßen. 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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 17. Augsburg, 17. Januar 1840, S. 0130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_017_18400117/2>, abgerufen am 24.11.2024.